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Hochwertigen Content von Unsinn unterscheiden - So geht's!

Das Internet ist eine tolle Sache. Jeder kann veröffentlichen, was ihn bewegt, jede Information kann gefunden werden. Es gibt praktisch keine Voraussetzungen, die jemand mitbringen muss, um Informationen zu verbreiten (ausser der Fähigkeit, halbwegs gerade Sätze schreiben oder reden zu können). Nie war es so einfach, sich auszutauschen oder Wissen zu erlangen….wirklich?

Wie damals die Pioniere im Wilden Westen streben wir heute nach der Freiheit eines weitgehend unregulierten Raumes: Des Internets. Diese Freiheit ist ja schliesslich eine tolle Sache – können wir uns im Netz doch durch das Erstellen oder/und Verbreiten nützlicher Inhalte verwirklichen. Und das ganz ohne uns mit Hürden wie einer Journalisten-Ausbildung oder dem Verlagswesen herumschlagen zu müssen.

Unsinn oder wissenswert – das ist hier die Frage

Leider gilt das auch für eine grosse Menge „schwarzer Schafe“, die diese Freiheit nutzen, um teils haarsträubenden Unsinn zu verbreiten.

Viele tun das sicherlich unwissentlich, weil sie mangels Fachwissen nicht erkennen, dass sie ‚Unsinn‘ von sich geben oder zitieren.

Ein weitaus grösserer Teil scheint mir jedoch grösseren Strömungen anzuhängen, die in oft dogmatischer Weise an Fehlinformationen festhalten – zum Beispiel an Verschwörungstheorien, esoterischen Lehren oder Heilungs- bzw. Gesundheitsversprechen. Dieser Teil geht naturgemäss leicht aus der ersten Gruppe hervor.

So lange derartiger Unsinn nur kurios wäre, bräuchte man ihn ja nicht weiter beachten – ausser eben als Anlass zum Schmunzeln. Anders aber, wenn dieser Unsinn in irgendeiner Form gefährlich wird – für unsere Gesundheit, für unser Ansehen oder für unseren Geldbeutel.

Und leider wird der meiste Unsinn schon dadurch gefährlich, dass er sich nicht ohne weiteres von wissenswertem Content unterscheiden lässt.

Was ist wissenswerter oder seriöser Content?

Als wissenswerten bzw. seriösen Content sehe ich an, was dem heutigen allgemeinen Wissensstand der Menschheit entspricht oder der sachlichen Diskussion desselben dient. Schliesslich ist der ‚allgemeine Wissensstand‘ ja nicht statisch, sondern entwickelt sich ständig weiter – indem geforscht und sachlich darüber diskutiert wird.

Im Idealfall hat wertvoller Content darüber hinaus einen direkten Nutzen – also einen Mehrwert – für seinen Empfänger (nicht vergessen: auch Unterhaltung ist eine Art von Mehrwert!).

In gar keinem Fall würde seriöser Content seinem Empfänger durch Vorgaukelung falscher Tatsachen (ob nun wissentlich oder nicht) zum Schaden gereichen.

Wie könnt ihr wertvollen Content von Unsinn unterscheiden?

Gar nicht. Das zumindest mag der erste Eindruck sein, wenn wir uns unbedarft daran versuchen. Selbst Webseiten mit höchst fragwürdigen Inhalten sehen mitunter hochgradig professionell aus, während ein Talent für hochwertige Inhalte noch kein professionelles Webdesign garantiert.

Letztlich hilft nur eins, um sich in diesem Dschungel halbwegs zurecht zu finden:

Alles kritisch hinterfragen!

Das mag oft lästig sein – vor allem, wenn man eigentlich schnell vorankommen oder einfach mal jemandem vertrauen können möchte. Aber wenn wir nicht immer wieder auf Fehlinformationen hereinfallen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig.

Ein einfaches Rezept wie bei Aschenputtel (die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen…) zum sicheren Sortieren kann ich euch nicht bieten. Das kann wohl keiner. Es gibt aber einige Anhaltspunkte, die bei der Unterscheidung helfen können.

Seriös oder nicht? – Was euch beim Einschätzen von Content hilft


Quellenangaben zu informativen Inhalten


  • Woher hat der Herausgeber sein Wissen?
  • Können die als Quellen zitierten Websites/Medien ihrerseits als seriös eingestuft werden?

Wer die Herkunft seines Wissens offen legt und dabei seriös wirkende Quellen nennt, pflegt in der Regel selbst einen kritischen Umgang mit Informationen aus dem Internet oder anderen Medien.

Informationen über den Herausgeber


  • Welche Qualifikationen hat der Herausgeber?
  • Passen diese Qualifikationen zum Inhalt der Seite? (Die meisten Ärzte haben eindrucksvolle Doktortitel der Medizin, aber die wenigsten haben Ahnung von naturwissenschaftlichen Grundlagen!)
  • Hat die Seite ein Impressum? Wenn darin eine Firma steht: Passt die Branche zum Inhalt der Seite? (Brötchenrezepte vom Bäckermeister sind höchstwahrscheinlich sehr seriös, die neueste Auslegung der Relativitätstheorie ziemlich sicher nicht!)

Reaktion auf Feedback


  • Hat die Seite eine Kommentarfunktion? Ein Forum oder Gästebuch? Ein Social-Media-Profil? Ein Kontaktformular?
  • Wenn ja: Wie reagiert der Herausgeber auf kritisches Hinterfragen der Inhalte?

Wer selbst einen kritischen Umgang mit Quellen pflegt, wird zu Diskussionen bereit sein, auf Fragen sachlich eingehen und aufgedeckte Fehler korrigieren. Ich selbst bemühe mich sehr darum.

Werden hingegen kritische Fragen ignoriert, unsachlich kommentiert oder gar gelöscht, deutet das auf Inhalte hin, die kritischem Hinterfragen nicht standhalten. Mit anderen Worten: Auf Unsinn.

Auch wer gar keine Kontaktmöglichkeit angibt, möchte möglicherweise kritischen Fragen aus dem Weg gehen.

Besondere Vorsicht bei hochtrabenden Versprechungen

Gleich ob im geschäftlichen (Leichtes Geld verdienen…), im gesundheitlichen (Allheilmittel, Leicht abnehmen…) oder in anderen Bereichen: Hochtrabende Versprechungen sind in der Regel unrealistisch.

Seid ihr unsicher, wie realistisch eine Versprechung ist, fragt nach: Die Reaktion der Anbieter auf Feedback kann in solchen Fällen sehr aussagekräftig sein. „Leere“ Versprechungen lassen sich nämlich schwerlich erklären oder gar diskutieren.

Einmal als seriös eingestufte Seiten merken (und unseriöse auch)

Wenn ihr selbst Quellen zitiert (auf der eigenen Seite oder in Diskussionen): Merkt euch Seiten, die ihr einmal als seriös eingestuft habt und sucht künftig gezielt dort nach passendem Content. So könnt ihr mögliche Klippen unseriösen Contents, die eine unbedarfte Google-Suche zu Tage fördern könnte, von vorneherein umschiffen.

Schaut dabei ab und zu nach möglichen Änderungen der Inhaberschaft oder Philosophie der Seite – und überdenkt eure Einteilung gegebenenfalls.

Das Gleiche gilt für Seiten mit unseriösen Inhalten: Merkt euch auch solche und geht ihnen gezielt aus dem Weg.

Bei besonders anrüchigem, viral verbreitetem Content: Auf Fake-Warn-Seiten nachschlagen

Seiten wie Mimikama veröffentlichen regelmässig Einschätzungen zu weit verbreiteten fragwürdigen Nachrichten, Kettenbriefen, Phishing-Anschreiben, betrügerischen Gewinnspiel-Aufrufen auf Social Media und vielem mehr. Auch grössere Firmen geben schnell auf ihrer Seite bekannt, wenn jemand in ihrem Namen Fake-Gewinnspiele und dergleichen verbreitet.

Wie könnt ihr die Unterscheidbarkeit von Sinn und Unsinn fördern?


Veröffentlicht und verbreitet Content, den ihr einschätzen könnt

Wenn ihr eine Berufsausbildung habt/macht oder eine (Hoch-)Schule besucht (habt), seid ihr bei der Bewertung von Inhalten zu eurem Fach im Vorteil gegenüber Laien. Nutzt diesen Vorteil, indem ihr Content verbreitet, den ihr dank eures Fachwissens gut einschätzen könnt. Ich verstehe zum Beispiel eine Menge von Chemie und einiges von wissenschaftlichen Methoden, wäre aber die Falsche, um Inhalte zur Pflege von Pferden oder zur Beurteilung der Standfestigkeit von Gebäuden einzuschätzen .

Teilt und verbreitet andere Inhalte nicht unkritisch

Notiert doch eine kurze Frage zum geteilten Social-Media-Content oder Link – entweder an die allgemeine Leserschaft oder an einen Fachexperten im Freundeskreis: „Kann das wirklich sein?“ Das Bisschen Aufwand vor dem schnellen Klick auf „Teilen“ kann schon den Unterschied machen. Ganz besonders dann, wenn auf die Frage eine vernünftige Antwort kommt.

Achtet auf eure eigene erste Reaktion auf einen Beitrag: „So krass – kann das echt sein?“ zeigt an, dass sich eine Überprüfung lohnt. Wenn ihr Zeit habt, folgt dabei den Anhaltspunkten oben. Wenn ihr weniger Zeit habt:

Habt kompetente (Online-)Freunde

Meine Schwester ist Tierärztin und reitet in ihrer Freizeit – bei ihr wäre ich mit der Pferdepflege sicherlich an der richtigen Adresse. Und ich glaube auch zu wissen, wo ich den Gebäudestatiker meines Vertrauens finden könnte.

Ihr seht: Wenn ihr seriösen und wissenswerten Content produzieren oder teilen möchtet, kann euch ein Netzwerk mit Fachleuten, welchen ihr vertrauen könnt, von grossem Nutzen sein.

Teilt und kommentiert eindeutig unseriöse oder gefährliche Inhalte gar nicht

Social Media – Netzwerke leben von Interaktion: Je mehr ein Beitrag geliked, kommentiert und geteilt wird, desto weiter wird er verbreitet. Wenn ihr auf einen Beitrag stosst, der mit Sicherheit unseriös und keiner Diskussion würdig ist, geht am besten gar nicht darauf ein (nutzt allenfalls die Melden-Funktionen des Netzwerks für kriminelle/gefährliche Inhalte und Spam). So verhindert ihr eine weitere Verbreitung am effektivsten.

Wenn solche Inhalte aus dem persönlichen Freundeskreis kommen, weist stattdessen in einer persönlichen Nachricht freundlich auf den „Unsinn“ hin, den euer Freund/eure Freundin da verbreitet.

Fazit

Dieser Leitfaden zur Unterscheidung zwischen seriösem Content und „Unsinn“ läuft immer wieder auf eines hinaus: Was immer ihr im Netz (oder in anderen Medien) findet:

Hinterfragt es kritisch!

Dabei gilt, wie in vielen anderen Disziplinen: Übung macht den Meister. Mit der Zeit werdet ihr ein Gefühl dafür entwickeln, was glaubwürdig ist und was nicht.

Und wenn das Bemühen um seriöse Inhalte im Netz nun als Kampf gegen Windmühlen erscheint: Der behält seine sprichwörtliche Bedeutung nur so lange, wie es mehr Windmühlen als Don Quichotes gibt. Mit anderen Worten:

Nicht nur jeder, der Content im Netz produziert, sondern auch jeder, der ihn konsumiert, kann einen kleinen Schritt dazu beitragen, dass seriöse Inhalte sich leichter von „Fake-News“ und anderem Unsinn unterscheiden lassen. Und viele kleine Schritte mögen zusammen eine spürbar grosse Bewegung geben.

Und wie geht ihr mit Inhalten aus dem Internet um? Welche Erfahrungen habt ihr mit der Unterscheidbarkeit von Sinn und Unsinn gemacht?