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Ein Blogger kommt selten allein - auch für die Leser?

Liebe Leser, Liebe Blogger-Kollegen,

Heute geht es hier für einmal nicht direkt um Naturwissenschaftliches, sondern um die Welt der Blogs und Blogger. Die spielt sich nämlich in Facebook-Gruppen, Foren, Whatsapp-Channels und vielen anderen Kanälen ab, in welchen wir unabhängigen Internet-Autoren unabhängig von unseren Themen zusammenfinden und uns austauschen.

Dabei ist unter Schweizer Bloggern auch die Idee zu einer Blogparade „Ein Blogger kommt selten allein“ entstanden, welche sich mit der Zusammenarbeit von Bloggern und gemeinschaftlichen Projekten beschäftigen soll.

Vernetzung von Bloggern: Wo bleiben die Leser?

In der Bloggerwelt wird immer wieder der Wunsch laut, das Blogger sich mit Bloggern vernetzen und einander unterstützen. Und ebenso regelmässig kommt die Diskussion darum auf, dass wir Blogger im D-A-CH-Raum uns damit besonders schwer täten, dass wir – womöglich kulturell bedingt – gehemmt seien, wenn es um gegenseitige Unterstützung geht. Die Frage, die sich dann stellt, lautet in der Regel: Wie können wir das besser machen? Wie können wir einander unterstützen?

Dabei geht in meinen Augen jedoch oft das Wesentliche vergessen: Wir schreiben für euch, unsere Leser, unsere Zielgruppe.

Die Frage sollte also lauten: Wie können wir uns gegenseitig dabei unterstützen, euch – unserer jeweiligen Zielgruppe – interessante, lesenswerte, nützliche und bewegende Inhalte zu liefern?

In den vergangenen Jahren habe ich viel über diese Frage und mögliche Antworten nachgedacht. Einige, die ich bereits verfolge oder künftig verstärkt verfolgen möchte, möchte ich euch heute vorstellen – und euch schliesslich die Frage aller Fragen stellen: Was interessiert euch tatsächlich?

Zusammenarbeit unter Bloggern für die Leser? Drei meiner Ansätze


1. Mit Gleichgesinnten Interessengemeinschaften bilden

„Gleichgesinnt“ heisst hier in meinen Augen „der gleichen Zielgruppe verhaftet“. Was nützt es, wenn zwei Blogger im gleichen Genre schreiben – als Beispiel einen Foodblog mit Kochrezepten – aber völlig unterschiedliche Leser bedienen? Zum genannten Beispiel: Ein Foodblog mit Rezepten für Vegetarier, der andere mit Rezepten für Grillfleisch. So lange hier nicht einer der Beteiligten über seinen Schatten springt (und sich zum Beispiel an gegrilltem Gemüse probiert), überschneiden sich die Zielgruppen nicht!

Als meine Zielgruppe sehe ich Menschen an, die einen „normalen“ (Familien-)Alltag zu bewältigen haben und/oder mit der Bildung neugieriger Nachwuchs-Forscher zu tun haben. Für eben diese Menschen schreiben auch all die Mama-, Papa- und Familienblogger – mit dem einen Unterschied, dass diese in der Regel selber Kinder haben. Ich nicht. Ich bin somit keine Mama-Bloggerin. Und dennoch schreibe ich für die gleiche Leserschaft.

Das Netzwerk Schweizer Familienblogs

Nachdem mir das erst einmal klar geworden war, habe ich im vergangenen Jahr das Netzwerk Schweizer Familienblogs mitbegründet. Beim Austausch unter Familienbloggern wurde rasch klar, dass viele von uns die gleichen Interessen haben: Die flächendeckende Einhaltung von Qualitätsstandards, die Möglichkeit, potentiellen Kooperationspartnern selbige gesammelt anzubieten, sich in einem „geschützten“ Raum auszutauschen und manches mehr.

So sind einige von uns dem Ruf von Rita von den Angelones und Jerome von […] gefolgt, haben überlegt, wie diese gewünschten Qualitätsstandards aussehen sollen und sie auf der eigenen Website des Netzwerks in Schriftform gebracht.

Kurz gesagt beinhalten diese Standards neben Inhalten für Familien(-menschen) – das sollte ja selbstverständlich sein – eine grundlegene Orientierung am Schweizerischen Internetrecht (Stichwort: Impressum!) und Transparenz beim Umgang mit werblichen Inhalten und Kooperationen. Auf der Website des Netzwerk finden interessierte Leser und Kooperationspartner eine Liste der Schweizer Familienblogs, die sich zur Einhaltung dieser Standards verpflichtet haben und dies mit dem Siegel des Netzwerks Schweizer Familienblogs kundtun dürfen.

Gemeinsam für die Leser: Netzwerk Schweizer Familienblogs

Auf diesen Blogs findet ihr, lebe Leser, familientaugliche Inhalte ohne Schleichwerbung von Autoren, die zu ihren Inhalten stehen und offen für seriöse Kontakte und Geschäfte sind.

Und wenn ihr, liebe Mit-Familienblogger, dabei sein möchtet, könnt ihr euch jederzeit hier um Aufnahme bewerben. Solltet ihr die gewünschten Standards noch nicht erfüllen, helfen wir euch gerne dabei, die nötigen Veränderungen umzusetzen.

2. Ein Verzeichnis zusätzlicher, für die Zielgruppe spannender Inhalte bereitstellen

Hierzu gehört sicherlich die klassische Blogroll – eine Liste meist themen- bzw. zielgruppenverwandter Blogs, die der Blogger eures Vertrauens euch empfehlen kann. Und seinen bloggenden Kollegen damit einen Backlink und im besten Fall sogar Zugriffe spendiert.

Ich gehe da sogar noch einen Schritt weiter. Warum nicht auch einzelne spannende Artikel dauerhaft zugänglich machen, die sonst irgendwo in den Blog-Archiven verborgen liegen?

Das Periodensystem gebloggt

Für meine an Chemie&Co interessierte Zielgruppe habe ich das „Periodensystem gebloggt“ ersonnen. Denn alles ist Chemie – alle Dinge bestehen aus (aktuell bekannten) 118 chemischen Elementen, zu welchen es viele spannende Geschichten gibt. Und die alle selbst zu schreiben würde mich auf Dauer doch ein wenig an meinem eigenen Blogthema – der Chemie des (Familien-)Alltags – vorbei führen.

Aber dafür gibt es ja viele fleissige wie versierte Kollegen, welche über die Elemente gebloggt haben oder bloggen. Und deren Artikel finden Platz in meinem gebloggten Periodensystem der Elemente. Okay, der ein oder andere von mir ist auch darunter. Aber vor allem warten noch viele Elemente darauf, verbloggt zu werden.

Und damit lade ich nun euch ein, liebe Mitblogger, euch mit eurem eigenen Beitrag zu einem der Elemente – vielleicht eurem Lieblingselement? – im Periodensystem zu verewigen! Wenn ihr bereits einen passenden Artikel habt, kommentiert oder schickt mir doch einfach euren Link dazu. Und wenn ihr erst einen schreiben möchtet, lasst es mich allenfalls wissen, damit ich euch das entsprechende Element frei halten kann.

Das Thema passt jetzt gar nicht auf euren Blog? Oder ihr habt gar keinen und möchtet trotzdem gerne schreiben? Gerne veröffentliche ich euren Gastbeitrag zum Element auf Keinsteins Kiste und verlinke ihn ins Periodensystem!

3. Uns gegenseitig unsere Expertise zur Verfügung stellen

Wir alle haben unser Steckenpferd, unser Blogthema, von dem wir eine Menge wissen und verstehen. Und manche von uns haben sogar zwei oder mehrere. Dabei überschneiden sich diese Themen mitunter – häufig in Bereichen, die uns womöglich nicht gleich ins Auge fallen. Dabei können Gastblogger den Lesern im Bereich genau dieser Überschneidungen vieles bieten.

Aus diesem Grund biete ich euch, liebe Mitblogger, hiermit meine Expertise an: Ich habe Chemie studiert und Didaktik gelernt. Dieses Wissen gebe ich gerne weiter – sei es in Form von spannenden Experimenten, Erklärungen, Sicherheits- oder Anwendungstipps zu Phänomenen in eurem Alltag.

Und euer Alltag – dazu gehört schliesslich euer Blogthema, zu dem ihr schreibt oder lest – überschneidet sich automatisch mit meinem Thema: Chemie ist überall – alles ist Chemie!

Meine Expertise in Gastbeiträgen bei euch

Gerne verfasse ich einen Gastbeitrag, in welchem ich „mein“ Fach in den Dienst eures Themas stelle. Das könnten zum Beispiel sein: Lebensmittel- bzw. Küchenchemie auf dem Kochblog, Materialien für Textilfasern auf dem Modeblog, die spannendsten Naturwunder an Ziel X erklärt auf dem Reiseblog, Inhaltstoffkunde auf dem Beautyblog, kindgerechte Experimente auf dem Familienblog und vieles andere mehr. Im Gegenzug freue ich mich über eine Verlinkung von Keinsteins Kiste im Artikel.

Und umgekehrt: Habt ihr beruflich oder anderweitig mit naturwissenschaftlichen Themen im Alltag zu tun? Dann freue ich mich ebenso über einen Gastbeitrag von euch!

Bei aller Unterstützung: Ohne euch Leser läuft nichts!

Diejenigen, die uns Blogger am wirksamsten und mit dem wenigsten Aufwand unterstützen könnt, seid schlussendlich ihr – die Leser! Unsere Inhalte werden nämlich erst dann so richtig sichtbar, wenn ihr sie in euren Netzwerken teilt und somit möglichst vielen Interessierten zugänglich macht.

Die sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest und Co sind darauf ausgelegt, bevorzugt das auszuspielen, was ihre Nutzer interessiert. Und das Interesse messen sie an den Interaktionen, die auf einen Beitrag folgen: Teilen, Kommentieren, Liken!

Zeigt also eurem Umfeld, was von Interesse ist, indem ihr teilt, was euch gefällt und scheut euch nicht, euren Senf dazu zu geben. Und wenn es unter einem Beitrag mal richtig kontrovers zur Sache geht, ist das für uns Blogger ein Grund zur Freude: Ein Haufen Kommentare macht den Beitrag erst so richtig gut sichtbar (weil er entsprechend bevorzugt in den Feeds der Netzwerke aller Beiteiligten ausgespielt wird).

Frage an die Leser: Was interesssiert euch wirklich?

Nun gebe ich jedoch die entscheidende Frage vom Anfang an euch Leser weiter:

Welche unserer Vernetzungsaktionen bieten euch tatsächlich Mehrwert?

Interessieren euch Blogparaden? Bevorzugt ihr solche mit breiter Streuung eines allgemeinen Themas durch alle Genres oder eher solche, die auf „eure“ Nische beschränkt bleiben? Oder sind Blogparaden für euch völlig uninteressant?

Nutzt ihr Blogrolls? Linkups? Permanent verfügbare Inhalts-Sammlungen wie das PSE gebloggt? Interessiert euch, was wir auf Bloggertreffen, in Bloggergruppen oder im Zuge anderer gemeinsamer Projekte so treiben?

Oder sind wir mit all dem völlig auf dem Holzweg: Was würde euch interessieren, auf das wir Blogger vielleicht noch nicht gekommen sind?

Kommentiert uns doch eure Antworten unter diesem Beitrag – damit wir Blogger künftig noch mehr für euch Leser zusammen arbeiten können!
 

Blogparade „Ein Blogger kommt selten allein“

Uns? Richtig: Wir – das sind nebst mir nämlich die weiteren Teilnehmer an der Blogparade:

  • Svea von Dreimal Frei: Der Schweizer Blog zu den Themen Familie, freie Schule und Freilernen über ihre Vernetzung mit dem Blog „Schools of Trust“ Auch Svea ist übrigens Mitglied im Netzwerk Schweizer Familienblogs!
  • Natascha und Fabienne vom Schweizer Fashion- und Lifestyleblog Ich, DU & Wir mit ihren Outfits gemäss Follower-Abstimmung
  • Tamara vom Schweizer Food, Family und Lifestyle Blog Cakes, Cookies and more mit ihrem Quinoa-Salat, der im Rahmen der Food-Challenge der „Foodblogs Schweiz“ (einer ähnlichen Interessengemeinschaft wie das Netzwerk Schweizer Familienblogs, in welchem Tamara ebenfalls Mitglied ist!)

Liebe Leser,

Ich freue mich, heute Franziska Hufsky von BioInfoWelten hier begrüssen zu dürfen! Franziska ist Bioinformatikerin und schreibt auf ihrem Blog herrlich zweideutig von Mäusen, Bäumen, Viren und Co – mit anderen Worten von der Verknüpfung von Biochemie und Biologie mit der Programmierung und Nutzung von Computern. Hier und heute geht es aber vornehmlich chemisch zu und her, denn Franziska führt uns in die spannende Welt der Halogene ein, einer Gruppe von chemischen Elementen, die aus unserem Alltag nicht wegzudenken ist.

Viel Spass beim Lesen wünscht
Eure Kathi Keinstein

Halogene: von A(ntibiotikum) bis (Sal)Z

Halogen bedeutet eigentlich (aus dem Altgriechischen übersetzt) „Salzerzeuger“. Das bekannteste Beispiel dafür dürfte wohl Natriumchlorid (NaCl) sein. Sagt euch nichts? Die Rede ist von Kochsalz, also dem handelsüblichen Speisesalz. Kochsalz besteht (wie der Name schon sagt) aus Natrium und Chlor. Natrium (Na) ist ein Alkalimetall. Chlor (Cl) ist ein Halogen. Natriumchlorid ist also das Natriumsalz der Chlorwasserstoffsäure, auch bekannt als Salzsäure. Zu den Halogenen zählen außerdem noch Fluor, Brom, Iod, das seltene radioaktive Astat und das künstliche, sehr instabile Ununseptium.

Kochsalz, Natriumchlorid (NaCl)(Bild von APPER aus der deutschsprachigen Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Nun bin ich selbst kein Chemiker und weiß auch nicht viel mehr über die Chemie der Halogene zu erzählen. Dafür kenne ich aber eine andere Geschichte über Halogene und die beginnt im Krankenhaus

Panik im Krankenhaus

Krankenhauskeime. Ein Wort, welches immer häufiger durch die Medien geht und Angst und Schrecken verbreitet. Aber was soll das überhaupt sein und warum ist das angeblich gefährlich? Zunächst einmal sind Krankenhauskeime einfach Erreger, die man sich erst bei einem Aufenthalt im Krankenhaus einfängt. In der Regel handelt es sich dabei um Bakterien. Klingt jetzt erstmal nicht so schlimm. Man hat den Arzt ja schon vor Ort. Warum also diese Panikmache?

In den meisten Fällen sind Krankenhauskeime nicht schlimm. In der Regel werden sie vom Immunsystem in Schach gehalten oder können durch die Einnahme von Antibiotika bekämpft werden. Problematisch sind sie aber für immungeschwächte Patienten. Also Patienten, deren Immunsystem durch eine andere Krankheit, durch Alter oder durch Einnahme bestimmter Medikamente nicht auf vollen Touren läuft.

Multiresistente Bakterien

Das eigentliche Problem beginnt aber erst, wenn die Bakterien sich nicht mehr durch Antibiotika töten lassen. Man spricht von „Resistenz“. „Antibiotika“ ist ein Begriff für eine ganze Gruppe an Medikamenten unterschiedlicher Wirkstoffe, die eines gemeinsam haben: sie töten Bakterien. Antibiotika stammen aus den unterschiedlichsten Stoffgruppen und haben die unterschiedlichsten Wirkungsweisen im Kampf gegen Bakterien: zum Beispiel lösen sie die Zellwände der Bakterien auf oder hindern die Bakterien daran, sich zu vermehren. Nicht jedes Antibiotikum hilft gegen jedes Bakterium. Es gibt also ganz natürliche Resistenzen gegen Antibiotika. Bakterien können aber auch neue Resistenzen entwickeln. Durch den oft verantwortungslosen Umgang mit Antibiotika (zum Beispiel, indem man die Packung nicht bis zum Ende einnimmt oder mit Antibiotika vollgepumptes Billigfleisch kauft) züchten wir geradezu solche Resistenzen. Wird ein Bakterienstamm gegen mehrere oder gar alle uns bekannten Antibiotika resistent, dann spricht man von „Multiresistenz“. Und genau ab diesem Punkt sind wir ziemlich hilflos, denn wir können die Erreger nicht mehr töten.

Backterienstamm mit unterschiedlichen Resistenzleveln wir mit Antibiotikum bekämpft. Resistene Bakterien überleben. Resistenter Stamm entsteht.

Was tun?

Es ist also wichtig, dass wir verantwortungsvoller im Umgang mit Antibiotika handeln. Aber um die multiresistenten Bakterien bekämpfen zu können, brauchen wir vor allem eines: neue Wirkstoffe. Und zwar möglichst Wirkstoffe, die sich stark von den uns bekannten Antibiotika unterscheiden. Und jetzt sind wir endlich wieder auf meinem Fachgebiet angelangt. Und bei den Halogenen.

Die Salzerzeuger im Antibiotikum

Viele der bekannten antibiotischen Wirkstoffe enthalten Halogene, nämlich Chlor, Fluor oder Brom. Die ersten chlorhaltigen Antibiotika gab es schon gegen Ende der 40er Jahre. In den 50er Jahren kam das chlorhaltige Antibiotikum Vancomycin auf den Markt; in den 80ern wurde es als wirksames Mittel gegen multiresistente Staphylokokken erkannt. Vancomycin ist ein Reserveantibiotikum: es wird erst eingesetzt, wenn andere Antibiotika aufgrund von Resistenz nicht mehr wirksam sind. Vancomycin war daher oft die „letzte Hoffnung“. Aber auch diese endete, als die ersten Vancomycin-resistenten Erreger in Krankenhäusern auftraten. Eines der wichtigsten Reserveantibiotika heute ist das fluorhaltige Linezolid. Es tötet sowohl die bereits erwähnten Vancomycin-resistenten Erreger, als auch Methicillin-resistente Stämme und Penicillin-resistente Stämme bestimmter Bakterien.

Halogene als Antibiotika
Zeitstrahl der Antibiotika Entwicklung. Datenquellen: Wikipedia, Timeline of antibiotics (Markteinführung) und K. Lewis, Platforms for antibiotic discovery, Nature Reviews Drug Discovery 12, 371–387 (2013) (Zeitspanne bis zur Resistenz).

In den 80ern gab es einen regelrechten Antibiotika-Boom. Viele neue Wirkstoffe kamen auf den Markt, darunter viele fluorhaltige. Ab Mitte der 90er gab es einen Einbruch in der Entdeckung neuer Antibiotika. Das lag vor allem daran, dass neu entdeckte Wirkstoffe zu ähnlich zu den bereits bekannten waren. Resistente Bakterien sind gegen ähnliche Wirkstoffe häufig auch resistent. Seit 2010 kamen sieben neue Wirkstoffe auf den Markt, von denen fünf halogenhaltig sind. In den letzten Jahren scheinen sich Forscher in der Pharmazie mehr und mehr auf solche halogenhaltigen Wirkstoffe zu konzentrieren und gezielt danach zu suchen.

Die Schatzsuche

Wie findet man neue Antibiotika? Halogenhaltige organische Stoffe, die giftig für Bakterien sind, werden von anderen Bakterien oder Pilzen zur Abwehr hergestellt. Vielleicht habt ihr schon einmal von der Entdeckung des Penicillin gehört. Alexander Fleming wollte eigentlich Staphylokokken-Kulturen (Bakterien) züchten, aber ein Schimmelpilz verunreinigte die Kultur und tötete die Bakterien. Heute lässt man verschiedene Bakterienstämme gegeneinander „kämpfen“, in der Hoffnung, sie produzieren dabei interessante, neue, potentielle Wirkstoffe. Diese Wirkstoffe müssen zunächst einmal identifiziert werden — und das ist gar nicht so einfach. Sie sollen ja möglichst neu und unbekannt sein, man kann also nicht einfach in einer Datenbank nachschauen. Statt mühseliger Analyse per Hand, greift man dabei heute auf bioinformatische Methoden zurück. Zuerst wird die Summenformel bestimmt. Um das zu erleichtern, kann man zuerst testen, ob Halogene enthalten sind. Kennt man die Summenformel, wird die Bestimmung der Strukturformel einfacher. Das ist ein aufwendiger und kostenintensiver Prozess, der aber mittels bioinformatischer Methoden wesentlich beschleunigt werden kann.

K wie Krebs, N wie Narkose und T wie Teflon

Neben antibiotisch — also gegen Bakterien — wirkenden Medikamenten findet man Halogene noch in vielen weiteren Wirkstoffen. Das chlorhaltig Toremifen zum Beispiel ist ein Brustkrebsmedikament; Mitotan wird zur Behandlung der Symptome bei Nebennierenkrebs eingesetzt, wenn dieser nicht operiert werden kann. Die flourhaltigen Gase Desfluran, Sevofluran und Enfluran nutzen Anästhesisten zur Einleitung der Narkose. Halogene verbessern viele wichtige Eigenschaften von Medikamenten, wie zum Beispiel die Aufnahme in die Blutbahn oder die Wirkungsdauer des Medikaments.

Teflon (Polytetrafluorethylen) ist eine Kette aus Tetrafluorethylen. (Bild von 4C – Own work, CC BY-SA 3.0 | Wikicommons)

Organische Halogenverbindungen spielen aber nicht nur in der Pharmazie eine große Rolle. Sie werden auch oft als Insektizide oder Pestizide eingesetzt. Dichlordiphenyltrichlorethan (C14H9Cl5) zum Beispiel war jahrzehntelang das weltweit meistverwendete Insektizid, insbesondere, weil es kaum toxisch für Säugetiere ist. Das chlorhaltige Gas Vinylchlorid (C2H3Cl) ist die Grundsubstanz zur Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC), ein Kunststoff, den ihr sicher alle aus Fensterrahmen oder Bodenbelägen kennt. Und die Teflon-Beschichtung eurer Küchenpfanne besteht aus einer Kette aus Tetrafluorethylen (C2F4).

Jetzt kennt ihr die vielfältige Bedeutung von Halogenen außerhalb der Halogenglühlampen (die im Übrigen Iod oder Brom enthalten). Sicher findet man noch mehr Anwendungen von A wie Antibiotikum bis Z wie salZ.

Und ihr? Kanntet ihr Halogene schon vorher? Welche Anwendungen sind euch bekannt?