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Death Valley : Aussicht vom Zabriskie Point

Endlos weite, steinige Leere, ein weites, wüstes Land unter allzeit erbarmungslos gleissender Sonne. Das Death Valley, buchstäblich ein ‚Tal des Todes‘, scheint wirklich kein Ort für Leben zu sein. Doch über das Jahr hinweg ist das Wetter im Todestal ebenso vielfältig wie seine Bewohner, die den Schutz eines der extremsten Nationalparks in den USA geniessen.

Wir haben das Death Valley im Hochsommer erkundet – in einer Jahreszeit, die zweifellos hitzetoleranten Abenteurern vorbehalten ist. Doch mit einem modernen Auto können heute inbesondere grössere und grosse Forscher dieses Abenteuer ohne Schwierigkeiten bestreiten. Und obwohl der Sommer im Death Valley nicht dazu einlädt, lange im Freien herum zu laufen, gibt es doch eine Menge zu entdecken und zu tun. Fünf Vorschläge dafür möchte ich heute vorstellen.

Abenteuer Death Valley: Gute Vorbereitung ist unerlässlich!

Wie bereits erwähnt, ist ein modernes Auto das A und O für eine Fahrt in bzw. durch das Todestal. Denn besonders im Sommer geht dort für die meisten von uns ohne Klimaanlage gar nichts. Ausserdem habe ich die angenehme Erfahrung machen dürfen, dass moderne Motoren auch mit extremer Hitze problemlos zurecht kommen.

Dennoch sollte man im Death Valley eine Panne nach Möglichkeit vermeiden, denn dort gibt es über Dutzende Meilen hinweg gar nichts: Keine Tankstelle, keine Autowerkstatt, keinen Abschleppdienst, kein flächendeckendes Handynetz – und keinen Schatten.

Strasse ins Death Valley: Die nächsten 116 Kilometer gibt es weder Sprit noch Wasser noch Werkstatt!
Strasse ins Death Valley: Die nächsten 116 Kilometer gibt es weder Sprit noch Wasser noch Werkstatt!  Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz by Reto Lippuner

Reiseführer empfehlen deshalb, vor der Einfahrt in den Nationalpark den Öl- und Kühlwasserstand zu überprüfen und gegebenenfalls nachzufüllen. Ausserdem ist voll tanken angesagt, denn es gibt keine Garantie, dass die einzige Tankstelle innerhalb des Tales geöffnet und Treibstoff vorrätig hat.

Wir sind im Sommer 2014 von Las Vegas kommend von Südost nach Nordwesten durch den Park gefahren. So sind wir an der Westausfahrt in Panamint Springs an einer der wohl teuersten Tankstellen der vereinigten Staaten vorbei gekommen – und waren froh, auch dort noch nicht tanken zu müssen.

Doch auch für das Expeditionsteam muss gesorgt sein. Reichlich Wasser – mehrere Liter pro Person und Tag – sind überlebenswichtig! Nicht nur könnt ihr euch dann leisten, jederzeit zu trinken, wenn euer Körper danach verlangt. Sondern ihr habt auch dann genug, wenn doch einmal eine Panne passiert und ihr länger als geplant in der Hitze verweilen müsst. Wir hatten für unsere eineinhalbtägige Durchfahrt für zwei Personen fast 20 Liter im Auto, sodass wir uns um Durst keine Sorgen machen mussten.

Der gleissenden Sonne wegen sind UV-undurchlässige Kleidung, eine Kopfbedeckung und Sonnencreme mit einem hohen Lichtschutzfaktor ebenfalls sehr empfehlenswert, ganz besonders für hellhäutige Expeditionsteilnehmer.

Bei den folgenden Forscher-Aktivitäten können zudem folgende besondere Ausrüstungsgegenstände von Nutzen sein: Ein Thermometer mit einer Skala bis mindestens 50°C (besser mehr), ein Magnet, für Himmelsunkundige eine Sternkarte und gegebenenfalls eine Taschenlampe mit einem Rotfilter bzw. einer roten Folie vor der Lichtquelle.

Warum der ganze Aufwand?

Im Death Valley steigen die Temperaturen im Sommer tagsüber weit über 40°C, zuweilen sogar über 50°C und sinken auch nachts nur wenig ab! Nebst Sonnenbrand kann das schnell zu einem Hitzschlag oder Flüssigkeitsmangel führen – und beides kann unbehandelt tödlich enden. Das Auto mit Klimaanlage hat sich uns daher als unverzichtbare allgegenwärtige Zuflucht erwiesen.

Bleibt daher immer in der Nähe eures Wagens und mit diesem an den (asphaltierten) Hauptstrassen. Dort sind im Death Valley nämlich auch im Sommer regelmässig Autos unterwegs, sodass ihr dort nicht lange auf Hilfe warten müsst.

Längere Spaziergänge und Wanderungen sind damit im Sommer nicht möglich – aber auch in der Nähe der Strasse(n) gibt es im Tal des Todes reichlich zu tun und zu entdecken!

Forscher-Aktivitäten (auch) im Sommer

1. Eine Salzpfanne erkunden

Die Badwater Road (Highway Nr. 178), eine der asphaltierten Hauptstrassen im Death Valley Nationalpark, verläuft in Nord-Süd-Richtung mitten durch das Tal des Todes. Dabei führt sie direkt am der weiten Salzpfanne im „Badwater Basin“ vorbei. Das Gebiet ist mit 86 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefstgelegene Landstrich Nordamerikas und war einmal der Grund eines grossen Sees. Der ist heute praktisch ausgetrocknet – und eine Schicht aus einst darin gelösten Salzen ist das einzige, was davon übrig ist.

Etwa auf halber Strecke entlang der Salzfläche gibt einen grossen Parkplatz, von welchem aus ein Holzsteg auf die Salzfläche hinaus führt. Eine Tafel markiert auf dem Steg den „tiefsten Punkt Nordamerikas“.

Badwater Basin: Die Salzpfanne am tiefstgelegenen Punkt der USA
Badwater Basin: Die Salzpfanne am tiefstgelegenen Punkt der USA.
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Anders als viele ähnliche Stege kann man diesen am Ende verlassen und einen Spaziergang auf der Salzfläche wagen.  Begehbare Flächen sind sichtbar flach getreten. Aber Achtung! Im Sommer ist es hier extrem heiss und gleissend hell, sodass ihr euch in keinem Fall weit von Steg und Auto entfernen solltet! Dafür gibt es auch bereits in der Nähe des Steges bizarre Salzkrusten zu entdecken. Und selbst im Hochsommer (wir waren Ende Juli dort) verraten Wasserlachen auf dem Salz, dass es selbst im Death Valley auch mal regnet. Das Wasser in den Lachen dürfte extrem salzig und daher nicht trinkbar sein: das „Badwater“ Basin hat seinen Namen nicht von ungefähr.

Wasserrest in der Salzpfanne des Badwater Basin
Völlig versalzen: Das ’schlechte Wasser‘ im Badwater Basin ist nicht zum Trinken geeignet! 
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Im Norden des Beckens (es gibt dort einen weiteren Parkplatz) nimmt die dicke, zersprungene Salzkruste geradezu groteske Formen an. Eine rauhe, bis auf angelegte Pfade vollkommen unwegsame Oberfläche aus zerborstenen Salzschollen erstreckt sich hier so weit das Auge reicht. Hier scheint es nichts zu geben – wir kamen uns vor wie auf einem fremden, lebensfeindlichen Planeten. Nicht umsonst wird dieses Gebiet „Devil’s Golfcourse“, der Golfplatz des Teufels genannt.

Mitten im Death Valley: Devil's Golfcourse - Der Golfplatz des Teufels
Devil’s Golfcourse – Der Golfplatz des Teufels. 
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Die Geographie des Death-Valleys

Das Tal des Todes liegt im Westen Nordamerikas, an der Ostgrenze des Bundesstaates Kalifornien. In diesem Gebiet wird der nordamerikanische Kontinent in Folge der stetigen Erdplattenbewegungen seit vielen Millionen Jahren auseinander gezogen. In Folge dessen bekommt die Erdkruste hier an vielen Stellen lange Risse, wie eine spröde Oberfläche eines Kuchens, der beim Backen aufgeht. Einige der Krustenbruchstücke werden durch die Bewegung empor gehoben, andere sinken immer weiter ab. So ist ein gewaltiges System aus Bergketten („ranges“) und Tälern („basins“) entstanden, die allesamt grob in Nord-Süd-Richtung verlaufen und sich von der Pazifik-Küste bis nach Utah hinein erstrecken (im Englischen heisst diese Region „Basin-and-Range“).

Das Death Valley liegt mitten in der Basin-and-Range-Region und wird von zwei Gebirgszügen umschlossen: Der Panamint Range im Westen und der Amargosa Range im Osten. Die Entstehung des Tales und der Bergketten hat vor rund 13 Millionen Jahren begonnen. Seither hat es sich durch die Bewegung der Krusten-Bruchstücke in waagerechter Richtung besonders tief abgesenkt – so tief, dass es unweigerlich mit Meerwasser volllaufen würde, hielten die Berge im Westen den Pazifik nicht draussen.

Dabei bleibt es nicht aus, dass von Zeit zu Zeit Magma durch die Risse zwischen den Schollen an die Oberfläche dringt. So beweist der „Split Cinder Cone“, ein gerade einmal 300’000 Jahre alter Vulkankegel mitten im Death Valley, dass die Bewegung bis in die geologische Gegenwart andauert: Er liegt genau auf einem dieser Risse und wird seit seiner Entstehung mit den wandernden Schollen zur Hälfte in die eine, und zur anderen Hälfte in die entgegengesetzte Richtung verschoben.

Luftaufnahme des Split Cinder Cone
Luftaufnahme vom Split Cinder Cone: Der Erdboden verschiebt sich entlang der gestrichelten Verwerfungslinie und hat den Vulkankegel binnen 300’000 Jahren entzwei gerissen

Tiefer wird das Todestal dennoch nicht mehr, denn während es sich absenkt, tragen Wind und Wetter die umliegenden Berge ab und spülen den Abraum, Sand und Gesteinstrümmer, ins Tal hinab. So füllt es sich seit geraumer Zeit ebenso schnell mit den Sedimenten, wie es absinkt.

Dabei war das Death Valley längst nicht immer so trocken wie heute. Im Zuge der Eiszeiten in den letzten Zwei- bis Dreimillionen Jahren floss immer wieder Schmelzwasser von Gletschern in die abflusslosen Täler und sammelte sich in grossen Seen. Gänzlich unter Wasser stand das Tal des Todes zuletzt vor rund 20’000 bis 10’000 Jahren, als der gewaltige Lake Manley, 145 km lang, 16 km breit und bis 187 m tief, sich darin erstreckte. Dagegen war der Recent Lake mit seinen 10 Metern Tiefe, der erst vor wenigen Jahrtausenden austrocknete und die heutigen Salzpfannen hinterliess, ein kleiner Tümpel.


2. Besonders im Sommer: Extreme Temperaturen messen und erleben

Sobald wir am Boden des Death Valley das Auto verlassen haben, liessen uns unsere Körper umgehend und deutlich spüren, was Sache war: Hier ist es heiss, verdammt heiss. So heiss, dass man hier nicht verweilen kann. Einen derartigen Drang zurück in klimatisierte Umgebung habe ich vor dieser Tour noch nicht erlebt! Da kommt man erst gar nicht auf den Gedanken, sich unnötig weit vom Fahrzeug zu entfernen.

Welche Temperaturen tatsächlich vorherrschen, verrät ein Thermometer: Ich habe meinen batteriebetriebenen elektronischen Temperaturfühler im Hosentaschenformat zum Einsatz gebracht. Auf der Salzfläche des Badwater-Basins zeigte er am Mittag 42°C Lufttemperatur (an der Sonne, Schatten gibt es hier nicht). Rund 20 Meilen weiter nördlich am Zabriskie Point, einem ganz leicht erhöhten Aussichtspunkt hatte es am frühen Nachmittag 44,5°C in der Luft bei leichtem Wind. Wenige Millimeter in den Boden gebohrt zeigte das Thermometer sage und schreibe 55,2°C! Die Schuhe auszuziehen ist da nicht ratsam – man verbrennt sich nur die Füsse!

Thermometer an der Furnace Creek - Oase
Thermometer an der Furnace Creek-Oase am 29.7.2014 gegen 16 Uhr: 119°F entsprechen rund 48°C. Die höchste Temperatur auf der Erde wurde vor rund 100 Jahren hier gemessen. Die niedrigste Temperatur (im Winter wrd es hier knackig kalt!) und den meisten Niederschlag bis dahin lieferte das Jahr 1913 gleich mit!
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Wer kein eigenes Thermometer dabei hat, findet an der Furnace Creek Ranch, einer ausgebauten Oase mitten im Tal, eine Info-Tafel mit einer grossen Temperaturanzeige auf der Fahrenheit-Skala. Wir kamen am späten Nachmittag dort an und konnten umgerechnet 48°C ablesen. Das sind rund 11°C mehr als die übliche Temperatur im Inneren eines menschlichen Körpers! Da läuft Mensch unweigerlich ganz schnell heiss. So waren wir dankbar, nach ein- bis zweihundert Metern Fussweg auf dem Gelände ein klimatisiertes kleines Museum vorzufinden, in dem wir vor dem Rückweg zum Auto eine Abkühlungspause einlegen konnten.

Wetterextreme im Death-Valley und ihre Entstehung

Seine aussergewöhnliche Lage beschert dem Tal des Todes extreme Wetterbedingungen: Es gehört zu den trockensten und heissesten Gegenden der Welt! Warum ist das so?

Der Westen Nordamerikas wird mit Feuchtigkeit aus dem Pazifischen Ozean versorgt. Meerwasser verdunstet, und der entstehende Dampf wird von Luftströmungen landeinwärts getrieben. Stehen solch feuchten Luftströmungen Bergketten im Weg, verdichtet sich der Wasserdampf zu Wolken, die schliesslich an den Berghängen abregnen. In Folge dessen sind die Berge nahe der Westküste von fantastischen Regenwäldern und gewaltigen Baumriesen bedeckt, wie man sie im Sequoia National Park in der Sierra Nevada bewundern kann, bedeckt.

Das Problem dabei: Um das Death Valley zu erreichen, müssen die Wolken aus dem Pazifik ganze fünf Bergrücken überwinden – und damit unweigerlich fünfmal regnen. Und nach fünfmal Regnen bleibt von der ursprünglichen Feuchtigkeit praktisch nichts mehr übrig. Alles, was im Tal des Todes ankommt, ist in der Regel trockener Wind. Und selbst der macht sich im Sommer rar, sodass sich in dem engen, kargen Tal die Hitze staut. So fallen dort im Laufe eines ganzen Jahres gerade einmal 5 Zentimeter Niederschlag pro Quadratmeter.

Einzig wenn „El Niño“ mit seinen sintflutartigen Regenfällen alle paar Jahre die Westküsten Nord- und Südamerikas heimsucht, kommt auch im Death Valley wirklich Regen an. Das geschah zuletzt im Oktober 2015, als regelrechte Unwetter über dem Nationalpark niedergingen und ihm den nassesten Oktober aller Zeiten bescherten. Das bedeutet, dass im Norden des Parks binnen 5 Stunden etwa 7,5 Zentimeter Regen und Hagel niedergingen, wo sonst im Jahr gerade einmal 10 Zentimeter zusammen kommen. Die Folgen davon sind regelrechte Sturzfluten, die die an Trockenheit gewöhnte Landschaft stark verändern und an Gebäuden und Strassen erhebliche Schäden verursachen können. Selbst am Furnace Creek mitten auf dem trockenen Talgrund sind während der gesamten Unwetterperiode rund 3,5 Zentimeter Niederschlag gefallen.

Und wie reagiert die Natur darauf?

Die Wassermassen, die während eines solchen Wetterereignisses den Boden durchtränken, wecken zahllose im Wüstensand verborgene Samen aus langem Schlaf. So wird das Tal des Todes während der milden Wintermonate von einem farbenprächtigen Blumenmeer erfüllt. Für wenige Wochen herrscht das volle Leben, bis die zurückkehrende Hitze das Grün verdorren lässt. Doch bis dahin haben die Pflanzen neue Samen gebildet, welche im Wüstensand schlummernd auf den nächsten Besuch von „El Niño“ warten.


3. Bunte Farben und Muster in Gesteinsformationen entdecken

Die Beschreibung einer leblosen Wüste mag die Vorstellung einer leeren, langweiligen Landschaft wecken. Doch tatsächlich ist diese Landschaft nicht reizlos und öde, sondern farbenfroh und von bizarren Mustern und Strukturen erfüllt. Denn im Death Valley gibt es eine Vielzahl von Mineralien und Erzen, die, einmal Wind und Wetter ausgesetzt, die verschiedensten Farben annehmen.

Im Sommer lässt sich dieses Farbenspiels am einfachsten entlang des „Artist’s Drive“ bewundern. Diese asphaltierte Seitenstrasse zweigt nördlich von des Teufels Golfplatz von der Badwater Road ab zu einem Rundkurs durch eine Hügelllandschaft, die zu Recht „Artist’s Palette“ genannt wird. Denn hier sind Gesteinsschichten von weiss, gelb, braun, bis hin zu rot und grün offen sichtbar, dicht an dicht zusammengefügt wie auf der Farbpalette eines Malers. Und das Ganze kann bequem aus dem klimatisierten Auto heraus erkundet werden!

Artists Palette: Bunte Farbenpracht im Death Valley dank Eisen und Co.
Farbenpracht der „Artists Palette“: Farbenfrohe Metall-Verbindungen, hauptsächlich des Eisens, sorgen hier für bunte Vielfalt.
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Die Route ist eine Einbahnstrasse und recht kurvig. Deshalb darf sie nur mit Fahrzeugen mit einer Gesamtlänge bis 7,7 Meter (25 Fuss) befahren werden. Wer mit einem grösseren Camper unterwegs ist, kann jedoch einen Halt am Zabriskie Point einlegen und dort nach wenigen Schritten zu Fuss den Ausblick über die herrlich bizarren erodierten Hügel aus farbenfrohen Ablagerungen vom Grund eines der einstigen Seen im Tal geniessen.

Zabriskie Point: Bizarre Hügellandschaft durch Erosion
Erodierte Hügel am Zabriskie Point: Dieser Aussichtspunkt ist nach ein paar Schritten hügelaufwärts vom grossen Parkplatz zu erreichen. 
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Darüber hinaus gibt es rund um das Tal verschiedene Wanderwege, die zur Erkundung der Gesteine des Todestals einladen. Im Sommer solltest du jedoch allerhöchstens in den Höhenlagen der umliegenden Berge längere Spaziergänge oder Wanderungen unternehmen – am Talgrund ist es dazu einfach zu heiss und gefährlich!

Mineralien im Death Valley

Die weissen bis grauen Salzablagerungen im Badwater Basin bestehen grossteils aus Natriumchlorid (NaCl), dem Stein- oder Kochsalz, mit welchem wir auch unser Essen würzen. Daneben findet man jedoch eine ganze Reihe weiterer löslicher oder weniger löslicher Salze der Alkali- und Erdalkalimetalle (der Metalle in den ersten beiden Spalten des Periodensystems). Dazu zählen zum Beispiel Sylvin (Kaliumchlorid, KCl), Calcit (Calciumcarbonat, „Kalk“, CaCO3 ) und Gips (Calciumsulfat, CaSO4 * 2H2O ).

Weltweit selten ist Borax (Na[B2O5(OH)4)] * 8H2O ). Dieses Mineral enthält das seinerseits auf der Erde seltene Element Bor, das unter anderem für die Herstellung von Glas, Porzellan und Holzschutzmitteln verwendet wird. Damit war das Borax Ende des 19. Jahrhunderts so begehrt, dass es sogar mitten im Tal des Todes, unweit von Furnace Creek, abgebaut und in grossen Wagen in weit entfernte Fabriken abtransportiert wurde. Nahe der Hauptstrasse nördlich von Furnace Creek kann die Geschichte der „Harmony Borax Works“ auf einem kurzen beschilderten Rundweg – auch im Sommer – nachvollzogen werden. Vergiss nicht, Sonnenhut und Getränkevorrat mitzunehmen!

Für den Farbenreichtum der Gesteine sind all diese Verbindungen jedoch nicht verantwortlich – sie sind weitestgehend farblos. Bunt wird es hingegen, wenn die Metalle in der Mitte des Periodensystems – die sogenannten Übergangsmetalle – ins Spiel kommen, denn sie bilden Salze in vielen verschiedenen Farben. Rote und auch gelbe Gesteine enthalten zum Beispiel Eisenoxide („Rost„). Das grüne Mineral Chlorit, das die grünen Farbkleckse zur „Artist’s Palette“ beisteuert, enthält neben Eisen unter anderem Zink und zuweilen etwas Mangan und Nickel.

Zudem gibt es rund um das Death Valley wie vielerorts in Kalifornien Gold- und Silbervorkommen. Auch diese beiden Edelmetalle gehören zu den wenigen Rohstoffen, die genügend Begehrlichkeiten geweckt haben, um in dieser unwirtlichen Gegend ernsthaft danach zu schürfen.


4. In den Mesquite Flat Sand Dunes Magnetit-Sand aufspüren

Die Mesquite Flat Sand Dunes in unmittelbarer Nachbarschaft von Stovepipe Wells sind nicht nur eine atemberaubende Dünenlandschaft inmitten der steinigen Ödnis des Death Valley. Sie bergen ein kleines Geheimnis, welchem man mit einem einfachen Hilfsmittel auf den Grund gehen kann. Einige der Sandkörner in den Dünen bestehen nämlich aus Magnetit. Dieses Mineral, ein Eisenerz, hat seinen Namen daher, dass es ebenso von Magneten angezogen wird wie metallisches Eisen!

In den Sanddünen der Mesquite Flat kannst du die Magnetit-Sandkörner deshalb ganz einfach aufspüren: Fahre mit einem Magneten langsam mit wenigen Millimetern Abstand über den Sand. Die schwarzen Magnetit-Körner werden vom Magneten angezogen und bleiben daran haften.

Einfacher Kühlschrankmagnet mit Magnetit-Körnern
Über den Sand geführt: Einfacher Kühlschrankmagnet mit Magnetit-Körnern

Weil der Boden – auch der Sand – im Death Valley an sonnigen Sommertagen sehr heiss werden kann, empfehle ich, dieses kleine Experiment mit einem Abend- oder Morgenspaziergang zu verbinden, zum Beispiel von einem Nachtquartier in Stovepipe Wells aus.

Warum ist Magnetit magnetisch?

Das Mineral Magnetit ist ein Eisenoxid, welches zwei verschiedene Sorten Eisen-Ionen enthält. Seine chemische Formel lautet Fe3O4 , wobei zwei der drei Eisen-Ionen Fe3+-Ionen sind und das dritte Eisen-Ion ein Fe2+-Ion. Zusammen bringen diese Ionen also acht positive Ladungen mit, die durch vier Oxid-Anionen (O2-) mit jeweils zwei negativen Ladungen aufgewogen werden.

Eisen-Atome bzw. -Ionen sind dafür bekannt, dass sie magnetische Eigenschaften haben und sich wie winzige Kompass-Nadeln in Magnetfeldern ausrichten können. Das führt dazu, dass metallisches Eisen, in welchem sich diese „Elementarmagnete“ fein säuberlich in der gleichen Orientierung (parallel) anordnen können, von einem Magneten angezogen wird. Diese Eigenschaft, die für Eisen so charakteristisch ist, wird nach eben diesem Element (lat. ferrum) „Ferromagnetismus“ genannt.

Ähnlich ergeht es dem Magnetit: Die Mischung verschiedener Eisen-Ionen beschert diesem Mineral nämlich ein ganz besonderes Kristallgitter. Darin gibt es verschieden starke Elementarmagnete, die sich ebenfalls parallel anordnen lassen, allerdings in entgegengesetzter Orientierung (man nennt das „antiparallel“). Entgegengesetzt orientierte Elementarmagnete heben ihre Wirkung gegenseitig auf – da sie unterschiedlich stark sind, aber nicht vollständig. Deshalb wird auch Magnetit von Magneten angezogen (oder zieht sie seinerseits an) und kann – wie Eisen – so magnetisiert werden, dass es ein eigenes Magnetfeld erzeugt! Dieser Magnetismus ist jedoch schwächer als der von „echten“ Ferromagneten, weshalb dafür ein neuer Name erfunden wurde: „Ferrimagnetismus“.

Eine ausführliche Erklärung zu den geheimnisvollen Magnet-Kräften findest du in dieser Geschichte rund um den Magnetismus!


5. Im Tal übernachten und die Sterne und mit etwas Glück(?) Tiere beobachten

Richtig, man kann im Death Valley übernachten. Es gibt am Grund des Tales mehrere Campingplätze – im Sommer auch nachts ein heisses Vergnügen – und zwei feste Unterkünfte mit klimatisierten Zimmern: Furnace Creek und das Stovepipe Wells Village. Wir haben während unseres Trips in Stovepipe Wells Quartier bezogen (vorab reservieren!) und waren heilfroh um unser kleines Motel-Zimmer mit Dusche und Klimaanlage.

Stovepipe Wells ist ein kleines Motel mit Restaurant und angeschlossenem Campingplatz mitten in der Wüste, sodass es mehr noch als Furnace Creek eine fantastische Gelegenheit für einen Blick nach oben bietet. Mitten im Todestal gibt es nämlich keinerlei störendes Licht von menschlichen Errungenschaften auf der Erde, sodass sich schon wenige Schritte abseits der Häuser ein vollkommen ungetrübter Blick in den Nachthimmel geniessen lässt. Und dieser Nachthimmel ist wahrhaft atemberaubend!

Sonnenuntergang über den Mesquite Flat Sand Dunes
Ein Fest für die Sinne schon vor dem eigentlichen Nachthimmel: Sonnenuntergang über den Mesquite Flat Sand Dunes. 
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Anders als in besiedelten Gebieten unseres Planeten oder gar Städten zieren hier nämlich abertausende Sterne den Himmel. So ist die Kante der Milchstrasse leicht mit blossem Auge zu beobachten, und wer nach fernen Galaxien und anderen Weltraumnebeln sucht, hat hier die besten Aussichten. Im Hochsommer, insbesondere Ende Juli und Mitte August, können zudem vermehrt Sternschnuppen beobachtet werden, da unser Planet sich in dieser Zeit durch zwei Meteorschauer bewegt.

Eine Sternkarte kann dabei helfen, sich in dem leuchtenden Überfluss am Himmel zurecht zu finden, und mit einem Teleskop kannst du Nebel und Planeten beobachten. Um die Sternkarte im Dunkeln zu lesen, verwende eine Taschenlampe, deren Leuchte mit einer roten Folie oder ähnlichem gedämpft wird, damit deine Augen an die Dunkelheit gewöhnt bleiben!

Die Informationszeitung des Nationalpark-Service gibt Auskunft über die Mondphasen (bei und um Neumond ist die Sicht mangels störendem Mondlicht am besten) und sichtbare Planeten und andere Himmelsereignisse.

Achtung vor Tieren!

Nicht nur wir Menschen empfinden die das Tal des Todes bei Nacht als erträglicher. Auch mag man des Nachts vermehrt Tieren begegnen, die sich oft erst bei oder nach Sonnenuntergang aus ihren kühlen Verstecken wagen. Die meisten sind harmlos, doch gibt es Klapperschlangen, Skorpione und schwarze Witwen (Spinnen), die giftig sind. Trage also auch und vor allem nachts Hosen und Schuhe und tritt oder greife nirgendwo hin, ohne vorher hinzusehen (das gilt auch bei Tag und in der Dämmerung)!

Ich bin zum Sterne schauen ein paar Schritte die Strasse aus Stovepipe Wells hinausgegangen und bin direkt abseits des Strassenrandes auf ebener Erde stehen geblieben, um nach oben zu sehen. Ein Liegestuhl hätte hier eine bequemere Haltung ermöglicht. Auf den Boden legen wollte ich mich nämlich dessen tierischer Bewohner wegen nicht. So bin ich ausser einigen farblosen nachtaktiven Libellen, die vom Licht im Dorf angezogen wurden, keinen Tieren begegnet.

Fazit

Auch wenn die extremen Temperaturen eine besondere Herausforderung darstellen, ist das Death Valley auch im Sommer eine Reise wert. Erwachsene mit gesundem Kreislauf und ältere Kinder (kleinere Kinder sind nahe dem Boden nur noch mehr der Hitze ausgesetzt – mit ihnen bereist du das Death Valley besser im Frühjahr) können dabei viel Spannendes entdecken und bestaunen. Wer schon immer einmal einen lebensfeindlichen fremden Planeten erkunden will, kann genau das hier auf der Erde ausprobieren! Mehr Informationen und aktuelle Hinweise findest du auf der Death-Valley-Website des Nationalpark-Service.

Und hast du dich auch schonmal in das Tal des Todes gewagt?

Seltene Erden : Mine in Ytterby

Was sind „seltene Erden“? Warum ist dieser Name eigentlich irreführend? Was haben die chemischen Elemente, die diese Bezeichnung tragen, gemeinsam? Und warum haben sie gerade in den letzten Jahren häufig Schlagzeilen gemacht?

Das Artikelbild zeigt die aufgelassene Grube Ytterby heute (By Svens Welt (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons). Traditionell statten alle Empfänger eines Nobelpreises dieser Fundgrube einzigartiger chemischer Elemente einen Besuch ab. Denn vor über 200 Jahren begann dort die Geschichte der seltenen Erden.

Ein Ausflug in die Geschichte: Als die seltenen Erden noch selten waren

Ytterby, Schweden, 1787. Leutnant Carl Axel Arrhenius streift über die Abraumhalden der Grube nahe des kleinen Dorfes auf einer Insel vor Stockholm. Schon seit dem sechzehnten Jahrhundert hat man hier Quarz für die Eisenhütten der Umgebung abgebaut, und neuerdings gewinnt man ausserdem Feldspat für die Porzellan- und Glasindustrie. Arrhenius interessiert sich jedoch nicht für diese beiden gar zu häufigen Mineralien, sondern für das, was die Minenarbeiter unweigerlich mit ihnen zu Tage fördern und als unbrauchbar auf den Halden entsorgen. Für den Leutnant ist die Stationierung im nahen Vaxholm ein Glücksfall, gibt sie ihm doch die Gelegenheit, hier in Ytterby seinem grossen Hobby, der Geologie, nachzugehen und nach Mineralien zu suchen.

Die Abraumhalden von Ytterby haben schon manch interessantes Fundstück für ihn bereit gehalten, sodass es Arrhenius immer wieder hier hinaus zieht. Doch was er nun in der Hand hält, ist wahrhaft aussergewöhnlich. Der schwarze Stein, ein raues Felsbruchstück, ist bemerkenswert schwer, und Arrhenius‘ Sammlerinstinkt lässt ihn ahnen: Das ist etwas ganz besonderes.

Gadolinit : Mineral mit seltenen Erden

Gadolinit: Grosser Einkristall (8.2 x 7.1 x 5.2 cm), Tuftane-Steinbruch, Frikstad, Norwegen (by Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons)

 

Welch ein Glück, dass er mit einigen der berühmtesten skandinavischen Chemiker seiner Zeit bekannt ist, und diese sich der Untersuchung seines seltsamen Fundstücks annehmen. Professor Johan Gadolin von der Universität von Åbo gelingt schliesslich eine vielversprechende Analyse: Rund 38% des schwarzen Minerals bestehen demnach aus einer ganz neuartigen „Erde“, welche Gadolin aus seinen Proben aus Ytterby isolieren kann. Als „Erden“ bezeichnen die Chemiker zu dieser Zeit die Oxide der Metalle – die Begriff „Oxid“ ist wesentlich jüngeren Datums.

Gadolins Erde erhält nach ihrem Herkunftsort den Namen „Yttererde“, und der Chemiker erkennt, dass darin ein neues Element enthalten ist. Später erhält dieses Element – wiederum nach dem Ort seiner ersten Entdeckung – den Namen Yttrium, während das schwarze Mineral zu Ehren seines Untersuchers „Gadolinit“ genannt wird.

Die eigentliche Überraschung, welche dieses Mineral in sich birgt, wird jedoch erst im Laufe eines Jahrhunderts voller Arbeit vieler Chemiker offenbar: Die Yttererde besteht nicht, wie man annehmen mag, aus reinem Yttriumoxid, sondern lässt sich in mehrere verschiedene Oxide auftrennen! Und mit vielen ähnlichen neuen „Erden“ verhält es sich ebenso.

Heute wird die chemische Formel des Gadolinits, welchem die Yttererde entstammt, mit (Ce,La,Nd,Y)2FeBe2Si2O10 angegeben. Damit enthält das Mineral nicht bloss eines, sondern gleich vier Elemente, welche Leutnant Arrhenius und Professor Gadolin ihrerzeit nicht bekannt waren: Yttrium (Y), Cer (Ce), Lanthan (La) und Neodym (Nd). Und die Aufzählung ihrer Symbole innerhalb der runden Klammern deutet an, warum Gadolin sie nicht gleich alle entdeckt hat: Diese Elemente sind sich chemisch so ähnlich, dass sie in natürlichen Kristallen (d.h. Mineralien) stets bunt gemischt vorkommen und mit den Methoden des späten 18. Jahrhunderts kaum zu trennen waren.

Reiche Erzlagerstätten dieser und weiterer einander täuschend ähnlicher Elemente, wie die Mine in Ytterby, sind nicht besonders häufig. So waren wohl auch die Oxide dieser Elemente anfänglich nicht nur neu und merkwürdig, sondern in der Welt der Chemiker und Mineralogen überdies selten, was den Elementen und ihren Verbindungen ihren bis heute verbliebenen gemeinsamen Namen eingebracht haben wird: „Seltene Erden“.

 

Ein Steckbrief der „seltenen Erden“

Seltene Erden sind:

  • nach heutiger Auffassung die Elemente Scandium, Yttrium, Lanthan und die 14 auf Lanthan folgenden Elemente, die auch „Lanthanoiden“ genannt werden: Cer, Praseodym, Neodym, Promethium, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium, Ytterbium und Lutetium:

Scandium, Yttrium und Lanthan sind sogenannte Übergangsmetalle, die im Periodensystem untereinander stehen. Das bedeutet, ihre Elektronenhüllen sind analog aufgebaut, was allein schon ihre chemische Ähnlichkeit erklärt. Die 14 Lanthanoiden werden (gemeinsam mit den Actinoiden) häufig in einer separaten Zeile unterhalb des Periodensystems aufgelistet, damit das Ganze vernünftig auf ein Blatt Papier passt. Eigentlich gehören sie nämlich in die sechste Periode zwischen Lanthan und Hafnium.

  • auf der Erde gar nicht so selten:

Grössere Seltenerd-Erzlagerstätten sind zwar selten, aber kleine Mengen der Elemente sind über eine Vielzahl von Mineralien und Erzen weit verteilt. So findet man das häufigste Seltenerd-Element Cer auf der Erde häufiger als Kupfer, während das seltenste, Thulium, noch häufiger ist als Silber.

  • einander sehr ähnliche Metalle:

Die elementaren Seltenerdmetalle sind silberweiss, metallglänzend und formbar – typische Metalle eben. Darüber hinaus sind sie in sehr ähnlicher Weise unedel und sehr reaktiv. Alle Seltenerdmetalle sind hochentzündlich, manche Lanthanoiden neigen sogar zur Selbstentzündung an der Luft. Deshalb werden viele Seltenerdmetalle für industrielle Zwecke häufiger in Form stabilerer chemischer Verbindungen verkauft anstatt als reines Metall.

Lanthanoide : Viele seltene Erden sind f-Elemente

Die Lanthanoiden (ausser Promethium) als reine Metalle by Tomihahndorf at the German language Wikipedia [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

 

  • Unverzichtbare Bestandteile der modernen Technik:

Ob als Bestandteil von Nickel-Metallhydrid-(NiMH)-Akkus, in „Supermagneten“, z.B. in Windkraftanlagen und Lasern, Computern, Bildschirmen und Energiesparlampen als Katalysatoren oder gar als Kontrastmittel in der Medizin: In kaum einem Bereich des modernen, technischen Lebens begegnet man den Seltenerd-Metallen nicht. Deshalb sind sie insbesondere für die Industriestaaten als Rohstoffe so unverzichtbar.

  • nicht radioaktiv:

Mit einer Ausnahme: Das Lanthanoid Promethium kommt nur in Form des β-strahlenden Pm-147 mit einer Halbwertszeit von rund 2,6 Jahren in der Natur vor – in kleinsten Mengen als Zerfallsprodukt von Uran in dessen Erzen. Das langlebigste (künstlich erzeugte) Promethium-Isotop ist Pm-145 mit einer Halbwertszeit von 17,7 Jahren. Somit sind alle Promethium-Isotope, die vielleicht einmal in der Materie, welche die Erde formen sollte, enthalten waren, in den viereinhalb Milliarden Jahren Erdgeschichte längst zerfallen.

  • Im Vergleich zu vielen bekannten Schwermetallen nur wenig bis gar nicht giftig:

Viele weitere Bestandteile der Erze (darunter finden sich nicht selten sogar radioaktive Elemente wie Uran und Thorium!), aus welchen sie gewonnen werden, hingegen schon. Deshalb ist der beim Abbau von Seltenerd-Metallen zurückbleibende Schlamm Umwelt und Gesundheit zuliebe sicher zu verwahren oder zu entsorgen.

  • Im Internet für jedermann erhältlich:

In den gängigen Online-Auktionshäusern werden immer wieder Seltenerd-Metalle angeboten. Aber Achtung: Längst nicht alles, was dort als „Seltenerd-Metall“ oder bezeichnet wird, ist auch ein solches – dazu zählen nur die oben genannten bzw. in der folgenden Tabelle aufgezählten Elemente!. In der Regel sind reine Seltenerd-Metalle unter einer reaktionsträgen Atmosphäre (meist Argon) in Glasphiolen eingeschlossen, damit sie nicht mit ihrer Umgebung reagieren können. Ein hochwertiger Schaukasten mit allen Lanthanoiden ausser Promethium ist meist für gute 350 Euro bzw. knapp 400 Franken zu haben.

Element Element-symbol Bedeutung des Namens Verwendung in der Technik (Beispiele)
Scandium Sc lat.: Scandia für Skandinavien, wo das erste Erz entdeckt wurde Stadionbeleuchtung, Brennstoffzellen, Laser
Yttrium Y nach Ytterby, dem Ort seines Erstfundes Leuchtdioden, Flachbildschirme, Laser
Lanthan La griech.: lanthanein = versteckt sein Ni-MH-Akkus, Katalysatoren
Cer Ce nach dem zur gleichen Zeit entdeckten Zwergplaneten Ceres Abgas-Katalysatoren, UV-Schutzgläser
Praseodym Pr griech.: prásinos = lauchgrün, didymos = doppelt : der lauchgrüne Zwilling Dauermagnete, Elektromotoren, Glasfarbstoff
Neodym Nd griech.: neos = neu, didymos = doppelt : der neue Zwilling Dauermagnete (z.B. in Windkraftanlagen), CD-Spieler
Promethium Pm nach Prometheus, einer Figur der griechischen Mythologie Leuchtziffern, Wärmebatterien in Raumfahrzeugen (da radioaktiv!)
Samarium Sm nach dem Mineral Samarskit, in welchem es erstmals nachgewiesen wurde Dauermagnete in elektronischen Kleingeräten, auch Raumfahrt
Europium Eu nach dem Kontinent Europa roter Leuchtfarbstoff: Leuchtdioden, Plasmabildschirme, Energiesparlampen
Gadolinium Gd nach dem Mineral Gadolinit Kontrastmittel für die Kernspin- tomographie, grüner Leuchtfarbstoff in Radarschirmen
Terbium Tb nach Ytterby, dem Ort des Erstfundes einer seltenen Erde Dauermagnete, Sonartechnik
Dysprosium Dy griech.: dysprosios = unzugänglich Dotierung von Kondensatoren, Dosimeter, Halogenlampen
Holmium Ho lat.: Holmia für Stockholm, die Hauptstadt Schwedens Laser
Erbium Er nach Ytterby, dem Ort des Erstfundes einer seltenen Erde Laser, Glasfaserkabel bzw. -verstärker
Thulium Tm nach Thule, der Bezeichnung für Skandinavien in der klassischen Antike Dotierung in der Röntgentechnik, Gamma-Strahlenquelle für die Werkstoff- prüfung
Ytterbium Yb nach Ytterby, dem Ort des Erstfundes einer seltenen Erde Kunststoff-Zahnfüllungen, Laser
Lutetium Lu lat.: Lutetia für Paris, die Hauptstadt Frankreichs Beta-Strahlenquelle: Positronen-Emissions-Tomografie

Warum sich die seltenen Erden chemisch so sehr ähneln

Die Seltenerd-Metalle gleichen einander in ihrer Chemie derart, dass selbst die Natur sie ständig miteinander verwechselt: Ein Seltenerd-Erz enthält stets mehrere verschiedene Metalle, deren Ionen ihre Plätze im Kristall wechselweise einnehmen, als gehörten sie allesamt zur selben Ionensorte. Wenn Chemiker versuchen, für solch einen Kristall eine chemische Formel aufzustellen, kommt so etwas herum wie für das schon erwähnte Mineral Gadolinit: (Ce,La,Nd,Y)2FeBe2Si2O10 . Es handelt sich dabei um ein Silikat, also ein Salz einer Kieselsäure, welches neben einem Eisen- und zwei Beryllium-Ionen zusätzlich zwei Seltenerdmetall-Ionen je Formeleinheit enthält. Innerhalb der runden Klammern ist die Auswahl derjenigen Metalle angegeben, aus welcher diese beiden Ionen stammen: Cer, Lanthan, Neodym und Yttrium. Welche beiden dieser Ionen man in einem beliebigen Ausschnitt des Kristalls, für welchen die Formel steht, jeweils antrifft, ist freilich dem Zufall überlassen.

Doch warum sind sich die Seltenerd-Metalle chemisch so ähnlich? Die Chemie eines Atoms, also seine Neigung zu Reaktionen sowie seine „Passform“ bei der Entstehung eines Ionenkristalls, wird vom Aufbau seiner Elektronenhülle bestimmt. Und der ist normalerweise von Element zu Element verschieden – einzig die Elemente, die im Periodensystem untereinander stehen (wie Scandium, Yttrium und Lanthan), ähneln sich ein Stück weit, da sich ihre Elektronenhüllen nur in der Anzahl besetzter Energieniveaus („Etagen“ im Elektronenhüllen-Haus) unterscheiden, nicht aber in der Besetzung des massgeblichen äussersten Niveaus.

Die Lanthanoiden unter den seltenen Erden haben alle miteinander eine einzigartige Stellung im Periodensystem inne, da sie die ersten Elemente mit Elektronen in einem zusätzlichen „Zwischengeschoss“ sind, dessen Elektronen-„Wohnungen“ die Chemiker als f-Orbitale bezeichnen. Das besetzte f-Zwischengeschoss der Lanthanoiden gehört dabei rein formal zur vierten „Etage“ des Elektronenhülle, obwohl es in der sechsten Zeile (Periode) des Periodensystems auftauchen und dementsprechend auch erst nach dem ersten Orbital der sechsten „Etage“ aufgefüllt werden.

Gemäss den Spielregeln der Chemie sind jedoch die Elektronen der äussersten Schale (die auch als „Valenzelektronen“ bezeichnet werden) für das Verhalten eines Atoms entscheidend – bei den Lanthanoiden also die drei Elektronen, welche den ersten drei Positionen in der sechsten Periode des Periodensystems entsprechen. Wie viele Elektronen darüber hinaus im f-Zwischengeschoss sind, ist hingegen ziemlich egal. So wird es niemanden wundern, dass alle Seltenerd-Metalle dreifach positiv geladene Ionen bilden, indem sie ihre drei Valenzelektronen abgeben und damit ihre Aussen-Etage vollkommen entleeren (einige bilden darüber hinaus auch zwei- oder vierfach positiv geladene Ionen, da sie ihre Elektronen noch anderweitig „energetisch günstig“ zu sortieren wissen).

Dieser besondere Aufbau der Elektronenhüllen der Lanthanoide hat noch einen weiteren einzigartigen Effekt zur Folge: Normalerweise sind Ionen der Elemente umso grösser, je mehr Elektronen in ihrer Hülle „Wohnungen“ bzw. Orbitale besetzen. Logisch, denn je mehr bewohnte Wohnungen man haben will, desto höher wird man das Haus bauen müssen.

Bei den Lanthanoiden wirkt sich der Einzug der Elektronen in die Orbitale des f-Zwischengeschosses jedoch nicht auf die Höhe des Hauses aus – gehört dieses Zwischengeschoss doch zur vierten Etage und nicht zur sechsten. Da mit der wachsenden Anzahl Elektronen jedoch auch die positive Ladung des Atomkerns zunimmt, steigt auch die Anziehungskraft, die der Kern auf seine Elektronenhülle ausübt – ohne dass diese durch zusätzliche Wohnungen und Etagen dicker würde. Und diese Anziehungskraft macht sich so stark bemerkbar, dass die Ionen der Lanthanoiden von links nach rechts im Periodensystem tatsächlich kleiner werden, anstatt wie bei allen anderen Elementen grösser! Dieser Effekt, den die Chemiker „Lanthanoidenkontraktion“ nennen, ist so stark, dass ein Dysprosium-Ion (das neunte Element in der Reihe der Lanthanoiden) ebenso klein ist wie ein Yttrium-Ion, dessen äusserste besetzte Etage die fünfte anstatt der sechsten ist!

 

Warum in den letzten Jahren so ein Aufstand um seltene Erden gemacht wurde

Ohne die seltenen Erden könnte es unsere High-Tech-Welt, wie sie zur Zeit aussieht, nicht geben. Das zeigt allein schon die oben gelistete Auswahl an technischen Anwendungen dieser einzigartigen Metalle. Ihre Gewinnung ist jedoch mit grossem Aufwand und Risiken für die Umwelt verbunden. Wohl deshalb leistet zu Beginn des 21. Jahrhunderts China weit über 90% der weltweiten Förderung der seltenen Erden – nennt es doch die weltweit grössten zusammenhängenden Vorkommen an Seltenerd-Erzen sein Eigen, welche etwa 30% der weltweiten Reserven ausmachen.

All jene Industriestaaten, die sich die Hände nicht in dieser Weise schmutzig machen wollen, sind damit weitestgehend auf die Einfuhr von seltenen Erden aus China angewiesen. Als die Chinesen 2010 entschieden, die Ausfuhr ihrer seltenen Erden zu beschränken, gerieten ihre Abnehmer somit gehörig ins Schwitzen – denn alternative Quellen waren auf die Schnelle nicht zur Hand. Die Begründung Chinas, die Beschränkung der Umwelt zuliebe einzuführen (Warum sollten wir uns für euch andere die Hände bzw. die Umwelt schmutzig machen?), erschien der Weltöffentlichkeit zudem als reichlich wenig glaubwürdig.

So schien es nur noch zwei Möglichkeiten zu geben einen Engpass in Sachen seltene Erden zu vermeiden: Die Ansiedelung von Hightech-Produktionsfirmen in China, um anstelle der Seltenerd-Erze die fertigen Produkte aus China auszuführen, oder eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO – denn die Ausnutzung eines Rohstoff-Monopols um einheimischen Firmen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen ist gemäss den Spielregeln der Weltwirtschaft nicht erlaubt.

Nachdem jene westlichen Firmen, die sich für eine Ansiedelung in China entschieden, auch dort von Benachteiligungen gegenüber den einheimischen Konkurrenten berichteten und eine geplante Erhöhung der Ausfuhrzölle für seltene Erden die Lage noch mehr zu verschärfen drohte, zogen die USA, gefolgt von der EU und Japan, am 13. März 2012 schliesslich vor das Gericht der WTO – und erhielten Recht. Doch obwohl dieser Schiedsspruch schon im Jahr 2013 erfolgte, sträubten die Chinesen sich noch bis Anfang 2015, ehe sie die Ausfuhr der seltenen Erden endgültig freigaben.

Die Ironie dabei: Tatsächlich wurde die Beschränkung der Ausfuhr von seltenen Erden auf rund 31.000 Tonnen pro Jahr nie ausgeschöpft – im Jahr 2013 wurden laut der FAZ gerade einmal 22.493 Tonnen exportiert, bis November 2014 waren es 24.886 Tonnen. Hat China die Ausfuhrbeschränkung also letztlich aufgehoben, weil sie keinen Nutzen mehr hatte?

Wenn der ganze Zwist um die chinesischen seltenen Erden für den Rest der Welt einen Nutzen hatte, dann wohl jenen, dass er diese wichtigen, der Allgemeinheit aber eher unbekannten Elemente populär machte und zum Nachdenken über andere Gewinnungsmöglichkeiten – vor allem durch Recycling von „High-Tech-Abfällen“ – angeregt hat und anregt.

Und welche seltene(n) Erde(n) sind euch in eurem Alltag schon begegnet?

Literatur:

[1] L.F.Trueb (2005). Die chemischen Elemente – Ein Streifzug durch das Periodensystem. Stuttgart: S.Hirzel Verlag

[2] Der einmal wirklich gute Wikipedia-Artikel zu den Seltenen Erden