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Vitamine und Co - Sind Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sinnvoll?

Rumms! Scheppernd fliegt die Haustür ins Schloss, und – Klatsch! – kurz darauf landet der Schulranzen achtlos fortgeschleudert unter der Garderobe. Es ist kurz nach 3* und Lena ist aus der Schule zurück. „Nanu, Lena, was ist denn mit dir los?“, tönt Mutters Stimme aus der Küche.


„Ach, nichts, ich bin nur wieder total müde… und am Mittwoch haben wir schon wieder einen Mathetest. Noch mehr zu lernen. Dabei würde ich heute doch gerne mit Elli spielen…“


Die Mutter kommt mit einem Teller voll frisch aufgeschnittenem Gemüse aus der Küche. „Nun setz dich doch erstmal, atme durch und nimm einen Imbiss. Hinterher gibt es auch dein feines Vitamin-Gummibärchen. Und den Mathetest schaffen wir dann auch…“


Lena bekommt von ihrer Mutter Nahrungsergänzungsmittel. Laut zwei grossen deutschen Studien, DONALD und EsKiMo, könnte jedes zehnte Kind eine solche Szene kennen. Denn diese Zahl haben die Wissenschafttler ermittelt: Jedes zehnte Kind nimmt Nahrungsergänzungsmittel ein. In Deutschland. Und warum nicht auch in der Schweiz?

Der Markt für Vitamintabletten und eine wahre Vielfalt anderer Nahrungsergänzungsmittel erscheint hierzulande nämlich ähnlich gewaltig wie drüben im „grossen Kanton“. Da fehlen auch spezielle Produkte für den Nachwuchs in „kindgerecht“ bunter Erscheinung natürlich nicht. Wie zum Beispiel Lenas Vitamine in Gummibärchen-Form.

Aber: Sind Nahrungsergänzungsmittel für Kinder wirklich notwendig?

Was können Nahrungsergänzungsmittel eigentlich?

Eine vollständige Liste von Nährstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder wäre überaus lang, weshalb ich einige gängige Beispiele herausgesucht habe.

Vitamine

Vitamine sind (relativ) kleine organische Moleküle, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann, aber für seine Funktion unbedingt braucht. Deshalb müssen wir diese Stoffe mit der Nahrung aufnehmen.

Etwas aus dem Rahmen fällt dabei das sogenannte Vitamin D (exakt: D3), auf biochemisch „Cholecalciferol“. Das kann der Körper zwar selbst herstellen, benötigt dazu aber Energie aus Sonnenlicht, genauer aus UV-B-Strahlen. Da diese Energie – wie die anderen Vitamine – von aussen kommen muss, hat auch das Cholecalciferol einen Vitamin-Namen erhalten.

Genaueres zu den Aufgaben der einzelnen Vitamine erfahrt ihr im Artikel über die 13 Stoffe für ein Leben.

Für Kinder hat Vitamin D eine besondere Bedeutung. Denn daraus stellt der Körper ein Hormon her, welches den Einbau von Calcium in die Knochensubstanz reguliert. Und das ist ein unheimlich wichtiger Vorgang beim Wachstum. Vitamin-D-Mangel kann bei Kindern zu Knochenwachstumsstörungen führen, die allgemein als Rachitis bekannt sind.

DHA (Docosahexaensäure)

DHA ist eine Carbonsäure, die zu den sogenannten Omega-3-Fettsäuren zählt und ein wichtiger Baustein für die Aussenhaut (Membran) von Zellen – insbesondere Nervenzellen – ist. Deshalb wird DHA als wichtig für die Entwicklung von Gehirn und Netzhaut der Augen angesehen. Natürlich kommt diese Fettsäure in fettem Seefisch (z.B. Lachs, Hering) und in Muttermilch (nicht in Kuhmilch!) vor.

Jod

Ionen des Elements Jod (auf chemisch „Iod“) sind unverzichtbares Baumaterial für Schilddrüsenhormone, die wiederum den Energiehaushalt des Körpers und das Wachstum regulieren. Bei Jodmangel kann die Schilddrüse nicht genügend Hormone herstellen, was in früher Kindheit zu Entwicklungsstörungen führen kann (im Extremfall zum „Kretinismus“). Genaueres dazu erfahrt ihr im Artikel zum Jod.

Natürlich kommt Jod in für den Menschen brauchbaren Verbindungen in Seefisch und Meeresfrüchten vor. Zudem wird es unserem Speisesalz zugesetzt und gelangt über Tierfutter in Milch und Eier.

Calcium

Oder Kalzium, wie die neue deutsche Rechtschreibung es verlangt. Ein weiteres chemisches Element, dessen Ionen für den menschlichen Körper von Interesse sind. Calcium-Ionen werden vor allem für den Aufbau der Knochensubstanz, welcher wiederum vom Hormon aus Vitamin D reguliert wird, benötigt. Ohne Calcium nützt also die beste Vitamin-D-Versorgung nichts, so wie Calcium ohne Vitamin D wertlos ist. Calcium ist für ein gesundes Wachstum also unverzichtbar, weshalb Kinder ein Vielfaches mehr an Calcium aus der Nahrung aufnehmen können als Erwachsene.

Natürlich kommt Calcium vor allem in Samen und Milchprodukte (vor allem Käse!), aber auch in Blattgemüse und Feigen vor.

Zink

Ionen des chemischen Elements und Metalls Zink sind Bestandteil von einer Vielzahl von Enzymen, die verschiedene Aufgaben im Stoffwechsel übernehmen. Ausserdem reguliert es das Immunsystem – und es gibt Hinweise darauf, dass Zink die geistige Leistungsfähigkeit und Gesundheit fördere. Aber eben: Hinweise. Da ist noch ziemlich viel Forschungsarbeit zu tun. Zumal Zink zu den Stoffen gehört, die in zu grosser Menge schnell gesundheitsschädlich werden.

Zink kommt natürlich vor allem in rotem Fleisch, Hülsenfrüchten, Käse, Pilzen, Meeresfrüchten, Baumnüssen (Walnüssen) und anderen Samen vor.

Eisen

Eisen-Ionen sind zentraler Bestandteil des roten Blutfarbstoffs und werden somit für den Sauerstofftransport benötigt. Ausserdem kommen sie in verschiedenen Enzymen zum Einsatz. Genaueres erfahrt ihr im Artikel zum Eisen in der Ernährung.

Natürlich kommt für den Menschen nutzbares Eisen vor allem in Fleisch vor. Das darin auftretende Häm-Eisen kann der menschliche Körper um Vieles leichter aufnehmen als das in Pflanzen enthaltene Eisen.

Magnesium

Die Ionen des Magnesiums sind nicht nur Bestandteil von einer Vielzahl von Enzymen, sondern tragen auch entscheidend zur Funktion von Muskel- und Nervenzellen bei. So zeigt sich ein Magnesiummangel durch Ruhelosigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit bis hin zu Herzrhythmusstörungen oder Muskelkrämpfen.

Natürlich kommt Magnesium in vielen Lebensmitteln vor, z.B. in Vollkornprodukten, Mineralwasser, hartem Leitungswasser, Samen, Gemüse und Milchprodukten vor.

Aber sind unsere Kinder ohne Nahrungsergänzungsmittel so schlecht damit versorgt?

Nein! In den Studien DONALD und EsKiMo wurde nicht nur untersucht, wie viele Kinder Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, sondern auch, wie gut sie unabhängig davon mit Nährstoffen versorgt sind. Das Ergebnis: Die Versorgung der Kinder in Deutschland ist auch ohne Nahrungsergänzungsmittel allgemein gut. Das wird für die Schweiz – ein angrenzendes Industrieland mit vergleichbar vielfältigem Nahrungsangebot – genauso gelten.

Es gibt dabei einige wenige Ausnahmen wie Vitamin D und Folsäure. In den Bergregionen der Schweiz war zudem lange die Jodversorgung schwierig. Heute ist jedoch auch die durch jodiertes Speisesalz gewährleistet.

Zudem sagt das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES):


Der Nutzen des Verzehrs von mehr pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Kartoffeln und weniger Süßigkeiten und Limonade in der Ernährung kombiniert mit mehr Aktivitäten im Freien ist ausreichend belegt für die Entwicklung von Körper und Gehirn bei Kindern.


Und auf die gezielte Zufuhr der wenigen Nährstoffe, für die wirklich Bedarf bestehen mag, sind viele Nahrungsergänzungsmittel für Kinder gar nicht ausgelegt: Von vier wahllos herausgegriffenen Vitamin-Produkten speziell für Kinder enthält nur eines Folsäure, und nur zwei Vitamin D.

Und selbst wenn diese „besonders wichtigen“ Vitamine darin wären, sagt doch das LAVES weiter:


Für Nahrungsergänzungsmittel fehlt dieser Nachweis.


Gemeint ist ein Beleg eines Nutzens von Nahrungsergänzungsmitteln für die Entwicklung von Kindern.

Ausnahmen: Erkrankungen, Erbkrankheiten, besondere Ernährungsweisen

Anders mag die Versorgungslage jedoch bei bestimmten Vorerkrankungen, genetisch bedingten Stoffwechseldefekten oder Ernährungs-/Lebensweisen wie einer veganen Ernährung aussehen. Dann kann der Kinderarzt eine allfällige Mangelversorgung in einer Blutuntersuchung (und nur so!) feststellen und bei Bedarf ganz gezielt Präparate verordnen, die das Benötigte (und nur das!*) enthalten.

*Immer mal wieder geistern Geräte für „unblutige“ Messungen a la „Bioscan“ durch das Netz und Gesundheitseinrichtungen sogar bis hin zu Apotheken und Arztpraxen. Aber wenn die wirklich funktionieren würden, wären aufwändige Bluttests längst überholt. So wundert es nicht, dass sie es nicht tun, wie Kinderarzt Professor Dorsch und die Redaktion des ARD wiederholt festgestellt haben.

**Meine Ansicht als Chemikerin zu Eingriffen in die Chemie unseres Körpers ist: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Das gilt nicht nur für die Menge, sondern auch für die Auswahl eingesetzter Stoffe. Und da alles – von jeder Herkunft – gleichermassen Chemie ist, ebenso für Naturstoffe wie für Laborprodukte.

Können Nahrungsergänzungsmittel für Kinder gefährlich sein?

Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind in den allermeisten Fällen überflüssig. Aber können sie auch gefährlich werden? Vitamine sind doch Naturstoffe und darüber hinaus unverzichtbar für die Gesundheit…

Chemie ist überall und oft zu viel

Bei dieser Frage sitzen viele schnell einmal mehr der unsinnigen Einteilung in „natürlich“ und „synthetisch“ auf. Dabei ist die Chemie immer dieselbe, ob sie nun in der Natur von Lebewesen oder im Labor hergestellt wird. Somit sind auch die Bestandteile von Nahrungsergänzungsmitteln auf die gleiche Weise zu betrachten wie natürliche, synthetische oder teilsynthetische Medikamente oder Lebensmittelbestandteile und -zusätze. Das tun Verbraucherzentralen auch:

Das Ärzteblatt schreibt: Zwischen Dezember 2017 und Januar 2018 haben Verbraucherzentralen in Deutschland 26 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder untersucht: Bei 85% war mindestens ein „Wirkstoff“ für 4- bis 7-Jährige über dem Referenzwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) dosiert. Zusätzlich lagen 50% der Präparate über den Referenzwerten des Deutschen Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) für 15-Jährige, 20% an deren Grenzen.

Insbesondere die fettlöslichen Vitamine wie A und D, die der Körper nicht einfach wieder ausscheiden kann, reichern sich an und können zu Gesundheitsproblemen, in Extremfällen zu regelrechten Vergiftungen führen. Auch verschiedene sogenannte Spurenelemente, wie das oben erwähnte Zink, haben in grösseren Mengen gesundheitsschädliche Wirkungen.

Verharmlosung bzw. Irreführung durch Darreichung als Naschereien

Selbst wenn die angebotene Dosis bzw. Dosierungsanleitung im Rahmen der Empfehlungen liegt, lädt die Aufmachung verschiedener Präparate in Gummibärchenform oder mit Comic-Motiven auf der Verpackung besonders jüngere Kinder regelrecht zum „Naschen“ ein. Ein wenig Unachtsamkeit oder Nachgiebigkeit gegenüber Quengeln und die Gefahr der Überdosierung ist gross.

Und die natürlichen Extrakte von exotischen „Superpflanzen“?

Die bisherigen Abschnitte drehen sich vornehmlich um die herkömmlichen „Vitaminpräparate“ mit meist wohlbekannter Nährstoffsammlung. Aber auf dem riesigen Nahrungsergänzungsmittel-Markt tauchen immer wieder Präparate mit „neuen“, oft exotischen Pflanzen (und Tieren?) mit angeblichen „Superkräften“ – oft aus der „Volksheilkunde“ exotischer Völker – auf.

Hier gilt um so mehr, was ich oben schrieb: Die Chemie ist immer die gleiche, egal woher sie kommt. Und gerade Pflanzen verstehen sich darauf, einen ganzen Cocktail an wirksamen Chemikalien zu produzieren – um Bestäuber/Saatgutverteiler anzulocken oder sich zu verteidigen…

Wissenschaftlich oder Schall und Rauch?

Dementsprechend aufwändig ist es, belastbare wissenschaftliche Studien zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen solcher Präparate zu erstellen. So wundert es nicht, dass es belastbare Studien oftmals gar nicht gibt – obwohl in der Werbung für viele Mittel anderes behauptet wird. Denn vieles, was als „wissenschaftlich“ beworben wird, ist am Ende gar nicht aussagekräftig.

Aber wie könnt ihr feststellen, ob die Werbung nun Schall und Rauch ist oder wirklich aussagekräftige Forschung hinter einem Produkt steckt? Die Website „Klartext Nahrungsergänzung“ der Verbraucherzentrale in Deutschland gibt euch alles an die Hand, was ihr wissen müsst, um eine aussagekräftige Studie zu erkennen.

Neuartige Lebensmittel und die umgangene Zulassungspflicht

Dazu kommt: Viele „neuartige“ Präparate – im Klartext solche, die vor dem 15.5.1997 in der EU und der Schweiz noch nicht in nennenswerten Mengen verzehrt worden sind, gelten als „neuartige Lebensmittel“ und dürfen nur nach Zulassung durch die Europäische Kommission bzw. das Schweizerische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in den Verkehr gebracht werden.

Nun hat die ARD aber erst kürzlich vorgeführt, dass die behördliche Kontrolle bei der Anmeldung von neuen Nahrungsergänzungsmitteln, die unter anderem auch das sicherstellen soll, in Deutschland nicht so funktioniert, wie sie sollte.

Die Folge: Im „Grossen Kanton“ sind unter Umständen auch Nahrungsergänzungsmittel mit „neuartigen Lebensmitteln“ ohne Zulassung erhältlich. Sei es nun im Laden um die Ecke, über Multi-Level-Marketing oder über mehr oder weniger zwielichtige Webshops.

Wenn letztere ihre Produkte zudem aus dem fernen Osten oder anderen exotischen Gegenden beziehen, besteht zudem die Gefahr von Verunreinigungen mit Stoffen, die da gar nicht hineingehören. Denn die Herstellungsstandards sind in vielen dieser Schwellenländer längst nicht so hoch wie hier in Mitteleuropa.

Das alles zusammen sind genügend Gründe, neuartigen pflanzlichen (und tierischen) „Super“-Produkten besonders skeptisch zu begegnen und sich in Ruhe und genau darüber kundig zu machen, bevor ihr sie kauft oder anwendet.

Fazit

Studien zeigen: Kinder sind in Mitteleuropa gut mit Nährstoffen (abzüglich weniger Ausnahmen) versorgt.
Studien zeigen hingegen nicht, dass Nahrungsergänzungsmittel die Entwicklung von Kindern verbessern würden.

Daraus folgt: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind in der Regel überflüssig. Und in Extremfällen können sie sogar ungesund sein. Besonders bei exotischen Produkten und „neuartigen Lebensmitteln“ rate ich dahingehend zu Vorsicht.

Wenn tatsächlich Verdacht auf einen Nährstoffmangel besteht, verschafft der Kinderarzt mit einer Blutuntersuchung Klarheit und kann bei Bedarf etwas Gezieltes verordnen, um den Mangel zu beheben.

Letztlich könnt ihr aber auch ohne Arzt einiges für die Nährstoffversorgung und Gesundheit eurer Kinder tun. Sorgt für:

  • eine ausgewogene Ernährung
  • genügend Gelegenheit, draussen aktiv zu werden
  • das Aufspüren und Beseitigen bzw. Minimieren von Ursachen für Alltagsstress!

Letzteres ist in meinen Augen für die gesunde Entwicklung von Kindern viel massgeblicher – und effektiver – als der Versuch, Alltagsstress und Leistungsdruck mit Nahrungsergänzungsmitteln auszugleichen.

Zeolith und Detox - Taugen Klinoptilolith und Co zum Entgiften?

Im ersten Beitrag über Zeolith – besser Zeolithe, denn es handelt sich um eine ganze Familie von Stoffen – habe ich euch diese ganz besonderen Steine als Wasserenthärter, Spülmaschinentrockner und Rohstoff für Katzenstreu vorgestellt. Die Zeolithe bestehen aus einem festen Ionengitter aus Silizium- und Aluminiumionen, das negativ geladen ist (je grösser der Aluminiumanteil ist, desto mehr). Dieses Gitter enthält relativ grosse Aussparungen, regelrechte „Poren“. In diesen Poren können Wassermoleküle und positiv geladene Ionen (Kationen) angelagert werden. So ist gewährleistet, dass der Zeolith als Ganzes nicht elektrisch geladen ist.

So können Zeolithe mit grossem Aluminiumanteil ( Silizium : Aluminium = 1:1 gilt als gross!) nicht nur viel Wasser aufnehmen, sondern auch als Ionenaustauscher herhalten: Wenn im Wasser ausserhalb des Kristalls Kationen sind, die dem Zeolith besser „passen“, werden diese Ionen in den Poren angelagert und die ursprünglichen dafür freigesetzt. Da der in Waschmitteln eingesetzte synthetische Zeolith A Calcium-Ionen lieber bindet als Natrium-Ionen, kann er das Waschwasser „enthärten“, indem er die Calcium-Ionen daraus aufnimmt und dafür Natrium-Ionen abgibt.

Die „Schwamm-Wirkung“ der Zeolithe führt schnell zu weiteren Anwendungs-Ideen. Warum nicht auch Sachen aufsaugen, die nicht nur lästig, sondern wirklich gefährlich sind?

Zeolith und „Detox“ – Wie sinnvoll ist die „Entgiftung“ mit den saugfähigen Steinen?

Zu den Metall-Kationen, die es sich gern im Zeolith-Gitter gemütlich machen, gehören zum Beispiel auch Cäsium- (Cs+ ) und Strontium-(Sr2+) Ionen. Deren radioaktive Vertreter entstehen als Nebenprodukte in Kernreaktoren und können bei Lecks oder gar einem Reaktorunglück zum Problem werden. So wurden schon nach der Katastrophe von Tschernobyl Zeolithe verwendet, um solche radioaktiven Ionen aus verseuchtem Wasser zu filtern.

Könnte man das nicht nutzen, um – nicht nur radioaktive – Schwermetalle und andere Schadstoffe aus unserem Körper zu entfernen? Mit Hilfe von natürlich vorkommenden Steinen?

So zumindest lautet die Idee verschiedener Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln und ihrer Anhänger.

Was Detox-Zeolithe tun sollen

Produktbeschreibungen für Detox-Kuren mit „Zeolith“ offenbaren eine ganze Palette von Wirkungen. Allen voran steht eine „Reduzierung der Ammonium- und Schwermetallbelastung des Körpers“, indem es „Giftstoffe und überschüssige Säuren im Darm bindet“. In den Beschreibungen angegebene Folgen dessen seien zum Beispiel (wörtliche Zitate von Anbietern von Zeolith-Kuren von Googles Seite 1, die ich hier bewusst nicht verlinke):

  • Entlastung des Stoffwechsels von Leber, Niere, Bauchspeichedrüse und Blut (mittels Entgiftung über den Darm)
  • „schnellere Regenerationen“
  • Stärkung des Immunsystems
  • Anti-Aging-Effekt
  • Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensqualität
  • Bindung und Entfernung von freien Radikalen
  • Versorgung mit Calcium und Magnesium (allenfalls durch Beimengung von entsprechenden Verbindungen)

Um all das zu erreichen genüge es laut der Hersteller, regelmässig und allenfalls dauerhaft Zeolithe einzunehmen.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt tun können

Stoffe aus dem Darminhalt aufnehmen

Einmal verspeist können Zeolithe Ionen und wasserlösliche Stoffe genau an ihrem Aufenthaltsort aufnehmen: Im Inneren von Magen und Darm – im Nahrungsbrei.

Metallionen aus dem Darminhalt austauschen

Je nach Zusammensetzung können Zeolithe aber nicht nur Schwermetalle, sondern auch wertvolle Nährstoffe wie Calcium oder Eisen aus der Nahrung abgreifen.

Für die Reihenfolge, welche Ionen gegen welche ausgetauscht werden, gibt es eine Faustregel: Zweifach positiv geladene „haften“ besser am Zeolith als einfach positiv geladene Ionen, kleine Ionen besser als grosse. Ein Zeolith, der Natrium (Na+) oder Kalium (K+) enthält, wird diese Ionen demnach für Calcium- (Ca2+), Magnesium-(Mg2+) und Eisen- (Fe2+)ionen abgeben. Währenddessen würde ein Zeolith, der Calciumionen enthält, diese nur gegen kleine zweiwertige Ionen, wie Magnesium- oder Eisenionen wieder hergeben.

Radioaktives Cäsium entfernen

Cäsium ist chemisch den Elementen Natrium und Kalium ähnlich und damit gut wasserlöslich. So können seine Ionen (Cs+) sich – im Unterschied zu denen vieler anderer Schwermetalle – ziemlich frei im Körper bewegen und sich überdies an Klinoptilolith anlagern. Das funktioniert zumindest im Tierversuch bei Ratten und Hühnern. Mit Menschen hat man das im Rahmen einer Studie noch nicht probiert.

Magensäure neutralisieren

Zeolithe sind tatsächlich basisch. Säure zur Neutralisation finden sie auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt auch reichlich vor: Im Magensaft, wo sie wichtige Aufgaben hat. Neben anderen Basen neutralisiert sie auch gleich die Zeolithe. So ist von deren basischen Eigenschaften nach dem Magendurchgang nichts mehr übrig. Für die Neutralisation der Magensäure sorgt der Körper schliesslich selbst beim Übergang in den Darmtrakt: Dessen Inhalt ist nämlich grundsätzlich schwach basisch.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt aus Chemikersicht nicht können

Schwermetalle und Giftstoffe aus „Speicherorganen“ wie Leber, Nieren, Haut und Zähnen entfernen

Der Darm ist zur Aufnahme, nicht zur Ausscheidung solcher Stoffe geschaffen. Schliesslich wollen wir die nützlichen darunter ja aus dem Nahrungsbrei herausholen und sie nicht wieder an diesen verlieren. Was einmal aus der Nahrung in den Körper gelangt, bleibt also drin. Ausnahme: Gut wasserlösliche Ionen und Kleinstmoleküle, die durch Ionenkanäle und Transportproteine zwecks Elektrolythaushalt rein und raus können!

Es sei denn, es findet einen anderen Weg hinaus – über die körpereigenen Entgiftungsanlagen: Leber, Nieren und Lunge. Die Leber wiederum hat tatsächlich einen Hinterausgang in den Darm: Die Galle. Gallenflüssigkeit enthält tatsächlich grosse Abfall-Moleküle, die in der Leber so umgebaut wurden, dass sie wasserlöslich sind. So können sie ungehindert über den Darm ausgeschieden werden. Diese Moleküle sind nun aber so gross, dass sie auch nicht fälschlich wieder in den Körper hinein gelangen können.

Schwermetallionen effektiv gegen Natrium-, Kalium- und ähnliche Ionen austauschen

Die meisten Schwermetallionen schwimmen gar nicht frei im Darminhalt oder sonstwo im Körper umher, sondern sind an die verschiedensten Moleküle gebunden. Diese Bindungen müssen erst gebrochen werden, bevor die Ionen in die Poren des Zeoliths gelangen können (denn die meisten „Anhängsel“-Moleküle sind dafür zu gross). Somit ist theoretisch nur ein kleiner Teil der Schwermetalle im Darminhalt für das Zeolith „zu haben“.

Zwischen Giftstoffen und Nützlichem unterscheiden

Neben unerwünschten Stoffen gibt es in Magen und Darm eine Unzahl weiterer Stoffe: Nährstoffe, unverwertbare Nahrungsbestandteile, Bestandteile der Verdauungsflüssigkeiten, die sich alle mehr oder weniger gern um Zeolith-Pulverkörner herum lagern oder in die Poren eindringen. Und all jene, die sich eher gern mit Klinoptilolith oder anderen Zeolithen abgeben, konkurrieren mit jeglichen Giftstoffen um den Platz in den Zeolith-Poren. Da bleibt dann nur noch ein Bruchteil des Platzes für die Dinge, die man eigentlich „ausleiten“ will.

Giftige organische Moleküle aus dem Darminhalt entfernen

Die Moleküle der berühmt-berüchtigten Giftstoffe sind nämlich entweder so gross (Aflatoxine, Pestizide, Antibiotika,…), dass sie gar nicht in die Poren von Naturzeolith (ergo Klinoptilolith) hinein passen. Oder sie sind so klein (z.B. Methanol), dass sie flink an jedem Zeolith vorbei in den Körper gelangen.

Den Körper mit Silizium versorgen

Unsere Magensäure ist nicht in der Lage, das Gitter von Klinoptilolith anzugreifen und Atome heraus zu lösen (und im basischen Inhalt des Darmes geht das erst recht nicht). Das ist auch gut so. Denn wenn sie das könnte, würde zuerst das Aluminium aus dem Zeolith freigesetzt. Und das hat einen denkbar schlechten Ruf, wenn es um die körperliche Gesundheit geht.

einen „Kater“ bekämpfen

Nicht nur, dass sich Ethanol und sein Abbauprodukt Acetaldehyd (der eigentliche Verursacher des Katers) sich kaum an Klinoptilolith anlagern. Das Acetaldehyd und damit der Kater entstehen zudem in Zellen fernab vom Darm, wo die Zeolithe nie hingelangen und etwas daran ändern könnten. Was wirklich gegen einen Kater hilft und was im Körper mit dem Alkohol passiert, könnt ihr hier nachlesen.

Freie Radikale entfernen

Zeolithe sind Ionenaustauscher, keine Radikalfänger. Letztere sind Stoffe, die bei lebensförderlichen Bedingungen zu Redoxreaktionen – also dem Austausch von Elektronen – in der Lage sind. Solche Eigenschaften sind von Zeolithen nicht bekannt. Ausserdem: Freie Radikale entstehen in allen Zellen, die Energie aus der „Verbrennung“ von Sauerstoff gewinnen. Also praktisch im ganzen Körper. Und das ist in den meisten Fällen weit weg vom Inhalt des Darmes.

Ammoniak aus dem Darminhalt entfernen

Ammoniak (NH3) ist ein kleines, dem Wasser ähnliches Molekül. Tatsächlich lässt das sich auch gut in den Poren von Naturzeolith unterbringen. Das Problem: Es gibt im menschlichen Darm keinen Ammoniak. Sofern wir nicht Ammoniak-Lösung trinken, was aber kaum jemand freiwillig tun wird: Die ist ätzend, giftig und stinkt! Allenfalls gibt es Ammonium-Ionen (NH4+) , die im menschlichen Darm entstehen (durch Bakterien, die unverdaute Proteine zersetzen). Die wiederum sind gut wasserlöslich und gelangen über die Blutbahn in die Leber. Dort wird das Ammonium zu Harnstoff verbaut und findet über die Nieren nach draussen. Und das schafft eine gesunde Leber gut und gern allein.

Nur Widerkäuer (Rinder, Schafe,… ) haben Bakterien in ihrem Verdauungstrakt, die wirklich Ammoniak produzieren. Das ist ein Grund für den Einsatz von Zeolithen in Nutztierfutter.

Bakterien, Pilze oder Viren bekämpfen

Bakterien und Pilze sind Lebewesen, die aus mindestens einer kompletten Zelle bestehen Damit sind sie um viele Grössenordnungen grösser als alle bereits erwähnten Moleküle. Nie im Leben passen die in die Poren von Klinoptilolith oder einem ähnlichen Zeolith!

Auch Viren – wenngleich keine klassischen Lebewesen – sind um Grössenordnungen grösser als die Poren im Zeolith-Gitter.

Eine Anwendungsmöglichkeit massgeschneiderter, synthetischer Zeolithe mit grossen Poren ist die Verwendung als „Behälter“ z.B. für Antibiotika-Moleküle oder Silber-(Ag+)Ionen. Letztere haben eine bakterizide Wirkung und lassen sich durch Ionenaustausch im Zeolith deponieren. Solche präparierten Zeolithe werden dann verwendet, um z.B. keimabweisende Oberflächen herzustellen.

Dass Zeolithe ohne solches Gepäck meines Wissens keine Bakterien töten, ist übrigens gut so. Denn in unserem Darm gibt es eine Menge davon, die überaus wichtig für unsere Gesundheit sind. Und falls Zeolithe doch Bakterien töten, wäre das ein triftiger Grund, sie nicht einzunehmen!

Krebs heilen

Wissenschaftler haben tatsächlich Hinweise darauf gefunden, dass Zeolithe in der Nährflüssigkeit in Zellkulturen zu schnellerem Absterben der Zellen führen (und damit ein Zellgift sind). Im Tierversuch führen sie nach Auftragen zudem zur Verkleinerung von Hauttumoren durch extreme Austrocknung derselben. Dementsprechend sind die Krebsforscher an Zeolithen interessiert. Von den genannten Hinweisen zu einem wirksamen und anwendbaren Medikament ist es aber noch ein weiter Weg.

Und was ist mit Bentonit?

Bentonit wird häufig im Zusammenhang mit Zeolithen genannt und vertrieben, obwohl es gar nicht zu letzteren zählt. Bentonit ist nämlich eine Tonerde, die hauptsächlich aus dem Tonmineral Montmorillonit besteht. Das enthält zwar wie die Zeolithe Silizium, Aluminium, Sauerstoff und verschiedene positive Metallionen und kann sehr viel Wasser aufnehmen. Silizium und Aluminium sind aber nicht in einem festen Gerüst angeordnet, sondern bilden locker verbundene Schichten.

Deshalb hat Bentonit – anders als Zeolithe – die Eigenart, im Zuge der Aufnahme von Wasser aufzuquellen und dann fest zu werden. Und das nicht zu knapp. Das kann besonders im Magen-Darm-Trakt, wo im Allgemeinen wenig Platz ist, unangenehme, wenn nicht gar gefährliche Folgen haben: Verstopfung! Daher ist die Einnahme von Bentonit gar nicht zu empfehlen!

Und die übrigen Detox-Wirkungen? Gibt es dazu Untersuchungen?

„Stärkung des Immunsystems“, „Anti-Aging-Effekt“, „Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensenergie“ sowie „schnellere Regenerationen“ (warum steht das in der Mehrzahl?!) sind äusserst schwammige Begriffe. So wie die ganze Welt um „Detox“ und „Entgiftung“ als Modeerscheinung eine äusserst schwammige Angelegenheit ist.

Von „Schlacken“, „Toxinen“ und „Umweltgiften“ ist da die Rede, aber kaum jemand (wenn nicht niemand), der Zeolithe und andere Entgiftungshilfen anpreist, weiss diese Stoffe oder ihre Herkunft im Einzelnen zu benennen. Kein Wunder: Die Liste dessen, was Klinoptilolith nicht kann, ist ja ziemlich lang und viele populäre Kandidaten für diese Stoffgruppen darauf vertreten. Damit wären konkrete Angaben zur Wirkweise von Zeolith und anderen Detox-Kuren ja viel zu leicht widerlegbar, um lange geduldet zu werden. Dementsprechend uneinheitlich und diffus sind auch die Beschreibungen der Wirkweise dieses und anderer Detox-Hilfsmittel.

Und was man nicht genau benennen kann, kann man nur schwerlich untersuchen. Deshalb gibt es weder Studien, die einen gesundheitlichen Vorteil von Detox-Kuren (ob nun mit oder ohne Zeolith) belegen, noch solche, welche die gegenteilige Aussage stützen würden.

Anders sieht das aus, wenn sich der Begriff „Detox“ auf die medizinische Behandlung akuter Vergiftungen (im Mediziner-Jargon „Intox“) bezieht. Die wird wiederum wird nur fällig, wenn ein giftiger Stoff in grossen Mengen (meist versehentlich) aufgenommen wurde oder/und das Versagen von Nieren oder Leber aufgefangen werden muss. Solche Entgiftungsmassnahmen gehen oft am empfindlichen Verdauungstrakt vorbei. Ein Beispiel ist die Hämodialyse (maschinelle „Blutwäsche“), die sowohl als Notfallmassnahme als auch langfristig bei Patienten ohne funktionierende Nieren zum Einsatz kommt.

Mit Detox-Kuren im Sinne der Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln haben solche – gut als wirksam belegten – Methoden aber nichts zu tun.

Fazit

Die Wirkweise und der mögliche Nutzen von Detox-Kuren ist im Allgemeinen höchst unklar, nicht zuletzt weil es zu den schwammigen und uneinheitlichen Aussagen der Anbieter kaum bis keine belastbare/n Studien gibt.

Das gilt auch für Zeolithe, insbesondere Klinoptilolith, als Entgiftungs-Hilfsmittel. Meine Fachkollegin Dr. Arnold hat für einen Vortrag zum Thema gerade einmal 19 Veröffentlichungen rund um die Anwendung von Zeolithen am Menschen gefunden – wissenschaftlich unbrauchbare und solche mit fragwürdigen Schlussfolgerungen mit eingeschlossen! Die kommentierte Liste mit Links gibt es am Ende ihres hochinteressanten Handouts zum Vortrag, das auch für meinen Artikel eine wichtige Grundlage ist und viele weitere Einzelheiten enthält.

Die Liste der möglichen Wirkungen, die aus Chemiker-Sicht nicht funktionieren dürften, ist dagegen lang. Das sind (nicht nur) in meinen Augen genügend Gründe, um dem Detox-Hype im Allgmeinen und Zeolithen zum Einnehmen im Besonderen aus dem Weg zu gehen. Und euch zu raten, dasselbe zu tun.

Umweltbelastung und überzogene Preise

Dazu kommt, dass die Gewinnung von Naturzeolith – im Tagebau – naturgemäss nicht eben umweltfreundlich ist. Für ein Mittel ohne nachgewiesene Wirkung die Erde umgraben und Landschaften zerstören? Da gibt es sinnvollere und nachhaltigere Wege, etwas für die Gesundheit zu tun!

In jedem Fall rechtfertigen weder die Herstellungskosten für Naturzeolith noch die Liste den stolzen Preis für Zeolith-Produkte zur Detox-Kur: Angeblich liegt der Preis für ein Kilo Naturzeolith beim Grosshersteller bei rund 35 Eurocent. Fein gemahlen und in einer an Medikamente erinnernden Dose verpackt findet sich das Kilo Steinstaub dann für gut und gerne 150 Euro (!) im Angebot wieder! Da möchte ich gar nicht wissen, wie gross diese Diskrepanz in der teuren Schweiz ausfällt.

Da freue ich mich lieber an dem wasserenthärtenden Zeolith in meinem Waschmittel und denke schmunzelnd an Helge Schneiders „Katzenklo, Katzenklo, ja das macht die Katze froh!“ – mit Zeolithstreu. Und bin mir dabei stets bewusst: Zeolith kann eben doch nicht alles.

Und seid ihr schon einmal mit Zeolithen als Detox-Kur in Kontakt gekommen? Was haltet ihr davon? Was sind eure Erfahrungen?

Enthalten rote Nahrungsmittel Eisen?

Eisen als Nährstoff ist heute das Thema in der Alltagskiste: Warum sagt man, dass rotes Essen gesund und gut fürs Blut ist? – fragt eine Leserin.

Auch meine Eisenwerte sind nie die besten gewesen. So riet auch mir einst eine Hausärztin, rotes Fleisch und – weil gerade Frühling war – Erdbeeren zu essen. Rote Nahrungsmittel sollen das Metall liefern, welches für seine roten Oxide – kurzum: Rost – bekannt ist? Das schien mir schon damals ein Zufall zu sein. Mein jetziger Hausarzt sagt zudem, es sei ganz schwierig, Eisen über den Verdauungstrakt in den Körper hinein zu bekommen. Eine einzelne Infusion direkt ins Blut fülle dagegen die Eisenspeicher effektiv wieder auf.

Aber wozu die ganze Mühe? Und was hat es mit dem roten Essen auf sich?

 

Wozu brauchen wir Eisen?

Eisen-Ionen sind unverzichtbare Bestandteile von Enzymen, die im Stoffwechsel verschiedene Aufgaben übernehmen. Die bekannteste Aufgabe des Eisens ist jedoch der Sauerstofftransport in den roten Blutkörperchen. In meinem Artikel über die spannendste Chemikalie der Welt könnt ihr nachlesen, wie der eisenhaltige rote Blutfarbstoff, das „Häm“ im Protein Hämoglobin, als „Lieferwagen“ für Sauerstoffmoleküle funktioniert.

Wir brauchen also Eisen-Ionen, damit unser Stoffwechsel sie in rote Blutzellen einbauen und zum Lieferdienst durch unseren Blutkreislauf schicken kann. Das heisst allerdings auch: Wenn irgendwo Blutzellen verloren gehen, kann der Körper das Eisen darin abschreiben. Und da bekanntlich überall Schwund ist, verliert ein erwachsener Mensch am Tag unweigerlich 1 bis 2 Milligramm Eisen.

Das ist allerdings kein grosses Problem, zumal unsere westliche Nahrung reichlich Eisen enthält, das wir über die Verdauung aufnehmen können. Und für den Fall, dass der Mensch sich mal verletzt oder anderweitig über Gebühr Blut verliert, ist der Körper mit Eisenspeicherproteinen wie Ferritin und Hämosiderin ausgerüstet, welche schnell verfügbare Eisen-Reserven bereithalten.

Doch auch solche Speicher können leer werden, wenn sie stark oder/und dauerhaft beansprucht werden. Schon die monatliche Menstruationsblutung kann eine erhebliche Zusatzbelastung darstellen. Davon kann auch ich ein Lied singen: Pro 2 ml Blut gehen laut Wikipedia etwa 1 mg Eisen verloren – bei 30 bis 60 ml Blut während eines Menstruationszyklus macht das 15 bis 30 Milligramm, also mindestens einen halben zusätzlichen Monatsverlust innerhalb einer Woche! Und ich blute gefühlt eher 60 als 30 Milliliter je Zyklus. Da ist es kein Wunder, dass meine Eisenspeicher selten gut gefüllt sind.

Und wenn die Speicher leer sind, dann droht Eisenmangel, der im schlimmsten Fall zu einer Blutarmut (Eisenmangel-Anämie) führen kann. Deshalb sind Ratschläge zu einer ausreichenden Eisenzufuhr auch in aller Munde.

 

Wo ist Eisen drin?

Viele denken nun sicher an Nägel und andere Metallteile. Die könnten als Eisen-Lieferanten theoretisch sogar funktionieren, da unsere Magensäure die Atome des unedlen Metalls zu verwertbaren Eisen-Ionen (Fe2+) oxidieren können sollte. Allerdings sind Nägel im Magen wenig bekömmlich und Eisen in solch rauhen Mengen überdies giftig. So sind wir gut beraten, unser Eisen direkt in Form von Eisen-Ionen aufzunehmen.

Und Eisen-Ionen findet man reichlich in Muskelfleisch: Dieses enthält das Protein Myoglobin, welches wie das Hämoglobin im Blut eisenhaltiges Häm enthält, um Sauerstoff von den Blutgefässen in die einzelnen Muskelzellen transportieren zu können.

Auch viele Pflanzen enthalten Eisen – allerdings oft in Form von Fe3+-Ionen, die ausserdem teilweise noch an Kohlenhydrate gebunden sind. Da der menschliche Körper nur mit Fe2+-Ionen etwas anfangen kann, muss er das pflanzliche Fe3+ erst von den Kohlenhydraten los bekommen und zu Fe2+ reduzieren. Eisen über diese Umwege aufzunehmen ist so „mühsam“, dass ein guter Teil davon den Verdauungstrakt ungenutzt wieder verlässt. Physiologen und Ernährungsexperten sagen, es ist „schlecht bioverfügbar“.

Allerdings können auch Pflanzen Ferritin und darin gespeichertes Eisen enthalten – dieses ist deutlich besser bioverfügbar als freies Fe3+.

 

Wie kommt das Eisen in unseren Körper?

Eisen wird vornehmlich im Zwölffingerdarm – also dem ersten Dünndarmabschnitt gleich nach dem Magen – aufgenommen. Dort trifft der stark saure Mageninhalt mit basischen Sekreten zusammen, die die Magensäure neutralisieren. So lange ihre Umgebung sauer ist, lösen sich Fe2+– und Fe3+-Ionen gut in Wasser. Bei neutralem oder basischem pH-Wert tun sich jedoch besonders Fe3+– und OH-Ionen zu unlöslischen Eisen-Hydroxiden zusammen, die nicht vom Körper aufgenommen werden können.

Deshalb müssen Fe3+-Ionen vor der vollständigen Neutralisation aus (pflanzlicher) Nahrung herausgelöst (das geschieht schon im Magen), reduziert und von den Darmzellen aufgenommen werden. Für den letzten Schritt ist ein spezielles Protein zuständig, das zweifach positiv geladene Metall-Ionen (neben Fe2+ auch Zink-, Mangan-, Cobalt- und viele andere nützliche und weniger nützliche Ionen) aus dem Darminhalt in die Zellen pumpen kann. Im Menschen-Darm dient dieses Protein allerdings vornehmlich dem Transport von Eisen.

Wenn dieses Tansport-Protein aus irgendeinem Grund nicht funktioniert (zum Beispiel weil das Gen dafür defekt ist), bleibt nur noch ein effektiver Weg für die Eisen-Aufnahme: Die Aufnahme von kompletten Häm-Molekülen samt darin gebundener Fe2+-Ionen durch dafür geschaffene Transport-Proteine. Und die Häm-Moleküle finden sich wie bereits erwähnt in Muskelfleisch.

Der grosse Vorteil dieses Weges besteht darin, dass das Häm das Eisen vor unerwünschten Reaktionen schützt. Der pH-Wert seiner Umgebung ist dem Häm-Eisen und seinem Transporter damit ziemlich egal. Auch von anderen Stoffen, die die Aufnahme von freiem Eisen behindern können, zeigt das Häm-Eisen sich unbeeindruckt.

 

Was stört bei der Eisenaufnahme? Was hilft?

Eisen-Ionen können mit vielen organischen Stoffen sogenannte Komplex-Verbindungen bilden, in welchen die elektronenreichen organischen Moleküle den positiv geladenen Eisen-Ionen ganze Elektronenpaare „ausborgen“ (mehr zur Komplexbildung könnt ihr bei meiner Grillparty erfahren). Das Ergebnis einer solchen Leihgabe kann so „bequem“ (also energietechnisch günstig) ausfallen, dass diese Komplexe sich nicht ohne weiteres wieder zerlegen lassen. In solch stabilen Komplexen gefangene Eisen-Ionen können damit nicht mehr aufgenommen werden.

Stoffe, die Eisen in schwer löslichen Komplexen „fangen“, sind zum Beispiel

  • Pflanzliche Polyphenole (Hülsenfrüchte, Tannine in schwarzem Tee)
  • Phytate, die Salze der Phytinsäure (Getreide, Nüsse, Hülsenfrüchte)
  • Polysaccharide (also verkettete oder vernetzte Zucker-Moleküle) ausser Stärke (Getreide)
  • Oxalate, die Salze der Oxalsäure
  • Phosphat-Anionen

Wer also seinen Eisenbedarf mit pflanzlicher Nahrung decken möchte, ist gut beraten, Zutaten mit diesen Inhaltsstoffen in eisenhaltigen Mahlzeiten zu meiden (laut der Eisen-Infoseite der Uniklinik Hamburg-Eppendorf kann eine einzige Tasse schwarzen Tees zum Essen fast eine ganze Eisen-Mahlzeit „unbrauchbar“ machen!).

Die Eisenaufnahme fördern kann dagegen Vitamin C (Ascorbinsäure) in der Nahrung. Dieses Vitamin wirkt nämlich reduzierend (weshalb es auch als „Antioxidans“ bekannt ist) – auch auf Fe3+-Ionen, die durch die zeitige Reduktion zu Fe2+-Ionen vor dem „Gefangenwerden“ geschützt werden.

Der sicherste Weg zur effektiven Eisen-Aufnahme führt letztlich über das Häm-Eisen aus dem Myoglobin im Fleisch, das nicht von Komplexbildnern abgefangen und so ohne Verlust mit allem gegessen werden kann.

 

Was tun bzw. essen bei Eisenmangel?

Die genannten Hindernisse machen es schwer, wenn nicht gar unmöglich, entleerte Eisenspeicher durch blosses Essen wieder aufzufüllen. Deshalb können Ärzte Eisenpräparate zum Einnehmen als Nahrungsergänzung verschreiben. Solche Mittel enthalten in der Regel „freie“ oder in leicht zerlegbaren Komplexen gebundene Fe2+-Ionen und oft ein Antioxidans, das die Rolle des Vitamin Cs übernimmt. Damit soll das Eisen bestmöglich bioverfügbar gemacht werden. Gegen die oben genannten „Eisenfänger“ sind jedoch auch solche Nahrungsergänzungsmittel nicht gefeit, sodass sie wirkungslos werden, wenn man sie mit der falschen Begleit-Nahrung einnimmt.

Deswegen wird meist die Einnahme auf nüchternen Magen empfohlen – denn keine Begleitung ist zumindest keine falsche Begleitung. Zudem muss Eisen als Nahrungsergänzung oft über Monate eingenommen werden, bis die Eisenspeicher wirklich wieder aufgefüllt sind. Vegetarier und Veganer sind überdies gut beraten, ihre Eisenreserven im Blick zu behalten und ggfs. dauerhaft Eisenpräparate einzunehmen, da ihnen das Häm-Eisen als wichtige Quelle fehlt.

So kann ich nachvollziehen, dass mein Hausarzt mir und sich die Mühe mit allenfalls mässigen Erfolgsaussichten nicht machen wollte und mir das Eisen direkt ins Blut befördert hat.

 

Rotes Essen zum Erhalt vorhandener Eisen-Reserven?

So lange die Eisenspeicher noch nicht entleert sind und es nur gilt, einen möglicherweise erhöhten Eisenverlust bzw. -bedarf auszugleichen, ist fleischhaltige Nahrung die sicherste Quelle dafür. Denn Fleisch enthält Myoglobin und damit Häm-Eisen – und sieht deshalb in rohem Zustand rot aus. In sofern gibt es beim Fleisch tatsächlich einen Zusammenhang zwischen roter Farbe und Eisengehalt.

Bei rotem Obst und Gemüse dürfte das Zusammentreffen von roter Farbe (die vornehmlich ein Zeichen von Reife ist) und Eisengehalt eher zufällig sein – zumal vorhandenes Eisen noch lange nicht bioverfügbar sein muss!

 

Fazit

Die Aufnahme von Eisen über die Verdauung ist nicht einfach. Am einfachsten wird Häm-Eisen aufgenommen, eine Eisenverbindung, die tatsächlich rot und ein Bestandteil von Fleisch ist.

Die Aufnahme von pflanzlichem Eisen ist komplizierter und wird durch viele andere Pflanzen-Inhaltsstoffe erheblich beeinträchtigt. So enthalten viele als eisenreich geltende Pflanzen (Hülsenfrüchte, Nüsse, Spinat,…) auch Komplexbildner, die das Eisen unbrauchbar machen können – und sind zudem nicht rot.

Dass Erdbeeren, laut meiner einstigen Hausärztin eine gute Eisenquelle, rot sind, ist demnach ein Zufall. Der Mythos, dass rote Pflanzenteile viel Eisen enthalten, könnte darauf zurückgehen, dass Eisen für seine roten Oxide wie Rost oder Hämatit weithin bekannt ist und so mit dieser Farbe in Verbindung gebracht wird.

Und wie steht es um euren Eisenhaushalt? Wie stellt ihr eure Versorgung mit diesem Mineralstoff sicher?

Vor etwa einem Monat fand ich einen skurril anmutende Post in meinem Facebook-Feed: Die Tierschutzorganisation PETA wurde für die Auszeichnung eines veganen Hundefutters auf Soja-Basis als „tierfreundlichste Hundenahrung“ heftig kritisiert. Veganes Hundefutter? Ist denn das die (bzw. eine) Möglichkeit?

Wie bei vielen Themen aus den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Tierschutz üblich ging es auch in den Kommentaren zu jenem Beitrag heftig zu und her – wobei die Kommentierenden zu grossen Teilen in die Kritik an PETA mit einstimmten und die Ansicht teilen, dass vegane Ernährung für den Hund vollkommen widernatürlich sei.

Als bekennende Alles-Esserin beschlich mich indessen beim Lesen der Kommentare Ratlosigkeit: Was wäre denn die natürliche Nahrung für einen Haushund? Und was braucht so ein Hund eigentlich für ein gesundes Leben? Kann vegane Hundenahrung das alles liefern? Und wie sieht das bei Katzen aus?

 

Was ist Veganismus?

Veganismus ist eine aus dem Vegetarismus hervorgegangene Einstellung sowie Lebens- und Ernährungsweise. Vegan lebende Menschen meiden entweder zumindest alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs oder aber die Nutzung von Tieren und tierischen Produkten insgesamt.

(Definition aus https://de.wikipedia.org/wiki/Veganismus)

Demnach gibt es mindestens zwei „Grade“ der veganen Lebensweise: Die vegane – also tierproduktfreie – Ernährung, und das Meiden der Nutzung von Tieren und tierischen Produkten in vielen bzw. allen Lebensbereichen. Dabei lässt allein der Bedarf nach veganen Futtermitteln vermuten, dass es bei der veganen Einstellung über die Ernährung hinaus verschiedene Abstufungen gibt. Denn es ist gewiss nicht von der Hand zu weisen, dass die Haltung von Haustieren letztlich auch unter die „Nutzung von Tieren“ fällt.

Hier möchte ich jedoch bei der veganen Ernährung bleiben. Ob und wie diese funktioniert, unterscheidet sich bei Mensch und Hund weniger, als manche denken mögen. Deshalb machen hier die menschlichen Nahrungsbedürfnisse und Ernährungsmöglichkeiten, welche einem verantwortungsvollen Veganer bestens vertraut sein sollten, den Anfang – und können sodann mit den Bedürfnissen unserer vierbeinigen Hausgenossen verglichen werden.

 

Was ist die natürliche Nahrung des Menschen?

Der Mensch unterscheidet sich von anderen Tieren in seinem aussergewöhnlich grossen Gehirn, das zu atemberaubenden Denkleistungen fähig ist, dabei aber Unmengen von Energie frisst, welche fortlaufend vom Rest des Körpers bereitgestellt werden muss. So ist der Mensch auf eine regelmässige Zufuhr energiereicher Nahrung angewiesen, und zwar überall, wo ihn seine Wanderlust und sein Streben nach Verbreitung hinverschlägt.

Ein Wesen mit hohem Energiebedarf und Verbreitungswillen tut also gut daran, in möglichst jeder Umgebung etwas – besser etwas mehr – zu futtern zu finden, wobei ihm sein ausgeprägtes Denkvermögen eine wertvolle Hilfe sein kann. Damit lässt sich allemal erklären, dass der Mensch zum Einen praktisch die ganze Erde besiedeln konnte, und dass zum Anderen die heute verbliebenen Volksstämme mit einer „urtümlichen“ Lebensweise massiv unterschiedliche, aber ihrem Lebensraum bestens angepasste Speisepläne haben. Das Spektrum reicht von teilweise vegetarisch lebenden afrikanischen Stämmen bis zu den praktisch ausschliesslich Fleisch und Fisch essenden Inuit der Arktis.

Kurzum: Der Mensch ist einer der am wenigsten spezialisierten und damit anpassungsfähigsten Allesfresser unseres Planeten. Und das versetzt ihn auch in die Lage, die verschiedensten Ernährungsphilosophien zu ersinnen und zu leben – die in den heutigen Industrienationen nicht länger an seinen Lebensraum gebunden sind.

 

Welche Stoffe in tierischen Produkten braucht der Mensch zum Leben?

Dass sich auch auf dem Speiseplan von Völkern mit Zugang zu pflanzlicher und tierischer Nahrung letztere stets mit einem erheblichen Anteil findet, deutet darauf hin, dass tierische Nahrung dem Menschen auch dann Nutzen bringt, wenn er nicht „aus Mangel an Alternativen“ darauf zurückgreifen muss. Aber welche Nährstoffe machen Fleisch und andere tierische Produkte zu für uns wertvollen Nahrungsmitteln?

Calcium: Milch und Milchprodukte enthalten reichlich Calcium-Ionen (Ca2+). Bezogen auf den menschlichen Körper ist Calcium ein sogenanntes Mengenelement, d.h. ein beträchtlicher Anteil – ca. 1 bis 1,1 kg eines erwachsenen Menschen – des Körpergewichts entfallen auf Calcium. Calciumsalze wie Hydroxylapatit sind massgebliche, harte Bestandteile von Knochen und Zähnen, wie auch mein Zahn 16 zu berichten weiss. Für die Aufnahme von Calcium und dessen Einbau in Knochen benötigt der Körper das Vitamin D3, welches bei veganer Ernährung ebenfalls besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Calcium kommt auch in vielen Pflanzen vor. Diese enthalten jedoch oftmals Säuren wie Oxal-(Rhabarber!) und Phytinsäure(Getreide, Hülsenfrüchte, Erdnüsse!) enthalten, die mit Calciumionen sehr stabile Salze bilden. Diese Salze lassen sich weder bei der Verdauung noch im weiteren Stoffwechsel in nennenswerter Menge zerlegen. Deshalb kann der Körper pflanzliches Calcium oft nur zu kleinen Teilen nutzen – die „Bioverfügbarkeit“ des pflanzlichen Calciums ist vermindert.

Eisen: Eisen zählt zu den lebensnotwendigen Spurenelementen. Es kommt im menschlichen Körper in Form von Fe2+– und Fe3+-Ionen, die Bestandteile verschiedener Proteine sind, vor. Am bekanntesten sind wohl die Fe2+-Ionen, die im Zentrum der Häm-Gruppe des roten Blutfarbstoffs Sauerstoff transportieren. Darüber hinaus sind die beiden Eisen-Ionensorten, die sich relativ leicht ineinander umwandeln lassen, in Enzymen für die Übertragung von Elektronen von einem Teilchen zum anderen, also für Redox-Prozesse, zuständig. Blutwurst und Leber enthalten viel Eisen als Fe2+ und Fe3+, ebenso rotes Fleisch. Pflanzen enthalten ausschliesslich Fe3+, welches mehr noch als Fe2+ mit verschiedenen Pflanzenbestandteilen, insbesondere mit Phytinsäure, sehr stabile Salze bildet und damit weniger bioverfügbar ist als tierisches Eisen.

Jod: Ist vor allem ein unverzichtbarer Bestandteil von Schilddrüsenhormonen. Dabei kommt dieses Element in unserer Nahrung vergleichsweise selten vor. Jodid-Ionen (I) sind ein Bestandteil von Meerwasser und daher in Meeresfrüchten und Fisch zu finden. Dennoch lässt die Jodversorgung durch unsere Nahrung generell zu wünschen übrig (auch bei Mischköstlern, bei Veganern aber noch mehr), sodass Speisesalz und auch Tierfuttermittel häufig mit Jod angereichert werden.

Kreatin:Kreatin und Kreatinphosphat: bei veganer Ernährung nur als Lebensmittel- oder Futterzusatz zu haben

Kreatin st eine stickstoffhaltige organische Verbindung, die als Kreatinphosphat für die Regeneration des „entladenen“ Energieträgermoleküls ADP zu ATP, der „geladenen“ Form zuständig ist. ( Die „Ladung“ besteht dabei in der Phosphoryl-(-PO32-) gruppe, die vom Kreatinphosphat ab- und an ein ADP-Molekül angehängt wird. Kreatin dient also der Energieaufbereitung zur Muskelarbeit und für Hirn- und Nervenfunktionen. Kreatin kann vom Körper selbst synthetisiert werden, wenn passende Aminosäuren als Bausteine, Vitamin B12 und Folsäure verfügbar sind. Fertiges Kreatin (und Aminosäuren) finden sich reichlich in (frischem) Fleisch und Fisch, also in Muskelmasse. Milch enthält weniger Kreatin, in Pflanzen findet es sich allenfalls in Spuren.

Langkettige Omega-3- bzw. n-3-Fettsäuren: Sind Fettsäuren, die mehrere C=C-Doppelbindungen enthalten (und damit „ungesättigt“ sind), wobei die erste dieser Doppelbindungen 3 Kohlenstoff-Atome vom „Schwanzende“ entfernt(den allgemeinen Aufbau von Fettsäuren habe ich in der Geschichte über Tenside beschrieben), die übrigen näher am „Kopf“ zu finden sind. Omega-3-Fettsäuren werden zahlreiche erhaltende Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem (Blutdruck, Blutfettwerde, Entzündungsmediation, Gefässzustand…) zugeschrieben. Sie finden sich vornehmlich in Fischfetten – Pflanzen, ausser Algen, enthalten jedoch nur alpha-Linolensäure (eine Fettsäure mit 18 Kohlenstoff-Atomen und 3 Doppelbindungen). Der Körper kann daraus auch Eicosanpentaensäure (EPA, 20 C-atome und 5 Doppelbindungen) und Docosahexaensäure (DHA, 22 C-Atome und 6 Doppelbindungen) herstellen, braucht dazu aber Enzyme, die auch mit dem Omega-6-Fettsäurestoffwechsel beschäftigt sind, sowie die Vitamine B und C und die Spurenelemente Magnesium und Zink. Mit anderen Worten: Die Verlängerung der alpha-Linolensäure zu EPA und DHA ist für den Körper grosser Aufwand und hängt von der Verfügbarkeit einer ganzen Reihe von Hilfsmitteln ab.

Vitamin B12 (Cobalamin): Cobalamin oder Vitamin B12 : muss zuführen oder -füttern, wer sich vegan ernährt bzw. Veganes füttertIst als Coenzym B12 an der Herstellung der Purinbasen Adenin und Guanin beteiligt, die als Bausteine „A“ und „G“ für den Aufbau von DNA- und RNA-Strängen benötigt werden. Da besonders Zellen mit hoher Teilungsrate beim ständigen Kopieren ihres Erbguts laufend neue DNA aufbauen müssen, bekommen solche, wie die regelmässig nachgebildeten Blutzellen, einen B12-Mangel am ehesten zu spüren: Es kommt zu Anämien (Blutarmut bzw. -veränderungen) und darüber hinaus zu Nervenschäden. Vitamin B12 gibt es praktisch ausschliesslich in tierischen Nahrungsmitteln. Eine gute Folsäureversorgung, die mit veganer Nahrung einfach zu bewerkstelligen ist, kann einer Anämie vorbeugen und so einen B12-Mangel kaschieren, verhindert aber die Nervenschäden nicht!

Vitamin D (Calciferol): Kann der Körper selbst herstellen – wenn er genug Sonnenlicht bekommt. Zusätzliche Quellen sind tierische Produkte, allen voran Lebertran und Salzwasserfisch. Vitamin D3 (Cholecalciferol) ist für die Calciumaufnahme (s. dort) und damit für den Knochenbau notwendig.

Zink: Ist ein essenzielles Spurenelement, das im Körper in Form von -Ionen vorliegt. Dort hat es als Bestandteil von Enzymen vielfältige Aufgaben, zum Beispiel bei der Übersetzung der Erbinformation in Protein-Baupläne und bei der Unterstützung des Immunsystems (durch Bremsen von überschiessenden Immun-Reaktionen, was Zink für Wundsalben so interessant macht). Zink ist in pflanzlicher Nahrung vorhanden, ist aber wie die Eisen- und Calciumionen oft in sehr stabilen Salzen gebunden und damit weniger bioverfügbar.

Vitamin B2 (Riboflavin): Ist eine Vorstufe von Coenzymen, also „Assistenten“-Molekülen, die von bestimmten Enzymen für die Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt werden. Mit Riboflavin-Abkömmlingen arbeiten viele Enzyme, die für Redoxprozesse, also Elektronenübertragungen zuständig sind, welche vielerorts im Stoffwechsel stattfinden. Riboflavin findet sich unter anderem in Milch, Fisch, Fleisch, und Eiern.

 

Wie kann man diese wichtigen Nährstoffe aus Tierprodukten ersetzen?

Calcium: Kann zum Beispiel in calciumreichem Mineralwasser, Grünkohl, Brokkoli, Sesam, Haselnüssen, Sojabohnen oder Tofu gezielt zugeführt werden. Ein erhöhter Calciumbedarf kann zudem mit Nahrungsergänzungsmitteln gedeckt werden.

Eisen: Fe3+-Ionen kommen zum Beispiel in Hülsenfrüchten (schlechte Bioverfügbarkeit wegen enthaltener Phytinsäure!) oder Vollkornbrot vor. Eine Hausärztin empfahl mir zudem einmal, meines tendenziell niedrigen Eisenspiegels auch rote Früchte, im Speziellen Erdbeeren (es war gerade Frühling). Verschiedene Lebensmittel, zum Beispiel Kaffee oder schwarzer Tee, wirken zudem einer effektiven Eisenaufnahme entgegen. Für eine zusätzliche Eisenzufuhr gibt es zudem Nahrungsergänzungsmittel. Da jedoch auch deren Bioverfügbarkeit begrenzt ist, empfiehlt mein Hausarzt bei Eisenmangel eine (einzelne!) Infusion zum Wiederauffüllen der körpereigenen Eisenspeicher.

Jod: Kann mit angereicherten Lebensmitteln wie jodiertem Speisesalz oder Nahrungsergänzungsmitteln zugeführt werden.

Kreatin: Wird in zahlreichen Nahrungsergänzungsmitteln vermarktet, die sich auch in der Fitnessbranche grosser Beliebtheit erfreuen.

Langkettige Omega-3-Fettsäuren: Alpha-Linolensäure kommt in zahlreichen Pflanzenölen, zum Beispiel dem namensgebenden Leinöl, vor, welche auch in Kapselform als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich sind. Die Weiterverarbeitung zu EPA und DHA kann durch gute Versorgung mit den dazu nötigen Hilfsmitteln unterstützt werden.

Vitamin B12 (Cobalamin): Verschiedene B12-Varianten sind als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Die recht komplexen Moleküle werden von kultivierten Bakterien produziert, welche – wie ich festgestellt habe – als vegan gelten, so lange sie vegan (d.h. auf tierproduktfreien Nährböden) kultiviert werden. Jedoch kann der Mensch nicht alle B12-Varianten nutzen! Spirulina und andere Produkte mit Cyanobakterien („blaugrüne Algen“) eigenen sich zum Beispiel nicht zur Nahrungsergänzung, obwohl sie zuweilen dafür beworben werden!

Vitamin D: Der einfachste Weg zu Vitamin D ist genügend Sonne auf der Haut. Darüber hinaus enthalten Avocado und einige Speisepilze Vitamin D. Manche Pilzsorten können sogar gezielt damit angereichert werden. Mit Nahrungsergänzungsmitteln kann zusätzlich Vitamin D zugeführt werden, auch in Kombination mit Calcium. Allerdings sind die Dosierungsvorschriften auf der Packung, oder besser vom Arzt, unbedingt einzuhalten – Vitamin D gehört zu jenen Vitaminen, die bei Überdosierung zu Vergiftungserscheinungen führen können!

Zink: Kann zum Beispiel in Soja, Haferflocken oder Hülsenfrüchten (bei verminderter Bioverfügbarkeit durch Phytinsäure!) aufgenommen werden. Zusätzlich gibt es zinkhaltige Nahrungsergänzungsmittel.

Vitamin B2 (Riboflavin): Ist zum Beispiel in Vollkornprodukten, Broccoli, Spargel oder Spinat enthalten. In verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln sind die B-Vitamine zudem kombiniert enthalten.
Funktioniert vegane Ernährung bei Kindern und während Schwangerschaft und Stillzeit?

Kinder und Jugendliche im Wachstum, ob vor oder nach der Geburt, haben einen erhöhten Bedarf an vielen der genannten Nährstoffe, zum Beispiel Calcium und Vitamin D für den Knochenaufbau, Vitamin B12 für die Entwicklung des Nervensystems und viele andere mehr. Deshalb ist die gute Versorgung von vegan ernährten Schwangeren, Kindern und Jugendlichen eine noch grössere Herausforderung als die vegane Ernährung für nicht-schwangere Erwachsene. Das gilt übrigens auch für ältere Menschen, die einige Nährstoffe aus verschiedenen Gründen weniger effektiv aufnehmen als Jüngere.

Deshalb raten sowohl das Schweizerische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) als auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ausdrücklich von einer veganen Ernährung von Schwangeren, Kindern und Alten ab. In Italien diskutiert das Parlament gar einen Gesetzesentwurf, der Gefängnisstrafen für die Fehlernährung von Kleinkindern vorsieht.

Entsprechende Organisationen im englischsprachigen Raum teilen diese Bedenken, trauen „ihrer“ Bevölkerung aber die Bewältung der Herausforderungen einer veganen Ernährung anscheinend eher zu. So heissen sie eine mit dem nötigen Wissen und Aufwand betriebene vegane Ernährung ihrer gesundheitlichen Vorteile wegen in allen Lebensphasen gut. Nichts desto trotz machen Einzefälle von schwerwiegender Fehlernährung hüben wie drüben Schlagzeilen.

 

Was fressen unsere Haustiere?

Was braucht der Haushund?

Der Hund gilt als bester Freund des Menschen – und zwar schon praktisch ebenso lange, wie es den modernen Menschen gibt. So hatten unsere Haushunde ebenso lange Zeit, ihre Verdauung an die extrem vielfältige Lebensweise „ihrer“ Menschen anzupassen. Das heisst, Haushunde, die schon rund 20.000 Jahre an der Seite des Menschen leben, sind heute Allesfresser wie wir auch.

Damit steht Hunden im Prinzip die gleiche Vielfalt von Ernährungsphilosophien offen wie dem Menschen. Als höhere Säugetiere haben Hunde jedoch auch einen ähnlichen Bedarf an Nährstoffen wie wir. Dabei weicht allerdings die Fähigkeit zur Verwertung dieser Nährstoffe mitunter stark von der unseren ab.

So nehmen Hunde zum Beispiel Calcium – das auch sie für den Knochenbau benötigen – wesentlich schlechter auf als der Mensch. Kommt dazu die schlechtere Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Calcium, wird deutlich, dass die Calciumversorgung eines Hundes bei veganer Fütterung Schwierigkeiten machen wird und den Einsatz von hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln erfordert.

Zwei zusätzliche „tierische“ Nährstoffe für den Hund sind überdies erwähnenswert:

L-Carnitin: Carnitin : Muss veganer Ernährung für den Hund unbedingt zugesetzt werden!Eine sticktstofforganische Verbindung, die als Rezeptormolekül – also als Andockstelle für Signalmoleküle – und als Transporthilfe für langkettige Fettsäuren in die Mitochondrien fungiert. Sie kommt vornehmlich in rotem Fleisch, Fisch, Leber und Herz vor. Menschen wie Hunde können L-Carnitin bei ausreichender Versorgung mit den nötigen Aminosäuren und verschiedenen Nährstoffen selbst herstellen. Hunde scheiden L-Carnitin jedoch vermehrt über die Niere aus, weshalb sie auf regelmässige Zufuhr angewiesen sind. Folgen eines Carnitin-Mangels sind schwere Herzerkrankungen.

Taurin: Taurin: Muss veganer Ernährung für Katzen und Hunde zwingend zugesetzt werden!Ein kleines organisches Molekül, das menschliche und Hundekörper aus schwefelhaltigen Aminosäuren herstellen können. Es unterstützt die Arbeit reizleitender Zellen (Nerven, Muskeln) – nicht zuletzt derer des Herzens. So fördert Taurin die Herzgesundheit und ist überdies ein starkes Antioxidans – es kann also Gewebe vor Stress bewahren, indem es reaktive (Abfall-)Verbindungen abfängt und unschädlich macht, ehe sie mit ihrer Umgebung ungewollte und nicht selten schädliche Reaktionen eingehen. Entsprechend seiner Aufgabe kommt Taurin vornehmlich in Muskelfleisch einschliesslich des Herzens vor, sodass eine vegane Ernährung ohne Nahrungsergänzungsmittel bei Hunden trotz eigener Herstellung zu einer Unterversorgung und damit zu Herzerkrankungen führen kann.

Zudem haben trächtige und säugende Hündinnen sowie heranwachsende Welpen ebenso erhöhte Nährstoffbedürfnisse wie menschliche Schwangere und Kinder, sodass ihre vegane Ernährung auch in gleicher Weise Schwierigkeiten macht.

Eine verantwortungsvolle vegane Ernährung für Hunde ist damit mit zusätzlichem Aufwand gegenüber der entsprechenden Ernährung von Menschen verbunden, geht ebenso wie letztere mit dem Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln und vermehrten (Tier-)arztbesuchen zur Überwachung der Nährstoffversorgung einher und erfordert auch vom menschlichen Veganer zusätzliches Wissen. Ob sich bei all dem Aufwand tatsächlich die vegane Ernährung oder vielmehr die vermehrte Zuwendung als solche förderlich auf die Gesundheit der Hunde auswirkt, ist dabei zweifelhaft.

Wesentlich einfacher ist für den allesfressenden Hund hingegen eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung, bei welcher zwar auf Fleisch-, nicht aber auf Milch- und Eiprodukte verzichtet wird.

Was braucht die Hauskatze?

Katzen begleiten den Menschen auch schon, seit er sesshaft geworden ist. Allerdings waren sie bis vor Kurzem weniger beste Freunde als Nutztiere, deren Aufgabe es war, im Umfeld menschlicher Ansiedlungen Mäuse und andere ungeliebte Gäste zu jagen (und zu fressen) und somit fern zu halten. So hatten Hauskatzen bis in die jüngste Zeit keinen Anlass, ihre Verdauung einer Fütterung durch Menschen anzupassen. Sie sind daher echte Fleischfresser geblieben.

Somit entspricht eine vegane wie auch eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung nicht der Natur der Katze. Dazu kommt, dass Katzen sich nicht wie Hunde durch Aushungern zu einer Nahrungsumstellung zwingen lassen – sie sterben lieber als ihre Futterprägung aufzugeben.

Nicht nur in meinen Augen entbehrt eine solche Katzen-Ernährung daher jeden Rest eines Sinns, sondern auch Fachtierärzte und andere Experten für Tierernährung stehen ihr ablehnend gegenüber.

Fazit

Vegane Ernährung ist für den Menschen möglich, aber kompliziert. Sie erfordert viel Wissen und noch mehr Aufwand, insbesondere wenn Heranwachsende damit versorgt werden sollen. Ein gedankenloses Weglassen „alles Tierischen“ kann sogar gefährlich werden. Überdies lässt mich allein schon die Häufigkeit, mit welcher in der Liste der veganen Ersatznahrung „Nahrungsergänzungsmittel“ – zuweilen gar als einzige Alternative – auftauchen, daran zweifeln, dass die vegane Ernährung des Menschen irgendwie „natürlich“ sein kann.

Eine ganzheitlich vegane Lebensweise kann noch komplizierter werden – nicht zuletzt, wenn es um die Haltung von Haustieren geht:

Ein Haushund kann vegan ernährt werden, ohne dass dies „unnatürlicher“ als beim Menschen wäre (es ist aber ebenso wenig „natürlicher“!) – das ist aber mindestens genauso kompliziert und aufwändig und erfordert Wissen über die menschliche Ernährung hinaus.

Eine Katze frisst hingegen von Natur aus Fleisch und braucht es auch. Eine vegane oder auch nur vegetarische Ernährung von Katzen kann daher (nicht nur) in meinen Augen nicht im Sinne der Tiere sein.

Aber ist es überhaupt „vegan“, Haustiere zu halten? Was meint ihr?