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Experiment: Kartoffelbatterie bauen

Endlich habe ich mal wieder Zeit zum Experimentieren gefunden. Und mich dabei einem Thema gewidmet, das in Keinsteins Kiste bislang zu kurz gekommen ist: Batterien und Strom. Dazu habe ich mir erst einmal eine Stromquelle selber gebaut: Die Kartoffelbatterie!

Mit der folgenden Experimentieranleitung könnt ihr ganz einfach eure eigenen Kartoffelbatterien bauen und so zusammenschalten, dass ihr damit eine Leuchtdiode zum Leuchten bringen könnt. Alles, was ihr dazu braucht, findet ihr in der Küche, im Werkzeugkasten – und allenfalls für kleines Geld im Fachhandel für elektronische Bauteile.

Experiment: Kartoffelbatterie bauen

Ihr braucht dazu

Das braucht ihr zum Bau einer Kartoffelbatterie samt Stromkreis.
  • 4 Kartoffeln
  • 4 blanke Kupfermünzen (z.B. Eurocents) – hier erfahrt ihr, wie ihr angelaufene Kupfermünzen ganz einfach blank bekommt!
  • Zinkdraht oder 4 Unterlegscheiben aus Zink
  • blanke Büroklammern
  • Schaltlitze oder ähnlich ummantelten Kupferdraht
  • Lüsterklemmen (oder Stecker und Muffen aus dem Modellbau)
  • LED (Leuchtdiode) für den Betrieb bei ca. 3 bis 6 Volt (aus dem Elektronikhandel)
  • Drahtschere, Küchenmesser
  • Optional: Voltmeter bzw. Multimeter
  • Tablett aus Kunststoff, Glas oder Keramik (kein Metall, trocken!)

So geht’s

  • Wenn ihr mit Zinkdraht arbeitet, wickelt etwa 15 Zentimeter Draht zu einer münzgrossen Scheibe auf, von der 2 bis 3 Zentimeter Drahtende abstehen. Fertigt insgesamt vier solcher Scheiben an. Wenn ihr mit Unterlegscheiben experimentiert, könnt ihr diesen Schritt überspringen.
Vier Zinkdraht-Spiralen als Elektroden für die Kartoffelbatterie
Vier Zinkdraht-Spiralen-Elektroden für eine Vierer- Kartoffelbatterie
  • Schneidet eine Seite jeder Kartoffel waagerecht ab, sodass die Kartoffeln nicht wackeln, wenn ihr sie auf eine Unterlage stellt.
  • Schneidet in die beiden gegenüberliegenden Enden jeder Kartoffel je einen Schlitz.
  • Steckt in die Schlitze jeder Kartoffel jeweils eine Kupfermünze und ihr gegenüber eine Zinkscheibe (Drahtspirale oder Unterlegscheibe). Die Metallscheiben dürfen sich nicht berühren! Wenn ihr ein Multimeter habt, könnt ihr es auf einen Messbereich von 1-2V einstellen und mit den beiden Messfühlern die Kupfer- und Zinkscheibe einer Kartoffel berühren. So habe ich an einer Kartoffel eine Spannung von rund 0,85V messen können.
Eine Kartoffelbatterie ohne angeschlossene Drähte
Eine Kartoffelbatterie ohne angeschlossene Drähte: Sie liefert eine Spannung von 0,85V.
  • Klemmt an jede Kupfermünze eine Büroklammer.
  • Schaltet nun die vier Kartoffeln in Reihe: Verbindet mittels Litze und Lüsterklemmen oder Steckern die Zinkscheibe einer Kartoffel mit der Kupfermünze der nächsten, die Zinkscheibe dieser nächsten mit der Kupfermünze der übernächsten Kartoffel und so weiter.
  • Wenn alle Kontakte funktionieren, solltet ihr nun zwischen der Kupfermünze der ersten und der Zinkscheibe der letzten Kartoffel eine Spannung von etwa 3,4V messen können (Messbereich ggfs. anpassen!).
Fertiger Kartoffelbatterie - Stromkreis
Fertig: Ein Kartoffelbatterie -Block aus vier Kartoffeln in Reihe samt angeschlossener LED. Jetzt nur noch das kurze Beinchen an die Zinkscheibe rechts im Bild…
  • Verbindet nun das lange Bein (Wichtig! Dioden, auch Leuchtdioden, leiten den Strom nur in eine Richtung, falschherum angeschlossen gehen sie kaputt!) der LED mit der letzten freien Kupfermünze.
  • Jetzt könnt ihr den Stromkreis schliessen: Berührt mit dem kurzen Bein (aber nicht mit dem Langen!) der LED die letzte freie Zinkscheibe: Die LED leuchtet auf!

Das passiert

Das Multimeter zeigt euch schon beim Aufbau, dass die Kartoffelbatterien funktionieren: Sie liefern eine messbare elektrische Spannung, und wenn man sie in einen Stromkreis einbaut, fliesst ein Strom! Und zwar ein so starker, dass er die LED zum Leuchten bringt.

Kartoffelbatterie betreibt rote LED
Licht aus und es wird sichtbar: Die rote LED leuchtet – dank Kartoffelbatterie!

Wo kommt der Strom her?

Die Metalle Kupfer und Zink bestehen aus elektrisch ungeladenen Atomen. Die Atome beider Metalle können Elektronen abgeben und so zu positiv geladenen Ionen werden. Diese Ionen können sich in Wasser lösen – zum Beispiel in dem Wasser in einer Kartoffel.

Allerdings ist das Bestreben der beiden Metalle, Elektronen abzugeben, sehr unterschiedlich. So gibt Zink ziemlich leicht Elektronen ab (Chemiker nennen es deshalb ein unedles Metall). Kupfer trennt sich dagegen wesentlich weniger leicht von seinen Elektronen (Chemiker nennen es deswegen ein edles Metall oder Edelmetall).

Steckt man also eine Zinkscheibe in eine Kartoffel, lassen einige Zinkatome Elektronen in der Scheibe zurück und lösen sich als Ionen im Kartoffelwasser. Die Zinkscheibe ist damit der (physikalische) Minuspol der Kartoffelbatterie.

Aus einer Kupferscheibe treten dagegen fast keine Ionen aus, sodass auch fast keine Elektronen zurückbleiben. Die Kupfermünze ist damit der (physikalische) Pluspol der Kartoffelbatterie.

Das Multimeter misst den Unterschied zwischen den Elektronenansammlungen im Zink (viele Elektronen) und Kupfer (fast keine Elektronen) und gibt ihn als Zahl mit der Einheit Volt (V) an. Diese Zahl, auch elektrische Spannung genannt, sagt Chemikern, wie unterschiedlich das Bestreben zweier Stoffe (hier Kupfer und Zink), Elektronen abzugeben, ist.

Verbindet man die Elektronenansammlung im Zink nun über elektrisch leitende Drähte mit dem elektronenarmen Kupfer, dann fliessen die Elektronen als Strom vom Zink ins Kupfer – und können auf ihrem Weg elektrische Geräte wie eine LED betreiben. So können immer neue Zink-Ionen entstehen und immer neue Elektronen zurücklassen. Damit fliesst der Strom eine ganze Weile, sodass die LED nicht sofort wieder ausgeht, sondern immer weiter leuchtet.

Und was geschieht an der Kupfermünze?

Wenn Elektronen vom Zink zum Kupfer fliessen, werden sie an ihrem Ziel von anderen, bestenfalls positiv geladenen Teilchen aufgenommen. Da Kartoffeln naturgemäss keine Kupfer-Ionen enthalten, sind das vornehmlich Wasserstoff-Ionen (H+ bzw. H3O+) aus der Kartoffel (In Wasser gibt es immer ein paar davon, und eine Kartoffel mag organische Säuren enthalten, die noch ein paar mehr liefern):

An der Kupfermünze entsteht also Wasserstoff-Gas. Die Münze selbst reagiert dagegen nicht.

Und der Rest des Stromkreises?

Der Name „Stromkreis“ verrät es: Damit ein Strom fliessen kann, braucht es einen kompletten Kreislauf. Die Elektronen fliessen aber nur durch die Kabel vom Zink zum Kupfer. Wo ist der Rest des Kreislaufs?

Für den ist die Kartoffel zuständig. Die enthält, wie schon erwähnt, eine Menge flüssiges Wasser, in dem geladene Teilchen sich bewegen können – wenn sie einen Anlass dazu haben. Zudem enthält eine Kartoffel naturgemäss eine Menge verschiedener Ionen, die nur auf einen Anlass zum Wandern warten. Und das Entstehen bzw. Verschwinden von Ionen an den Metallteilen in der Kartoffel ist solch ein Anlass.

So wandern die neu entstehenden Zink-Ionen und andere positiv geladene Ionen durch die Kartoffel in Richtung Kupfermünze, um die Ladung der dort verbrauchten Wasserstoff-Ionen zu ersetzen. Ebenso wandern negativ geladene Ionen durch die Kartoffel in Richtung Zink-Scheibe, um die Ladung der dort entstehenden Zink-Ionen auszugleichen.

Während die Elektronen also durch das Kabel vom Zink zum Kupfer fliessen, fliessen durch die Kartoffel andere Ladungen vom Kupfer zum Zink. Damit ist der Stromkreis ganz und gar geschlossen.

Das Ganze funktioniert daher ebenso gut mit Äpfeln, Zitronen oder anderem Obst. Denn auch diese Früchte enthalten flüssiges Wasser und verschiedene Ionen, die wandern können.

Wann ist eine Kartoffelbatterie leer?

Grundsätzlich ist eine Batterie dann leer, wenn es keinen messbaren Unterschied zwischen den Elektronenansammlungen an Minus- und Pluspol mehr gibt. Denn ohne diesen Unterschied kann kein Strom fliessen.

Wenn aus Zink-Atomen Ionen werden, verlassen diese das Metall und lösen sich im Wasser der Kartoffel. Damit bleiben immer weniger Atome in der Zinkscheibe. Mit anderen Worten: Die Zinkscheibe (oder -spirale) wird immer kleiner, bis – theoretisch – irgendwann nichts mehr davon übrig ist.

Gleichzeitig entsteht an der Kupfermünze Wasserstoff und verschiedene Ionen bewegen sich innerhalb der Kartoffel hin und her. Wird dabei ein Zustand erreicht, in dem es keine Ladungsansammlung mehr auszugleichen gibt, hört der Strom auf zu fliessen und die LED leuchtet nicht länger. Dann, so sagen wir, ist die Batterie „leer“.

Warum brauchen wir mehrere Kartoffeln?

Meine Leuchtdiode, ein typisches Exemplar aus dem Handel für Elektro-Kleinteile, ist für den Betrieb in Stromkreisen mit 6-Volt-Batterieblöcken ausgelegt. Das heisst, um genügend Strom zu erzeugen, dass sie leuchtet, brauchen wir zumindest annähernd eine Spannung dieser Höhe (in jeder Schaltung ist etwas „Schwund“, sodass die LED für den 6-Volt-Antrieb schon mit weniger Strom als aus 6 Volt leuchten). Tatsächlich hat meine LED schon bei einer Spannung von gut 3 Volt zu leuchten begonnen.

Und das ist auch gut so. Denn eine höhere Batterie-Spannung kann erreicht werden, indem man mehrere Batterien hintereinander schaltet. Dann nämlich addieren sich die Spannungen über den einzelnen Batterien zur Gesamtspannung. Das funktioniert bei Kartoffelbatterien genauso wie bei richtigen Batterieblöcken: 4 „AA“-Batterien, die jede für sich 1,5V liefern, liefern in Reihe geschaltet 1,5V+1,5V+1,5V+1,5V = 6V (oder 4*1,5V=6V). Vier Kartoffeln, die jede für sich 0,85V liefern, liefern in Reihe geschaltet dementsprechend 3,4V.

Um einen 6-Volt-Batterieblock zu ersetzen, bräuchte ich also 7 Kartoffeln (7*0,85V = 5,95V), 7 Münzen und 7 Zink-Spiralen oder -scheiben, 9 Kabel und eine Menge Platz. Dazu kommt, dass ihr die Kartoffeln nach dem Experiment nicht mehr essen solltet, denn sie könnten Metallionen enthalten, die ungesund sind (Zink-Ionen sind zwar nicht ungesund und Kupferionen werden nur wenige darin sein, aber man weiss nie so genau, ob in Unterlegscheiben oder Drähten noch andere, ungesündere Metalle als Zink enthalten sind).

Sollte eure LED mit vier Kartoffeln nicht leuchten, obwohl die Kontakte als solche in Ordnung sind, schaltet einfach noch eine fünfte Kartoffelbatterie dazu.


Entsorgung

Die elektrischen Bauteile, Münzen und Kabel könnt ihr für spätere Experimente aufheben (spült die Münzen und Zinkscheiben ggfs. zuvor mit Wasser sauber und trocknet sie ab).

Die Kartoffeln solltet ihr – wie schon erwähnt – nach dem Experiment nicht essen. Wenn euer Bioabfall ähnlich wie unserer verbrannt wird, könnt ihr sie aber in die Biotonne entsorgen. Wegen der Metallionen darin solltet ihr die Kartoffeln aber besser nicht in den Kompost geben (besonders Klein- und Kleinstlebewesen mögen Kupferionen gar nicht!).

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!