Experiment: Carotin-Farbstoffe ausschütteln – von Stoffteilchen und ihren Vorlieben

Experiment: Carotin - Farbstoffe ausschütteln - Von Stoffteilchen und ihren Vorlieben

Zur Zeit geht es wieder hoch her in Keinsteins Kiste, denn nächste Woche ist es wieder soweit: Am Freitag, den 13.4. startet der zweite Experimentier-Workshop in der hiesigen Primarschule! Und wir werden erneut Stoffgemische trennen. Damit ihr anderen auch mitmachen könnt, gibt es heute ein schnelles, einfaches Trenn-Experiment in der Ausführung für zu Hause.

 

Wie man Stoffe trennt

Da Stoffe aus unzähligen kleinen Teilchen bestehen, kann man diese Teilchen verschiedener Stoffe miteinander mischen – und erhält so ein Stoffgemisch, das wie ein Stoff aussehen kann, aber aus mehr als einer Sorte Stoffteilchen besteht. Um ein solches Stoffgemisch wieder in zwei Reinstoffe (die aus je einer einzigen Teilchensorte bestehen) zu trennen, läge es nahe, die Teilchen Stück für Stück in eigene Gefässe zu sortieren, wie Aschenbrödel ihre Körner und Linsen.

Praktisch durchführbar ist das aber nicht – dazu gibt es schlicht und einfach viel zu viele Teilchen zu sortieren. So enthalten allein 18 Milliliter Wasser rund 602’000’000’000’000’000’000’000 – das sind 602 Trilliarden! – Teilchen. So viele Tauben wie ihr bräuchtet, um die in angemessener Zeit zu sortieren, könntet ihr gar nicht aufbieten!

Zum Glück gibt es Tricks, mit deren Hilfe ihr die vermischten Teilchen alle miteinander sortieren könnt. Diese Tricks bestehen darin, die Eigenschaften auszunutzen, in denen sich die verschiedenen Teilchensorten unterscheiden: Sind Teilchen unterschiedlich schwer, schwimmt vielleicht eine Sorte auf einer Flüssigkeit, während die andere Sorte auf den Grund sinkt. Andere Teilchen verdampfen bei unterschiedlichen Temperaturen, sodass ihr einen Stoff verkochen könnt und den anderen zurückbehaltet, dringen unterschiedlich schnell durch andere Stoffe (dann könnt ihr sie mittels Papierchromatographie trennen), oder „mögen“ sich schlicht und einfach nicht, sodass sie sich von selbst in Gruppen gleichartiger Teilchen zusammenrotten.

Manchmal unterscheiden sich vermischte Teilchensorten aber nicht genug, um auf diese Weise voneinander getrennt zu werden. Dann gibt es einen weiteren Trick: Ihr macht der Teilchensorte, die ihr vom Rest abtrennen möchtet, ein besseres Angebot.

Dazu braucht ihr

  • Ein dicht verschliessbares kleines Einmach- oder Gewürzglas
  • Speiseöl (eine möglichst farblose Sorte – meines ist schon ziemlich gelb)
  • ein Tomatenpürree bzw. Tomatenmark oder passierte Tomaten oder Tomatensaft
  • Wasser

 Das braucht ihr: Glas, Tomatenmark, Speiseöl

Wie ihr das Experiment durchführt

  1. Gebt etwas Tomatenpürree in das Glas und mischt es mit wenigen Millilitern Wasser (das Glas sollte allerhöchstens halb voll werden!), bis eine gleichmässig trübe rote Mischung entstanden ist. Die Farbstoff-Teilchen (und die übrigen Teilchen des Tomatenmarks) sind jetzt mit den Wasserteilchen vermischt und werden sich nicht mehr so leicht von ihnen trennen lassen.1.) Tomatenmark gemischt mit Wasser
  2. Gebt vorsichtig Öl in das Glas, bis eine etwa 1 bis  1,5 cm hohe Ölschicht auf dem Wasser schwimmt und schraubt das Glas fest zu. Die Ölschicht ist jetzt annähernd farblos bzw. gelblich.2.) Die gelbliche Ölschicht schwimmt auf dem Tomaten-Wasser
  3. Schüttelt das verschlossene Glas nun kräftig, sodass sich Öl und Tomaten-Wasser bestmöglich mischen. 3.) Gleich nach dem Schütteln: Alles ist vermischtStellt das Glas dann ab und wartet einige Minuten. Das Öl wird sich erneut über dem Wasser in einer eigenen Schicht sammeln – aber jetzt ist es rot!4.) Öl und Wasser haben sich wieder getrennt. Das Öl ist jetzt rot gefärbt!

Weitere Varianten zum Ausprobieren

Anstelle von Tomaten könnt ihr auch Produkte aus Karotten oder roten bzw. gelben Peperoni (in Deutschland und Österreich: nicht die kleinen scharfen, sondern ganz gewöhnliche Paprika!) verwenden. Sie alle enthalten Carotinoide – also rote oder gelbe Farbstoffe, die sich auf diese Weise ausschütteln lassen.

Ausserdem könnt ihr diese Farbstoffe auch direkt aus dem Gemüse gewinnen. Zermörsert es dazu mit etwas Wasser und feinem Sand, so wie die Blätter, deren Farbstoffe ihr in diesem Experiment trennen könnt. Dann füllt etwas von dem Gemüsebrei in ein Glas und gebt etwa 1 cm hoch Pflanzenöl dazu. Nach dem Schütteln sieht die Ölschicht farbig aus: Ein Teil der Farbstoffteilchen ist aus dem Gemüsebrei in das Öl gewandert.

Die Experimentier-Profis unter euch können die Teilchen auch zweimal wandern lassen: Gebt dazu zu einer neuen Portion Gemüsebrei zunächst Brennsprit (Spiritus, Ethanol – Achtung! Leichtentzündlich!) und schüttelt gründlich. Ein Teil der Farbstoffe wird sich so mit dem Ethanol mischen. Gebt dann noch etwas Öl dazu und schüttelt wieder. Da die Anziehungskräfte zwischen Ethanol-Teilchen jenen der Wasserteilchen gleichen, ziehen die Carotinoid-Farbstoffe die Gesellschaft des Öls vor und wandern dahin weiter. Die Ethanol-Schicht hat deshalb nach der Trennung Farbe verloren (ausserdem schwimmt sie oben, was euch verrät, dass Brennsprit leichter ist als Öl!).

Was geschieht da?

Wasser- und Ölteilchen „mögen“ sich überhaupt nicht, weshalb sie mit allen Mitteln versuchen unter sich zu bleiben, wenn man sie zu mischen versucht (tatsächlich sind unterschiedliche Anziehungskräfte zwischen den Teilchensorten für die Uneinigkeit verantwortlich: Wasserteilchen ziehen sich aufgrund permanenter elektrischer Ladung an (ein Experiment dazu findet ihr hier), während die Anziehung zwischen Ölteilchen auf einem anderen Vorgang – der van-der-Waals-Wechselwirkung – beruht.

Carotinoide haben eine Vorliebe für Öl

Tomaten und andere rote oder gelbe Gemüse enthalten Farbstoffe, die man Carotinoide nennt (der Tomatenfarbstoff heisst genau genommen Lycopin). Die Carotinoide lassen sich sehr gut mit Öl mischen, da sich ihre Teilchen auf die gleiche Weise anziehen wie die Ölteilchen. Mit Wasser mischen sie sich dagegen nur schlecht. Das könnt ihr schon daran erkennen, dass beim Mischen des Tomatenpürrees mit Wasser eine trübe Suppe entsteht.

Lieber würden sich die Carotinoid-Teilchen aber mit Öl mischen. Deswegen lassen sie, wenn man ihnen die Möglichkeit bietet – indem man Öl mit dem Wasser in Berührung bringt, das Wasser links liegen und rotten sich stattdessen mit den Ölteilchen zusammen. Die Farbstoffteilchen verlassen also das Wasser, um sich mit dem bevorzugten Öl zu mischen – sodass das Öl schlussendlich rot aussieht. Und nicht nur das: Sobald Öl und Wasser sich getrennt haben, ist das rote Öl wieder durchsichtig (mehr oder weniger jedenfalls)! Die Farbstoff-Teilchen haben sich folglich bestmöglich mit dem Öl gemischt.

Eine grosse Grenzfläche sorgt für eine schnelle Wanderung

Damit möglichst viele Teilchen möglichst schnell vom Wasser ins Öl gelangen können, müssen sich Öl und Wasser auf einer möglichst grossen Fläche berühren. Um das zu erreichen, schüttelt ihr das Glas mit den beiden Flüssigkeiten. So werden die anfänglichen Schichten nämlich in viele kleine Tröpfchen zerlegt, die einander berühren. Und durch alle einander berührenden Tröpchenoberflächen können Farbstoffteilchen schnell ins Öl „auswandern“.

Wenn ihr, nachdem das geschehen ist, das Gefäss abstellt und in Ruhe lasst, rotten sich Öl und Wasser wieder in getrennten Schichten zusammen – das leichtere Öl schwimmt wiederum oben – wobei die Farbstoffteilchen im Öl bleiben.

Dieses Trennverfahren, bei welchem ein Stoff beim Schütteln aus einem Gemisch in ein anderes „auswandert“, nennen die Chemiker „Ausschütteln“. Im Labor ist das sehr nützlich, wenn so man einen Stoff dazu bringen kann, allein in ein Lösungsmittel mit z.B. niedrigem Siedepunkt einzuwandern. Dann kann man nämlich das Lösungsmittel einfach einkochen, ohne dass die Teilchen des anderen Stoffs dabei Schaden nehmen – und erhält so den reinen Stoff.

Wird mit diesem Trick (aber meist ohne Schütteln) ein (oder mehrere) Bestandteil(e) aus einem Feststoffgemisch abgetrennt, sprechen Chemiker zudem von einer Extraktion – der abzutrennende Stoff wird aus dem Gemisch extrahiert. Und das passiert ganz bestimmt auch in eurem Alltag!

Extraktion in eurem Alltag

Das Extrahieren ist überaus nützlich, wenn man Gemische von Feststoffen trennen möchte, die sich nicht alle gleich gut in Wasser (oder einem anderen Lösungsmittel) lösen. Solche Gemische können zum Beispiel Teeblätter oder andere Pflanzenteile sein. Die können wir Menschen nicht besonders gut verdauen – aber wir mögen das Aroma und können viele gesunde Bestandteile der Pflanzen brauchen. Glücklicherweise lösen sich viele dieser Stoffe gut ins Wasser.

So geben wir die Teeblätter oder Pflanzenteile in heisses Wasser (heisse Lösungsmittel lösen andere Stoffe gewöhnlich besser als kalte – ausserdem brechen in heissem Wasser die grossen Biomoleküle, die die Pflanzenoberfläche bilden, leichter auf) und warten ein paar Minuten, während die wasserlöslichen Stoffteilchen – darunter sind häufig auch farbige – aus den Blättern in das Wasser wandern. Die unverdaulichen Pflanzenreste können dann ganz einfach mit einem Filter abgetrennt werden.

Und das Ergebnis – den Extrakt – trinken wir als Tee! Genauso funktioniert auch das Kaffeekochen. Hier werden die Kaffeebohnen bloss vorher zu Pulver zermahlen. So kann besonders viel Wasser die Oberflächen der unzähligen Pulverkörner berühren – und die gewünschten Stoffe (Aromen, dunkle Farbe, Koffein) können besonders schnell aus dem Kaffeepulver in das Wasser wandern.

Und wo ist euch in eurem Alltag schon ein Extraktions-Verfahren begegnet?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

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