Experiment: Harry Potter und der krumme Wasserstrahl

Wasser ist spooky: Ein Zaubertrick für Gross und Klein

Bald ist Halloween: Für viele kleine und grosse Hexen und Zauberer rückt damit ein grosser Tag immer näher. Aber was wäre, wenn ihr im schaurig-schönen Kostüm auch tatsächlich zaubern könntet? Ich habe einen einfachen, aber verblüffenden Zauber für euch, mit dem ihr an eurer Halloween-Party sicher für Aufregung sorgen könnt! Und um Ärger mit dem EZD (dem Eidgenössischen Zauberei-Departement…) zu vermeiden, gibt’s auch eine wasserdichte naturwissenschaftliche Erklärung dazu.

Von Harry Potter zum verhexten Wasser

Bestimmt kennst du Harry-Potter – und vielleicht auch seine wilde Begegnung mit einem Drachen in „Harry Potter und der Feuerkelch“. Um eine Aufgabe in einem Wettkampf zu erfüllen, muss Harry diesem Drachen in einer Arena ein Ei entwenden. Um überhaupt eine Chance gegen den wildgewordenen Feuerspeier zu haben, ruft der Jungzauberer  dazu mit einem einfachen Zauber seinen Flugbesen in die Arena. Die Wirkung des Spruchs: Der Besen saust von seinem Lagerplatz ausserhalb der Arena auf den Zauberstab und seinen Besitzer zu.

Diesen Kunstgriff kannst auch du ganz einfach nachmachen – vielleicht nicht mit einem Besen und nicht über eine so grosse Entfernung – aber mit einem einfachen Kunststoff-Zauberstab und Wasser. Und schon das wird deine Freunde verblüffen und vielleicht sogar zum Gruseln bringen!

Was du dazu brauchst

  • Einen Wasserhahn am Waschbecken oder einem Getränkespender – hauptsache, du kannst einen millimeterdünnen Wasserstrahl daraus fliessen lassen
  • Einen Kunststoff-Zauberstab (ein Spielzeug ist ebenso geeignet wie der Einweg-Plastiklöffel, den ich verwende – aber probiere das Experiment vor der grossen Aufführung aus, denn nicht jeder Kunststoff funktioniert gleich gut!)
  • Ein Kleidungsstück aus echter Wolle – zum Beispiel ein Schal, Wollhandschuhe oder eine Strickjacke. Besonders eindrücklich wirkt das Ganze, wenn das Woll-Stück Teil deines Kostüms ist.

Wie du den Zauber vorführst

  1. Öffne den Wasserhahn nur ein wenig, sodass so gerade eben ein stetiger, aber millimeterdünner Wasserstrahl herausläuft.
  2. Reibe deinen Zauberstab kräftig mit dem Kleidungsstück aus Wolle (ein guter Zauberer „beschäftigt“ sein Publikum währenddessen anderweitig, zum Beispiel im Gespräch).
  • Führe den Stab vorsichtig in die Nähe des Wasserstrahls und sprich „Accio Wasserstrahl!“. Berühre dabei in keinem Fall das Wasser mit dem Stab!
  • Der zuvor senkrecht fallende Strahl wird sich in Richtung des Stabes krümmen!
dünner Wasserstrahl und verhextes Wasser
Links: Ein dünner Wasserstrahl – Rechts: „Accio Wasserstrahl“ – deutliche Krümmung um einen elektrostatisch aufgeladenem Plastik-Löffelstiel!

Was dabei passiert

Letzte Woche habe ich ein Experiment gezeigt, das einen Hinweis darauf gibt, wie Wasser und andere Stoffe aufgebaut sind: Wasser besteht, wie andere Stoffe, aus ganz vielen winzig kleinen Teilchen. Die Wasserteilchen haben dabei eine besondere Eigenschaft: Sie sind elektrisch geladen!

Über elektrisch geladene Teilchen

Elektrisch geladene Teilchen spielen in unserem Alltag eine grosse Rolle. So fliessen solche Teilchen durch Stromkabel, wenn wir das Licht einschalten, und bringen die Lampe zum Leuchten. Diese Teilchen haben meist nur eine Ladung – und die ist positiv (+) oder negativ (-). Dafür, dass solche Teilchen überhaupt strömen, sorgt eine grundlegende physikalische Gesetzmässigkeit: Gleichartige Ladungen stossen sich ab, verschiedene Ladungen ziehen sich an. So bewegen sich die negativ geladenen „Strom-Teilchen“ oder „Elektronen“ vom negativ geladenen Minuspol einer Stromquelle weg und zum positiv geladenen Pluspol hin.


Wasserteilchen tragen dagegen zwei verschiedene Ladungen: Wie ein Magnet tragen sie an jeder Seite eine! (Da zwei verschiedene Ladungen einander aufheben, merkt man das den winzigen Wasserteilchen mit unseren groben Sinnen normalerweise nicht an.)

Wasserteilchen mit zwei Ladungs-Schwerpunkten
Ein Wasserteilchen trägt zwei elektrische Ladungen: Die negative Seite (-) ist rot, die positive Seite (+) ist blau schattiert.

Das führt dazu, dass die Plus-Seiten der Wasserteilchen die Minus-Seiten anziehen und umgekehrt. Im Wasser ordnen sich die Teilchen daher so, dass Plus-Seiten den Minus-Seiten gegenüber liegen und niemals gleiche Seiten einander zugewandt sind:

Wasserteilchen: Entgegengesetzte Ladungen ziehen sich an.

Der Kunststoffstab besteht dagegen zunächst aus ungeladenen Kunststoff-Teilchen. Durch das Reiben an der Wolle wird er jedoch aufgeladen (die Wolle übrigens auch – du kannst vielleicht die darauf folgenden Entladungen in der Wollkleidung knistern hören). Wenn er danach in die Nähe des Wasserstrahls kommt, ordnen sich die Wasserteilchen so, dass ihre dem Stab entgegengesetzt geladene Seite zum Stab weist. Die Anziehungskraft zwischen den verschiedenen Ladungen zieht die Teilchen so aus ihrer Flussrichtung – der Wasserstrahl krümmt sich in Richtung des Stabes!

Damit wünsche ich dir viel Spass beim Zaubern – und erzähl doch mal, wie es funktioniert hat!

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

8 replies
  1. Tabea
    Tabea says:

    Hach, danke für diesen Post. Das hat mich gerade auf schöne Art und Weise an meinen Physik Lk erinnert. Da war dieser Zauber nämlich eines unserer ersten Themen… Und weiter ging es dann damit, Papierschnipsel an dem Stab kleben zu lassen 😉

    Liebe Grüße

    Antworten
    • Kathi Keinstein
      Kathi Keinstein says:

      Ich habe diesen Zauber auch während meiner Chemielehrer-Ausbildung wirklich kennen und schätzen gelernt. In meiner Zeit als Berufsmittelschul-Lehrerin hatten wir zudem einen Zauberstab (ein Fertigprodukt aus dem englischen Sprachraum) in der Materialsammlung, mit dem man angeblich kleine Objekte aus ultraleichter Folie schweben lassen konnte (Stichwort „Vingardium Leviósa“ ;)). Leider hat der viel zu enge Lehrplan es mir nie gestattet, das Ding zum Einsatz zu bringen – ausserdem waren die Schüler schon zu gross (bzw. noch nicht wieder alt genug) für den Harry-Potter-Spass. Diesen Zauber hier habe ich dafür jedes Jahr vorgeführt – zwar ohne Harry Potter, aber das Staunen war trotzdem gross ;).

      Antworten
  2. Ilona
    Ilona says:

    Deine Beiträge finde ich echt spannend und ich werde den Zauber ganz bestimmt ausprobieren.
    Toll das du so aufwändige Artikel schreibst. Liebe Grüsse
    Ilona

    Antworten
    • Kathi Keinstein
      Kathi Keinstein says:

      Es freut mich unheimlich, dass dir gerade die aufwändigen Artikel gefallen! Genau dieser Aufwand ist nämlich mein persönlicher Stil…so sehr, dass ich es damit lange Zeit selbst übertrieben habe und die Artikel wohl zu lang geworden sind. Um so mehr freue ich mich nun, dass ich offenbar den richtigen Umfang sowohl für mich als auch für euch Leser gefunden habe :).

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  3. Linni
    Linni says:

    Total genial. Physik ist (k)eine Zauberei! Mit dem Harry-Potter-Hintergrund kann ich das meinen Jungs sicher auch näher bringen. Die zwei verweigern sich dem außerschulischen Lernen leider gerne, sobald sie mitbekommen, dass man ihnen was beibringen möchte… 🙁 Aber mit dem Trick können sie demnächst auf der Halloweenparty Eindruck schinden!
    Danke dafür!

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    • Kathi Keinstein
      Kathi Keinstein says:

      Ich war zu meiner Schulzeit absolute Autodidaktin, wenn es ums ausserschulische Lernen ging. Wann immer ich aus eigenem Antrieb in die Stadtbibliothek gegangen bin, habe ich rucksackweise Bücher – auch Sachbücher – heimgeschleppt und verschlungen. Darüber hinaus wurde allenfalls bei schwierigen Fragen oder zum Experimentieren Papa (seines Zeichens Physik-Professor) zu Rate gezogen. Die eigenen Kinder zum ausserschulischen oder auch nur zum Lernen für die Schule zu motivieren, gelingt aber den wenigsten Eltern – davon „lebe“ ich als Nachhilfelehrerin heute schliesslich.

      So oder so: Ich würde mich freuen zu hören, wie der Trick auf der Halloween-Party angekommen ist :).

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  4. engy
    engy says:

    …das es mit Papierschnipseln geht, kenne ich auch aus dem Physikunterricht… aber das es auch mit einem Wasserstrahl geht… 😉 …Dankeschön für den „Zaubertrick“!
    Irgendwie hatte ich immer die falschen Physiklehrer …konnten mich nie wirklich für Physik begeistern 😉
    Verzauberte Grüssle
    engy

    Antworten

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