Vor ein paar Tagen war es einmal wieder soweit: Ich hatte Geburtstag. Zur Feier des Tages habe ich mich in die Küche gestellt und der Biochemie gewidmet….ähm, Kuchen gebacken. Und zwar mit Hefe! Und damit wird das Kuchenbacken tatsächlich echte Küchen-Biochemie.
Was ist eigentlich Hefe?
Unsere Backhefe besteht aus richtigen Lebewesen! Aber nicht aus Pflanzen oder Tieren, sondern aus Pilzen mit dem komplizierten Namen „Saccharomyces cervisiae“.
Wenn ihr euch jetzt an Asterix und Obelix erinnert fühlt…richtig: Das Lieblingsgetränk der beiden Comic-Gallier ist lauwarme Cervisia – ein Bier. Tatsächlich ist die Backhefe der gleiche Pilz, der auch zum Bierbrauen verwendet wird.
Der erste Teil des Namens bedeutet übrigens so viel wie „Zuckerpilz“, womit der ganze Name sich etwa mit „Bier-Zuckerpilz“ übersetzen lässt. Damit ist auch geklärt, wovon diese Pilze sich ernähren.
Hefen bilden übrigens keine Schirme und Hüte im Wald, wie ihr sie von anderen Pilzen kennt. Sie gehören nämlich zu den Einzellern und vermehren sich durch Zellteilung oder die Bildung von Ablegern. Deswegen sehen wir von ihnen ohne Mikroskop auch nicht mehr als eine gelblich-graue Masse. Mit einem Mikroskop hingegen kann man die einzelnen Hefezellen sehen:
Was macht ein Pilz in Brot und Kuchen?
Er lebt! Zumindest vor dem Backen. Und zwar wie alle Lebewesen von Zuckern. Nur ist Hefe dabei nicht zwingend auf Sauerstoff zum Atmen angewiesen. Während Menschen Sauerstoff als Oxidationsmittel brauchen, um aus den Zuckern chemische Energie zu gewinnen, können Hefen dazu auch andere chemische Reaktionen nutzen, die ohne Sauerstoff auskommen.
Solche Reaktionen werden zusammengefasst „Gärung“ genannt. Bei der Gärung durch Hefe entsteht als „Abfall“ der Trink-Alkohol „Ethanol“ (auf den es die Bierbrauer abgesehen haben), und… findet es selbst heraus!
Experiment 1: Hefegärung sichtbar machen
Ihr braucht dazu
Eine Glasflasche mit engem Hals (ca. 0,5l),
Einen Luftballon, nicht aufgeblasen
Backhefe (1 Päckchen Trockenhefe)
Wasser (lauwarm)
Einen Teelöffel Haushaltszucker
So geht es
Blast den Luftballon mehrmals hintereinander auf und lasst die Luft immer wieder heraus. So wird die Ballonhülle schon einmal gedehnt und lässt sich später leichter aufblasen.
Füllt die Flasche halb mit lauwarmem Wasser und löst den Zucker darin auf. Gebt die Hefe dazu und schwenkt die Flasche kurz, sodass sich alles gut mischt.
Stülpt dann die Öffnung des Luftballons über die Flaschenöffnung und stellt das Ganze an einen warmen Ort (ideal sind 28-32°C).
Wartet ab und beobachtet, was geschieht: In der Flasche geht es sichtlich geschäftig zu, und: Der Ballon bläht sich auf!
Was geschieht da?
Die Hefe verdaut den Zucker. Dabei entsteht ein Gas, das den Ballon füllt!
Was für ein Gas ist das?
Ihr könnt es selbst nachweisen!
Experiment 2: Gas-Nachweis
Ihr braucht dazu
Die Hefemischung in der Flasche aus Experiment 1
Ein Streichholz, etwas zum Anzünden
Eine Pinzette
So geht es
Entfernt den Luftballon von der Flasche. Entzündet das Streichholz und führt es mit Hilfe der Pinzette in die Flasche mit der Hefemischung (nicht eintauchen!). Beobachtet: Das Streichholz geht aus!
Was passiert da?
Das Gas, welches die Hefe produziert, ist Kohlenstoffdioxid (CO2)! Es ist schwerer als Luft und verdrängt so den Sauerstoff nach oben aus der Flasche. Ohne Sauerstoff kann Feuer nicht brennen – und geht aus.
Was in den Hefezellen passiert
Der wichtigste Zucker, von dem Hefe sich ernährt, ist Traubenzucker (Glucose). Das ist ein „Einfachzucker“ (ein Monosaccharid), besteht also aus überschaubar kleinen, einzelnen Zuckermolekülen.
Aus Traubenzucker- bzw. Glucose-Molekülen können alle Lebewesen schnell Energie gewinnen. Die Hefe verwendet dazu eine Folge von Reaktionen, die die Biochemiker als „anaerobe Glykolyse“ bezeichnen.
Dabei wird aus einem Molekül Glucose in mehreren Schritten ein Molekül „Pyruvat“ hergestellt. Im Zuge dieser Schritte werden zwei Energieträger-Moleküle, die die Biochemiker abgekürzt „ADP“ nennen, „aufgeladen“, indem je ein Phosphorsäure-Anion an jedes dieser Moleküle gehängt wird (die aufgeladenen Energieträger-Moleküle heissen dann „ATP“).
Für das Aufladen sind jedoch weitere Reaktionspartner (Moleküle namens NAD+) nötig, die ihrerseits recycelt werden müssen.
Deswegen haben die Hefepilze ein weiteres Enzym (die Pyruvatdecarboxylase), das von den Pyruvat-Molekülen je ein Molekül Kohlenstoffdioxid (CO2) abspaltet.Das Kohlenstoffdioxid wird danach aus den Zellen entsorgt und füllt euren Luftballon!
Übrig bleibt ein Molekül Acetaldehyd. Das ist für Zellen giftig und wird deshalb schnell zu Ethanol weiterverarbeitet, wobei die Abfall-Moleküle NADH aus der Glykolyse zu NAD+ recycelt werden.
Der Trink-Alkohol „Ethanol“ ist übrigens für uns Menschen giftig, weil es in unseren Zellen das Enzym Alkoholdehydrogenase auch gibt – nur fördert es da die Reaktion in umgekehrter Richtung: Aus Ethanol wird Acetaldehyd. Und das beschert und einen mächtigen Kater (über diesen biochemischen Katzenjammer könnt ihr hier mehr lesen).
Wie wird dann Haushaltszucker vergoren?
Die Moleküle des Haushaltszuckers (Saccharose) bestehen aus je zwei verbundenen Einfachzuckern: dem Traubenzucker Glucose und dem Fruchtzucker Fructose.
In den Hefepilz-Zellen gibt es deshalb ein Enzym, das diese Paare spalten kann, bevor die Einzelteile wie oben gezeigt „verdaut“ werden.
Diese Fähigkeit – Haushaltszucker zu spalten und zu verwerten – hat der Backhefe schliesslich ihren wissenschaftlichen Namen (Saccharomyces…) eingebracht.
Wie „geht“ Hefe in Milch?
Normale Vollmilch besteht zu ca. 5% aus Milchzucker (Laktose) – das sollte ja genug Futter für die Hefe sein, oder? Weil Reto laktoseintolerant ist, habe ich allerdings laktosefreie Milch für den Kuchen benutzt…und hatte schon Sorge, die Hefe würde damit nicht aufgehen. Stattdessen ging meine Hefe aber schon nach dem Mischen mit der Milch ab wie Schmitz‘ Katze!
Hefe in laktosefreier Milch
Laktose ist auch ein Zweifachzucker, sie besteht aus je einem Molekül Glucose und Galactose.
Unglücklicherweise hat die Back-Hefe aber kein Enzym, um Laktose zu spalten und so an die Glucose zu gelangen (sie ist also „laktoseintolerant“, wenngleich Hefepilze keinen Darm haben, der deswegen verstimmt sein könnte). Zum Glück für die Hefe enthält normale Vollmilch jedoch immer auch freie Glucose.
Laktosefreie Milch wird nun hergestellt, indem man das Enzym Laktase dazugibt, welches die Laktose in Glucose und Galactose spaltet (deshalb ist laktosefreie Milch ein wenig süsser als normale). So findet die Hefe in laktosefreier Milch sogar mehr zu fressen als in normaler Vollmilch und geht dementsprechend eifrig auf!
Was im Ofen mit der Hefe passiert
Und bevor euch nun bei all den lebendigen Pilzen der Appetit auf Brot und Kuchen vergeht: Wie alle Lebewesen sind Hefepilze auf gemässigte Temperaturen angewiesen. Wenn ihr euren Hefeteig also in den Ofen schiebt und erhitzt, sterben alle Pilze ab.
Das Kohlenstoffdioxid, das sie vorher im Teig freigesetzt haben, dehnt sich jedoch in der Hitze aus und lässt so Kuchen und Brot aufgehen und so wunderbar fluffig werden. Wenn indessen Stärke, Proteine, Fett und Zucker im Teig zu einem festen Molekülgerüst reagieren (zum Beispiel im Zuge der Maillard-Reaktion, zu der ihr hier lesen könnt), fällt das Ganze nach dem Abkühlen auch nicht mehr zusammen.
Entsorgung
Das Hefe-Wasser-Gemisch könnt ihr in den Ausguss entsorgen – oder vielleicht ein Brot damit backen? Den Luftballon könnt ihr nach Belieben weiter benutzen.
Ich wünsche euch viel Spass beim Ausprobieren und Beobachten! Was macht ihr sonst am liebsten mit Hefe bzw. Hefeteig?
Hast du das Experiment nachgemacht:
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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!