Tag Archive for: Klinoptilolith

Zeolith und Detox - Taugen Klinoptilolith und Co zum Entgiften?

Im ersten Beitrag über Zeolith – besser Zeolithe, denn es handelt sich um eine ganze Familie von Stoffen – habe ich euch diese ganz besonderen Steine als Wasserenthärter, Spülmaschinentrockner und Rohstoff für Katzenstreu vorgestellt. Die Zeolithe bestehen aus einem festen Ionengitter aus Silizium- und Aluminiumionen, das negativ geladen ist (je grösser der Aluminiumanteil ist, desto mehr). Dieses Gitter enthält relativ grosse Aussparungen, regelrechte „Poren“. In diesen Poren können Wassermoleküle und positiv geladene Ionen (Kationen) angelagert werden. So ist gewährleistet, dass der Zeolith als Ganzes nicht elektrisch geladen ist.

So können Zeolithe mit grossem Aluminiumanteil ( Silizium : Aluminium = 1:1 gilt als gross!) nicht nur viel Wasser aufnehmen, sondern auch als Ionenaustauscher herhalten: Wenn im Wasser ausserhalb des Kristalls Kationen sind, die dem Zeolith besser „passen“, werden diese Ionen in den Poren angelagert und die ursprünglichen dafür freigesetzt. Da der in Waschmitteln eingesetzte synthetische Zeolith A Calcium-Ionen lieber bindet als Natrium-Ionen, kann er das Waschwasser „enthärten“, indem er die Calcium-Ionen daraus aufnimmt und dafür Natrium-Ionen abgibt.

Die „Schwamm-Wirkung“ der Zeolithe führt schnell zu weiteren Anwendungs-Ideen. Warum nicht auch Sachen aufsaugen, die nicht nur lästig, sondern wirklich gefährlich sind?

Zeolith und „Detox“ – Wie sinnvoll ist die „Entgiftung“ mit den saugfähigen Steinen?

Zu den Metall-Kationen, die es sich gern im Zeolith-Gitter gemütlich machen, gehören zum Beispiel auch Cäsium- (Cs+ ) und Strontium-(Sr2+) Ionen. Deren radioaktive Vertreter entstehen als Nebenprodukte in Kernreaktoren und können bei Lecks oder gar einem Reaktorunglück zum Problem werden. So wurden schon nach der Katastrophe von Tschernobyl Zeolithe verwendet, um solche radioaktiven Ionen aus verseuchtem Wasser zu filtern.

Könnte man das nicht nutzen, um – nicht nur radioaktive – Schwermetalle und andere Schadstoffe aus unserem Körper zu entfernen? Mit Hilfe von natürlich vorkommenden Steinen?

So zumindest lautet die Idee verschiedener Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln und ihrer Anhänger.

Was Detox-Zeolithe tun sollen

Produktbeschreibungen für Detox-Kuren mit „Zeolith“ offenbaren eine ganze Palette von Wirkungen. Allen voran steht eine „Reduzierung der Ammonium- und Schwermetallbelastung des Körpers“, indem es „Giftstoffe und überschüssige Säuren im Darm bindet“. In den Beschreibungen angegebene Folgen dessen seien zum Beispiel (wörtliche Zitate von Anbietern von Zeolith-Kuren von Googles Seite 1, die ich hier bewusst nicht verlinke):

  • Entlastung des Stoffwechsels von Leber, Niere, Bauchspeichedrüse und Blut (mittels Entgiftung über den Darm)
  • „schnellere Regenerationen“
  • Stärkung des Immunsystems
  • Anti-Aging-Effekt
  • Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensqualität
  • Bindung und Entfernung von freien Radikalen
  • Versorgung mit Calcium und Magnesium (allenfalls durch Beimengung von entsprechenden Verbindungen)

Um all das zu erreichen genüge es laut der Hersteller, regelmässig und allenfalls dauerhaft Zeolithe einzunehmen.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt tun können

Stoffe aus dem Darminhalt aufnehmen

Einmal verspeist können Zeolithe Ionen und wasserlösliche Stoffe genau an ihrem Aufenthaltsort aufnehmen: Im Inneren von Magen und Darm – im Nahrungsbrei.

Metallionen aus dem Darminhalt austauschen

Je nach Zusammensetzung können Zeolithe aber nicht nur Schwermetalle, sondern auch wertvolle Nährstoffe wie Calcium oder Eisen aus der Nahrung abgreifen.

Für die Reihenfolge, welche Ionen gegen welche ausgetauscht werden, gibt es eine Faustregel: Zweifach positiv geladene „haften“ besser am Zeolith als einfach positiv geladene Ionen, kleine Ionen besser als grosse. Ein Zeolith, der Natrium (Na+) oder Kalium (K+) enthält, wird diese Ionen demnach für Calcium- (Ca2+), Magnesium-(Mg2+) und Eisen- (Fe2+)ionen abgeben. Währenddessen würde ein Zeolith, der Calciumionen enthält, diese nur gegen kleine zweiwertige Ionen, wie Magnesium- oder Eisenionen wieder hergeben.

Radioaktives Cäsium entfernen

Cäsium ist chemisch den Elementen Natrium und Kalium ähnlich und damit gut wasserlöslich. So können seine Ionen (Cs+) sich – im Unterschied zu denen vieler anderer Schwermetalle – ziemlich frei im Körper bewegen und sich überdies an Klinoptilolith anlagern. Das funktioniert zumindest im Tierversuch bei Ratten und Hühnern. Mit Menschen hat man das im Rahmen einer Studie noch nicht probiert.

Magensäure neutralisieren

Zeolithe sind tatsächlich basisch. Säure zur Neutralisation finden sie auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt auch reichlich vor: Im Magensaft, wo sie wichtige Aufgaben hat. Neben anderen Basen neutralisiert sie auch gleich die Zeolithe. So ist von deren basischen Eigenschaften nach dem Magendurchgang nichts mehr übrig. Für die Neutralisation der Magensäure sorgt der Körper schliesslich selbst beim Übergang in den Darmtrakt: Dessen Inhalt ist nämlich grundsätzlich schwach basisch.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt aus Chemikersicht nicht können

Schwermetalle und Giftstoffe aus „Speicherorganen“ wie Leber, Nieren, Haut und Zähnen entfernen

Der Darm ist zur Aufnahme, nicht zur Ausscheidung solcher Stoffe geschaffen. Schliesslich wollen wir die nützlichen darunter ja aus dem Nahrungsbrei herausholen und sie nicht wieder an diesen verlieren. Was einmal aus der Nahrung in den Körper gelangt, bleibt also drin. Ausnahme: Gut wasserlösliche Ionen und Kleinstmoleküle, die durch Ionenkanäle und Transportproteine zwecks Elektrolythaushalt rein und raus können!

Es sei denn, es findet einen anderen Weg hinaus – über die körpereigenen Entgiftungsanlagen: Leber, Nieren und Lunge. Die Leber wiederum hat tatsächlich einen Hinterausgang in den Darm: Die Galle. Gallenflüssigkeit enthält tatsächlich grosse Abfall-Moleküle, die in der Leber so umgebaut wurden, dass sie wasserlöslich sind. So können sie ungehindert über den Darm ausgeschieden werden. Diese Moleküle sind nun aber so gross, dass sie auch nicht fälschlich wieder in den Körper hinein gelangen können.

Schwermetallionen effektiv gegen Natrium-, Kalium- und ähnliche Ionen austauschen

Die meisten Schwermetallionen schwimmen gar nicht frei im Darminhalt oder sonstwo im Körper umher, sondern sind an die verschiedensten Moleküle gebunden. Diese Bindungen müssen erst gebrochen werden, bevor die Ionen in die Poren des Zeoliths gelangen können (denn die meisten „Anhängsel“-Moleküle sind dafür zu gross). Somit ist theoretisch nur ein kleiner Teil der Schwermetalle im Darminhalt für das Zeolith „zu haben“.

Zwischen Giftstoffen und Nützlichem unterscheiden

Neben unerwünschten Stoffen gibt es in Magen und Darm eine Unzahl weiterer Stoffe: Nährstoffe, unverwertbare Nahrungsbestandteile, Bestandteile der Verdauungsflüssigkeiten, die sich alle mehr oder weniger gern um Zeolith-Pulverkörner herum lagern oder in die Poren eindringen. Und all jene, die sich eher gern mit Klinoptilolith oder anderen Zeolithen abgeben, konkurrieren mit jeglichen Giftstoffen um den Platz in den Zeolith-Poren. Da bleibt dann nur noch ein Bruchteil des Platzes für die Dinge, die man eigentlich „ausleiten“ will.

Giftige organische Moleküle aus dem Darminhalt entfernen

Die Moleküle der berühmt-berüchtigten Giftstoffe sind nämlich entweder so gross (Aflatoxine, Pestizide, Antibiotika,…), dass sie gar nicht in die Poren von Naturzeolith (ergo Klinoptilolith) hinein passen. Oder sie sind so klein (z.B. Methanol), dass sie flink an jedem Zeolith vorbei in den Körper gelangen.

Den Körper mit Silizium versorgen

Unsere Magensäure ist nicht in der Lage, das Gitter von Klinoptilolith anzugreifen und Atome heraus zu lösen (und im basischen Inhalt des Darmes geht das erst recht nicht). Das ist auch gut so. Denn wenn sie das könnte, würde zuerst das Aluminium aus dem Zeolith freigesetzt. Und das hat einen denkbar schlechten Ruf, wenn es um die körperliche Gesundheit geht.

einen „Kater“ bekämpfen

Nicht nur, dass sich Ethanol und sein Abbauprodukt Acetaldehyd (der eigentliche Verursacher des Katers) sich kaum an Klinoptilolith anlagern. Das Acetaldehyd und damit der Kater entstehen zudem in Zellen fernab vom Darm, wo die Zeolithe nie hingelangen und etwas daran ändern könnten. Was wirklich gegen einen Kater hilft und was im Körper mit dem Alkohol passiert, könnt ihr hier nachlesen.

Freie Radikale entfernen

Zeolithe sind Ionenaustauscher, keine Radikalfänger. Letztere sind Stoffe, die bei lebensförderlichen Bedingungen zu Redoxreaktionen – also dem Austausch von Elektronen – in der Lage sind. Solche Eigenschaften sind von Zeolithen nicht bekannt. Ausserdem: Freie Radikale entstehen in allen Zellen, die Energie aus der „Verbrennung“ von Sauerstoff gewinnen. Also praktisch im ganzen Körper. Und das ist in den meisten Fällen weit weg vom Inhalt des Darmes.

Ammoniak aus dem Darminhalt entfernen

Ammoniak (NH3) ist ein kleines, dem Wasser ähnliches Molekül. Tatsächlich lässt das sich auch gut in den Poren von Naturzeolith unterbringen. Das Problem: Es gibt im menschlichen Darm keinen Ammoniak. Sofern wir nicht Ammoniak-Lösung trinken, was aber kaum jemand freiwillig tun wird: Die ist ätzend, giftig und stinkt! Allenfalls gibt es Ammonium-Ionen (NH4+) , die im menschlichen Darm entstehen (durch Bakterien, die unverdaute Proteine zersetzen). Die wiederum sind gut wasserlöslich und gelangen über die Blutbahn in die Leber. Dort wird das Ammonium zu Harnstoff verbaut und findet über die Nieren nach draussen. Und das schafft eine gesunde Leber gut und gern allein.

Nur Widerkäuer (Rinder, Schafe,… ) haben Bakterien in ihrem Verdauungstrakt, die wirklich Ammoniak produzieren. Das ist ein Grund für den Einsatz von Zeolithen in Nutztierfutter.

Bakterien, Pilze oder Viren bekämpfen

Bakterien und Pilze sind Lebewesen, die aus mindestens einer kompletten Zelle bestehen Damit sind sie um viele Grössenordnungen grösser als alle bereits erwähnten Moleküle. Nie im Leben passen die in die Poren von Klinoptilolith oder einem ähnlichen Zeolith!

Auch Viren – wenngleich keine klassischen Lebewesen – sind um Grössenordnungen grösser als die Poren im Zeolith-Gitter.

Eine Anwendungsmöglichkeit massgeschneiderter, synthetischer Zeolithe mit grossen Poren ist die Verwendung als „Behälter“ z.B. für Antibiotika-Moleküle oder Silber-(Ag+)Ionen. Letztere haben eine bakterizide Wirkung und lassen sich durch Ionenaustausch im Zeolith deponieren. Solche präparierten Zeolithe werden dann verwendet, um z.B. keimabweisende Oberflächen herzustellen.

Dass Zeolithe ohne solches Gepäck meines Wissens keine Bakterien töten, ist übrigens gut so. Denn in unserem Darm gibt es eine Menge davon, die überaus wichtig für unsere Gesundheit sind. Und falls Zeolithe doch Bakterien töten, wäre das ein triftiger Grund, sie nicht einzunehmen!

Krebs heilen

Wissenschaftler haben tatsächlich Hinweise darauf gefunden, dass Zeolithe in der Nährflüssigkeit in Zellkulturen zu schnellerem Absterben der Zellen führen (und damit ein Zellgift sind). Im Tierversuch führen sie nach Auftragen zudem zur Verkleinerung von Hauttumoren durch extreme Austrocknung derselben. Dementsprechend sind die Krebsforscher an Zeolithen interessiert. Von den genannten Hinweisen zu einem wirksamen und anwendbaren Medikament ist es aber noch ein weiter Weg.

Und was ist mit Bentonit?

Bentonit wird häufig im Zusammenhang mit Zeolithen genannt und vertrieben, obwohl es gar nicht zu letzteren zählt. Bentonit ist nämlich eine Tonerde, die hauptsächlich aus dem Tonmineral Montmorillonit besteht. Das enthält zwar wie die Zeolithe Silizium, Aluminium, Sauerstoff und verschiedene positive Metallionen und kann sehr viel Wasser aufnehmen. Silizium und Aluminium sind aber nicht in einem festen Gerüst angeordnet, sondern bilden locker verbundene Schichten.

Deshalb hat Bentonit – anders als Zeolithe – die Eigenart, im Zuge der Aufnahme von Wasser aufzuquellen und dann fest zu werden. Und das nicht zu knapp. Das kann besonders im Magen-Darm-Trakt, wo im Allgemeinen wenig Platz ist, unangenehme, wenn nicht gar gefährliche Folgen haben: Verstopfung! Daher ist die Einnahme von Bentonit gar nicht zu empfehlen!

Und die übrigen Detox-Wirkungen? Gibt es dazu Untersuchungen?

„Stärkung des Immunsystems“, „Anti-Aging-Effekt“, „Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensenergie“ sowie „schnellere Regenerationen“ (warum steht das in der Mehrzahl?!) sind äusserst schwammige Begriffe. So wie die ganze Welt um „Detox“ und „Entgiftung“ als Modeerscheinung eine äusserst schwammige Angelegenheit ist.

Von „Schlacken“, „Toxinen“ und „Umweltgiften“ ist da die Rede, aber kaum jemand (wenn nicht niemand), der Zeolithe und andere Entgiftungshilfen anpreist, weiss diese Stoffe oder ihre Herkunft im Einzelnen zu benennen. Kein Wunder: Die Liste dessen, was Klinoptilolith nicht kann, ist ja ziemlich lang und viele populäre Kandidaten für diese Stoffgruppen darauf vertreten. Damit wären konkrete Angaben zur Wirkweise von Zeolith und anderen Detox-Kuren ja viel zu leicht widerlegbar, um lange geduldet zu werden. Dementsprechend uneinheitlich und diffus sind auch die Beschreibungen der Wirkweise dieses und anderer Detox-Hilfsmittel.

Und was man nicht genau benennen kann, kann man nur schwerlich untersuchen. Deshalb gibt es weder Studien, die einen gesundheitlichen Vorteil von Detox-Kuren (ob nun mit oder ohne Zeolith) belegen, noch solche, welche die gegenteilige Aussage stützen würden.

Anders sieht das aus, wenn sich der Begriff „Detox“ auf die medizinische Behandlung akuter Vergiftungen (im Mediziner-Jargon „Intox“) bezieht. Die wird wiederum wird nur fällig, wenn ein giftiger Stoff in grossen Mengen (meist versehentlich) aufgenommen wurde oder/und das Versagen von Nieren oder Leber aufgefangen werden muss. Solche Entgiftungsmassnahmen gehen oft am empfindlichen Verdauungstrakt vorbei. Ein Beispiel ist die Hämodialyse (maschinelle „Blutwäsche“), die sowohl als Notfallmassnahme als auch langfristig bei Patienten ohne funktionierende Nieren zum Einsatz kommt.

Mit Detox-Kuren im Sinne der Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln haben solche – gut als wirksam belegten – Methoden aber nichts zu tun.

Fazit

Die Wirkweise und der mögliche Nutzen von Detox-Kuren ist im Allgemeinen höchst unklar, nicht zuletzt weil es zu den schwammigen und uneinheitlichen Aussagen der Anbieter kaum bis keine belastbare/n Studien gibt.

Das gilt auch für Zeolithe, insbesondere Klinoptilolith, als Entgiftungs-Hilfsmittel. Meine Fachkollegin Dr. Arnold hat für einen Vortrag zum Thema gerade einmal 19 Veröffentlichungen rund um die Anwendung von Zeolithen am Menschen gefunden – wissenschaftlich unbrauchbare und solche mit fragwürdigen Schlussfolgerungen mit eingeschlossen! Die kommentierte Liste mit Links gibt es am Ende ihres hochinteressanten Handouts zum Vortrag, das auch für meinen Artikel eine wichtige Grundlage ist und viele weitere Einzelheiten enthält.

Die Liste der möglichen Wirkungen, die aus Chemiker-Sicht nicht funktionieren dürften, ist dagegen lang. Das sind (nicht nur) in meinen Augen genügend Gründe, um dem Detox-Hype im Allgmeinen und Zeolithen zum Einnehmen im Besonderen aus dem Weg zu gehen. Und euch zu raten, dasselbe zu tun.

Umweltbelastung und überzogene Preise

Dazu kommt, dass die Gewinnung von Naturzeolith – im Tagebau – naturgemäss nicht eben umweltfreundlich ist. Für ein Mittel ohne nachgewiesene Wirkung die Erde umgraben und Landschaften zerstören? Da gibt es sinnvollere und nachhaltigere Wege, etwas für die Gesundheit zu tun!

In jedem Fall rechtfertigen weder die Herstellungskosten für Naturzeolith noch die Liste den stolzen Preis für Zeolith-Produkte zur Detox-Kur: Angeblich liegt der Preis für ein Kilo Naturzeolith beim Grosshersteller bei rund 35 Eurocent. Fein gemahlen und in einer an Medikamente erinnernden Dose verpackt findet sich das Kilo Steinstaub dann für gut und gerne 150 Euro (!) im Angebot wieder! Da möchte ich gar nicht wissen, wie gross diese Diskrepanz in der teuren Schweiz ausfällt.

Da freue ich mich lieber an dem wasserenthärtenden Zeolith in meinem Waschmittel und denke schmunzelnd an Helge Schneiders „Katzenklo, Katzenklo, ja das macht die Katze froh!“ – mit Zeolithstreu. Und bin mir dabei stets bewusst: Zeolith kann eben doch nicht alles.

Und seid ihr schon einmal mit Zeolithen als Detox-Kur in Kontakt gekommen? Was haltet ihr davon? Was sind eure Erfahrungen?

Zeolithe: Wo die nützlichen Steine uns im Haushalt helfen

Zeolithe sind nicht nur im Haushalt äusserst nützlich. Auch als Nahrungsergänzungsmittel für Entgiftungskuren ist „Zeolith“ überaus populär. Da diese Anwendung dieser vielseitigen Stoffgruppe hier aber den Rahmen sprengen würde, kommt ein zweiter Artikel zu Zeolithen und Detox nächste Woche!

Was ist eigentlich in unserem Waschpulver drin? Diese Frage kam neulich beim Nachtessen mit der Schwiegermutter auf. Na klar: Seife. Oder in der Chemiker-Sprache: Tenside. Und über deren Super-Waschkraft habe ich hier ja schon geschrieben. Aber nachsehen schadet ja nichts, dachte ich. Und siehe da: Mein Universal-Waschpulver vom orangen M enthält nur 5-20% Tenside – und 15%-30% Zeolithe. Was ist das denn nun schon wieder?

Was sind Zeolithe?

Laut Definition im Chemiebuch oder auf Wikipedia sind Zeolithe eine Gruppe von „kristallinen Alumosilikaten“… mit anderen Worten: Steine. Und zwar Steine, welche die chemischen Elemente Silizium und Aluminium enthalten. Das ist an sich nichts besonders, sind Silizium und Aluminium doch das zweit- und dritthäufigste Element in der Erdkruste.

So hübsch sind Zeolithe selten: Natrolith aus meiner Mineraliensammlung – ein natürlicher Zeolith auf Basalt. Dieses Grundgestein hat Naturzeolithen auch die Bezeichnung als „natürliches Vulkangestein“ eingebracht.

Das Ionengitter der Zeolith-Kristalle, aus welchen diese Steine bestehen, ist allerdings ein ganz besonderes: Es enthält grosse Lücken, die den ganzen Kristall zu einem porösen Schwamm machen!

Wie sind Zeolith-Kristalle aufgebaut?

Die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe lautet:

Mn+x/n [(AlO2)x (SiO2)y. z H2O

Ein Schweizer Käse aus Si- und Al-Atomen

Der Inhalt der eckigen Klammer beschreibt das eigentliche Kristallgitter: Es besteht aus Silizium (Si)-, Aluminium (Al)- und Sauerstoff (O)-Atomen, wobei auf x Silizium-Atome stets y Aluminium-Atome kommen. Jedes dieser Atome ist mit vier Sauerstoffatomen verbunden (die wiederum werden dazu je zweimal verwendet, weshalb die Formel nur 2 Sauerstoff-Atome je Metallatom enthält). Anders eingeteilt besteht das Zeolith-Gitter somit einander überlappenden Sauerstoff-Tetraedern mit je einem Silizium- oder Aluminiumatom im Zentrum.

Molekülmodell: Tetraeder

Molekülmodell in Form eines Tetraeders: Die vier weissen Kugeln befinden sich in den vier Ecken dieses geometrischen Körpers, die pinke Kugel liegt in dessen Zentrum.

Wer sich ein etwas mit organischer Chemie auskennt (da sind es Kohlenstoff-Atome, die mit ihren Nachbarn Tetraeder bilden), weiss, dass man aus Tetraedern die vielfältigsten Gerüste bauen kann. Deshalb gibt es ein wahres Sammelsurium von Zeolithen:

60 natürlich vorkommende Mineralien gehören zu dieser Gruppe, über 150 weitere sind von Chemikern entworfen und künstlich hergestellt worden!

Sie alle haben eines gemeinsam: Ihre Gitter umfassen mehr oder weniger grosse Hohlräume – ein richtiger molekularer Schweizer Käse. In Waschmitteln findet man vor allem der synthetische Zeolith A, dessen Kristallgitter so aussieht:

Kristallgitter von Zeolith A

Jede Ecke in der Skizze steht für ein Silizium- oder Aluminium-Atom. Die Sauerstoff-Atome sind dazwischen entlang der Verbindungslinien angeordnet.

Grundbaustein der Zeolithe: Sodalith-Käfig mit Si-, Al- und O-Atomen
Ein Element des Zeolith-A-Gitters mit eingezeichneten Atomen

In der Mitte zwischen acht dieser Einheiten bleibt ein relativ grosses Loch, dessen Wände die Chemiker als alpha-Käfig“ bezeichnen.

Gitter des Zeolith A mit markiertem alpha-Käfig
Die Wände des Alpha-Käfigs in diesem Ausschnitt aus dem Zeolith-A-Gitter sind dunkel eingefärbt.

Im Zeolith A sind ebenso viele Silizium- wie Aluminium-Atome enthalten – die Verhältnisformel für diesen Zeolith lautet damit:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O

Zeolith-Kristalle sind Riesen-Anionen

Wenn ihr euch die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe oder die für Zeolith A genauer angesehen habt, ist euch vielleicht das „-“ an der Aluminium-Einheit aufgefallen. Richtig: Jeder Aluminium-Tetraeder im Gitter trägt eine negative elektrische Ladung. Damit ist das ganze Kristallgitter eines Zeoliths ein einziges riesiges und tausendfach geladenes Anion!

So etwas lässt die Natur aber nicht einfach frei und einsam existieren…entgegengesetze Ladungen müssen für den Ausgleich her. Hier kommen die positiven Metall-Ionen Mn+, die ganz links in der Verhältnisformel stehen, ins Spiel. Für jede negativ geladene Aluminium-Einheit muss ein einfach positiv geladenes (n = 1) Metall-Ion her. Wenn mehrfach positiv geladene (n > 1) Metall-Ionen zur Hand sind, ist die Anzahl x der Aluminium-Einheiten durch die Ladungszahl der Metall-Kationen zu teilen (x/n).

Zeolith A enthält einfach geladene Na+-Ionen – 12 davon für 12 Aluminium-Einheiten, die in den Lücken im Gitter Platz finden und sich locker um das negativ geladene Gerüst herum anordnen.

Zeolithe sind molekulare Schwämme

Ausserdem ist in den Lücken noch reichlich Platz für Wassermoleküle. Die finden sich ganz rechts in der Verhältnisformel wieder. Die Wassermoleküle umhüllen sowohl die Metall-Kationen als auch das Gitter selbst, was den Metallionen den Aufenthalt im Gitter erst richtig gemütlich macht (eine Wasserhülle (in Chemikersprache: „Hydrathülle“) um ein wasserlösliches Ion enthält weniger Energie als das Ion ohne Hülle, was den umhüllten Zustand erstrebenswerter macht).

Durch Erhitzen können diese Wassermoleküle jedoch zum Verdampfen gebracht werden und den Kristall verlassen. Das ist eine charakteristische Eigenschaft von sogenanntem „Kristallwasser“, das einer chemischen Formel mit einem „*“ bzw. Multiplikations-Punkt angehängt wird.

Auf eine Grundeinheit des Zeolith-A-Gitters kommen so normalerweise 27 Wassermoleküle.

Was hat die grosse Menge Zeolith A in Waschmitteln zu suchen?

Zeolithe können Wasser enthärten!

Die Hohlräume der Kristalle der Zeolithe enthalten von Wasser umhüllte Natrium-Ionen. Diese Ionen sind damit regelrecht im Kristallwasser gelöst. Das macht sie leicht darin beweglich. Tatsächlich können sie sich durch den ganzen Kristall und hinaus bewegen. Wenn sich nun andere Metall-Ionen finden, die es in einem Zeolith-Kristall noch behaglicher finden, können die Natrium-Ionen deshalb ganz leicht gegen solche ausgetauscht werden.

Und in unserem Leitungswasser, mit welchem wir unsere Wäsche waschen, finden sich solche Ionen zuhauf. Es ist schliesslich mehr oder weniger „hart“ – es enthält Kalk: Calciumcarbonat, genauer gesagt Calcium- (Ca2+) und Carbonat- (CO32-) Ionen.

[Für die Chemiker unter euch: Carbonat CO32- ist natürlich eine Base und reagiert mit Wasser zu Hydrogencarbonat- (HCO3) und Hydroxid-Ionen (OH) weiter, anstatt einfach gelöst zu werden. Aber das ist hier für einmal nicht von Bedeutung.]

Zusammen bilden diese beiden die gefürchteten Kalkbeläge, welche die Leitungen in unseren Waschmaschinen verstopfen und die Wäsche steif machen können. So etwas will keiner haben.

Wenn Zeolithe im Waschwasser sind, machen es sich die Calcium-Ionen jedoch lieber in den Hohlräumen des Zeolith-Gitters gemütlich und verdrängen dabei die Natrium-Ionen aus dem Zeolith A. Einen vollständigen Austausch von Natrium- gegen Calcium-Ionen könnte man so beschreiben:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 6 Ca2+(aq) –> Ca6((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 12 Na+(aq)

Nachdem die Calciumionen sich im Zeolith eingerichtet haben, bleiben im Wasser Natrium- und Carbonat-Ionen zurück. Und Natriumcarbonat (auch als „Soda“ bekannt) ist sehr gut wasserlöslich. So lagert es sich weder in der Maschine noch in der Wäsche ab und kann einfach fortgespült werden.

Das Gleiche geschieht mit dem Zeolith-Pulver. Das ist zwar nicht wasserlöslich, aber so fein gemahlen, dass es einfach mit weggeschwemmt wird.

Womit hat man früher Wasser enthärtet?

Künstliche Zeolithe wie Zeolith A kommen erst seit den späten 1970er Jahren in Waschmitteln zum Einsatz. Davor haben Gerüste aus Phosphor und Sauerstoff – also Phosphate – diese Aufgabe übernommen. Die Phosphat-Gerüste neigen allerdings dazu zu zerfallen, was sie zu ergiebigen Nährstoffen für Pflanzen macht.

Als solche Phosphate vermehrt mit Abwässern in die Umwelt gelangten, wurde das rasch zum Problem: Die Nährstoff-Schwemme führte zu Überdüngung und brachte viele ökologische Systeme aus dem Gleichgewicht. So wurden die Phosphate zunehmend durch Zeolithe ersetzt. Denn letztere sind schliesslich Steine – die taugen nicht als (unnötiger) Dünger.

Einen Haken haben Steine aber dennoch: Sie sind wasserunlöslich. Damit gelangt das ganze Zeolith-Pulver unverändert mit dem Abwasser in die Kläranlagen…und was gibt pulverisiertes Gestein in Wasser? Richtig: Schlamm. Und der sammelt sich in den Klärbecken. Seit Zeolithe in Waschmitteln zum Einsatz kommen, müssen Klärwerke deshalb mit merklich mehr Klärschlamm fertig werden – Grund genug, auch phosphatfreie (und zeolithhaltige) Waschmittel nicht in übertriebenen Mengen einzusetzen.

Zeolithe als Helferlein im Katzenklo

Habt ihr Katzen daheim? Dann kennt ihr Zeolithe wahrscheinlich auch von anderswo. Nämlich aus dem Zoohandel. Da wird nämlich gerne ein Naturzeolith (also ein natürlich vorkommendes Mineral) namens Klinoptilolith als Katzenstreu angeboten.

Die porösen Kristallgitter lassen sich nämlich nicht nur als Ionenaustauscher nutzen, sondern auch wie ein richtiger Schwamm! Das geht dann besonders gut, wenn der Zeolith etwa ebenso viele Silizium- wie Aluminiumatome enthält. Das synthetische Zeolith A ist ein gutes Beispiel dafür: Hier ist das Verhältnis zwischen Silizium und Aluminium 1:1. Aber auch Klinoptilolith mit 5:1 ist noch ein wunderbarer Schwamm.

Diese Zeolithe sind nämlich wahnsinnig heiss darauf, ihre Poren mit zusätzlichem Wasser aus ihrer Umgebung zu füllen (buchstäblich: Da es das Wasser in den Poren so bequem hat, wird eine Menge Energie, genannt „Adsorptionswärme“, dabei frei.

Doch damit nicht genug: Mit dem Wasser saugen sie auch vieles auf, was darin gelöst ist. Zum Beispiel Geruchsstoffe im Katzenurin. So werden die Nasen der menschlichen Dosenöffner geschont, während die Katze ihr Geschäft in natürlichem Gesteinsschutt verscharren kann.

Von Zeolith-Katzenstreu zu Pflanzenerde

Natürlicher Gesteinsschutt, der Wasser und überdies noch Nährstoffe (Urin, auch von Katzen, enthält naturgemäss Stickstoffverbindungen) speichert, kann zudem als Bestandteil von Pflanzenerde nützlich sein (andere formstabile Wasserspeicher sind „Superabsorber“ aus organischen Polymeren („Kunststoffen“), die ich in diesem Experiment als Ersatz für Pflanzenerde verwendet habe). Deshalb gilt Katzenstreu aus Naturzeolithen als geeignet für den Kompost.

Eigentlich sollte für synthetische Zeolithe dasselbe gelten – es handelt sich dabei schliesslich um Designer-Steine. Aber „natürlich“ hat nunmal die weitaus grössere Werbewirkung – und ist in diesem Fall überdies billiger. Naturzeolithe kommen nämlich nahe der Erdoberfläche vor und können im Tagebau gewonnen werden (mit allen Konsequenzen für die Landschaft). Das künstliche Nachstellen der Entstehung von Steinen – so werden synthetische Zeolithe gemacht – ist hingegen ziemlich aufwändig. Mehr zum Vergleich von natürlichen und synthetischen Zeolithen findet ihr hier.

Zeolith im Geschirrspüler

Die „Saugfähigkeit“ von Zeolithen wird seit einigen Jahren auch in der Küche genutzt. Hier kommt eine fest eingebaute Schale mit Zeolith-Pellets in der Spülmaschine zum Einsatz. Und zwar zur energiesparenden Trocknung.

Die Idee dahinter: Nach dem Spülgang ist das Maschineninnere samt Geschirr und Luft noch nass. Ein Ventilator bläst diese feuchte Luft durch den Behälter mit dem Zeolith, welcher das Wasser „aufsaugt“ und dabei eine grosse Menge (Adsorptions-)Wärme abgibt. Die Luft kommt also trocken und warm in den Geschirrspüler zurück und bringt dort weiteres Wasser zum Verdampfen, das anschliessend vom Zeolith aufgenommen werden kann.

Beim nächsten Spülgang wird dagegen der Zeolith geheizt, sodass das Wasser aus den Poren im Kristallgitter verdampft und in den Geschirrspüler zurückgeführt werden kann. So wird der Zeolith für die nächste Trocknung wieder einsatzbereit gemacht.

Das Ganze gilt als sehr energieeffizient – allerdings liest man im Netzt viele Berichte über Geschirrspüler Zeolith-Trocknung (zum Beispiel hier und hier), die bereits nach drei bis fünf Jahren reif für eine unwirtschaftlich teure Reparatur sind. Ob diese Berichte repräsentativ sind, kann ich natürlich nicht sagen – aber es scheint, als wäre diese Technologie noch ausbaufähig.

Schaden oder nützen Zeolithe der Gesundheit?

Mehr dazu gibt es nächste Woche im zweiten Teil über Zeolith für Detox-Kuren!

Und wo sind euch Zeolith bzw. Zeolithe bislang begegnet?