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WC-Reiniger enthalten Säure : Achtung ätzend!

Wie funktioniert WC-Reiniger? Gibt es Hausmittel-Alternativen? Dies sind die Leser-Fragen der Woche.

Die meisten unter euch kennen sie wahrscheinlich – wie ich – als relativ dicke, knallig gefärbte Flüssigkeit aus der Flasche mit dem seltsamen Entenhals. Doch die Mutter aller WC-Reiniger war ein festes Granulat zum Aufschäumen. Farbgebung und Geruch dieser Substanzen lassen auch den Otto-Normalverbraucher erahnen, dass mit ihnen nicht zu spassen ist. Doch was verbirgt sich wirklich dahinter?

Woraus bestehen WC-Reiniger?

Die vielleicht wichtigsten – und oft nicht auf der Verpackung aufgeführten – Bestandteile von flüssigen WC-Reinigern sind Säuren. Das können Salzsäure (HCl), Phosphorsäure (H3PO4) oder Salpetersäure (HNO3) sein. Diese Säuren verleihen dem üblichen WC-Reiniger einen pH-Wert von etwa 1 (ich habe das mit einem einfachen pH-Streifen an dem Reiniger aus der Entenhals-Flasche nachgemessen!), was in etwa unserer Magensäure entspricht.

Dazu kommen Tenside, also „Seife“, Farb- und Duftstoffe sowie irgendeine Form von Verdickungsmittel.

Feste WC-Reiniger-Granulate enthalten zusätzlich Salze wie Soda (Natriumcarbonat, Na2CO3) oder Natron (Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3), die in Wasser mit sauren Bestandteilen reagieren und dabei CO2-Gas freisetzen, welches das Ganze aufschäumen lässt (dieser Effekt lässt sich für spektakuläre Experimente nutzen).

Wie funktionieren WC-Reiniger?

Der wichtigste Wirkstoff in WC-Reinigern ist die Säure. Die reagiert nämlich mit festem Kalk (CaCO3) und Urinstein zu wasserlöslichen Stoffen, die leicht abgebürstet und weggespült werden können.

Von starken und schwachen Säuren

Eine Säure ist ein Stoff, der H+-Ionen abgeben kann. Dabei bleibt zwangsläufig ein Anion übrig, welches theoretisch das oder die H+-Ion(en) wieder aufnehmen kann: Das Anion ist eine Base. Allerdings ist das Bestreben, H+-Ionen abzugeben, nicht bei jeder Säure gleich stark. So gilt, wenn sich zwei Säuren begegnen, die Regel: Die stärkere Säure gibt H+-Ionen an die Anionen der schwächeren Säure ab – und löst diese Anionen dazu notfalls auch aus einem Salzkristall:

Salzsäure (HCl in Wasser)* ist eine starke, Kohlensäure (H2CO3) eine schwache Säure. So führt die Gegenwart von Salzsäure dazu, dass sich die Anionen der Kohlensäure (Carbonat, CO32-) aus dem festen Kalk (einem Ionenkristall) lösen, um je 2 H+-Ionen aufzunehmen. Anders als Calcium- und Carbonat-Ionen sind Calcium- und Chlorid-Ionen gemeinsam in Wasser gut löslich und können einfach fortgespült werden.

*Für jene, die es ganz genau nehmen: Tatsächlich ist Wasser auch eine Base, sodass Chlorwasserstoff-Moleküle (HCl) all ihre H+-Ionen erst einmal an Wasser-Moleküle abgeben:

Das Hydronium-Ion H3O+ ist damit in Wirklichkeit die stärkere Säure in der ersten Reaktion, welche die Kohlensäure aus dem Kalk freisetzt.

Und wer meine früheren Beiträge, zum Beispiel zum Experimentieren mit Natron und Essig, aufmerksam gelesen hat, weiss auch, dass freie Kohlensäure in Wasser nicht beständig ist. Stattdessen zerfällt sie in Wasser und CO2-Gas – ein Umstand, der, wie Le Chatelier auf dem Flughafen zu erklären weiss, das Auflösen von Kalk in Säuren nur mehr fördert.


Und was ist Urinstein?

Urinstein ist ein gelblich-braunes Kristallgemisch, das durch die Reaktion von Urin-Bestandteilen mit im Spülwasser gelöstem Kalk bei basischem, also hohem pH-Wert entsteht. Er kann unter anderem die schwerlöslichen Salze Calcium- und Magnesiumcarbonat, -sulfat, -oxalat, -phosphat, -hydroxid sowie ebenfalls abgelagerten Harnstoff (eine elektrisch ungeladene organische Verbindung) enthalten.

Poröse Ablagerungen von Kalk und Urinstein können Bakterien eine Heimat bieten, die wiederum mit ihren Stoffwechselausscheidungen für einen basischen pH-Wert in ihrer Umgebung sorgen können.

In Gegenwart von Säure lösen sich die Urinstein-Bestandteile jedoch leichter in Wasser, sodass saure WC-Reiniger auch bei der Entfernung von unschönem Urinstein samt enthaltener Bakterien (die in stark saurer Umgebung meist nicht lange überleben) helfen.


Die ausserdem im WC-Reiniger enthaltenen Tenside helfen mit ihrer Super-Waschkraft, angelöste Ablagerungen gänzlich von den Oberflächen im WC zu lösen. Ausserdem verbleiben zähflüssige WC-Reiniger länger auf den verschmutzten Oberflächen als dünnflüssigeres Wasser, sodass die Säuren Zeit zum Reagieren haben.

Die knalligen Warnfarben der WC-Reiniger-Flüssigkeit dienen schliesslich in meinen Augen der Abschreckung: Was giftig blau erscheint, nehmen wir meist instinktiv als „nicht zum Verzehr geeignet“ wahr – und in den Mund genommen oder gar verschluckt können die ätzenden Flüssigkeiten unseren Schleimhäuten und schlimmstenfalls unserem Leben sehr gefährlich werden.

Welche Gefahren gehen von WC-Reinigern aus?

Kontakt mit Umgebung und anderen Reinigern

WC-Schüsseln bestehen in der Regel aus Keramik, die nicht mit Säuren reagiert und daher problemlos damit gereinigt werden kann. Das gilt jedoch nicht für Marmoroberflächen im Bad, kalkhaltige Füllungen von Fliesen-Fugen und einige Kunststoffe und Textilien! Gebt also gut acht, dass eure WC-Reiniger-Flüssigkeit nur dahin gelangt, wo sie hin soll (nämlich in die WC-Schüssel).

Die Säuren im WC-Reiniger können zudem mit starken Basen (zum Beispiel in Abflussreinigern!) unter Freigabe von viel Energie reagieren: Gebt das eine nicht mit dem anderen zusammen – schäumende und spritzende ätzende Flüssigkeit und aufsteigende ätzende Dämpfe wären die gefährliche Folge!

Gebt besonders mit chlorhaltigen Bleichmitteln (Javel-Wasser!) acht: Die Säuren können aus solchen hochgiftiges Chlor-Gas freisetzen! Bringt also niemals Javel-Wasser und WC-Reiniger zusammen!

Gesundheit

Doch auch WC-Reiniger als solche wirken ätzend, aber mindestens reizend auf Haut und Schleimhäute. Haltet sie – wie alle Reinigungsmittel – von Kindern (und allen anderen, bei welchen der Instinkt „knatschbunt ist nicht essbar“ nicht funktioniert) fern. Wenn ihr selbst etwas davon auf die Haut bekommt, spült es rasch mit viel Wasser ab. Bei Schleimhaut-Reizungen entfernt euch von den Dämpfen und geht an die frische Luft. Solltet ihr einen Spritzer in die Augen bekommen, spült sie mehrere Minuten lang gründlich mit Wasser und geht bestenfalls zur Sicherheit zum Augenarzt.

Wenn trotz aller Vorsicht jemand WC-Reiniger verschluckt hat: Ruft in der Giftnotruf-Zentrale (Schweiz, Deutschland, Österreich) an, lasst euch Anweisungen geben und alarmiert schlimmstenfalls gleich den Rettungsdienst. Grundsätzlich gilt nach Verschlucken ätzender Stoffe: Kein Erbrechen herbeiführen, viel Wasser oder anderes Getränk (ohne Kohlensäure, ohne Alkohol) schluckweise trinken.

Umwelt

Nahezu alle Lebewesen sind für eine Umgebung mit mehr oder weniger neutralem pH-Wert (pH = 7) geschaffen. Starke Säuren in grossen Mengen sind also nahezu jedem Leben abträglich – je kleiner die Lebewesen, desto schneller. Je stärker eine Säure verdünnt ist, desto weniger gefährlich ist sie allerdings.

Lasst deshalb unverdünnten WC-Reiniger nicht in die Umwelt gelangen. Braucht ihn möglichst ganz auf – und wenn ihr doch einmal grössere Reste loswerden möchtet, bringt sie zur Sondermüll-Entsorgung. Kleine Reste können mit viel Wasser in den Ausguss gespült werden.

Es ist zwar möglich, WC-Reiniger vor der Entsorgung mit Natriumcarbonat-Lösung oder verdünnter Natronlauge zu neutralisieren, allerdings erfordert das Sicherheitsmassnahmen (Schutzbrille, ggfs. Handschuhe!), eine Möglichkeit, den pH-Wert zu messen, viel Umsicht und einiges an Geschick, sodass dieses Vorgehen im Haushalt kaum praktikabel ist.

Verwendet WC-Reiniger daher grundsätzlich sparsam und spült nach der Reinigung der WC-Schüssel reichlich nach!

Gibt es Hausmittel-Alternativen für WC-Reiniger?

Vor der Markteinführung von WC-Reinigern in den 1950er Jahren wurden WCs mit verdünnter Salzsäure gereinigt. Die ist dünnflüssig und farblos, sodass man ihr ihre ätzenden Eigenschaften äusserlich nicht ansieht. So findet man Salzsäure heute nur noch selten bis gar nicht im Putzmittelregal – dafür aber etwas anderes: Haushaltsessig.

Auch Essigsäure ist eine stärkere Säure als Kohlensäure und in der Lage, Urinstein aufzulösen – wenn sie auch nicht ganz so stark ist, wie die im WC-Reiniger enthaltenen Säuren. Damit eignet sich auch Haushaltsessig – eine Lösung von etwa 10% Essigsäure oder mehr („Essigessenz“) in Wasser – zum Reinigen von WCs, auch wenn man damit vielleicht etwas kräftiger schrubben muss. Denn der dünnflüssige Essig haftet weniger gut auf der Keramik-Oberfläche und reagiert weniger schnell mit den Ablagerungen darauf.

Dafür ist Haushaltsessig generell weniger stark ätzend als Salzsäure und Co und grundsätzlich haut- und umweltverträglicher (im Allgemeinen gelten die gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie für die starken Säuren – die Gefahr ernster Verletzungen ist aber geringer).

Mit Marmor und anderen carbonathaltigen Stoffen reagiert Essig allerdings ebenso wie andere Säuren. Das gilt auch für Javel-Wasser und basische Abflussreiniger. Gebt diese auch mit Essig nie zusammen!

Fazit

WC-Reiniger sind meist flüssige Reinigungsmittel, die starke Säuren enthalten. Sie lösen Kalk und Urinstein in der WC-Schüssel, reagieren aber ebenso gut mit säureempfindlichen Stoffen wie Marmor oder Körpergeweben. Beim Umgang damit ist daher Vorsicht angesagt!

Haushaltsessig ist ebenfalls eine – wenn auch schwächere – Säure und eignet sich damit auch zum Reinigen von WCs, auch wenn er weniger effektiv ist.

Damit haben WC-Reiniger in meinen Augen durchaus eine Daseinsberechtigung – wenn sie sparsam eingesetzt werden. Ich setze meinen Reiniger alle ein bis zwei Wochen ein. So können sich keine nennenswerten, hartnäckigen Ablagerungen bilden, sodass ich jeweils mit relativ wenig Reinigungsflüssigkeit auskomme. Nach dem Schrubben leere ich dann zwei komplette Spültanks, um alles sorgfältig und verdünnt wegzuspülen.

Und wie reinigt ihr eure WCs?