Ihr könnt zu Hause selbst zu Forschern werden und die Natur erkunden! Spannende Experimente zur Chemie, Physik und Biologie für kleine und grosse Naturforscher zu Hause oder im Schulzimmer findet ihr hier!

Anlässlich des ersten Geburtstags von Keinsteins Kiste waren erstmals alle Schreibfreudigen eingeladen über die Wunder der Natur zu staunen und ihre Eindrücke, Erklärungen und vieles mehr in der Kiste zu sammeln.

„Das fand ich ganz furchtbar!“ „Das ist doch total schwer!“ „Das Fach habe ich nie verstanden…“ „Habe ich bei der ersten Möglichkeit abgewählt!“

So oder so ähnlich lauten gefühlte neun von zehn Reaktionen, wenn ich erzähle, dass ich Chemie studiert habe. Und ich kann mir vorstellen, dass es den anderen Disziplinen der Naturwissenschaft nicht sehr viel anders ergeht.

Dabei hält die Natur so viel Spannendes bereit, das wir alle mit all unseren Sinnen ergründen oder mit dem wir schlichtweg spielen können. Und solche Naturphänomene sind gar nicht so schwer zu verstehen, wie manch unglücklich verlaufener Chemie-, Physik- oder Biologieunterricht uns glauben machen mag.

Meine Sinne und ihre Wahrnehmungen liefern die Inspiration für Keinsteins Kiste, die zum Entdecken, Forschen, Experimentieren, Beobachten, Wahrnehmen und Spielen mit Hilfe unserer – oder besser eurer – Sinne einladen sollt. Natur und Wissenschaft für alle Sinne eben. Ob es nun Licht und Farben wahrzunehmen, den Schwefelduft auf den Geysirfeldern des Yellowstone zu riechen, beim Bingo-Spiel nach den Rufen wilder Tiere zu lauschen, bei einer Grillparty den Geschmack der Produkte der Maillard-Reaktion  zu geniessen oder die geheimnisvolle Kraft der Magnete zu erfühlen gilt – die Natur – ob in eurem Alltag oder auf Reisen, hält endlos viele Sinnenfreuden und Spannendes zu lernen bereit.

Mit dieser Blogparade möchte ich euch alle – und zwar jede/n, ganz gleich, welchen Bezug ihr bislang zu den Naturwissenschaften habt, dazu einladen, eure eigenen Sinne zu gebrauchen und die Natur zu beobachten, zu ergründen oder auch einfach nur zu geniessen.. Verfasst einen Beitrag auf eurem Blog (falls ihr keinen habt: auf eurer Facebook-Seite oder eurer jeweiligen Lieblings-Plattform) und erzählt von eurer sinnlichen Begegnung mit einem Phänomen aus Natur oder Wissenschaft:

  • Bei welcher Gelegenheit hast du ein Naturphänomen besonders eindrücklich wahrgenommen bzw. nimmst du es besonders wahr (Das kann ebenso draussen und unterwegs wie auch im Alltag oder im Labor geschehen…)?
  • Welche Empfindungen löst/e diese Begegnung in dir aus?
  • Welche Bedeutung haben Sinneseindrücke von Natur- oder Alltagsphänomenen wie diesem in deinem Leben bzw. Alltag? Warst du schon immer auf deine Sinneseindrücke bedacht, oder bist du vielleicht erst durch diese Blogparade ans Erkunden gekommen?
  • Wie lässt sich das wahrgenommene Phänomen erklären? (Dieser Vorschlag ist noch weniger ein Muss als alle anderen, aber auf Wunsch helfe ich hierbei gerne!)

Diese Fragen können euch als Hilfe zur Gestaltung eures Beitrags dienen, sind aber keine Vorschrift. Schreibt, zeichnet, malt, fotografiert oder filmt, was euch in die Sinne kommt – im wahrsten Sinne des Wortes ;). Postet einen Link zu eurem Beitrag in den Kommentaren. Da erfahrungsgemäss die Sommerferien vielen unter euch Gelegenheit bieten, eure Umgebung zu erforschen oder eure Sinne im Urlaub zu erproben, habt ihr dazu Zeit bis zum 11. September 2017 ! Ihr dürft das Bild zu diesem Beitrag gerne als Artikelbild verwenden oder in euer Artikelbild einfliessen lassen!

Anschliessend wird es eine Zusammenfassung der Blogparade mit allen Links hier auf Keinsteins Kiste geben. Ich freue mich schon auf eine Menge bunter Beträge: Also auf, schärft eure Sinne und teilt eure Eindrücke mit uns!

Viel Spass wünscht Eure Kathi Keinstein

Blogbild Photosynthese

Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, wovon Pflanzen eigentlich leben? Mit dieser Frage habe ich den ersten Teil der Experimente um das geheimnisvolle Leben der Pflanzen begonnen. Darin habt ihr erfahren, dass Pflanzen fast ausschliesslich von Luft und Wasser leben, und wie sie diese „Zutaten“ zum Leben aufnehmen und Abfälle wieder ausscheiden können.

Kein Leben ohne Energie

Doch was ist das eigentlich, das Leben? Nach Ansicht der Biologen sind Lebewesen Ansammlungen von Stoffen, die – mit Hilfe von chemischen Reaktionen – sich selbst vermehren können. Lebewesen nehmen also einfache Moleküle aus ihrer Umgebung auf und bauen sie zu grossen, komplexen Molekülen, Zellen und Geweben um. Für Pflanzen heisst das: Sie nehmen Wasser und Kohlendioxid aus ihrer Umgebung und bauen aus den Atomen dieser Moleküle Zucker, Proteine und vieles mehr, die sie zu Blättern, Stängeln und Blüten zusammenfügen. Mit anderen Worten: Pflanzen bringen Ordnung in das vormals fein verteilte Durcheinander der Kleinmoleküle.

Leben ist Ordnung
Leben ist Ordnung: Ein ungeordneter Haufen Atome (in kleinen Molekülen) – entsprechend dem Haufen Bausteine links – kann zu einem Lebewesen geordnet werden – wie die Bausteine zum Gesicht rechts.

Die Gesetze der Thermodynamik schreiben der Natur jedoch vor: Ordnung machen erfordert Arbeit – bzw. Energie. Das gilt für das Zimmeraufräumen ebenso wie für das Wachstum von Pflanzen und anderen Lebewesen.

Was leben will, braucht also (mindestens) eine verlässliche Energiequelle, um all seine chemischen Prozesse am Laufen zu halten.

Wir Menschen erledigen das beim Essen: In unserer Nahrung sind Moleküle – vornehmlich Zuckermoleküle – enthalten, in welchen Energie gespeichert ist. Diese „chemische“ Energie kann freigesetzt werden, wenn solche Moleküle mit passenden Partnern reagieren und dabei weniger energiereiche Produkte entstehen.

Grüne Pflanzen halten es anders: Sie bauen ihre Zuckermoleküle selbst! Und die Energie, welche sie in diese Moleküle einbauen, liefert ihnen das Sonnenlicht. Ganz verlässlich jeden Tag aufs Neue. Den Prozess, in welchem aus Kohlendioxid und Wasser mit Hilfe von Sonnenenergie Zuckermoleküle entstehen, nennen Biologen und Biochemiker „Photosynthese“.

Photosynthese: Wie aus Luft und Wasser Zucker wird

‚Die Photosynthese‘ fasst eine ganze Reihe von Reaktionen und Prozessen zusammen, für die wiederum eine ganze Reihe von Proteinen gebraucht wird – und natürlich Licht. Das Ganze lässt sich in einer einfachen Reaktionsgleichung zusammenfassen, welche die Ausgangsstoffe und das (vorläufige) Endprodukt der Photosynthese enthält:

Wer nachzählt, wird feststellen, dass links und rechts des Pfeils von jeder Sorte gleich viele Atome stehen, wie es sich für eine ordentliche Reaktionsgleichung gehört. 6 Moleküle Kohlendioxid (CO2) und 6 Wasser-Moleküle (H2O) werden also zu einem Traubenzucker- (bzw. Glucose-) Molekül (C6H12O6) und 6 Sauerstoff-Molekülen (O2) umgebaut.

Um Traubenzucker-Moleküle zu machen ist Energie erforderlich, die in diesen Molekülen gespeichert wird und später wieder freigesetzt werden kann. Lebewesen, d.h. Tiere, Menschen und auch Pflanzen können Glucose zu diesem Zweck im Zuge der Zellatmung kontrolliert „verbrennen“ (dazu benötigen wir den Sauerstoff, den wir atmen). Dass Zucker sich mit einem kleinen Trick auch ganz einfach anzünden und zur Energiefreisetzung abbrennen lässt, könnt ihr mit der „mysteriösen Pharao-Schlange“ selbst ausprobieren.

Licht wird zu chemischer Energie

Bevor es an die Zellatmung geht, muss der Energieträger Glucose jedoch erst einmal hergestellt werden – mit Lichtenergie. Und Licht lässt sich mit farbigen Molekülen sammeln: Im Artikel zu Farben, Licht und Glanz erkläre ich ausführlich, wie passende Lichtportionen (man nennt sie Photonen oder Lichtquanten) Elektronen auf eine höhere Etage innerhalb der Elektronenhülle eines Moleküls „anregen“ können. Je nachdem wie ein solches Molekül gebaut ist, können derart „angeregte“ Elektronen von der höheren Etage aus sehr einfach „ihr“ Molekül verlassen, um in die Elektronenhülle eines anderen Moleküls in der Nähe „einzuziehen“.

Ein Molekül mit dieser Fähigkeit zur Abgabe von Elektronen ist Chlorophyll, das vornehmlich blaues und rotes Licht zur Elektronenbeförderung verwendet (grünes und gelbes Licht lässt es unbehelligt, weshalb es uns grün erscheint). In den grünen Teilen von Pflanzen sitzen Chlorophyll-Moleküle dicht an dicht in Proteine eingebettet, wie Rosinen in einem sehr rosinenreichen Kuchen. Das Ganze hat die Form eines molekularen Hohlspiegels: So können angeregte Chlorophyll-Moleküle ihre Nachbarn anregen und ihre gesammelte Lichtenergie an das „Chef“-Chlorophyll im Brennpunkt des „Spiegels“ weiterleiten. Einmal angeregt kann dieses Molekül sehr einfach ein Elektron an ein benachbartes Protein abgeben, welches es wiederum an seinen Nachbarn weiterreicht und so fort, bis das Elektron schliesslich auf ein kleineres, bewegliches Elektronen-Transportmolekül (NADPH) verladen und zur Zucker-Herstellung „verschifft“ wird.

Dem ursprünglichen „Chef“-Chlorophyll – jetzt ein elektrisch positiv geladenes „Radikal“ – missfällt das nun fehlende Elektron jedoch so sehr, dass es sich schleunigst ein neues sucht. Behilflich ist ihm dabei ein weiteres Nachbar-Protein – ein Enzym, das Wassermoleküle auseinanderbauen kann:

Die vier Elektronen, die bei dieser Reaktion entstehen, werden zum Wiederauffüllen der Elektronenhülle von Chlorophyll verwendet. Die Wasserstoff-Ionen (H+) dienen als „Treibstoff“ für molekulare Dynamos (Proteine names ATP-Synthase), die das Energieträger-Molekül ATP „generieren“. Einzig die Sauerstoff-Atome haben keinen direkten Nutzen. So werden je zwei davon zu einem Sauerstoff-Molekül (O2) verbunden und kurzerhand durch die Spaltöffnungen in den Pflanzenblättern entsorgt.

In dieser „Lichtreaktion“ werden also Lichtquanten gesammelt, um mit ihrer Energie Wassermoleküle zu zerlegen und den Elektronentransporter NADPH sowie den Energietransporter ATP zu beladen. Dabei bleiben Sauerstoff-Moleküle als Abfall übrig, der entsorgt werden muss.

Und dass letzteres wirklich funktioniert, könnt ihr selbst nachweisen:

Versuch 1 : Sauerstoff durch Photosynthese

Sauerstoff ist Ausgangsstoff für jede Art von Verbrennung, zum Beispiel der von Kerzenwachs. Ohne Sauerstoff kann keine Verbrennung stattfinden. In einem abgeschlossenen Raum verbraucht eine brennende Kerze daher sämtlichen Sauerstoff und verlischt dann. Eine brennende Kerzenflamme zeigt also an, dass Sauerstoff in ihrer Umgebung vorhanden ist. Und das könnt ihr euch zu Nutze machen. Dazu braucht ihr:

  • Ein dicht verschliessbares Einmachglas, am besten mit Scharnier-Deckel
  • Eine Kerze, ggfs. mit Untersatz
  • Streichhölzer
  • Frische grüne Pflanzenteile bzw. -blätter
  • Sonnen- oder elektrisches Licht
  • Eine Zange, Wäscheklammer oder ähnliches

Durchführung Teil 1:

  • Zündet die Kerze an und platziert sie wie auf dem Bild im liegenden Einmachglas (Bei der Verbrennung entsteht Kohlenstoffdioxid (CO2), das schwerer als Luft ist und daher nach unten sinkt. Daher sollte die Flamme oben im Glas brennen, damit sie nicht vorzeitig erstickt).
Position der Kerze im Glas – Hier nach dem Verlöschen mit Blättern. So kann der Aufbau einige Stunden von der Sonne beschienen werden.
  • Verschliesst das Glas dicht und wartet, bis die Flamme erloschen ist. Nun ist im Glas kein Sauerstoff mehr vorhanden, sondern ein Gemisch aus Stickstoff (der Hauptbestandteil von Luft) und Kohlenstoffdioxid.
  • Sobald das Kerzenwachs erstarrt ist, stellt das Einmachglas aufrecht und öffnet es vorsichtig (da Kohlenstoffdioxid schwerer als Luft ist, dringt es nicht hinaus, und so lange es keine Verwirbelungen gibt, kommt so kein Sauerstoff hinein).
  • Entzündet ein Streichholz und lasst es mit der Zange/Klammer vorsichtig in das Glas hinab.

Das Streichholz wird verlöschen: Es ist wirklich kein Sauerstoff im Glas!

Durchführung Teil 2:

  • Platziert nun die Pflanzenteile hinten bzw. unten im Glas und platziert die brennende Kerze davor. Ich lasse dabei ein paar Tropfen Wasser im Glas (z.B. an nassen Pflanzenteilen), damit die Blätter nicht übermässig Wasser ausschwitzen.
  • Schliesst das Glas und wartet, bis der Sauerstoff darin verbraucht ist und die Flamme verlischt.
  • Stellt das Glas ungeöffnet für einige Stunden an die Sonne bzw. unter eine helle Lampe.
  • Anschliessend stellt das Einmachglas aufrecht und senkt wie oben beschrieben ein brennendes Streichholz hinein.
Nachweis Sauerstoff
Das Streichholz brennt im Einmachglas: Hier ist Sauerstoff vorhanden!

Das Streichholz wird vollständig abbrennen: Da von aussen kein Sauerstoff ins Glas kommt, muss im Glas Sauerstoff entstanden bzw. freigesetzt worden sein!


Auch im Dunkeln wird gearbeitet: Von der Photosynthese zur Kartoffel

Die „Last“ der im Zuge der Lichtreaktion beladenen Elektronen- bzw. Energietransporter wird an ihrem Bestimmungsort innerhalb der Blätter verwendet, um die Kohlenstoff-Atome aus CO2-Molekülen zu Zucker-Molekülen zu verknüpfen. Wie in der Summengleichung für die Fotosynthese angegeben bilden 6 Kohlenstoffatome (samt Sauerstoff und Wasserstoff) dabei ein Molekül Glucose (C6H12O6). Damit diese noch recht kleinen Moleküle in „ihrer“ Zelle keine Unordnung schaffen, werden sie dort miteinander zu langen Ketten verknüpft: Zu Stärke-Molekülen.

Strukturformel Stärke bzw. Amylose
Einfaches Stärkemolekül („Amylose“) – eine Kette aus Glucose-Molekülen, hier als Sechsringe dargestellt.

Aus diesem Zwischenlager kann die Glucose jederzeit – also auch im Dunkeln – wieder freigesetzt werden, zum Beispiel für die Zellatmung oder zum Umbau in andere Verbindungen. Dazu zählt zum Beispiel der „Fruchtzucker“ Fructose. Und ein Molekül Fructose lässt sich mit einem Molekül Glucose zu einem Paar verbinden – besser gesagt zu einem Molekül Saccharose, die wir alle als Haushaltszucker kennen. Die Saccharose kann nun durch das Leitungssystem einer Pflanze aus den Blättern zu anderen Orten transportiert, dort wieder in Stärke umgewandelt und eingelagert werden.

So können Pflanzen auch ihre Teile versorgen, die ständig im Dunkeln liegen, wie ihre Wurzeln. Manche Pflanzen können auf diese Weise enormen Mengen an Stärke in entsprechend voluminösen Wurzeln einlagern. Und da auch der menschliche Körper Stärke abbauen und verwerten kann, landen diese Wurzeln – zum Beispiel Kartoffeln – häufig auf unserem Teller.

Da der Abtransport der Zucker aus den Blättern auch im Dunkeln möglich ist, wird tagsüber ein Teil der mittels Photosynthese hergestellten Zucker in die Stärke-Zwischenspeicher in den Pflanzen-Blättern gefüllt, während ein anderer Teil in die Wurzeln abtransportiert wird. Nachts – ohne Licht – kommt die Photosynthese zum Erliegen, sodass nur noch Zucker abtransportiert werden und die Zwischenspeicher sich leeren.

Und den Füllstand dieser Zwischenspeicher könnt ihr sichtbar machen:

Versuch 2 : Sichtbare Stärke in Pflanzen-Blättern

Stärke wird deutlich sichtbar, wenn man sie mit (elementarem) Iod in Berührung bringt: In Wasser verdrillen sich die langen Stärkeketten zu Spiralen, ähnlich einem gekräuselten Geschenkband. In diese Kräusel passen Iod-Atome wunderbar hinein, sodass aus (in Lösung braunem) Iod und farbloser Stärke mit Iod gefüllte Spiralen entstehen, die sehr dunkelviolett oder sogar schwarz aussehen. Wenn sich Pflanzenteile in Iodlösung dunkel färben, enthalten sie also Stärke, was ihr als Nachweis nutzen könnt. Dazu braucht ihr:

  • Eine lebende Blattpflanze
  • einen schwarzen ( = lichtundurchlässigen ) Plastiksack (z.B. ein Abfallsack)
  • Schnur zum Zubinden des Sacks
  • Iod-Lösung:
    • entweder Iod-Kaliumiodid-Lösung („KI3„): 3g Iod und 10g Kaliumiodid auf 1l Wasser, oder auch fertig zu kaufen, z.B. als Testlösung für den Erntezeitpunkt von Obst oder in der Apotheke/Drogerie (da die dunkle Färbung mit dieser Variante deutlicher ausfällt als mit der zweiten, lohnt sich der Einkauf für das „Testen“ von Blättern)
    • oder Betaisodona-Lösung bzw. -salbe (Polyvidon-Iod, eine andere, wasserlösliche Einschluss-Verbindung mit Iod) aus der Apotheke): Aus der Salbe könnt ihr eine Lösung herstellen, indem ihr 2 bis 3 cm davon aus der Tube in ein Glasgefäss drückt und wenige Milliliter Wasser dazu gebt. Die Salbe löst sich in wenigen Minuten vollständig darin auf (ggfs. könnt ihr ein wenig umrühren), sodass eine kräftig braune Flüssigkeit übrig bleibt.
  • Sonnen- oder elektrisches Licht
  • eine Herdplatte oder vergleichbare Wärmequelle
  • evtl. Brennsprit/Spiritus, ein zusätzliches Glasgefäss und eine Grillzange oder ähnliches
  • eine Pinzette
  • Eine kleine Schale aus Glas (kein Kunststoff – der könnte vom Iod ebenfalls dunkel verfärbt werden!)

Durchführung:

  • Stülpt den Plastiksack über einen Zweig eurer Pflanze mit Blättern (nicht über die ganze Pflanze – einige Blätter sollen am Licht bleiben!).
Plastiksack über einem Zweig unseres chinesischen Ahorns (der mehr als genug Blätter zum Experimentieren hat).
  • Lasst die Pflanze mindestens 3 Tage lang am Licht (ggfs. giessen nicht vergessen!).
  • Pflückt ein Blatt von eurer Pflanze. Dann entfernt den Plastiksack und pflückt ein weiteres Blatt, welches zuvor im Sack gewesen ist.
  • Wenn ihr mit Kaliumtriiodid-Lösung arbeitet: Legt jedes Blatt einzeln in einen Kochtopf mit Wasser und lasst es auf dem Herd mindestens 15 Minuten kochen. Dabei werden die Blatt-Zellen so weit zerstört, dass Iod-Lösung einfach hineindringen kann.
  • Wenn ihr mit Betaisodona arbeitet: Legt jedes Blatt einzeln für wenige Minuten in kochendes Wasser (bis das Wasser sich grünlich zu färben beginnt). Dann fischt das jeweilige Blatt mit einer Pinzettte aus dem Wasser und legt es in ein Gefäss mit etwas Ethanol („Alkohol“: Brennsprit bzw. Spiritus). Erhitzt den Alkohol vorsichtig, indem ihr das Gefäss in das leicht kochende Wasser in eurem Kochtopf taucht.
Extraktion von Chlorophyll
Extraktion von Chlorophyll im Wasserbad: Im Becherglas sind Alkohol und das Blatt, im Topf ist Wasser. Die lange Grillzange erlaubt es mir, auf Abstand zu den Dämpfen zu bleiben.

Der Alkohol löst das verbliebene grüne Chlorophyll aus den beschädigten Blattzellen, sodass das Blatt ausgebleicht zurückbleibt. So ist die dunkle Farbe der Iodstärke später besser zu sehen.

Brennsprit bzw. Spiritus ist leicht entzündlich! Verwendet kein offenes Feuer zum Erhitzen, sondern einen Elektroherd! Alkohol-Dampf kann überdies benommen machen! Nicht einatmen! Haltet Abstand zum Topf und schaltet – wenn vorhanden – die Dunstabzugshaube ein! Verwendet überdies so wenig Alkohol wie möglich.

  • Legt die Blätter auf eine flache Glas- oder Porzellanschale. Verteilt Iodlösung auf den Blättern und lasst sie wenige Minuten einziehen.

Das Blatt, welches der Sonne ausgesetzt war, wird sich dunkel färben: Hier ist durch Fotosynthese Stärke entstanden und eingelagert worden. In den Blättern unter dem Plastiksack konnte keine Stärke entstehen. Aus diesen Blättern wurde die Stärke also nur abtransportiert, sodass keine/kaum Stärke übrig ist, die sich dunkel färben könnte!

Reaktion von Iod mit Stärke im Blatt
Links: Ein belichtetes Blatt vom chinesischen Ahorn nach dem Erhitzen in Ethanol: Der Bereich um die grosse mittlere Blattader ist weitgehend gleichmässig hell. Rechts: Nach dem Beträufeln mit Polyvidon-Iod zeigen sich dunkle Strukturen – hier hat sich das Iod in Stärkemoleküle eingelagert!

Entsorgung von Iod-Lösungen

Iod ist sehr giftig für Wasserorganismen, weshalb es als Sonderabfall entsorgt werden muss!

Verwendet also möglichst wenig davon. Unbenutze Iod-Lösung könnt ihr in einer braunen Flasche im Dunkeln (Schrank) gut aufbewahren und für weitere Nachweise verwenden (z.B.: Welche Gemüse/welches Obst enthält Stärke?).

Ich habe übrigens meine abgelaufene Betaisodona-Salbe zur Herstellung von Polyvidon-Iod-Lösung verwendet und ihr so ein zweites Leben verschafft, anstatt sie zu entsorgen.

Wenn trotzdem Iod-Reste anfallen, bringt diese zur Entsorgung in die Apotheke (zurück) oder zu einer Sonderabfall-Entsorgungsstelle (Schweiz: An der Hauptsammelstelle der Gemeinde; Deutschland: Schadstoffmobil).

Entsorgung von Ethanol (Brennsprit bzw. Spiritus)

Brennsprit ist unbegrenzt mit Wasser mischbar: Sehr kleine Mengen (einige Milliliter) können mit viel Wasser in den Ausguss entsorgt werden. Grössere Mengen müssen wie andere Lösungsmittel in den Sonderabfall gegeben werden. Wer einen sicheren Spiritusbrenner hat, kann den Alkohol auch abbrennen (in brandsicherer Umgebung, Feuer nicht unbeaufsichtig lassen!).

Und wenn ihr nun Lust auf weitere Experimente zu Hause mit Pflanzen habt, findet ihr sie gleich hier in Keinsteins Kiste:

Extrahiert das grüne Chlorophyll und weitere Blattfarbstoffe (die es auch in grünen Blättern gibt!) aus Blättern und trennt sie mittels Papierchromatographie!

Legt eine Hermetosphäre an und beobachtet, wie Pflanzen Monate und Jahre lang in einem abgeschlossenen Glas überleben!

Viel Spass beim Lesen und Experimentieren wünscht

Eure Kathi Keinstein

Hast du die Experimente nachgemacht:

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, wovon Pflanzen eigentliche leben? Wie sie an Energie und Nährstoffe kommen, um zu wachsen, Blätter und Blüten zu bilden?

Im Biologiebuch ist nachzulesen, dass Pflanzen tatsächlich fast nur von Luft, Licht und Wasser leben können! Das erkannten die Naturforscher Johan Baptista van Helmont und Joseph Priestley schon zu Beginn des 17. bzw. im 18. Jahrhundert.

Wie genau die Pflanzen es anstellen, aus ein paar winzigen Molekülen feste Stängel, Blätter und Blüten zu formen, könnt ihr mit spannenden Experimenten zu Hause und aufmerksamen Sinnen draussen selbst ergründen!

Um dieses faszinierende Thema zu würdigen und euch möglichst viele Naturforscher-Anregungen zu geben, widme ich dem Leben der Pflanzen zwei Beiträge, die diese und nächste Woche erscheinen sollen. So zeige ich euch heute wie Pflanzen ihre Nahrung aufnehmen und „Abfall“-Stoffe abgeben können. Der nächste Beitrag ist dann ganz der Energie- und Materialgewinnung durch Photosynthese gewidmet.

Aber fangen wir am Anfang an.

Pflanzen im Detail: Wie sind diese Lebewesen aufgebaut?

Eine typische Grünpflanze besteht aus Wurzeln, ggfs. einem Stängel oder Stamm und grünen Blättern. Wasser dringt in durch die Wurzeln ein und bringt die wenigen Nährstoffe, die aus dem Boden stammen, mit, wenn es in die verschiedenen Teile der Pflanze gelangt. Die grünen Blätter (und Stängel) sammeln Licht, mit dessen Energie die Pflanze aus Luft-Bestandteilen ihre Hauptnahrung herstellen kann: Glucose bzw. Traubenzucker. So viel mag den allermeisten unter euch bekannt sein.

Aber wie finden all diese Stoffe in der Pflanze ihren Bestimmungsort?

Versuch 1: Blätter ganz, ganz aus der Nähe betrachtet

Seht euch doch einmal ein Blatt genauer an. Bei grossen Blättern – zum Beispiel denen eines Ahorn-Baumes – könnt ihr schon mit blossem Auge ein Netzwerk wie aus Adern sehen. Tatsächlich sind diese Adern das Gegenstück zu unserem Blutgefässsystem: Sie sind Leitungen, durch welche Wasser und Nährstoffe transportiert werden! Und wie in unserem Gefässsystem gibt es neben den grossen Blatt-Adern auch kleinere und winzig kleine Gefässe, die in jeden Winkel reichen.

Habt ihr eine starke Lupe oder sogar ein Mikroskop? Schon mit einfachen Hilfsmittel könnt ihr die feinen Äderchen in Blättern sichtbar machen. Mein einfaches USB-Mikroskop mit angeblich 100-facher Vergrösserung reicht dazu schon aus.

Anleitung zum Mikroskopieren

  • Klemmt zum Mikroskopieren ein frisches, möglichst dünnes Blatt zwischen zwei Objektträger und schiebt es mit der Unterseite nach oben in die Halterung unter der Linse (oder fixiert die Träger mit Klebestreifen, wenn euer Mikroskop keine Halterung hat).
  • Beleuchtet das Blatt von unten (mein Gerät ist mit Beleuchtung von unten und von oben ausgestattet – es gibt jedoch kleine, günstige LED-Leuchten, die für Freihand-USB-Mikroskope ohne Unterbau den gleichen Zweck erfüllen). Die fast farblosen Blatt-Adern werden zwischen dem undurchsichtig grünen Blattgewebe hell aufleuchten.
Blatt Anatomie vergrössert
Oberseite eines Blattes des Ranunkelstrauchs bei Licht von unten: Die durchscheinenden Blattadern leuchten hell zwischen den Bereichen, die grosse Mengen des grünen Blattfarbstoffs Chlorophyll enthalten.
  • Noch eindrücklicher ist die Beleuchtung der Blattunterseite von oben: Die kleineren Blatt-Adern erscheinen dunkel, grössere Adern und Haare stehen hell hervor. Mit geübtem Auge und scharfem Bild lassen sich bei 100-facher Vergrösserung sogar einzelne Strukturen innerhalb der grünen Zell-Inseln ausmachen!
Blatt Anatomie Ranunkelstrauch
Die Unterseite eines Blattes des Ranunkelstrauchs bei Licht von oben: Blattoberfläche und grössere Blattadern sind von feinen weissen Härchen besetzt.

Ich habe ein junges Blatt von meinem Ranunkelstrauch (Kerria japonica), einem beliebten Zierstrauch, der auf meinem Balkon wächst, gepflückt. Die Blätter dieser Pflanze fühlen sich samtig an, was ein weiteres Detail erahnen lässt. Und die Mikroskopaufnahme zeigt es deutlich: Diese Blätter sind behaart – die feinen Härchen auf der Unterseite erscheinen im Bild als weisse Würmchen. Dazwischen schimmern die feinen Blattadern, die sich zwischen dunkelgrünen Inseln verzweigen.

  • Um mehr zu sehen ist es nötig, einzelne Schichten eines Blattes unter das Mikroskop zu bringen. Klebt dazu einen durchsichtigen Klebestreifen auf ein frisches Blatt und drückt ihn sorgfältig an (aber ohne das Blatt gänzlich zu zerquetschen!). Zieht den Streifen dann mit einem Ruck wieder ab. Wenn nun grüne Teile des Blattes am Streifen heften und das Blatt an betreffenden Stellen nur noch aus farbloser, dünner Haut besteht: Perfekt! Ihr habt alles bis auf eine Aussenhaut des Blattes entfernt. Platziert diese farblosen Stellen nun zwischen zwei Objektträgern unter dem Mikroskop:
Dies ist die untere Aussenhaut eines frischen Blattes meiner Tomatenpflanze bei 100-facher Vergrösserung. Die winzigen Spaltöffnungen (sie sind ca. 0,05 – 0,1 mm klein!) sind als dunkelgrüne Punkte gut erkennen (die Ränder der Spalten enthalten den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll, die übrigen Aussenhautzellen nicht). Diagonal durch das Bild verläuft ein Leitungsbündel, in dessen Umgebung ebenfalls chlorophyllhaltige Zellen haften geblieben sind.
  • Solltet ihr kein Mikroskop zur Hand haben, dafür aber eine Kamera mit Nahaufnahmen-(Makro-)Funktion, könnt ihr gegen das Licht durch grössere Blätter gleich an der Pflanze hindurch fotografieren und die Blattäderchen anschliessend auf einem grossen Bildschirm genauer betrachten (verwendet für solche Aufnahmen die bestmögliche Auflösung, dann könnt ihr am Bildschirm am weitesten hineinzoomen!).
Feigenblatt Makroaufnahme Gegenlicht
Ausschnitt aus einem Feigenblatt, gegen die Sonne aufgenommen (Samsung Galaxy NX, 16-50mm (kein Makro-Objektiv!), F/11, Belichtungszeit 1/200, ISO 100, Auflösung der Original-Aufnahme: 5472×3648 px)

Wer ein besseres Mikroskop hat, kann darüber hinaus sehen, woraus diese Inseln und alle anderen Teile des Blattes bestehen: Richtig, aus Zellen! Wie unsere Körperteile auch ist ein Blatt nämlich ein Organ, das sich aus vielen Zellen zusammensetzt. Und wer bei stärkerer Vergrösserung genau hinschaut, kann vielleicht eine aus Zellen zusammengesetzte Spaltöffnung in der Blattunterseite erkennen.

Am gründlichsten beobachtet Mensch übrigens beim Zeichnen! Wenn ihr möchtet, dass euch wirklich nichts entgeht, greift also zu Holzstiften und zeichnet ab, was ihr unter dem Mikroskop seht. Ich habe für euch eine Skizze des Längsschnittes durch ein Blatt, welche dessen Aufbau aus  Zellen zeigt.

Ein Blatt-Querschnitt aus der Nähe: Wie Blätter aufgebaut sind

Blatt-Anatomie: Querschnitt durch ein Pflanzen-Blatt
Skizze des Schnitts (von oben nach unten) durch ein Pflanzenblatt, wie er unter einem leistungsfähigen Lichtmikroskop erscheint: Blätter bestehen aus Zellen, die in unterschiedlichen Schichten angeordnet sind. Die Blattoberseite ist oben, die Unterseite ist unten. (By A.Spielhoff (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons)

(a) und (g) Die meisten Blätter sind von einer schützenden Wachsschicht („Cuticula“) überzogen.

(b) und (f) Epidermis-Zellen: Diese Zellen bilden die „Haut“ des Blattes: Sie enthalten keinen grünen Blattfarbstoff und sind lichtdurchlässig.

(c) Palisadengewebe: Die Zellen sind hier dicht an dicht aneinander gereiht. Sie enthalten reichlich grünen Blattfarbstoff (Chlorophyll) und „verarbeiten“ viel Sonnenlicht bei der Fotosynthese.

(d) Schwammgewebe: Die Zellen sind hier weniger dicht beieinander und weniger regelmässig angeordnet. In den freien Räumen dazwischen (j) befindet sich Flüssigkeit.

(e) Leitungsbündel: Eine Blattader ist in zwei Sorten Leitungen, die gebündelt eine „Ader“ bilden, unterteilt: eine Sorte für Wasser und eine für die Fotosynthese-Erzeugnisse.

(h) Eine Spaltöffnung, gebildet von zwei benachbarten Zellen. Diese besonderen Zellen können sich je nach Wassergehalt berühren oder den Spalt offen lassen.

(i) Der Hohlraum hinter der Spaltöffnung ist mit Luft gefüllt und dient der Kohlendioxid-Aufnahme und der Sauerstoff- und Wasser(dampf)abgabe.


Verschiedene Blätter für verschiedene Standorte

Dabei ist Blatt keineswegs gleich Blatt. Vielmehr sind Blätter an den Standort ihrer Pflanze und damit an den gewünschten Einsatz im Photosynthese-Business angepasst: Blätter, die in der Sonne wachsen, sind voll mit Photosyntheseanlagen und erzeugen viel Material, das abstransportiert werden möchte. So sind solche Blätter kräftig und tiefgrün. Die Blätter von Schattenpflanzen sind hingegen zarter und von blassgrüner Farbe: Sie enthalten weniger Chlorophyll und sind somit nicht darauf ausgelegt, grosse Mengen Sonnenenergie zu verwerten. Stattdessen würden sie in der prallen Sonne Schaden nehmen.

Expedition 1: Finde Sonnen- und Schattenpflanzen!

Haltet die Augen offen, wenn ihr draussen unterwegs seid. Findet angepasste Sonnen- und Schattenpflanzen. Als Hinweis gebe ich euch je ein Beispiel:

Links: Sauerklee (Gattung Oxalis) ist eine typische Schattenpflanze mit zarten, hellen, grossflächigen Blättern. Er ist daher nur in schattigen Wäldern zu finden. Rechts: Unser Pfirsichbaum ist mit seinen dicken, tiefgrünen Blättern ein echter Sonnenanbeter.

Viele Bäume bilden sowohl Sonnen- und Schattenblätter an ein und derselben Pflanze! Betrachtet und befühlt die Blätter an tief hängenden Buchenästen. Könnt ihr beide Sorten finden, bestenfalls sogar am gleichen Baum? Sonnenblätter werdet ihr aussen bzw. oben am Rand der Baumkrone finden, wo sie das meiste Licht abfangen, während Schattenblätter weiter innen bzw. unterhalb des Blätterdachs zu finden sind. Klettert aber nicht ungesichert auf hohe Bäume! Wenn es keine tief hängenden Äste gibt, sind Sträucher und Hecken oder ein frisch umgestürzter Baum einfacher zu erreichende Fundstellen für zweierlei Laub!

Zwei Blätter ein und derselben Buche: Links ein Sonnenblatt vom Rand der Krone – es fühlt sich steif und ledrig an und ist dunkelgrün. Rechts ein Schattenblatt tief aus dem Gehölz – es fühlt sich dünner, fast zart an und ist heller. Achtung: An den Spitzen von Zweigen können sehr helle junge Blätter sein. Sucht daher in der Nähe der Zweig-Ansätze nach „echten“ Schattenblättern!


Nahrung rein, Abfall raus: Wie Blätter funktionieren

Im Organ Blatt werden die Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatome von Kohlendioxid und Wasser mit Hilfe von Lichtenergie zu Traubenzucker (Glucose) umgebaut (mehr dazu im Beitrag zur Photosynthese). Die nötigen Baustoffe müssen dazu aus der Luft bzw. aus dem Boden in die Blattzellen, genauer in die Chloroplasten, gebracht und der fertige Traubenzucker sowie Sauerstoff-„Abfall“ von dort fortgeschafft werden. Bloss haben Pflanzen kein schlagendes Herz, das die dazu nötigen Verkehrsströme antreiben könnte.

Dafür haben die Blätter ihre Spaltöffnungen mit den dahinter liegenden Hohlräumen. Durch die geöffneten Spalten kann Kohlendioxid in die Hohlräume eindringen (alle Gasteilchen sind ständig in Bewegung, sodass dazu kein gesonderter Antrieb nötig ist) und durch ihre grosse Oberfläche in das Innere des Blattes gelangen. Auf dem umgekehrten Weg gelangt Sauerstoff durch diese Öffnungen hinaus.

Wirklich genial ist der Trick, mit welchem Pflanzen ihr Wasser gegen die Schwerkraft aus dem Boden ziehen. Blätter können nämlich „schwitzen“, indem sie über ihre Spaltöffnungen Wasser abgeben. Dieses Wasser fehlt dann in den Blattzellen, die sich Nachschub aus den Blattadern holen. Der so entstehende „Unterdruck“ im Blattgefässsystem, das sich bis in die Wurzeln der Pflanze erstreckt, reicht aus, um Wasser aus dem Boden bis in die obersten Bereiche anzusaugen (Biologen nennen diesen Effekt dementsprechend „Transpirationssog“)! Und das funktioniert vom winzigen Kraut bis zu Dutzende Meter hohen Bäumen!

Dass der „Antrieb“ der Wasserversorgung in den Blättern, d.h. im oberen Teil von Pflanzen liegt, ist auch der Grund dafür, dass Schnittblumen in der Vase über viele Tage frisch bleiben können: Sie haben zwar keine Wurzeln mehr, aber durch das Schwitzen können sie auch durch das angeschnittene Leitungssystem in den Stängeln Wasser aus der Vase ansaugen.

Damit die Wasserversorgung der Pflanze nicht beim kleinsten Engpass aus dem Ruder läuft, hat jede Pflanzenzelle ein eigenes kleines Wasserreservoir, die Vakuole, in welcher sie Wasser zwischenlagern kann. Ausserdem verleiht eine prall gefüllte Vakuole ihrer Zelle eine pralle, steife Gestalt, die dazu beiträgt, das ganze Blatt bzw. die ganze Pflanze in Form zu halten.

Ihr möchtet den Beweis dafür erbringen? Hier ist er:

Versuch 2 : Die magische Pflanzen-Wiederbelebung

  • Giesst eine Topfpflanze so lange nicht oder stellt Schnittpflanzen in eine trockene Vase, bis ihre Blätter und Triebe schlaff (aber nicht spröde oder braun!) werden. Je nach Witterung kann das ein paar Stunden oder einen Tag dauern. Sehr gut funktioniert dieser Versuch zum Beispiel mit Sonnenblumen oder Blättern von Tomaten.

Wenn die Pflanze keinen Wassernachschub mehr hat, verbrauchen die Zellen ihre Vorräte aus den Vakuolen zum Schwitzen und für die Photosynthese. Die Entleerung ihrer Vakuole lässt die Pflanzenzelle erschlaffen, wie eine Ballonhülle ohne Luft darin.

  • Giesst nun die Topfpflanze reichlich oder gebt Wasser in die Blumenvase (und schneidet ggfs. den oder die Stängel noch einmal frisch an) und wartet wenige Stunden (z.B. bei Sonnenblumen) oder auch einen Tag (z.B. bei abgeschnittenen Tomatenblättern)..

Die zuvor schlaffe Pflanze wird sich in kurzer Zeit wieder aufrichten und straff und frisch aussehen, als wäre nichts gewesen!

Wiederbelebung Tomate Blatt
Ich habe meine Tomate ausgegeizt: Diese beiden Tomaten-Blätter in Bild 1 haben zwei warme Tage lang draussen unter der Tomatenpflanze gelegen: Sie hängen schlaff bis auf den Tisch. Nach der Aufnahme habe ich Wasser in das Glas gefüllt. Nach etwa 4 Stunden hat sich das rechte Blatt weitestgehend wieder aufgerichtet (Bild 2), nach 24 Stunden erscheinen beide Blätter frisch wie eben erst geschnitten (Bild 3).

Der Wassermangel in Zellen und Leitungssystem führt dazu, dass die Pflanze Wasser aus dem Boden bzw. der Vase ansaugt, sodass die Zellen ihre Vakuolen auffüllen können. So erhalten sie und die Pflanze ihre pralle, feste Gestalt zurück.

Damit Pflanzen bei warmer Witterung nicht drauf los schwitzen, bis sie austrocknen, können sich ihre Spaltöffnungen, die „Schweissporen“, nach Bedarf öffnen und schliessen: Ein solcher Spalt besteht aus zwei nebeneinander liegenden Zellen, die nicht fest miteinander verbunden sind. Nur wenn diese Zellen prall mit Wasser gefüllt sind, wölben sie sich so nach aussen, dass ein offener Spalt zwischen ihnen klafft. Wenn die Pflanze nicht genügend Wasser hat und die Schliesszellen erschlaffen, schliesst sich der Spalt, sodass die Pflanze nicht unnötig Wasser ausschwitzt.

Standortspezialisten unter den Pflanzen

Pflanzen wachsen nicht nur im Garten, auf der Wiese oder im Wald in gemässigtem Klima, sondern an den verschiedensten, zuweilen scheinbar unmöglichen Orten. Wie gelingt ihnen das? Die Pflanzenarten haben sich an ihren jeweiligen Standort, insbesondere an die dort vorhandene Wassermenge, gut angepasst.

Expedition 2 : Finde Pflanzen, die sich an unterschiedliche Wasserverfügbarkeit angepasst haben!

Pflanzen können anhand ihrer Anpassung an die Verfügbarkeit von Wasser in fünf übergeordnete Gruppen eingeteilt werden. In der Schweiz mit ihren vielfältigen Klimazonen könnt ihr Vertreter aller fünf Gruppen wild oder in Gärten finden. Ebenso gut könnt ihr diese kleine Expedition auch in einem botanischen Garten, im Gartencenter oder auf Reisen unternehmen.

Und hier sind für euch die fünf Pflanzengruppen:

Seerose

1. Wasserpflanzen: wachsen teilweise oder vollständig unter Wasser. Unterwasser-Pflanzen brauchen keine Spaltöffnungen, Pflanzen mit Schwimmblättern wie Seerosen nur an der Luftseite ihrer schwimmenden Blätter. Wasserpflanzen nehmen Wasser und darin gelöstes Kohlendioxid über ihre gesamte Oberfläche auf. Wurzeln haben sie daher kaum, denn die werden höchstens noch zum Festhalten benötigt.

Ausschliesslich an der Luft bzw. in trockenem Boden können Wasserpflanzen daher nicht überleben. Beispiel: Seerosen

Sumpfdotterblume

2. Pflanzen feuchter Standorte: findet man zum Beispiel in Regen- oder Nebelwäldern. Oder in Feuchtgebieten, die häufig mit Bodennebel aufwarten. Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit an solchen Standorten hindert sie am „Ausschwitzen“ von Wasserdampf. Ihre grossen, dünnen Blätter können dank Rillen oder Haaren für eine noch grössere Oberfläche und vorgewölbten und damit „am Wind“ gelegenen Spaltöffnungen leichter Wasser abgeben.

Beispiel: Sumpfdotterblume (Caltha palustris – Achtung giftig, nicht anfassen!)

Übrigens: Manche Pflanzen, die auch bei „normaler“ Luftfeuchtigkeit zurecht kommen, können sich binnen kürzester Zeit an einen feuchten Standort anpassen. Solche eignen sich gut für die Bepflanzung einer „Hermetosphäre“. Die Anleitung zur Erschaffung eines solchen Gartens im Glas findet ihr übrigens hier!

Baeume im Fruehling

3. Pflanzen wechselfeuchter Standorte: Wachsen an Standorten, die nur gelegentlich feucht sind, d.h. flüssiges Wasser bieten. Dies können periodisch austrocknende Gebiete sein oder solche, in welchen es im Winter friert. „Wechselfeuchte“ Pflanzen legen in der trockenen Zeit eine Ruhepause ein: Sie werfen im Herbst die Blätter ab, ziehen sich in ein Minimum an Ausdehnung zurück oder überdauern die Trockenheit als Samen.

Beispiele: Alle Laubbäume, die im Herbst die Blätter verlieren, viele einjährige Pflanzen

Olivenbaum

4. Pflanzen trockener Standorte: In trockener Luft müssen Pflanzen das Schwitzen einschränken, um nicht zu verdursten, und ihr Wasser aus einem grossen Bereich des Bodens zusammenklauben. Sie haben daher ausgeprägte, tief oder weit reichende Wurzeln und kleine derbe Blätter mit dicker Wachsschicht. Die zahlreichen Spaltöffnungen darin befinden sich in kleinen Senken in der Blattoberfläche,

sodass Wasser nicht so leicht daraus entweichen kann. Beispiel: Olivenbaum (Olea europaea)

Hauswurz Rosetten

5. Pflanzen extrem trockener Standorte, auch als Sukkulenten bekannt: haben die Möglichkeit, Wasser in ihrem Innern langfristig zu speichern. Ihr Wasserspeichergewebe ist von einer festen, oft wehrhaften (Dornen, Stacheln!)  Aussenhülle umgeben. Sukkulenten haben eine kleine Oberfläche, d.h. Blätter sind – wenn vorhanden – sehr dick und fleischig.

Spaltöffnungen sind in geschützen Bereichen (z.B. Rillen eines Kaktus) abgesenkt. Beispiel: Hauswurz (Gattung Sempervivum)

All diese Spezialisten haben jedoch eines gemeinsam: Sie betreiben Fotosynthese! Und was sich dahinter verbirgt – wie Pflanzen aus Lichtenergie Nahrung gewinnen können – erfahrt ihr nächste Woche im zweiten Beitrag zum geheimnisvollen Leben der Pflanzen. Bis dahin wünsche ich euch viel Spass beim Erkunden und Experimentieren. Berichtet doch gleich hier im Kommentar von euren Erlebnissen!

Eure Kathi Keinstein

Hast du die Experimente nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Osmose mit Ei : Experiment zu Ostern

Ostern rückt näher und es wird fleissig gebastelt, gekocht, gebacken und dekoriert. Doch auch für Naturforscher hat die Osterzeit einiges zu bieten – schliesslich dreht sich in diesen Tagen alles um ein kleines Wunder der Natur: Das Ei. Und ich verrate euch, was man mit einem Ei spannendes anstellen – und davon lernen kann.

Richtig gelesen: Die folgenden drei Experimente kannst du nacheinander mit einem einzigen rohen Ei durchführen! Lies dir die Anleitung daher vor dem Ausprobieren vollständig durch, damit du alles zum richtigen Zeitpunkt zur Hand hast. Die Inspiration dazu stammt übrigens aus dem englischsprachigen Raum, wo ebenfalls fleissig experimentiert wird.

Dieser Artikel ist ausserdem Teil der Blogparade „Gemeinsam durch die Osterzeit“ bei den Berggeschwistern. Dort findet ihr weitere Tipps und Ideen rund um Ostern!

1. Das nackte Ei

Wusstest du, dass du ein rohes Ei schälen kannst, ohne dass sein Inneres beschädigt wird oder auseinander fliesst?

Du brauchst dazu

• ein rohes Hühnerei
• Haushaltsessig (ca. 10% Essigsäure in Wasser)
• ein abdeckbares Gefäss, in dem ein Ei gut Platz hat, zum Beispiel ein Honigglas
• etwa 24 Stunden Zeit

Durchführung

Fülle das Gefäss etwa 5 bis 7 Zentimeter hoch mit Haushaltsessig und lasse das Ei vorsichtig hineingleiten. Decke die Öffnung ab, zum Beispiel mit einem passenden Schraubdeckel (nur auflegen, nicht fest zuschrauben!), und lasse das Gefäss einen Tag lang ruhig stehen.

Was du beobachten kannst

Sobald das Ei mit dem Essig in Berührung kommt, bilden sich an seiner Oberfläche kleine Bläschen und steigen langsam zur Wasseroberfläche auf. Da findet eine chemische Reaktion statt, bei welcher ein Gas entsteht!

Experiment 1 : Gasbläschen steigen von der Eierschale auf.

Deshalb darfst du das Gefäss in keinem Fall fest verschliessen. Denn sonst ist das Gas darin gefangen, und es entsteht ein Überdruck, der die Reaktion zum Erliegen bringt (warum das so ist, erklärt Le Châtelier am Flughafen).

Wenn du das Ei nach einem Tag wieder aus dem Essig nimmst (die menschliche Haut ist mit einem Säureschutz ausgestattet: In 10%igen Haushaltsessig kannst du gefahrlos mit der blossen Hand greifen und das Ei herausfischen. Spüle danach Ei und Hand gründlich unter fliessendem Wasser ab!), ist die harte Schale verschwunden. Dafür schwimmen vielleicht schaumige Reste auf der Essigoberfläche, die, wenn du wie ich ein braunes Ei verwendest, braune Farbstoff-Schlieren enthält. All das ist harmlos und kann einfach mit abgespült werden.

Geblieben ist das Innere des rohen Eis, umgeben von einer dünnen, samtweichen Haut. Das Ei ist jetzt elastisch: Es lässt sich mit den Fingern (vorsichtig) eindrücken.

Experiment 1: Das nackte Ei ist elastisch.

Und es ist durchscheinend: Du kannst durch die Aussenhaut den gelben Dotter sehen oder das Ei gegen das Licht halten, um ihn als dunklen Schatten sichtbar zu machen. Ausserdem – es ist dir vielleicht schon aufgefallen – ist das Ei grösser als vor seinem Bad im Essig!

Experiment 1: Das nackte Ei ist grösser als das Vergleichs-Ei mit Schale.“, Bildunterschrift: „Das ‚nackte‘ Ei rechts ist grösser als das Vergleichs-Ei mit Schale links!
Das ‚nackte‘ Ei rechts ist grösser als das Vergleichs-Ei mit Schale links!

Wie ist ein Ei aufgebaut?

Ein Hühnerei enthält in erster Linie Proteine, Fette und Wasser. Dazu kommen nahezu alle Vitamine(Link) (einzig Vitamin C wird erst beim Ausbrüten eines befruchteten Eis gebildet) und viele Mineralstoffe. Schliesslich ist das Ei dafür geschaffen, ein sich entwickelndes Küken zu ernähren.

Der Mittelpunkt eines Eis ist der Dotter, auch Eigelb genannt, die Hauptnahrungsquelle des jungen Hühnerembryos. Er besteht zu 16% aus Proteinen, 32% aus Fetten und zu 50% aus Wasser. Die restlichen 2% entfallen auf Mineralstoffe und Kohlenhydrate. Der Eidotter entsteht im Eierstock der Henne und wandert, von einer dünnen Membran umgeben (diese Membran hält das Eigelb auch auf einem Spiegelei zusammen!), nach dem Eisprung den Eileiter hinab.

Dabei wird der Dotter schrittweise von mehreren Schichten Eiklar umgeben: Zunächst von einer dickflüssigen Schicht, die in den Hagelschnüren ausläuft, welche den Dotter in der Mitte des Eis fixiert halten. Dann kommen zwei dünnflüssige Schichten, deren äussere von einer doppelten inneren Eischalenmembran umgeben ist (die Eischalenmembran ist die dünne Haut, die sich beim gekochten Ei oft einzeln ablösen lässt). Das Eiklar dient nicht nur als zweite Nahrungsquelle für das Küken, sondern auch als Stossdämpfer. Es besteht zu 87% aus Wasser und nur zu 11% aus Proteinen – die restlichen Inhaltsstoffe machen nicht mehr als 2% aus.

Zum Schutz der feinen Eischalenmembran ist das Ei aussen von einer harten Kalkschale umgeben. Etwa 10’000 Poren in der Schale ermöglichen den Austausch von sehr kleinen Molekülen, zum Beispiel Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid, sodass das sich entwickelnde Küken „atmen“ kann. Eine hauchdünne Oberhaut auf der Schale (die Kutikula) wirkt, ebenso wie das Eiklar, keimabweisend, sodass intakte Eier nicht nur unter der Henne, sondern auch bei Raumtemperatur relativ lange haltbar sind.

Mehr zu Aufbau und Entstehung von Ei und Küken gibt es übrigens hier.

Was geschieht im Essig?

Essig, unter Chemikern „Essigsäure“, ist eine schwache, aber wirksame Säure. Das bedeutet, Essig-Moleküle können H+-Ionen abgeben, die von einer „Base“ aufgenommen werden:

Eine stärkere Base als Wasser ist das Carbonat-Ion im Kalk (unter Chemikern Calciumcarbonat, CaCO3), sodass Essig um so leichter mit dem Kalk in der Eierschale reagiert:

Es entsteht Kohlensäure (H2CO3), die schnell in Kohlenstoffdioxid und Wasser zerfällt:

Das Kohlenstoffdioxid sammelt sich in Gasbläschen und steigt von der Eierschale zur Essig-Oberfläche auf. Übrig bleiben Calcium-(Ca2+) und Acetat-(H3C-COO)-Ionen, die sich gemeinsam recht gut in Wasser lösen. Da die Eierschale zu 90% aus Kalk besteht, löst sie sich bei der Reaktion mit dem Essig vollständig auf. Die übrigen 10% – unter anderem die Farbe brauner Eier – sammeln sich dabei als mehr oder minder flüssiger Überrest an der Essigoberfläche.


2. Das Schrumpf-Ei

Wenn ein Ei ohne Schale grösser wird, kann es dann auch kleiner werden? Und wie kommt es dazu?

Zum Ausprobieren brauchst du

• das nackte Ei aus Versuch 1
• das gesäuberte Gefäss aus Versuch 1
• Glucosesirup oder einen stark zuckerhaltigen Süssgetränkesirup
• etwa 12 bis 18 Stunden Zeit

Durchführung

Lege das nackte Ei in das leere Gefäss und fülle es bis nahezu zum Rand mit dem Sirup auf. Das Ei wird an der Oberfläche schwimmen.

Experiment 2 : Das Ei wird mit Sirup übergossen.

Schliesse also den Deckel dieses Mal vollständig oder beschwere eine lose Abdeckung, sodass das Ei in die Flüssigkeit hinabgedrängt wird. Dann lasse das Ganze über Nacht ruhig stehen.

Was du beobachten kannst

Wenn du das Ei nach seinem nächtlichen Bad wieder aus dem Sirup fischst und abspülst, ist es spürbar weicher und nachgiebiger. So wird es jetzt schon durch sein eigenes Gewicht deutlich eingedrückt, wenn man es auf deine flache Oberfläche legt.

Experiment 2: Das geschrumpfte Ei ist nachgiebiger als das ‚nackte‘ Ei aus Versuch 1.

Ausserdem ist es auf seine ursprüngliche Grösse, vielleicht sogar noch weiter geschrumpft!

Experiment 2: Das Ei ist geschrumpft!
Das geschrumpfte Ei ist ein wenig kleiner als das Vergleichs-Ei mit Schale. Der Sirup hat es zudem dunkel gefärbt!

Da ich einen dunklen Getränkesirup verwendet habe, hat mein Ei ausserdem die braune Farbe des Sirups angenommen.

Warum schrumpft das Ei?

Alle Stoffe bestehen aus winzigen Teilchen, die (oberhalb des absoluten Nullpunkts) immerzu in Bewegung sind. In einem Feststoff sind diese Teilchen zwar in einem festen Gitter geordnet, schwingen an ihren Plätzen aber laufend hin und her. In einer Flüssigkeit oder einem Gas schwirren die Teilchen dagegen weitgehend frei umeinander, wie Menschen auf einem belebten Stadtplatz.

Bringt man also zwei Flüssigkeiten oder Gase zueinander, wuseln ihre Teilchen zwangsläufig durcheinander: Teilchen des einen Stoff dringen in den zweiten, die des zweiten Stoffes in den ersten. Diese unwillkürliche Bewegung ineinander nennen Chemiker (und Physiker) „Diffusion“.

Die Eischalenmembran ist nun eine „halbdurchlässige“ Haut: Sie enthält winzige Poren, durch die nur sehr kleine Moleküle, wie Wasser (H2O), Sauerstoff (O2), Stickstoff (N2), Kohlenstoffdioxid (CO2) hindurch gelangen können. Grössere Moleküle, wie zum Beispiel Zuckermoleküle (ein Molekül Haushaltszucker (Saccharose) besteht aus 45 Atomen, Traubenzucker (Glucose) aus 24 Atomen!) kommen da nicht durch. Wenn den wuselnden Teilchen zweier (oder mehrerer) Stoffe solch eine Membran in den Weg kommt, können nur solche Teilchen in den jeweils anderen Stoff wandern, die die Membran durchlässt.

Das Eiklar im Ei besteht aus Proteinen – sehr grossen Molekülen – und Wasser, während der Sirup hauptsächlich aus Zucker, also grösseren Molekülen, und Wasser besteht. So gelangen nur Wassermoleküle durch die Eischalenmembran: Aus dem Ei, wo es viele gibt (87% des normalen Eiklars bestehen aus Wasser, im nackten Ei sogar noch mehr!), wandern viele nach draussen. Dagegen wandern nur ganz wenige aus dem Sirup in das Ei, da es im Sirup nur wenige Wassermoleküle gibt. Dabei bleibt dem Ei immer weniger Wasser: Es schrumpft! Das Ganze funktioniert so lange, bis im Verhältnis zum Zucker bzw. Eiweiss draussen und drinnen gleich viel Wasser vorhanden ist – denn dann wandern stets gleich viele Wassermoleküle raus und rein.

Die Diffusion durch eine halbdurchlässige Membran in nur eine Richtung wird „Osmose“ genannt und von lebenden Zellen zum Stoffaustausch genutzt. Viele Zellmembranen haben nämlich viele Poren für Wasser, aber weniger für Salz(e ) bzw. Ionen. Nehmen wir sehr grosse Mengen Kochsalz zu uns(der penetrante Salzgeschmack bewahrt uns normalerweise davor) , sodass sich zwischen den Zellen unseres Körpers sehr viel Salz einfindet, wandert Wasser vornehmlich aus den Zellen hinaus, sodass diese einschrumpfen wie das Ei. Und das kann tödliche Folgen haben, wie der „Chemische Reporter“ zu berichten weiss.

Die Poren in der Eischalenmembran lassen im Übrigen auch für den braunen Farbstoff im Sirup durch: Da die Farbstoffmoleküle anfangs nur draussen im Sirup vorhanden waren, sind einige davon in das Ei hineingewandert, sodass es nach dem Bad im Sirup braun aussieht. Das zeigt, dass die Diffusion tatsächlich zeitgleich in beide bzw. alle Richtungen abläuft!


3. Der Eier-Springbrunnen

Kann das Ei auch wieder wachsen? Und wieviel grösser kann es werden?

Zum Ausprobieren brauchst du

• das nackte, geschrumpfte Ei aus Versuch 2
• das gesäuberte Gefäss aus Versuch 2
• Leitungswasser
• eventuell Lebensmittelfarbe
• 12 bis 18 Stunden Zeit
• einen Eierbecher und ggfs. einen Teller zum Unterlegen
• einen spitzen Zahnstocher oder eine Nadel

Durchführung

Fülle das Gefäss mit Leitungswasser, mindestens etwa 5 cm hoch. Wenn du in Versuch 2 einen farblosen Sirup verwendet hast, kannst du nun etwas Lebensmittelfarbe in das Wasser mischen, bis es kräftig gefärbt ist. Lege dann das geschrumpfte Ei hinein. Das Ei ist nun dichter als das Wasser und sinkt von selbst auf den Boden des Gefässes.

Lege das geschrumpfte Ei in Wasser!

Lasse das Ei weitere 12 bis 18 Stunden im Wasser ruhen. Dann nimm es heraus, trockne es vorsichtig ein wenig ab und setze es auf den Eierbecher, mit der Spitze nach oben. Stich mit der Nadel oder dem Zahnstocher das Ei oben an der Spitze an – und beobachte den Springbrunnen!

Was du beobachten kannst

Während seines zwölfstündigen Bades in Leitungswasser wird das Ei mindestens so gross, wie es nach Versuch 1 war, aber nicht nennenswert grösser. Wenn du in Versuch 2 dunklen Sirup verwendet hast, wird das anfangs farblose Wasser dabei leicht eingefärbt.

Ein Teil der Farbe ist aus dem Ei ins Wasser gewandert.

Wenn du stattdessen farblosen Sirup und im letzten Schritt Lebensmittelfarbe verwendet hast, nimmt das Ei deren Farbe an (ein richtiges Osterei !). In jedem Fall fühlt es sich wieder prall an im Vergleich zum geschrumpften Zustand nach Versuch 2.

Das ‚nackte‘ Ei ist wieder gross und prall.
Das nackte Ei ist nun wieder deutlich grösser als das Vergleichs-Ei.

Wenn du das aufgerichtete Ei oben kräftig anstichst, tritt Flüssigkeit, hauptsächlich Wasser, in einer kleinen Fontaine aus. Lege daher, wenn dein Eierbecher keine Auffangrinne hat, einen Teller darunter!

Der osmotische Druck im Ei lässt das Wasser herausschiessen.

Hast du keine Scheu vor Glibber, kannst du anschliessend die Überreste des Eis auseinander und näher in Augenschein nehmen. Mein Eidotter war nach den dreitägigen Wechselbädern wie hart gekocht: Etwas, das dabei ins Ei eingedrungen ist – Essigsäure, eine kleine Menge Alkohol aus dem Sirup oder viel Wasser – hat anscheinend die Proteine darin zum Gerinnen gebracht.

Entsorgung

Alle drei Versuche werden ausschliesslich mit Lebensmittelbestandteilen durchgeführt (Haushaltsessig ist auch nichts anderes als konzentrierter, sauberer Speiseessig). Alle Reste können daher in den Abfluss gespült werden. Die festen Überreste des Eis kannst du in den Bioabfalll geben. Wasche dir nach dem Umgang mit dem offenen rohen Ei in Versuch 3 gründlich die Hände!

Der osmotische Druck und seine Folgen

Legt man das geschrumpfte Ei in sauberes Wasser, wird die Richtung der Bewegung durch Osmose einfach umgekehrt: Im Verhältnis zu grösseren Molekülen ist ausserhalb des Eis sehr viel mehr Wasser als drinnen. So wandern jetzt mehr Wassermoleküle in das Ei hinein als hinaus: Das Ei wächst wieder (aus diesem Grund ist es auch beim Auflösen der harten Schale gewachsen: Wasser aus der Essiglösung ist hineingewandert).

Wenn das Wasser ausserdem Lebensmittelfarbe enthält, wandern Farbstoffmoleküle, für welche die Eischalenmembran ebenfalls durchlässig ist, wie das Wasser in das Ei hinein und „färben“ es.

Durch die stete Zuwanderung von Wassermolekülen wird es im Ei zunehmend eng: Es baut sich Druck auf – man spricht vom osmotischen Druck. Dieser Druck kann die weitere Zuwanderung von Molekülen bremsen (wenn es im Ei eng wird, kommt es an den Poren der Membran zu Stau), oder, wenn er überhand nimmt, die Membran zum Platzen bringen!

Die doppelte Eischalenmembran hält allerdings eine Menge aus, sodass der osmotische Druck die Einwanderung des Wassers ausbremst, bevor die Membran platzen kann. Spürbar ist dieser Druck dennoch: Er strafft die Membran, wie der Druck in einem gefüllten Luftballon die Ballonhaut. Wenn man das Ei dann gezielt ansticht, lässt der darin aufgebaute Druck das Wasser im hohen Bogen durch das Loch hinausschiessen.

Die Körperzellen von Menschen und Tieren sind da weniger robust: Bringt man zum Beispiel rote Blutzellen in reines Wasser, wandern viele Wassermoleküle durch die Zellmembran in sie hinein. In Folge des sich aufbauenden osmotischen Drucks blähen die Zellen sich auf – schlimmstenfalls, bis sie platzen. Und das ist dem Leben überaus abträglich. Deshalb enthält eine Infusion vom Arzt immer so viel Salz und grössere Moleküle wie normales Blutplasma (die Blutflüssigkeit) auch. Das Blutplasma ist nämlich gerade so geschaffen, dass weder übermässig viel Wasser in die Blutzellen hinein, noch aus ihnen hinaus wandern kann.

Pflanzenzellen kommen mit Verschiebungen des osmotischen Drucks übrigens besser klar: Sie haben eine feste Aussenwand, die sie am Platzen hindert und im Innern ein eigenes Reservoir für überschüssiges Wasser. So schrumpfen die Zellen innerhalb ihrer Zellwände, wenn die Pflanze durstet, sodass sie schlaff und welk aussieht, aber ihre Form nicht ganz verliert. Wenn man dann kräftig giesst, wandert Wasser in die Zellen und füllt auch das Reservoir (die Vakuole), sodass die Zellwände gestützt werden und die Pflanze binnen kürzester Zeit wieder straff und frisch aussieht.


Ich wünsche dir viel Spass beim Experimentieren mit dem „nackten“ Ei und seinen Osmose-Fähigkeiten – und schöne, kreative und lehrreiche Ostern!

Hast du die Experimente nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Die fünfte Jahreszeit nähert sich ihrem Höhepunkt, und ob Jecken, Narren oder Böögge, alle wollen in diesen Tagen Spass haben. Wie könnte ich mich da ausnehmen – als Exil-Rheinländerin im Land der Fasnacht? So ist es in den letzten Tagen im Haushalts-Labor reichlich närrisch zu- und hergegangen – und es sind dabei gleich drei spektakuläre Experimente für närrischen wie lehrreichen Partyspass herausgekommen.

Der Antrieb für ein gutes Spektakel: Treibgas

Bei „Treibgas“ mögen viele an den ungeliebten Inhalt von Spraydosen denken, an hochentzündliche organische Gase, schlimmstenfalls an die umweltgefährlichen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Da ich mich aber schadstoffarmen Experimenten für den Hausgebrauch verschrieben habe, ist das Treibgas meiner Wahl Kohlenstoffdioxid, CO2. Das ist ein natürlicher Bestandteil der Atmosphäre, reaktionsträge und in dem kleinen Umfang, in welchem es bei solchen Experimenten freigesetzt wird, ohne Bedeutung für den Treibhauseffekt (jedenfalls im Vergleich zur Freisetzung durch unsere Autos und die Industrie). Und es lässt sich aus einfachen Haushaltszutaten aus dem Supermarkt gewinnen!

 

Die Konfetti-Bombe mit Chemie-Power

Mein erster Gedanke dazu, was man mit Gas an- oder auftreiben könnte, galt der Konfettibombe: Konfetti in eine schlaffe Luftballonhülle füllen und den Ballon aufblasen, bis er platzt! Da wäre es doch spannend, anstatt der eigenen Lunge oder eine Fahrradpumpe zum Aufblasen zu verwenden, den Ballon mit der Kraft der Chemie zu füllen…

Um dazu genügend CO2 zu erzeugen, braucht man nichts weiter als Natriumcarbonat und Essigsäure. Natriumcarbonat, besser bekannt als Soda, bekommt man billig und in rauhen Mengen in der Drogerie als Hilfsmittel zum Waschen. Essigsäure gibt es in verdünnter Form als Haushaltsessig zum Reinigen.

Für das Experiment brauchst du ausserdem noch

  • Eine nicht zu grosse Flasche mit relativ weiter Öffnung und einen Stopfen aus Gummi oder Kork, mit welchem die Flasche sich dicht verschliessen lässt
  • Eine Ahle oder ähnliches, um den Stopfen zu durchbohren (sofern du keinen bereits durchbohrten Stopfen aus dem Laborbedarf oder Chemiebaukasten hast)
  • Eine einfache Luftballon-Hülle
  • Konfetti
  • Einen Trichter mit weitem Hals und einen Stab, der hindurchpasst (z.B. ein chinesisches Essstäbchen oder ein Malstift)
  • Wenige Blätter WC-Papier
  • Eine säure-unempfindliche, leicht zu reinigende Umgebung (keine Marmorfliesen oder -platten!!)
  • Lange Kleidung und Schutzbrille

Durchführung

Fülle die Flasche je nach Grösse zu einem Viertel bis etwa zur Hälfte mit Haushaltsessig. Feuchte auf zwei einzelnen WC-Papier-Blättern je einen gehäuften Teelöffel Soda (ein weisses Pulver) mit einigen Tropfen Wasser an. Schlage das WC-Papier über der Masse  zusammen und forme einen kleinen Block, der durch die Öffnung der Flasche passt.

Schiebe den Hals des Trichters in die Ballonhülle und fülle da hindurch Konfetti ein (mit dem Stab kannst du nachschieben, wenn der Hals des Trichters zu verstopfen droht). Nimm den Trichter wieder heraus und streife die Öffnung der Ballonhülle über das weite Ende des durchbohrten Stopfens (sofern dieser ein weites Ende hat – bei zylindrischen Stopfen ist die Orientierung egal).

Halte den Stopfen mit dem Ballon in einer Hand bereit und schiebe mit der anderen Hand die beiden Soda-Blöcke schnell hintereinander durch die Öffnung in die Flasche mit dem Essig. Setze dann sofort(!!) den Stopfen auf und halte ihn gut fest!

Variante: Forme mit einem Stück Papier einen Trichter auf der Flaschenöffnung und schütte trockenes Soda-Pulver direkt hinein.

Was dann geschehen sollte

Essig und Soda reagieren in beiden Varianten heftig aufschäumend miteinander. Das dabei entstehende Gas strömt durch den durchbohrten Stopfen in den Ballon und bläst ihn auf…bis er schliesslich platzt. So hatte ich mir das zumindest gedacht. Es gab da nur zwei Probleme:

  1. Der hiesige Haushaltsessig aus dem Supermarkt enthält nur 9,5% Essigsäure (und 80,5% Wasser), sodass sichdamit kaum genug Gas erzeugen lässt.
  2. Ich bin einfach zu langsam.

Ich habe mich also dazu entschlossen, noch eine Variante zu versuchen: Ich habe Natron, also Natriumhydrogencarbonat, das als Backtriebmittel erhältlich ist, anstelle von Soda verwendet.

Experimente: Konfettibombe Aufbau

Daraus kann mit der gleichen Menge Essigsäure die doppelte Menge CO2 freigesetzt werden . Unglücklicherweise bin ich dazu erst recht zu langsam…

Missglücktes Experiment: Chemischer Vulkan statt Konfettibombe
Ausgewählte Frames aus der Videoaufzeichnung zur missglückten Konfettibombe: Bild 2 bis 7 sind innerhalb von nur 1,5 Sekunden entstanden!

So kam mir das überschäumende Reaktionsgemisch schneller aus der Flasche entgegen, als ich den Ballon-Stopfen aufsetzen konnte! Ergebnis waren in Folge dessen ein nur teilweise aufgeblasener Ballon und eine wortwörtliche Sauerei auf dem Fussboden (deshalb ist ein säure- und am Besten auch basenfester Untergrund so wichtig)!

In der Chemie und den anderen Naturwissenschaften gehört es zum Alltag, dass ein Versuch nicht klappt – dann gilt: Positiv denken, das Beste daraus machen – und nach Fehlern im Ablauf suchen, um diesen zu verbessern. Letzteres erfordert viel Geduld und noch mehr Zeit und Aufwand. Deshalb beschränke ich mich hier auf ersteres – und zweierlei Gutes zeigt der Versuch bereits:

  1. Die Reaktion setzt tatsächlich Gas frei – genug, um einen Ballon damit aufzublasen.
  2. Der „Unfall“ bei diesem Versuch liefert die Basis für ein zweites Experiment, das somit praktisch gar nicht mehr schiefgehen kann: Der Glitzer-farbenfrohe Leuchtvulkan!

Und um dafür und das dritte, ultimative Spektakel noch Zeit zu finden, habe ich die Weiterentwicklung der Konfettibombe bis auf Weiteres vertagt.

Woher kommt das CO2?

Essigsäure ist ein Stoff, der H+-Ionen abgeben kann (d.h. eine Säure), während Carbonat-Ionen ihrerseits  H+-Ionen aufnehmen können (d.h. das Carbonat-Ion ist eine Base). Das ermöglicht Essigsäure (CH3COOH) und Soda (Natriumcarbonat, Na2CO3, ein Salz, das Carbonat-Ionen enthält), einander zu neutralisieren:

Die dabei entstehende Kohlensäure (eine sehr schwache Säure, so wie das Natriumacetat eine sehr schwache Base ist) ist in Wasser nicht stabil – ihre Moleküle zerfallen:

Aus jedem Molekül Kohlensäure wird also ein Molekül gasförmiges CO2 freigesetzt. Da zuvor zwei H+-Ionen nötig sind, um ein Molekül Kohlensäure zu erzeugen, braucht es zwei Moleküle Essigsäure für jedes Molekül CO2 , das erzeugt und in den Ballon gefüllt werden soll.

Deshalb habe ich die Variante mit Natron versucht. Denn „Natron“ ist Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3. Dieses Salz enthält schon halb fertige Kohlensäure, sogenannte Hydrogencarbonat-Ionen, HCO3. Um daraus Kohlensäure zu machen, braucht es nur noch ein Molekül Essigsäure pro künftiges CO2 :

Das entstehende Gas lässt das Reaktionsgemisch wild aufschäumen, und wenn man es rasch einfängt, entsteht genügend Druck, um einen Ballon aufzublasen!


Der Glitzer-farbenfrohe Leucht-Vulkan

Auch wenn ich für den Konfetti-Ballon zu langsam bin (und noch darauf hoffe, in Zukunft irgendwann einmal konzentriertere Essigsäure in die Hand zu bekommen), ist die überschäumende Reaktion doch für ein weiteres Spektakel gut: Für einen leuchtenden chemischen Vulkanausbruch (die Inspiration dazu kommt vom englischsprachigen Spiel- und Experimentierblog „Growing a jeweled rose„!

Dazu brauchst du

  • Haushaltsessig und Soda oder Natron (Natron hat im Zweifelsfall mehr „Wumms“, aus den oben in der gelben Box genannten Gründen)
  • Etwas Geschirrspülmittel
  • Eine Flasche wie beim ersten Versuch, aber sauber und trocken oder einen ähnlichen Behälter
  • Ein Becherglas oder einen ähnlichen Behälter zum Giessen
  • Einen nachfüllbaren Textmarker oder Glow-in-the-Dark-Bastelfarbe
  • Eine Schwarzlicht-Lampe (für die Textmarker-Variante) oder eine starke Lampe bzw. die Sonne (für die Glow-in-the-Dark-Variante)
  • Eine säurefeste, leicht zu reinigende Umgebung im Dunkeln (wiederum: keine Marmor-Flächen!!), z.B. eine Duschwanne

Durchführung

Fülle dieses Mal das Soda- oder Natron-Pulver in die Flasche (in meine Flasche mit 150ml gebe ich ca. 25g). Gib etwa 200ml Essig in das Becherglas.

Textmarker-Variante: Dann öffne den Textmarker und vermische so viel Textmarker-Flüssigkeit mit dem Essig, bis dieser unter Schwarzlicht hell leuchtet (Bei den nachfüllbaren Markern des namhaftesten deutschen Herstellers kannst du die „Mine“ herausziehen und ggfs. im Essig auswaschen!).

Glow-in-the-Dark-Variante: Vermische Glow-in-the-dark-Farbe mit dem Essig und lade das Gemisch unter starkem Licht einige Zeit lang auf, sodass es im Dunkeln hell leuchtet.

Experimente: Kompontenten des Leuchtvulkans unter UV-Licht
Essig mit oranger Textmarker-Flüssigkeit und der mit Natron geladene „Vulkan“ unter Schwarzlicht

Gib für beide Varianten noch einen Schuss Geschirrspülmittel für den extra-coolen Schaumeffekt zum Leucht-Essig. Richte dann das Schwarzlicht im Dunkeln auf die Flasche mit der Soda bzw. dem Natron (für die Textmarker-Variante) und giesse den Essig hinein.

Sofort bricht der chemische Vulkan aus: Das wild schäumende Gemisch quillt in schönster Leuchtfarben-Pracht aus der Flasche und ergiesst sich in die Umgebung!

Experimente: Leuchtvulkan nach dem Ausbruch in UV-Licht
Nach dem „Ausbruch“: Der funkelnde, leuchtende „Lava“-strom

Und wenn du lieber im Hellen Spass hast, kannst du weitere Varianten versuchen: Lebensmittelfarben im Essig, Glitzerstaub im Carbonat-Pulver oder von allem etwas. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Wie Licht und Farben enstehen, habe ich in dieser Geschichte einfach erklärt, und wie das Leuchten im Schwarz- oder UV-Licht (Fluoreszenz) und das eigenständige Leuchten von Glow-in-the-Dark-Farbstoffen (Phosphoreszenz) funktionieren, erfährst du hier!


Entsorgung für Versuch 1 und 2

Verdünnte Essigsäure, Soda- bzw. Natronreste sowie die Reste der Reaktionsgemische können mit reichlich Wasser in den Ausguss entsorgt werden. Die im Vulkan enthaltenen (kleinen) Mengen an (Leucht-)Farbstoffen stehen dem auch nicht im Wege.

Den kleinen Unfall mit der Natron-Konfettibombe habe ich übrigens zum Anlass genommen, damit erst einmal den Küchenboden zu scheuern, bevor ich die Reste aufgenommen und fortgespült habe.

Das ultimative Spektakel: Die Pharaoschlange

Wenn du auf Säure-Base-Reaktionen und die Gefahr einer Sauerei verzichten möchtest, kannst du Soda oder Natron auch anderes um sein CO2 erleichtern: Durch thermische Zersetzung! Natriumcarbonat oder Natriumhydrogencarbonat setzen nämlich bei ausreichend hoher Temperatur und den richtigen Umständen ganz von allein CO2 frei. Und diese Umstände finden sich in einem zünftigen Feuer. Die „Pharao-Schlange“, wie dieser Versuch landläufig genannt wird, entspringt aus einem unscheinbaren „Ei“ und wirkt geradezu wie ein lebendiges Wesen!

Ein so bekanntes Experiment geistert natürlich auch durch das Internet – allerdings häufig in einer hochgiftigen Variante, auf die mich meine Leserin Marion Rotter kürzlich aufmerksam gemacht hat.

Die Schlange lässt sich jedoch auch auf praktisch ungiftige Weise beschwören, sodass sie als atemberaubender Partyspass zuhause Einsatz finden kann!

In früheren Jahren konnte man das perfekte Reaktionsgemisch für ein solches Feuer fertig kaufen – in Form von Emser Pastillen. Da es sich dabei allerdings um Lutschpastillen handelt und der Hersteller vor einigen Jahren dazu übergegangen ist, sein Produkt in diesem Sinne zu optimieren, bringt das Verbrennen von heutigen Emser Pastillen keine Schlange mehr hervor.

Das macht aber nichts, denn die „Eier“ der Pharao-Schlange lassen sich mit einfachen Haushalts-Zutaten und einem kleinen Zusatz wunderbar nachbauen.

Dazu brauchst du

  • Haushaltszucker (z.B. feinen Kristallzucker)
  • Soda (Natriumcarbonat)
  • Brennsprit (Für deutsche Leser: Spiritus)
  • ein wenig Mangan(IV)oxid (MnO2 „Braunstein“), blaues Kupfersulfat (CuSO4* 5 H2O) oder Zigarettenasche
  • wenig Wasser
  • Mörser und Stössel (oder eine stabile Schale und einen abgerundeten Gegenstand)
  • einen Fön
  • eine feuerfeste Unterlage
  • eine feuerfeste Schale mit Sand
  • Feuerzeug oder Streichhölzer
  • gut belüfteter Raum, Terrasse oder Garten

Durchführung

Gib 3 gehäufte Teelöffel Soda und 9 gehäufte Teelöffel Zucker in den Mörser (in jedem Fall 1 Teil Soda auf 3 Teile Zucker), mörsere und vermische sie gründlich. Gib eine Messerspitze Braunstein-Pulver (habe ich verwendet) bzw. Kupfersulfat oder etwas Asche hinzu und vermische das Ganze gründlich.

Manganoxid-Staub kann beim Einatmen oder Verschlucken gesundheitsschädlich sein (Kupfersulfat ebenso, und dieses ist überdies giftig für Wasserorganismen). Für diesen Versuch brauchst du jedoch so wenig davon, dass diese Stoffe bei sachgemässem Umgang damit nicht gefährlich sind.

Das heisst: Halte dich an meine Angaben, verwende nur wenig dieser Verbindungen und achte darauf, dass niemand sie „schnupft“ oder verschluckt!

Zünde deine Schlangeneier zudem am besten draussen an, denn theoretisch können Mangan und Kupfer mit dem Rauch entweichen – und überhaupt „duftet“ die Schlange nicht unbedingt angenehm.

Gib wenige Milliliter Brennsprit und einige Tropfen Wasser hinzu, sodass eine formbare, ganz leicht klebrige Masse entsteht (sie fühlt sich in etwa an wie nasser Sand). Forme auf einer Unterlage kleine Blöcke (ca. 15x10x40mm) aus der Masse. Dann richte den heissen Luftstrom aus dem Fön auf die Blöcke, bis diese weich zu werden und sich zu verformen beginnen. Dann lasse die Blöcke mindestens 2 bis 3 Stunden an der Luft trocken (kippe sie nach der Hälfte der Zeit auf die Seite, damit auch die Unterseite schnell trocken wird. Die fertigen „Schlangeneier“ sind vollkommen hart und können an einem trockenen Ort dauerhaft aufbewahrt werden!

Pharao-Schlange: Rohmasse und fertige "Schlangeneier"
Soda-Zuckermasse mit Manganoxid (links) und zwei fertige „Schlangeneier“ (rechts)

Für das Experiment selbst stecke einen Zuckerblock aufrecht in die Schale mit Sand und platziere sie auf der feuerfesten Unterlage – nach Möglichkeit draussen. Tränke den Block und den umgebenden Sand mit einigen Millilitern Brennsprit (nicht sparen!), verschliesse die Sprit-Flasche, stelle sie weg und entzünde das Schlangenei sogleich.

Experiment Pharaoschlange : Schlangenei bereit zum Schlüpfen
Bereit zum Schlüpfen: Jetzt noch Brennsprit darüber, und dann anzünden!

In der ersten Hitze der Alkohol-Flamme beginnt auch der Zucker im zu brennen. In dem dichten Block verläuft die Verbrennung jedoch nicht vollständig: Es bleibt ein sehr kohlenstoffreicher Rückstand zurück – der Zucker „verkohlt“. In der Hitze des Feuers zerfällt zudem das Carbonat und setzt CO2 frei. Dieses Gas und bei der Verbrennung des Zuckers entstehender Wasserdampf treiben den verkohlten Zucker auseinander: Innerhalb von Minuten wächst eine bis zu einem halben Meter lange Schlange aus der Schale und windet sich in atemberaubender Weise umher!


Wie man Zucker zum Brennen bringt

Wer schonmal eine Feuerzangenbowle gemacht hat, weiss, das Zucker auch in einer Ethanolflamme gar nicht brennt, sondern allenfalls schmilzt oder karamellisiert. In einem Feuer geschieht nämlich nichts anderes, als das Moleküle auseinander gebrochen und ihre Atome neu zusammengesetzt werden.

Aus Haushaltszucker entstehen dabei – im Fall einer vollständigen Verbrennung – zum Beispiel Kohlenstoffdioxid und Wasser:

Um Zuckermoleküle in ihre Bestandteile zu zerlegen, wäre jedoch viel mehr Wärme nötig, als brennender Ethanol liefern kann. Deshalb wird die Pharaoschlange nur dann lebendig, wenn ihre Eier einen Katalysator enthalten.

Ein Katalysator ist nämlich ein Stoff, der dafür sorgt, dass eine Reaktion über einen anderen Weg verlaufen kann, als sie es normalerweise tut. Und wenn für die Begehung dieses anderen Weges weniger Energie nötig ist als für den herkömmlichen Weg, wird ein Katalysator zu einem überaus nützlichen Werkzeug!

Im menschlichen Körper könnten zum Beispiel die meisten zum Leben nötigen Reaktionen (nicht zuletzt die Verbrennung von Zucker!) bei 37°C ohne Katalysatoren gar nicht ablaufen. Deshalb hat die Natur die Enzyme erfunden. Das sind Proteine, die als Katalysatoren wirken. Und viele dieser Enzyme enthalten Metall-Atome bzw. -ionen (auch Mangan!), die für ihre Katalysator-Wirkung zuständig sind.

So liegt es nahe, dass Metall-Ionen auch der Pharao-Schlange auf die Sprünge helfen. Ich hatte beispielsweise Mangan(IV)oxid zur Hand, das Mangan-Ionen enthält. Kupfersulfat, das Kupfer-Ionen enthält, eignet sich aber ebenso, und auch Holz- oder Zigarettenasche enthalten verschiedene Metall-Ionen.

Mit Hilfe der Metall-(in diesem Fall Mangan-)Ionen kann also kann also Zucker in brennendem Ethanol einen energiesparsamen Weg zur Verkohlung nehmen. Dabei kommt uns zugute, dass ein echter Katalysator am Ende seines Einsatz als Wegweiser unverändert zurückbleibt. Denn damit können wenige Mangan-Ionen, die immer wieder aufs Neue zum Einsatz kommen, grosse Mengen Zucker auf den einfachen Weg zur Verkohlung führen. So genügt eine sehr kleine Menge Manganoxid, die kaum wirklich gesundheits- oder umweltschädlich ist, um die Pharaoschlange zu beleben.

Mehr über Katalysatoren erfährst du in dieser Geschichte um den Kraftfahrzeug-Katalysator, der für die chemische Reinigung der Abgase von Verbrennungsmotoren unserer Autos sorgt!


Entsorgung

Die verkohlten Reste der Schlange können nach dem Abkühlen gefahrlos angefasst (sie fühlen sich ganz weich und schaumig an!) und in den Abfall entsorgt werden, da sie nur ganz wenig Mangan enthalten.

Und hast du eines dieser Experimente ausprobiert? Oder hast du ein anderes spektakuläres Lieblings-Experiement?

Hast du die Experimente nachgemacht:

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Unsichtbare Tinte, Sympathetische Tinte, Zaubertinte, Vexiertinte, Tinte für Damen, Tinte für Liebende… man kennt sie unter vielen Namen: Farblose Schreibflüssigkeiten, die erst in den Händen des Empfängers geheimer Botschaften sichtbar werden. So zahlreich wie die Namen sind auch die Rezeptvorschläge im Netz. Doch welche unsichtbare Tinte ist die beste für deinen geheimen Valentinsgruss? Ich habe verschiedene Rezepturen für dich getestet!

Unsichtbare Tinte: Eine Erfindung aus alten Tagen

Schon im Altertum trieben Liebesbekundungen, insbesondere den Damen im alten Rom, die Röte ins Gesicht. Heisse Schwüre und sehnsuchtsvolle Zeilen sprach oder schrieb die Römerin von Welt nicht offen. Und Briefboten konnte Frau erst gar nicht trauen. Dennoch waren schon damals verliebte Herzen unheimlich mitteilungsbedürftig.

Zur Lösung dieses Problems empfahl der römische Dichter Ovid den liebenden Römerinnen, ihre Liebesbriefe mit Milch auf eine weisse Schreibfläche zu schreiben. Ein neugieriger Bote musste sodann glauben, unbenutztes Schreibmaterial zu transportieren. Der Angebetete der Absenderin musste hingegen eingeweiht sein. Denn es galt, Russ über die leere weisse Fläche zu blasen. Dieser würde an der eingetrockneten Milch, nicht aber an der Schreibfläche selbst haften und die Schrift somit sichtbar machen.

Ebenso waren unter den alten Römern farblose Tinten bekannt, die erst durch die Reaktion mit anderen Stoffen oder durch Wärmeeinwirkung farbig und damit sichtbar wurden.

Doch nicht nur Liebende wussten derlei unsichtbare Tinte zu schätzen. Frühe Priester des Islams vollbrachten damit ganz andere Zauberei: Sie schrieben Mohammeds Namen unsichtbar auf Steine, sodass dieser erst beim Erwärmen der Steine in der Hand erschien! Auf die damaligen Zuschauer, die in der Regel nichts von Chemie verstanden, muss das wie ein göttliches Zeichen gewirkt haben.

Ab dem 17. Jahrhundert bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde unsichtbare Tinte einmal mehr unter Liebenden sehr beliebt. Und weil alles Antike in jener Zeit „in“ war, nannte man die Tinte nach dem altgriechischen „Sympatheia“ für „Zuneigung“ auch „sympathetische Tinte“. Das klingt dann wohl in etwa so geheimnisvoll, wie solche Tinte erscheinen mag, wenn sie wie durch Zauberhand auf einem vermeintlich leeren Papier sichtbar wird.

Zum Ende der Geheimtinten-Ära wurden schliesslich so spezielle unsichtbare Stoffgemische entwickelt, dass diese Tinten von Spionen im Krieg eingesetzt werden konnten. Die dabei eingesetzten Chemikalien sind heute jedoch nicht immer einfach zu bekommen und zuweilen giftig.

Dennoch hält das weltweite Netz zahlreiche einfache und ungiftige Rezepte für unsichtbare Tinte bereit. Aber welche davon ist für einen geheimen Liebesbrief am besten geeignet? Hier findest du Vorschläge für verschiedene Tinten im Vergleich!

Unsichtbare Tinte selber machen

Grundsätzlich benötigst du zum Verfassen und Entschlüsseln unsichtbarer Liebesbotschaften:

  • Tuschfeder, Füllfederhalter oder anderes Schreibgerät
  • Papier
  • farblose, „unsichtbare“ Tinte
  • Wärmequelle oder passenden „Entwickler“

Reinige eine gebrauchte Tuschfeder oder einen Füllfederhalter vor dem Schreiben gründlich mit Wasser, bis er keine farbigen Schreibspuren mehr hinterlässt. Fülle dann den Federhalter mit der unsichtbaren Tinte oder tauche deine Schreibfeder hinein und schreibe deine Nachricht. Lasse das Schriftstück gut trocknen und lasse es deiner/m Angebeteten zukommen. Je nach verwendeter Tinte erwärme dieser das Schriftstück entweder vorsichtig oder besprühe oder überstreiche das Geschriebene vorsichtig mit dem passenden Entwickler.

Herausforderung: Unsichtbare Tinte sieht man beim Schreiben nicht

Aber welche Tinte ist die Beste?

Zum Erwärmen

Die bekanntesten unsichtbaren Tinten sind farblose Flüssigkeiten, die sich erst zeigen, wenn man ein beschriebenes Papier kräftig erwärmt. Hierzu gehören:

Zitronensäure: Frisch gepresster oder abgepackter Zitronensaft oder Zitronensäure zum Entkalken aus dem Putzmittelregal

Essigsäure: Heller Speiseessig oder Haushaltsessig aus dem Putzmittelregal

Nachteile: Beide Flüssigkeiten haben einen verräterischen Eigengeruch. Essig riecht dabei wesentlich stärker als ein Entkalker mit Zitronensäure! Ausserdem greifen sowohl Reinigungsessig als auch Zitronensäure-Entkalker das Schreibpapier an, sodass beim Schreiben besondere Vorsicht nötig ist, wenn die Schrift wirklich unsichtbar werden soll.

Milch: Ich habe laktosefreie Milch verwendet, gewöhnliche Vollmilch wird aber genauso geeignet sein. Nach dem Schreiben auf weissem Papier wird Milch innerhalb weniger Minuten völlig unsichtbar!

Tintenlöscher: Erscheint auf weissem Papier ebenfalls völlig unsichtbar.

Beim Erwärmen der unsichtbaren Geheimbotschaft ist Vorsicht geboten! Wenn du einen Elektroherd (keinen Induktionsherd!) hast, kannst du eine Platte auf niedriger Stufe einschalten und deinen unsichtbaren Brief einige Sekunden darauf legen. Bleibe unbedingt dabei und achte darauf, dass das Papier nicht verkohlt oder gar anbrennt! Sonst ist die Botschaft verloren! Eine Kerzenflamme liefert ebenfalls die nötige Hitze, entzündet jedoch um so leichter das Papier.

Zitronensäure und Essig: Es erfordert relativ viel Hitze (Herdplatte auf mittlerer Stufe), bis die Schrift braun wird. Je mehr du das Papier erhitzt, desto grösser ist jedoch die Gefahr, dass das Papier ebenfalls braun wird oder anbrennt.

Milch und Tintenlöscher: Beide werden auf der Herdplatte auf niedriger Stufe schnell braun, sodass die Gefahr, dass das Papier zerstört wird, geringer ist.

Unsichtbare Tinte: Cobaltchlorid und Milch
Schrift aus Cobaltchlorid (linkes Herz) und Milch (rechtes Herz) vor und nach dem Erwärmen auf der Herdplatte

Wie unsichtbare Tinte zum Erwärmen funktioniert

Papier ist ein Gewebe aus Zellulose, also Riesenmolekülketten, die aus Zucker-Einheiten aufgebaut sind. Diese sind empfindlich gegenüber Säuren wie Essig- oder Zitronensäure, welche mit den Zelluloseketten reagieren und sie beschädigen können. Unter normalen Umständen sieht man diese Schäden kaum bis gar nicht – die Tinte ist unsichtbar. Wird das Papier jedoch erhitzt, führt die Wärme zum Zerfall der Papier-Bestandteile, und die dabei entstehenden Trümmer der Kohlenstoffverbindungen erscheinen zunehmend dunkelbraun. Dabei zerfallen die bereits beschädigten Moleküle schneller als die unbeschädigte Zellulose, sodass beim vorsichtigen Erwärmen zunächst die beschriebenen Bereiche des Papiers – also die Schrift – dunkel werden.

Auch Milch und Tintenlöscher enthalten Kohlenstoffverbindungen, die bei grosser Hitze zerfallen – und das noch leichter als Zellulose. Die Milch-Schrift und der Tintenlöscher auf dem Papier brennen also förmlich an, noch ehe Säuren ihre Wirkung entfalten können.


Farbe durch chemische Reaktionen

Viele farblose Stoffe, die sich in Wasser gelöst als unsichtbare Tinte verwenden lassen, können mittels chemischer Reaktionen in farbige Stoffe umgewandelt werden. Dazu wird die unsichtbare Schrift mit einem passenden Reaktionspartner besprüht oder überstrichen. Wie Stoffe zu ihrer Farbe kommen, erfährst du übrigens hier.

Natriumcarbonat („Soda“) oder Essig: Eine Base sorgt für einen hohen, eine Säure für einen niedrigen pH-Wert. Beide pH-Wert-Verschiebungen führen dazu, dass Bestandteile von Trauben- oder Rotkohlsaft eine neue Farbe erhalten.

Kaliumrhodanid (Kaliumthiocyanat): Ein farbloses Salz, das mit Eisen-Ionen eine tiefrote bis braune Verbindung bildet.

Mit konzentrierter Natriumcarbonat-Lösung Geschriebenes ist bereits beim Schreiben kaum sichtbar und wird beim Trocknen praktisch unsichtbar. Die geringe Sichtbarkeit macht das unsichtbare Schreiben mit Natriumcarbonat besonders schwierig. Beim Überstreichen mit Traubensaft setzt sich die Schrift jedoch schnell und deutlich graublau vom rosaroten Traubensaft in der Umgebung ab.

Die Reaktion von Kaliumrhodanid-Schrift mit Eisen-Ionen dauert wesentlich länger. Nach dem Überstreichen können Minuten oder gar Stunden vergehen, bis die Schrift deutlich sichtbar wird – eine harte Geduldsprobe für heiss Verliebte.

Unsichtbare Tinte: Kaliumrhodanid mit Eisen und Natriumcarbonat mit Traubensaft
Am Morgen danach: Eisenrhodanid (linkes Herz) und Natriumcarbonat mit Traubensaft (rechtes Herz). Die Traubensaft-Variante ist frisch überstrichen besser lesbar – Eisenrhodanid wird erst über Nacht so sichtbar wie hier.

Wie die geheimnisvollen Farbänderungen funktionieren

Von Säuren und Basen

Essigsäure und Zitronensäure sind – wie alle Säuren – Stoffe, die H+-Ionen abgeben können. Diese H+-Ionen (es handelt sich dabei um Protonen ohne Elektronenhülle!) können jedoch nicht ganz allein durch die Materie irren. Stattdessen lagern sie sich an andere Moleküle an. Stoffe, die aus solchen Molekülen bestehen, die H+-Ionen aufnehmen, nennt man Basen. Eine Säure kann also eine chemische Reaktion mit einer Base eingehen, indem sie ihr ein H+-Ion „übergibt“. Dabei entstehen gleich zwei neue Moleküle: Der „Rest“ der Säure, der nun einen Wasserstoff-Atomkern weniger hat, und die vormalige Base, die nun um einen Wasserstoff-Atomkern reicher ist.

Dabei kann es vorkommen, dass eine beteiligte Säure oder Base an sich keine Farbe hat, der Säurerest bzw. das um ein H+-Ion reichere Basen-Molekül farbig ist! Das rührt daher, dass ein H+-Ion „seine“ Säure ganz ohne Elektronen verlässt. Das Elektronenpaar, welches zuvor die Bindung zum H+-Ion gebildet hat, bleibt dem Säurerest erhalten und muss am Molekül untergebracht werden. In grösseren organischen Molekülen können dazu in einer Art Kettenreaktion über viele Bindungen Elektronen verschoben werden – Elektronen, von deren Position die Farbe bzw. Nicht-Farbe eines Moleküls abhängt! (Wie die Anordnung von Elektronenpaaren im Molekül einem Stoff Farbe verleiht, erfährst du hier in der Geschichte zu den Ostereier-Farben.) Umgekehrt muss eine Base eine Elektronenpaar-Bindung zur Verfügung stellen, um ein H+-Ion aufzunehmen, was ebenso zu einer weiträumigen Verschiebung von Elektronen führen kann.

Trauben- und Rotkohlsaft enthalten farbige Säuren, die mit dem Carbonat-Ion aus dem Natriumcarbonat, einer Base, in der Schrift reagieren können:

Es entstehen Hydrogencarbonat-Ionen und schliesslich Kohlensäure sowie ein Säurerest ([Saeure]) mit einem bläulichen Farbton, der sich vom Saft auf dem nicht beschriebenen Papier deutlich abhebt.

Von bunten Salzen

Auch Ionen in Kristallen oder einer Lösung können verschiedene Farben haben (Die Farbe eines Atoms oder Ions beruht auf den Abständen vom Kern, in welchen sich die Elektronen ihrer Hülle aufhalten können – mehr dazu erfährst du hier). Die Ionen der Metalle aus den ersten beiden Hauptgruppen des Periodensystems und ihre Verbindungen – ihre Salze – sind jedoch in der Regel farblos. Anders verhält es sich mit den Ionen der sogenannten Übergangsmetalle, welche im Vergleich zu den Hauptgruppenmetallen zusätzliche Elektronen haben, die in vielfältiger Weise angeordnet zu verschiedenen Farben führen können.

Ionen des Kaliums, eines Metalls der ersten Hauptgruppe, erscheinen ebenso farblos wie das Rhodanid- bzw. Thiocyanat-Anion (SCN) . Eisen ist hingegen ein Übergangsmetall: Fe3+-Ionen erscheinen in Wasser und in Salzen meist gelb bis rotbräunlich (Rost enthält Fe3+-Ionen!). Bilden sie jedoch ein Salz mit Thiocyanat-Ionen, wird ihre Elektronenhülle so umgebaut, dass sie tiefrot bis dunkelbraun erscheinen (ganz ähnlich wie Blut aus der Vene!).

Kaliumthiocyanat lässt sich in Wasser lösen, sodass man damit unsichtbar schreiben kann. Bringt man anschliessend eine Lösung mit Fe3+-Ionen auf die unsichtbare Schrift, entsteht in den geschriebenen Linien dunkles Eisenthiocyanat und macht das Geschriebene lesbar.


Tinte, die nach dem Lesen wieder unsichtbar wird

Manche Reaktionen, die Stoffen Farbe verleihen, können ganz einfach umgekehrt werden. Eine unsichtbare Tinte, deren Funktion auf solch einer Reaktion beruht, kann nach dem Sichtbarmachen und Lesen wieder unsichtbar werden!

Cobaltchlorid: Das rosafarbene Salz bildet in Wasser eine ebenso rosafarbene Lösung, die auf Papier geschrieben zu einem hellen Grau verblasst. Besonders auf pastellfarbenem oder Recycling-Papier ist sie damit nur schwer lesbar. Wärmt man die Schrift vorsichtig an, erstrahlt sie in einem satten Türkisblau. Doch sobald das Papier abkühlt, verblasst die Schrift wieder zum ursprünglichen Zustand!

Co2+-Ionen gelten leider als krebserregend (vornehmlich beim Einatmen) und möglicherweise erbgutverändernd, weshalb sie seit Ende 2008 auf der Kandidatenliste besonders besorgniserregender Stoffe gemäss REACH-Verordnung stehen. Cobalt-Salze sind daher nicht für jedermann im freien Handel erhältlich und ausschliesslich im Labor mit Schutzkleidung (Kittel, Schutzbrille, Handschuhe) zu verwenden. Da Cobalt-Salze überdies sehr giftig für Wasserorganismen sind, müssen sie besonders umsichtig entsorgt werden: Cobalthaltige Lösungen werden im geschlossenen Abzug eingedampft und die festen Rückstände wie auch Salzreste im Behälter für Schwermetall-Abfälle entsorgt!

Ich habe noch ein wenig von einer Cobalt-Verbindung aus einem Chemiebaukasten aus vergangenen Zeiten, sodass ich den zauberhaften Farbwechsel-Effekt hier dennoch zeigen kann.

Fluoreszierende Flüssigkeiten: Werden schreibfertig in speziellen Filzstiften angeboten, mit welchen man praktisch unsichtbar schreiben kann (zu Halloween habe ich damit schon schaurige Kürbisgesichter gezaubert). Nur unter ultraviolettem Licht aus einer „Schwarzlicht“-Lampe werden damit verfasste Botschaften enthüllt. Viele UV-Marker enthalten gesundheitsschädliche Lösungsmittel wie Xylol, sodass sie nicht für Kinder geeignet sind und in gut belüfteter Umgebung verwendet werden sollten!

Warum Cobaltchlorid die Farbe wechselt

Co2+-Ionen erscheinen rosa, wenn sie von Wassermolekülen umgeben sind. Das ist natürlich in einer Lösung in Wasser der Fall. Wenn das Wasser aus solch einer Lösung – zum Beispiel nach dem Schreiben – verdunstet, lagern sich die darin gelösten Ionen zu winzigen Cobaltchlorid-Kristallen zusammen. Dabei behalten die Cobalt-Ionen ein paar Wassermoleküle bei sich (genau genommen 6 Wassermoleküle je Cobalt-Ion, sodass diese in das Kristallgitter mit eingebaut werden. Die chemische Formel für das rosafarbene Cobaltchlorid lautet also CoCl2• 6H2O . Dem Chemiker verrät sie: Dieses Salz enthält „Kristallwasser“.

Wird Cobaltchlorid erwärmt, verdampft das darin enthaltene Kristallwasser: Die Wassermoleküle aus dem Kristall gehen in die umgebende Luft über. Ohne die Hülle aus Wassermolekülen ordnen sich die Elektronen in der Hülle der Cobalt-Ionen neu, sodass diese nicht länger rosa, sondern kräftig blau erscheinen. Das blaue Cobaltchlorid ist somit wasserfrei. Sobald dieses Salz jedoch wieder abkühlt, zieht es die Wassermoleküle aus der feuchten Umgebungsluft wieder in den Kristall zurück: Das Cobaltchlorid erhält sein Kristallwasser zurück und wird wieder rosa.

So lange Luftfeuchtigkeit vorhanden ist und man beim Erwärmen acht gibt, dass das Papier nicht verbrennt, lässt sich dieses Spiel mit dem Cobaltchlorid beliebig oft wiederholen.


Unsichtbare Tinte: Die vier besten Kandidaten

Fazit: Die beste unsichtbare Tinte

Die beste unsichtbare Tinte für den Hausgebrauch ist Milch auf weissem Papier. Die wird nämlich nicht nur wirklich unsichtbar und kann mit einfachen Mitteln klar und deutlich lesbar gemacht werden. Darüber hinaus ist sie völlig ungiftig und du findest sie in praktisch jedem Haushalt – und wenn nicht dort, dann in jedem Supermarkt zum kleinen Preis.

Der Farbwechsel von Cobaltchlorid ist ebenfalls zauberhaft und lässt gewiss viele Herzen höher schlagen, eignet sich der gesundheitsschädlichen Tinte wegen aber nur für Liebesbriefe an die/den liebste/n Labor-Kollegen.

Und womit verfasst du deine geheimen Valentins-Botschaften?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Suchst du eine Beschäftigung für deine Kinder und dich an kalten, verregneten Tagen? Etwas Kreatives, wobei man noch etwas lernen kann? Modelliermassen und Knete haben schon Generationen von Kindern begeistert – und die Kassen von Bastelbedarfs- und Spielzeugherstellern gefüllt. Doch hast du dich auch schon gefragt, was eigentlich drin ist in der Knetmasse, die du deinen Kindern kaufst, damit sie sie anfassen, mit den Händen erkunden und je nach Alter auch mal unversehens in den Mund nehmen?

Bevor du dich nun an die stundenlange Suche nach dem richtigen Produkt machst, das all deinen Ansprüchen und Wünschen an seine Zusammensetzung gerecht wirst, kannst du deine Knete ganz einfach selbst machen – und dazu (fast) ausschliesslich Lebensmittel verwenden!

Wie genau das vor sich geht und welche (ganz ungiftige) Chemie in der Knete steckt und ihr ihre tollen Eigenschaften verleiht, erzähle ich euch bei den „Küstenkidsunterwegs“! Lieben Dank an Katja Josteit für die Veröffentlichung dort!

Und mit welcher Knetmasse spielen deine Kinder? Hast du schon einmal Knete selbst hergestellt? Welche Zusammensetzung bevorzugst du dabei?

Adventskränzchen 2019
Dieser Beitrag ist Teil des Adventskränzchens 2019.
Weitere Beiträge zum Tagesthema „Aus der Backstube“ findet ihr hier:
www.marie-theres-schindler.de
http://cosmic-blue.jimdofree.com
 www.aftermyfancy.at
https://100barbara.wordpress.com
http://www.diekunstdesbackens.com

Der Winter ist da – und mit ihm eine spannende Gelegenheit für Naturforscher: Was ist eigentlich Schnee? Finde es selbst heraus – ein USB-Mikroskop am Laptop liefert die Antwort!

Dieser Artikel enthält Links aus dem Amazon-Partnerprogramm (gekennzeichnet mit (*)-(*) ) – euch kosten sie nichts, mir bringen sie vielleicht etwas für meine Arbeit ein. Das verwendete Mikroskop und der Molekülbaukasten sind Privatanschaffungen und gehören zu meinem persönlichen Inventar.

„Die Inuit kennen 40 verschiedene Wörter für ‚Schnee'“, erklärt Smilla Jaspersen in dem Film „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“. Diese Aussage hat einen Mythos geschaffen, welcher darin wurzelt, dass in den Inuit-Sprachen eine Unzahl verschiedener Vor- und Nachsilben an gerade einmal zwei Grundwörter gehängt werden können, um die verschiedenen Erscheinungsformen von Schnee zu beschreiben. Im Deutschen verwenden wir dafür zusammengesetzte Wörter: Papp- und Pulverschnee, Schneematsch – und schliesslich Schneeflocken.

All diese Wörter, ob Inuit oder Deutsch, beschreiben den weissen Stoff, der im Winter vom Himmel fällt und uns ebenso pulvrig weich wie eishart begegnen kann. Aber woraus besteht Schnee eigentlich? Klar – aus gefrorenem Wasser. Aber warum erscheint uns dieses gefrorene Wasser so anders als das massive, harte Eis, das beim Erstarren eines Gewässers entsteht?

Die Antwort findest du, wenn du dir Schnee einmal ganz aus der Nähe ansiehst – durch ein Mikroskop.

Dies ist ein Versuch für draussen – im Garten oder auf dem Balkon oder unterwegs während eines Winterspaziergangs, wenn du jemanden hast, der dein Equipment trägt!

Wetter- und andere notwendige Rahmenbedingungen

Schnee lässt sich nur im Winter mikroskopieren – wenn es welchen hat. Wer das Glück hat im Hochgebirge zu sein, findet dort auch in den Herbst und Frühling hinein mitunter Schnee.

Für die einfache Untersuchung von Schnee unter dem USB-Mikroskop ist Schneefall bei einer Lufttemperatur von 0°C oder besser etwas darunter optimal. Ein offener Unterstand (zum Beispiel der Balkon der Nachbarn oben, ein Vordach oder eine Schutzhütte für Wanderer) schützt die Elektronik und dich vor dem Eingeschneitwerden.

Geräte/Hilfsmittel

  • Kamera-Mikroskop mit USB-Kabel zum Anschluss an einen Computer ((*)eine grosse Auswahl gibt es zum Beispiel hier(*) )
  • Laptop mit USB-Port, Treibern zum Mikroskop sowie Software zur Bild- und optional Video-Erfassung
  • Petrischale oder Uhrglas
  • Dunkle Unterlage (wenn du ein Handmikroskop ohne eigene Auflagefläche für Objektträger benutzt)
  • Evtl. Spatel, flacher Löffelstiel oder/und Pinzette
  • Gefrierfach
  • Warme Kleidung, optional heisser Tee

Warum kein optisches Mikroskop?

Um Schneeflocken betrachten zu können, ohne dass sie sofort schmelzen, muss das Mikroskop auf den Gefrierpunkt (0°C) oder besser noch weiter abgekühlt werden. Glas, aus welchem die Linsen optischer Mikroskope bestehen, gerät durch starke Temperaturänderungen schnell unter Spannung und kann Risse bekommen oder brechen. Deshalb besteht die Gefahr, dass beim Abkühlen und Wiederaufwärmen eines optischen Mikroskops die Linsen beschädigt werden – das ist besonders dann ärgerlich, wenn es sich um ein teures Gerät handelt!

Wer dennoch mit einem optischen Mikroskop im Warmen arbeiten möchte, kann vorgekühlte Objektträger mit einem durchsichtigen, in der Kälte härtenden Lack bestreichen und Schneeflocken darauf fallen lassen. Nach dem Aushärten des Lacks kann der Abdruck der Flocken im Lack im Warmen mikroskopiert und dauerhaft aufbewahrt werden.

Anleitung (für das Vorgehen mit dem USB-Mikroskop)

Dieses Experiment muss gut vorbereitet werden. Wenn im Wetterbericht Kälte und Schneefall angekündigt werden, stelle das Mikroskop einige Stunden vor dem Experimentieren nach draussen unter einen Unterstand. Ich habe hierbei einen Baumwollbeutel über das Gerät gestülpt, um es vor Schneeverwehungen und all zu neugierigen Vögeln zu schützen. Lege die Petrischale, Spatel oder/und Pinzette in einer geschlossenen Gefrierdose zeitgleich ins Gefrierfach (ein gutes Gefrierfach kühlt auf bis zu -20°C, also in der Regel deutlich weiter als die Luft draussen, was sehr nützlich sein wird).

Wenn es dann schneit (oder ganz frischer Schnee gefallen ist), ziehe dich warm und baue den Laptop unter dem Unterstand auf. Hole die Dose mit den Werkzeugen aus dem Gefrierfach (öffne sie erst draussen in der Kälte, damit die Petrischale nicht beschlägt!).

Schalte das Mikroskop ein und starte die Software zur (Live-)Bild- oder/und Videoerfassung.

Ab jetzt sollte alles möglichst zügig gehen.

Halte die Petrischale mit zwei Fingern an den Rändern in den fallenden Schnee und fange ein paar Flocken. Wenn es nicht mehr schneit, kannst du mit dem Spatel oder der Pinzette vorsichtig ein paar frisch gefallene Flocken von der Umgebung (Boden, Pflanzen,…) in die Schale befördern.

Platziere die Schale unter dem Kameraobjektiv, wähle eine passende Vergrösserungsrate und stelle das Bild scharf. Mache nun zügig Aufnahmen von allen Ansichten, die dir gefallen. Dazu kannst du die Schale vorsichtig hin- und herschieben, drehen, oder zwischendurch neue Flocken fangen. Wenn du die Schale dabei mit der Pinzette greifst, wird sie weniger schnell warm, als wenn du sie mit der Hand berührst.

Petrischale mit Schneeflocken unter dem USB-Mikroskop

Petrischale mit Schneeflocken unter dem USB-Mikroskop

Die regelmässige Struktur der Schneekristalle ist am Rand einzelner Flocken, wo sich die Kristalle möglichst nicht überlappen, am klarsten sichtbar!

Unter dem Mikroskop: Schneeflocken bestehen aus sternförmigen Kristallen: Zu dicht beieinander erscheinen sie noch nicht ganz klar

Schneeflocken bestehen aus sternförmigen Kristallen: Zu dicht beieinander erscheinen sie noch nicht ganz klar

Mein Mikroskop hat einen drehbaren Objekt-Teller mit Motor und Beleuchtungsmöglichkeit von unten. Beides habe ich nicht genutzt und dennoch festgestellt, dass das Gerät im Betrieb genug Wärme abgibt, um die Schneeflocken nach wenigen Minuten zu schmelzen. Wenn du wie ich eine Software zur Videoerfassung hast, kannst du dies nutzen, um den Schmelzvorgang aufzuzeichnen.

Wissenswertes: Geheimnisse der Schneeflocken

Für die Jüngeren: Warum Schnee unter den Schuhen knirscht

Das Mikroskop enthüllt: Schneeflocken sind wunderschöne Sterne mit sechs Zacken – aus hartem, kaltem Eis! Und bis sich eine dicke Schneeschicht gebildet hat, sammeln sich sehr sehr viele dieser Sterne am Boden an. Dabei landen sie kreuz und quer aufeinander, wie sie gerade fallen, und werden von ihrem eigenen Gewicht ineinander geschoben.

Schnee-Kristall-Sterne unter dem Mikroskop zu einer Flocke verworren

Schneekristall-Sterne zu einer Flocke verworren

Hast du schon einmal genau zugehört, was passiert, wenn du viele Legosteine – oder die Schmucksterne vom Weihnachtsbaum – zusammen in eine flache Schachtel legst und mit der Hand hindurchstreichst? Es raschelt und klappert! Und wenn du ein wenig von oben darauf drückst (vorsichtig – du willst die Legos oder den Christbaumschmuck ja nicht kaputt machen!) – dann knirscht es, wenn die Teile aneinander reiben.

Schneeflocken zwar sehr viel kleiner, aber genauso fest wie Legosteine. So reiben auch sie aneinander, wenn man sie zusammendrückt. Ausserdem gehen sie – weil sie so klein sind – noch viel schneller als Legosteine kaputt, wenn man darauf tritt.

Die aneinander reibenden und zerbrechenden winzigen Schneekristalle unter unseren Schuhen sind also die Ursache für das herrliche Knirschen, wenn wir durch frischen Schnee laufen!

Für die Älteren: Kristallstruktur von Wasser

Die wunderschönen Schneekristalle, die das Mikroskop uns enthüllt, sind erstaunlich symmetrisch. Tatsächlich lassen sich durch einen perfekt geformte Schneestern drei Achsen legen, die den Kristall in sechs praktisch identische Teile zerlegen. Und jedes dieser Teile passt genau in einen Winkel von 60°! Dieser Winkel, oder auch sein Doppel, 120°, wiederholt sich ausserdem in der filigranen Struktur dieser Teile immer und immer wieder.

Schnee-Kristalle unter dem Mikroskop

Aber wie können aus flüssigem Wasser so unglaublich regelmässige Strukturen entstehen?

Von Molekülen zum Kristall

Schneekristalle bestehen aus Wassermolekülen: Zwei Wasserstoff-Atome sind in einem festgelegten Winkel zueinander an ein Sauerstoff-Atom gebunden. Alle drei Atome bilden ein Wassermolekül. Jedes Wasserstoff-Atom eines Wassermoleküls kann zudem eine weniger feste Bindung, eine „Wasserstoff-Brückenbindung“ zu einem Sauerstoff-Atom eines anderen Wassermoleküls eingehen. Diese Wasserstoff-Brücken führen dazu, dass die Wassermoleküle in einem Eiskristall ganz bestimmte Plätze einnehmen und sich zu einem regelmässigen, sechseckigen Muster anordnen.

Wenn du einen (*)Molekülbaukasten(*) hast, kannst du dieses Muster – das Kristallgitter – nachbauen:

Jeder dieser Bausteine mit vier Enden (für Mathematik-Fans: die Enden sind weitestmöglich voneinander entfernt und weisen auf die Ecken eines Tetraeders) steht dabei für ein Wassermolekül mit dem Sauerstoff-Atom in der Mitte des Bausteins sowie zwei Wasserstoff-Atomen und zwei Ansatzstellen für Wasserstoff-Brücken, für welche die vier Enden stehen.

Wassermolekül-Baustein und Verbindungsstücke aus dem Molekülbaukasten

Wassermolekül-Baustein und Verbindungsstücke aus dem Molekülbaukasten

Jetzt brauchst du noch jede Menge Verbindungsstücke. Ihre Länge ist egal, doch sollten sie alle gleich lang sein. Mit den Verbindungsstücken kannst du nun die Wassermoleküle zu einem Eis-Kristallgitter zusammenfügen.

Molekülbaukasten: Modell eines Schnee-Kristalls aus 92 "Wassermolekülen" und 120 Verbindungsstücken

Dieses Modell besteht aus 92 „Wassermolekülen“ und 120 Verbindungsstücken

Dieses Modell eines Eiskristalls ist ein Ausschnitt aus dem sehr viel grösseren Kristallgitter. An seiner Oberfläche sind überall freie Enden, an die du weitere Wassermoleküle anfügen könntest, so lange du Bausteine hast. Das symmetrische, sechseckige Muster mit seinen 60°- und 120°-Winkeln ist hier schon gut erkennbar.

Die Entstehung von Schneeflocken

In der Luft gibt es nicht nur Wasserdampf und feine Wassertröpfchen, die mitunter Wolken bilden, sondern auch sehr feine Staubkörnchen. Wird es in höheren, wasserhaltigen Luftschichten sehr kalt – mindestens -12°C – schlagen sich Wassermoleküle an der Oberfläche solcher Staubkörnchen nieder und fügen sich zu einem Eis-Kristallgitter wie im Modell oben zusammen.

So kommen viele Wassermoleküle auf engem Raum zusammen: Der noch kleine Eiskristall wird für seine Grösse schwer („er hat eine hohe Dichte“) und beginnt in Richtung Erde zu fallen. Währenddessen werden an die freien „Enden“ der Moleküle an der Kristalloberfläche laufend weitere Wassermoleküle angebaut. In welche Richtungen der Anbau verläuft,  hängt von den Eigenschaften der direkten Umgebung des Kristalls ab: Temperatur, Luftströmungen, die Menge vorhandener Wassermoleküle und viele mehr. Und die sind auf allen Seiten eines bestimmten vereisten Staubkorns gleich – für jede Schneeflocke im wilden Durcheinander der Luft jedoch ein wenig anders.

Schneeflocken wachsen also ausgehend von einem Staubkorn von innen nach aussen. Hier findest du faszinierende Videoaufnahmen vom Wachstum von Schneekristallen.

So wächst jede Schneeflocke von „ihrem“ Staubkorn aus in jede Richtung in der gleichen Weise. Dafür ist es praktisch unmöglich, zwei Schnee-Kristalle zu finden, die sich vollkommen gleichen. Nur die durch das Kristallgitter vorgegebenen Winkel von 60° und 120° finden sich in jeder Schneeflocke wieder. Wenn dann noch mehrere Kristalle ineinander und zusammen wachsen, können schöne Flocken entstehen, die mehrere Zentimeter gross sind.

Die klarsten Bilder einzelner Schnee-Kristalle lassen sich jedoch von kleineren, möglichst wenig verwachsenen Flocken gewinnen.

Und hast du schon einmal Schnee unter dem Mikroskop betrachtet? Oder hast du vor, es zu probieren? Welche Erfahrungen hast du gemacht?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Dieser Beitrag füllt das Türchen Nr. 19 im Blogger-Adventskalender auf apfelwiebirne.de !

Weihnachten rückt immer näher, und die Welt ist angefüllt mit festlichem Schmuck und unzähligen Lichtern. Besonders am Weihnachtsbaum darf dabei ein klassisches Accessoire nicht fehlen: Die spiegelnd glänzenden Christbaumkugeln. Heutzutage gibt es sie in unzähligen Ausführungen und Materialien, doch am edelsten sind in meinen Augen immernoch schlichte Kugeln aus hauchdünnem Glas, in deren metallisch glänzender Oberfläche man sich spiegeln kann.

Doch wie kommen die zarten Glaskugeln zu ihrem Spiegelglanz? Damit hat sich auch Sandra Morgenstern auf Chemie-Azubi.de beschäftigt und mich zu diesem Experiment inspiriert…. Normalerweise ist Glas schliesslich durchsichtig… Tatsächlich sorgt eine Metallschicht, genauer gesagt eine Schicht aus metallischem Silber, für den Spiegelglanz der Christbaumkugeln. Wie man solch einen Silberspiegel erzeugt und in die Kugeln hinein- oder von aussen darauf bekommt, kannst du mit diesem Experiment selbst ausprobieren.

Achtung! Zur Herstellung eines „Silberspiegels“ werden Silbernitrat und andere ätzende Chemikalien benötigt!

Silbernitrat ist eine gefährliche Chemikalie der Gruppe 2 im Sinne des Schweizer Chemikalienrechts, denn es ist ätzend und kann schwere Haut- und Augenschäden verursachen. Auch Natronlauge und Ammoniak-Lösung wirken ätzend.

Dieses Experiment kann in passender Umgebung zu Hause durchgeführt werden, empfehlenswerter ist jedoch die Durchführung in einem Labor. Experimentiert, wenn ihr keine Erfahrung im Umgang mit ätzenden Chemikalien habt, in jedem Fall gemeinsam mit jemandem, der sich damit auskennt!


Wie das Silber in die Kugel kommt

Normalerweise sind Metalle bei Raumtemperatur Feststoffe (das einzige bei Raumtemperatur grundsätzlich flüssige Metall ist das giftige Quecksilber). Das heisst, sie sind mehr oder weniger (reines Silber eher mehr) weich und formbar, aber immernoch fest und nicht freiwillig dazu bereit, sich auf einer Glasfläche zu einer dünnen Schicht zu verteilen.

Da Quecksilber zur Verwendung als Weihnachtsdekoration zu giftig ist, läge es daher nahe, ein weniger giftiges und zudem reaktionsträges, glänzendes Metall – wie zum Beispiel Silber – zu schmelzen und als Anstrich zu verwenden. Unglücklicherweise liegt der Schmelzpunkt der allermeisten Metalle sehr hoch (der Schmelzpunkt von Silber beträgt 961,9°C !), sodass bei dem Versuch, Glas mit geschmolzenem Silber zu überziehen, unweigerlich auch das Glas schmelzen und von einer Christbaumkugel nicht viel übrig bliebe.

Deshalb muss ein Weg gewählt werden, auf dem Silber-Atome bei moderateren Temperaturen zu einem Teil einer Flüssigkeit werden können. Das bekommt man hin, wenn man eine Lösung von Silber-Ionen (also elektrisch geladenen Silber-Atomen, Ag+) in Wasser verwendet. Man löst also ein Salz, das Silberionen enthält, in Wasser auf und erhält so eine silberhaltige Flüssigkeit… wenn man denn ein wasserlösliches Silbersalz findet. Denn Silberionen bilden mit fast allen möglichen Gegenionen in Wasser äusserst schwerlösliche Salze – ausser mit dem einen Gegenion, das praktisch immer geht: Dem Nitrat-Ion NO3. Die Nitrate praktisch aller Metalle zeichnen sich nämlich durch ihre Wasserlöslichkeit aus – so auch das Silbernitrat AgNO3 .

So führt trotz einiger unangenehmer Eigenschaften von Nitrat-Ionen – sie bekommen Wasser- und Bodenorganismen überhaupt nicht gut und können sich in (heissem) Wasser zu giftigem Stickstoffdioxid zersetzen – beim Versilbern von Christbaumkugeln kein Weg am Silbernitrat vorbei.

Eine Silbernitratlösung kann schliesslich durch eine kleine Öffnung in eine Glaskugel eingebracht werden. Danach müssen die Silber-Ionen jedoch zu ungeladenen Silber-Atomen werden, denn nur die lagern sich zu dem bekannten Metall mit seinem typischen Glanz zusammen. Im Gegensatz zu einem ungeladenen Silber-Atom fehlt einem Silber-Ion ein negativ geladenes Elektron (sodass das Ion aufgrund seiner unvollständig ausgeglichenen Kernladung einfach positiv geladen ist), sodass die Silber-Ionen mit jeweils einem zusätzlichen Elektron ausgestattet („reduziert“) werden müssen.

Eine chemische Reaktion, die das möglich macht, nennt sich Redox-Reaktion (mehr zu solchen Reaktionen erfahrt ihr hier auf der Grillparty). Eine Gruppe von Stoffen, die den Silber-Ionen zusätzliche Elektronen „spenden“ können (und dabei „oxidiert“ werden), sind die Aldehyde, eine bestimmte Klasse organischer Verbindungen. Absolut harmlose Vertreter dieser Stoffgruppe sind Zucker, wie zum Beispiel Glucose (auch bekannt als „Traubenzucker“), die sich ebenfalls gut in Wasser löst.

Die Reduktion von Silberionen durch Glucose läuft in alkalischer Umgebung, das heisst, bei einem hohem pH-Wert, ab. Der kann durch Zugabe von Natronlauge oder einer anderen alkalischen Lösung einfach erreicht werden. Bei hohem pH-Wert reagieren jedoch die Silberionen zu nurmehr schwer in Wasser löslichem Silberhydroxid (AgOH), das als weisser Feststoff im Gefäss mit der Lösung absinkt. Deshalb muss ein Trick angewendet werden: Gibt man Ammoniak-Lösung (NH3 in Wasser) in die Silberlösung, gehen je zwei Ammoniak-Moleküle mit einem Silberion eine sogenannte Komplex-Verbindung („Diamminsilber-Ion“ genannt) ein, die auch bei hohem pH-Wert in Wasser löslich ist und ebenfalls mit Hilfe von Glucose reduziert werden kann.

Sind eine alkalische Diamminsilber- und eine Glucoselösung erst einmal in einer Glaskugel, kann die Reaktion durch moderate Wärmezufuhr (z.B. im Wasserbad ab ca. 70°C) gestartet bzw. vorangetrieben werden. Die reduzierten, metallischen Silberatome „fallen“ dabei aus der Lösung „aus“ und lagern sich sich Atom für Atom an der Glasinnenfläche ab, bis eine spiegelnd glänzende Schicht entstanden ist!

Material

Arbeitsplatz und Schutzkleidung

Wenn der Versuch zu Hause durchgeführt werden soll, arbeitet – vornehmlich der Ammoniak-Dämpfe wegen – im Freien! Im Labor eigentlich sich ein Arbeitsplatz mit geeignetem Abzug („Kapelle“). Führt den Versuch nicht in der Küche (auch nicht mit Dunstabzugshaube) durch, denn wo Lebensmittel zubereitet werden, haben Labor-Chemikalien nichts verloren!

Tragt beim Experimentieren stets lange Hosen, geschlossene Schuhe und einen Kittel oder andere Baumwollkleidung, die fleckig oder beschädigt werden darf, dazu – insbesondere beim Umgang mit ätzenden Stoffen – eine Schutzbrille.

Silbernitrat macht gelbe oder schlimmstenfalls schwarze Flecken auf der Haut, die ungefährlich sind, aber unschön aussehen und erst nach Tagen oder Wochen verblassen! Deshalb empfehle ich die Verwendung von Einmal-Handschuhen beim Umgang mit Silbernitrat.

Silbernitrat ist ausserdem sehr gefährlich für Wasserorganismen! Deshalb dürfen Reste des Salzes und silbernitrathaltiger Lösungen nicht ins Abwasser bzw. den Hausmüll entsorgt werden! Sammelt Reste der Lösungen in einer braunen Glasflasche und bringt sie in eine Sammelstelle für Chemikalienabfälle („Sondermüll“)!

Zubehör zum Silberspiegel-Experiment
Die wichtigsten Hilfsmittel für den Versuch: Alter Stahlkochtopf auf einem Fondue-Brenner, Einmalhandschuhe, destillatgleiches Wasser aus dem Supermarkt, Ammoniak und Natronlauge aus einem alten Chemiebaukasten, Dextrose-Tabletten, Porzellanschale zum Zermahlen, Pipetten aus der Drogerie, Erlenmeyerkolben für die Silbersalz-Lösung (reaktive Chemikalien immer in Glasgefässe geben – Kunststoff hält nicht alles aus!), Plastikbecher für die Glucoselösung – Greifzange und Silbernitrat fehlen hier noch!

Geräte und Chemikalien

  • Durchsichtige Christbaumkugel aus Glas oder Glasgefäss mit Öffnung (bei vielen
  • Glaskugeln verbirgt sich unter dem Aufhänger eine Öffnung!)
  • Heizgerät (elektrische Heizplatte, Spiritus- oder Gasbrenner), ggfs. Feuerzeug/Streichhölzer
  • Dreifuss oder andere Vorrichtung zum Kochen (sofern nicht Teil des Heizgeräts)
    Topf mit Leitungswasser
  • 2 Bechergläser (oder andere Chemikaliengefässe zum Ansetzen von Lösungen)
  • 2 Pasteur-Pipetten oder Spritzen
  • Reagenzglas-Klemme oder Greifzange
  • Einmal-Handschuhe
  • Schutzbrille
  • Silbernitrat (Lösung 0,1M) 
  • Glucose (Lösung gesättigt, 10%), zum Beispiel aus „Dextrose“-Tabletten
  • verdünnte Natronlauge 
  • Ammoniaklösung (3,5%) 
  • Destilliertes (oder entionisiertes, d.h. „destillatgleiches“) Wasser

Versuchsanleitung

Vorweg eine Grundregel für die Verwendung gefährlicher Chemikalien: Verwendet stets kleinstmögliche Mengen, sodass möglichst wenig Abfall entsteht!

Christbaumkugeln aus klarem Glas
Zwei durchsichtige Glaskugeln – gekauft mit Dekor-Farbe, die aber siedendem Wasser nicht unbedingt standhält!

Die folgenden Mengenangaben genügen zum Verspiegeln von ein bis zwei Kugeln (Durchmesser ca. 7cm)-

  • Stelle eine gesättigte Glucose-Lösung her: Wiege bei Raumtemperatur in einem Becherglas 25g Glucose ab und gib 50ml destilliertes Wasser hinzu. Gut umrühren! Ein kleiner Rest der Glucose bleibt gewöhnlich ungelöst am Gefässboden zurück.
    Dextrose-Tabletten lösen sich meiner Erfahrung nach schlechter, eigenen sich aber genauso für den Versuch: Zerstampfe zwei Tabletten zu Pulver und gib 50ml destilliertes Wasser hinzu. Gut umrühren, bis sich ein Grossteil des Pulvers gelöst hat!
  • Trage ab jetzt Handschuhe: Stelle in einem weiteren Becherglas eine Silbernitrat-Lösung her: Wiege 0,5g Silbernitrat ab (entspricht einer Spatel- bzw. Messerspitze, falls du keine Feinwaage zur Hand hast) und gib 30ml destilliertes Wasser hinzu. Diese Lösung kann in einer braunen Flasche aufbewahrt werden.
  • Bereite eine Diamminsilber-Lösung vor: Fülle so viel Silbernitrat-Lösung ab, wie du heute zum Verspiegeln brauchst (diese Lösung darf nicht aufbewahrt werden!). Gib mit einer Pasteur-Pipette verdünnte Natronlauge hinzu, bis graubraunes Silberhydroxid die Lösung trübt. Dann tropfe Ammoniak-Lösung (nicht einatmen, draussen arbeiten!) hinzu, bis sich die Trübung vollständig auflöst. Gut umrühren oder schwenken, damit sich alles gut vermischt!
  • Heize das Leitungswasser im Topf auf 70 – 100°C (also beinahe oder leicht kochend).
  • Löse inzwischen den Aufhänger der zu verspiegelnden Glaskugel und gib erst 30ml Diammin-Silber-Lösung, dann ca. 20ml Glucoselösung in die Kugel. Wenn du kein Becherglas mit Giesse hast, verwende eine Pipette oder eine Spritze zum sauberen Einfüllen. Setze den Aufhänger anschliessend wieder auf die Kugel.
Glaskugel ohne Verschluss (liegt daneben) – die Porzellanschale passt zufällig auch als Halterung – Glucose und Silbersalzlösung stehen bereit
  • Greife den Hals der Kugel mit der Reagenzglasklemme oder der Greifzange und tauche sie tief in das vorgeheizte Wasser im Topf. Schwenke die Kugel fortlaufend hin und her, damit die Lösung darin sich auf die gesamte Innenfläche verteilen kann. Achte darauf, dass keine Lösung aus der Kugel in das Wasserbad gerät! Wenn das geschieht (das Wasserbard wird in diesem Fall schwarz werden!), darf das Wasserbad nicht mehr in den Ausguss entsorgt werden!
Die (noch klare) Reaktionslösung ist in der Kugel, die Kugel wird in das Wasserbad getaucht. Wenn das Wasser wirklich heiss ist, die Kugel nicht mit der blossen Hand halten!

Die Lösung in der Kugel wird in der Hitze dunkel werden, und innerhalb einiger Minuten wird die Kugelinnenfläche sich erst graugrün trüben, ehe die Fläche silbern metallisch zu spiegeln beginnt!

  • Hebe die verspiegelte Kugel aus dem Wasserbad und lasse sie auf einem alten Handtuch (im Labor: auf einem Korkring) abkühlen. Dann öffne den Aufhänger erneut und giesse die Lösung aus der Kugel in ein Becherglas (Achtung, dieses kann auch verspiegelt werden!) oder in eine weitere Kugel, mit der du nach Zugabe neuer Glucoselösung wie mit der ersten verfährst.


Was in der Kugel im Einzelnen geschieht:

Silbernitrat ist Salz, besteht also aus Kristallen, die sich wiederum aus Ionen zusammensetzen, die sich säuberlich geordnet zu einem Festkörper zusammengelagert haben. Beim Auflösen in Wasser werden diese Ionen voneinander getrennt: (Gleichgewichtsgleichungen!)

Gibt man Natronlauge (NaOH) (oder eine andere Base) hinzu, gelangen OH-Ionen in die Lösung, die sich mit Silberionen zu schwerlöslichem Silberhydroxid (AgOH) zusammenlagern:

Des weiteren zugefügte Ammoniak-Moleküle führen zur Enstehung von Diamminsilber-Ionen:

Da es sich bei den Reaktionen zum dynamische Gleichgewichte handelt, führt der Verbrauch von Silberionen für Reaktion (3) dazu, dass Reaktion (2) rückwärts läuft, um den Verbrauch auszugleichen: Das Silberhydroxid löst sich wieder auf (Monsieur Le Châtelier erklärt das Geheimnis des chemischen Gleichgewichts auf dem Flughafen genauer).

Gibt man Glucose zu einer Lösung mit OH– und Silber-Ionen, wird die Glucose (C5H11O5CHO(aq)) zu Gluconsäure (C5H11O5COOH) oxidiert. Dabei gibt ein Glucose-Molekül zwei Elektronen (e) ab:

Diese Elektronen werden von Silber-Ionen aufgenommen, welche auf diese Weise reduziert werden:

Jedes Glucose-Molekül kann also zwei wasserunlösliche Silber-Atome erzeugen, die sich fein verteilt irgendwo aus der Lösung absetzen:

Schwenkt man die Lösung in einem Glasgefäss bzw. einer Christbaumkugel, während die Reaktion abläuft, verteilen sich die Silberatome somit gleichmässig auf der Glasoberfläche, sodass das Glas mit einer Spiegelfläche überzogen wird.

Christbaumkugel mit und ohne Silberspiegel
Links die unbehandelte Ersatzkugel, rechts die verspiegelte Kugel!

Silberspiegel von aussen und als Tollens-Probe

Anstatt das Reaktionsgemisch in die Kugel zu geben, könnte man auch eine grössere Menge davon herstellen und die Kugeln hineintauchen. So würde ein Silberspiegel auf der Kugelaussenseite entstehen. In der Industrie bietet sich das auch an, weil sich das Eintauchen leichter automatisieren lässt. Angesichts der ätzenden und umweltgiftigen Wirkung der verwendeten Chemikalien ist das Verspiegeln von innen im Heimlabor jedoch sparsamer und sicherer.

Denn: Je weniger gefährliche Chemikalien wir verwenden, desto weniger müssen wir entsorgen!

Die Erzeugung eines Silberspiegels wurde früher – und heute häufig zur Demonstration im Schulunterricht – auch als Nachweis für die als Reaktionspartner notwendigen Aldehyde verwendet. In diesem Zusammenhang wird die Reaktion dann „Tollensprobe“ und die alkalische Diamminsilber-Lösung „Tollens Reagenz“ genannt – beides nach dem Agrikulturchemiker Bernhard Tollens, der sich seinerzeit mit der Chemie von Zuckern – also Aldehyden – beschäftigte.

Entsorgung von Chemikalienresten

Festes Silbernitrat und ammoniakfreie (!) Silbernitratlösung können im geschlossenen Originalbehälter fern von Kinderhänden und Licht langfristig aufbewahrt werden.

Sobald eine Silbernitrat-Lösung Ammoniak enthält, muss sie umgehend (das heisst im Verlauf des Versuchs, zu dem sie angesetzt wurde) vollständig zur Reaktion gebracht werden! Verwende die Lösung also munter für mehrere Kugeln, bis sich kein Silber mehr absetzt und gib zum Schluss noch einmal reichlich Glucose dazu, damit sicher alles reduziert ist.

Aus einer Diamminsilber-Lösung kann beim Eintrocknen nämlich Silbernitrid (Ag3N) entstehen – ein Salz, das bei grober Handhabung (z.B. beim Aufschrauben eines damit verkrusteten Flaschendeckels) schnell und heftig explodieren kann!

Sammelt schliesslich alle Restlösungen in braunen Flaschen – dabei darf das vollständig reduzierte verbrauchte Reaktionsgemisch nicht mit Silbernitratresten vermischt werden, denn es kann immernoch Ammoniak enthalten! – und bringt sie zur Chemikalienabfall- (Sondermüll-) Sammelstelle!

Wer im Labor einen Abzug mit geeigneter Filteranlage zur Verfügung hat, kann die Reste der Lösungen nach der Reduktion des Diamminsilbers im geschlossenen Abzug eindampfen und die Rückstände im Behälter für feste Schwermetall-Abfälle entsorgen.

Und habt ihr schon einmal Christbaumkugeln verspiegelt? Die Tollens-Probe in anderem Zusammenhang gemacht? Oder sogar diese Versuchsanleitung ausprobiert?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Hermetosphäre

Neulich stiess ich im Netz auf ein erstaunliches Bild: Ein Glasgefäss, vielleicht eine alte Vorratsflasche aus einer Apotheke, mit geschlossenem Deckel – und darin eine atemberaubende Miniaturausgabe eines Regenwaldes! Pflanzen in einem geschlossenen Glasgefäss? Können die, eingesperrt und getrennt vom Rest der Welt, darin überhaupt überleben? Man hört ja nur allzu oft von schaurigen Formen der Tier-„Haltung“ unter ähnlichen Bedingungen…

Zu jenem Bild gehörte glücklicherweise ein Link. Und der führte mich auf die Website von Ulf Soltau, seines Zeichens Diplom-Biologe, welcher dort zeigt: Ja, sie können! Und das ganz ohne Pflanzenquälerei!

Solch ein ungewöhnliches, an Fantasien von einer Mission zum Mars erinnerndes Pflanzgefäss trägt zudem einen Namen, der einer Science-Fiction-Welt wahrlich angemessen klingt: Hermetosphäre.

Die Beschreibung „hermetisch abgeschlossen“ ist euch sicher geläufig – er leitet sich von Hermes Trismegistos, dem Urvater der Alchemie, ab und trifft auf das Innere einer Hermetosphäre tatsächlich so weit wie möglich zu. „Sphäre“ leitet sich vom griechischen Wort für „Kugel“ her, steht hier jedoch eher für „Gefäss“ (auch wenn Ulf Soltau bewiesen hat, dass Hermetosphären auch kugelrund sein können). Dem Namen nach leben diese Pflanzen also tatsächlich in einem fest geschlossenen Gefäss – sind also weder Wind noch Wetter, und nicht einmal der Giesskanne ausgesetzt.

Und das funktioniert – über Jahre hinweg: Eine wirklich alte Hermetosphäre fand den Weg in die Daily Mail – ihr Besitzer hat seine begrünte Flasche über 40 Jahre lang nicht mehr geöffnet!

Aber wie genau kann das funktionieren? Was unterscheidet die Pflanzenwelt im Glas von der, die wir gewöhnt sind? Und wie könnt ihr euch eine eigene Hermetosphäre anlegen?

 

Stoffe auf der Erde werden im Kreis herumgereicht

 

Im Grunde genommen ist der Flaschen-Urwald gar nicht so ungewöhnlich. Schliesslich ist die Erde selbst eine gewaltige Hermetosphäre (zumindest annähernd), die von der Gravitation zusammengehalten durch die isolierende Leere des Weltalls kreist. Die Stoffe, aus welchen die Erde – einschliesslich des Lebens an ihrer Oberfläche – besteht, kreisen ebenfalls: Keine Verbindung, kein Molekül auf der Erde ist wirklich beständig. Vielmehr werden die Atome darin stets von einer Daseinsform an die nächste weiter gereicht. Und nach der letzten Station folgt wieder die erste.

Der Kohlenstoffkreislauf

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Einer der wichtigsten dieser Kreisläufe für das Leben ist der des Kohlenstoffs. Sämtliche organischen Verbindungen enthalten Kohlenstoff, und aus organischen Verbindungen bestehen alle Lebewesen. Der meiste Kohlenstoff ist jedoch in der Erdkruste gebunden – in Form von Kalk (CaCO3) und anderen Carbonaten. Besonders Kalk ist aber in geringen Mengen wasserlöslich und kann von fliessendem Wasser und etwas Geduld aus dem Gestein gewaschen werden (Verwitterung): Steter Tropfen höhlt eben den Stein.

Wenn Calciumcarbonat in Wasser gelöst wird, entsteht Kohlensäure, deren Moleküle nicht stabil sind:

.

Aus der Kohlensäure entsteht Kohlenstoffdioxid, welches im Zuge der Verdunstung von Gewässern in die Atmosphäre gelangen kann (die besteht in Bodennähe zu 0,03% aus Kohlenstoffdioxid). Beide Reaktionen sind ohne weiteres umkehrbar (und damit Teile von chemischen Gleichgewichten), sodass Kohlenstoffdioxid in Regenwasser gelöst zum Erdboden zurückgelangen und neuen Kalk – neues Gestein – bilden kann (Sedimentation).

Noch spannender als dieser anorganische Kohlenstoffkreislauf ist der organische Kreislauf, der mit dem Anorganischen in Verbindung steht, aber Lebewesen mit ins Spiel bringt. Am Anfang dieses Kreislaufs stehen solche Lebewesen, die aus anorganischen Kohlenstoff-Verbindungen organische Verbindungen herstellen können. Die Biologen nennen sie Produzenten (P) – dazu gehören vornehmlich die Pflanzen, Algen und einige Bakterien. Und zwar die Grünen unter ihnen. Die betreiben nämlich Photosynthese.

In den Chloroplasten, jenen Zellbestandteilen, die die Pflanzen grün erscheinen lassen, können Pflanzen Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser zu Glucose (Traubenzucker)  und anderen Kohlenhydraten umbauen:

Diese Reaktion erfordert Energie, die das Licht liefert, welches auf die Grünpflanzen mit ihren Chloroplasten fällt. Bei der Synthese von Glucose mit Hilfe von Licht wird diese Energie in den Glucose-Molekülen zwischengespeichert. Wenn nun andere Lebewesen (Konsumenten, K) die Pflanze mitsamt der Glucose fressen, können ihre Zellen die Glucose zerlegen und die darin gespeicherte Energie nutzbar machen:

Den dazu nötigen Sauerstoff (welchen Pflanzen an die Luft abgeben) atmen diese Lebewesen ein, das Kohlenstoffdioxid atmen sie aus, sodass es von Pflanzen wieder zu Glucose verarbeitet werden kann.

Wenn Pflanzen jedoch absterben, bevor sie gefressen werden, gibt es eine Reihe von Lebewesen – Pilze, einige „niedere“ Tiere und viele Kleinstlebewesen (Mikroorganismen) – welche die Überreste abgestorbener Pflanzen (und Tiere) vollständig in anorganische Kohlenstoffverbindungen zerlegen – die Biologen nennen sie deshalb Zersetzer oder „Destruenten“ (D).

Zu den anorganischen Kohlenstoffverbindungen zählen das Kohlenstoffdioxid, die Kohlensäure und ihre Salze, die Carbonate. In Form von Kohlenstoffdioxid findet der Kohlenstoff so zur Photosynthese in Pflanzen zurück – der Kreislauf schliesst sich.

 

Der Stickstoffkreislauf

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Ebenso wichtig für Lebewesen wie Kohlenstoff ist auch das Element Stickstoff, welches Bestandteil vieler Biomoleküle, zum Beispiel von Aminosäuren, Proteine, DNA und anderer ist. Die Erdatmosphäre besteht zu rund 78% aus Stickstoff in N2-Molekülen. Die beiden Stickstoff-Atome darin sind jedoch über eine Dreifachbindung sehr fest aneinander gebunden, sodass sie für die meisten Lebewesen nicht nutzbar sind.

Zum Glück haben sich einige Bakterienarten auf die Zerlegung von Stickstoffmolekülen unter grossem Energieaufwand (Stickstofffixierung) spezialisiert. Sie leben in Symbiose mit vielen Pflanzen und stellen aus Luft-Stickstoff Ammoniak her:

Pflanzen können Stickstoff aus Ammonium-Ionen (NH4+), die in Gegenwart von Wasser oder anderen Säuren aus Ammoniak entstehen, direkt in eine vorhandene Aminosäure einbauen „assimilieren“ und anschliessend neue Aminosäuren daraus herstellen:

Da die Pflanzen aber, um Ammonium in ihre Wurzeln aufzunehmen, für jedes NH4+ ein H+-Ion abgeben müssen und damit Gefahr laufen „ihren“ Boden zu versäuern, bevorzugen sie häufig Stickstoff in Form von Nitrat-Ionen (NO3), die sie in Wasser gelöst ohne Zutun „trinken“ können. Die Nitrat-Ionen liefern verschiedene Bakterienarten, die Ammoniak oxidieren können:

Einmal aufgenommen werden die Nitrat-Ionen in den Pflanzen wieder zu Ammoniak bzw. Ammonium-Ionen reduziert und zur Herstellung von Aminosäuren verwendet. Und die werden gebraucht, damit eine Pflanze neue Proteine herstellen und wachsen kann. Deshalb verwenden Gärtner, die nicht darauf warten mögen, dass all die Bakterien im Boden ihre Arbeit tun, Nitrate oder Ammoniumverbindungen als Dünger.

Aus den organischen Bestandteilen absterbender Pflanzen kann schliesslich von den Destruenten unter den Lebewesen Ammoniak abgespalten werden (Ammonifikation), der seinen Weg zurück in den organischen Stickstoffkreislauf findet. Andere Mikroorganismen können hingegen Nitrat-Ionen bis zum elementaren Stickstoff (N2) reduzieren (Denitrifikation), der zurück in die Luft gelangt.

 

Wie ein Stoffkreislauf ins Wohnzimmer kommt

Solche Stoffkreisläufe im Grossen finden auch im Kleinen – in der Hermetosphäre statt! Die Pflanzen entnehmen ihrer Umgebung die Stoffe, die sie zum Leben brauchen, und geben sie früher oder später an ihre Umgebung zurück. Und da zwischen dem Inneren des Glases und der Aussenwelt kein Stoffaustausch stattfindet, geht letztlich nichts verloren. Einzig Energie muss solch einem System regelmässig zugeführt werden um der Thermodynamik gerecht zu werden. Und diese Energie gelangt hauptsächlich in Form von Licht ins Glas.

Um einen Kohlenstoff- bzw. Stickstoffkreislauf in einfachster Form im Kleinen zu betreiben, brauchen wir also:

  1. Luft, die Stickstoff und Sauerstoff, sowie ein wenig Kohlenstoffdioxid enthält
  2. Grünpflanzen als Produzenten, die aus anorganischem Material organische Verbindungen aufbauen können
  3. Bakterien und andere Klein- und Kleinststlebewesen, die organisches Material zu anorganischen Verbindungen abbauen und gegebenenfalls die Aufbereitung von Stickstoff übernehmen können
  4. Wasser als allgegenwärtiges Lösungsmittel und Rohstoff für die Photosynthese
  5. Licht als Energiequelle

Konsumenten stehen nicht auf der Liste. Die würden auch mehr Platz brauchen, als eine handliche Hermetosphäre zu bieten hat. Doch wer sorgt dann dafür, dass die Pflanzen nicht irgendwann das wenige CO2 in der Hermetosphären-Luft aufbrauchen und sie dafür mit Sauerstoff anreichern?

Die vorhandenen Kleinstlebewesen werden das kaum schaffen. Aber das müssen sie auch gar nicht. Pflanzen atmen nämlich ebenso wie alle anderen „aeroben“ Lebewesen auch! Sie haben zwar keine Lungen, aber in Pflanzenzellen gibt es ebenso Mitochondrien, wie in den Zellen von Mensch und Tier. Diese kommen vor allem nachts zum Zuge, wenn keine Photosynthese stattfindet. Dann nämlich nehmen Pflanzen über ihre Oberfläche Sauerstoff auf, um damit in ihren Mitochondrien Glucose zu „verheizen“ und Energie zu gewinnen.

So kann eine Hermetosphäre gut auf atmende Konsumenten verzichten, ohne dass die Luftzusammensetzung entgleist.

Das gilt übrigens auch für sogenannte fleischfressende Pflanzen (Carnivoren), die mit ausgeklügelten Fallen kleine Tiere festhalten und verdauen können. Diese tierische Nahrung dient den Carnivoren nämlich als zusätzliche, aber nicht als einzige Stickstoffquelle – sie können ihre Nährstoffe auch auf herkömmlichem Weg gewinnen.

 

Die Hermetosphäre zum Selbermachen

Eine Hermetosphäre lässt sich leicht selbst anlegen. Folgendes wird dafür benötigt:

Material

  • Ein fest verschliessbares Gefäss aus Glas oder durchsichtigem Kunststoff: eine möglichst weite Öffnung macht Bepflanzung und Pflege einfach. Das Material sollte farblos sein, da farbige Gläser oder Kunststoffe für die Pflanzen wichtige Lichtbestandteile herausfiltern (mehr zu Licht und Farben)! Meine Hermetosphäre auf dem Artikelbild ist in einem ca. 2-Liter-Vorratsglas mit Dichtungsring angelegt.
  • Material für den Untergrund („Substrat„), auf dem die Pflanzen wachsen können: Um zu gewährleisten, dass die Stroffkreisläufe funktionieren, ohne dass die Bodenzusammensetzung oder gar der pH-Wert zu stark verändert werden, sollte das Substrat möglichst unbeteiligt am Gesamtgeschehen bleiben. Das heisst vor allem: Es darf möglichst keinen Kalk enthalten! In meiner Hermetosphäre habe ich feinkörnigen Blähton (4 bis 8 mm, für Hydrokultur-Pflanzen, erhältlich im Baumarkt oder Gartencenter) verwendet. Erfahrene „Hermenauten“ schwören auch auf Lavagranulat. Beide sind formbeständig und gut durchlässig für Luft und Wasser. Dünger gehört übrigens nicht in eine Hermetosphäre – die damit zusätzlich verfügbaren Stickstoff-Verbindungen würden nur dazu führen, dass die Pflanzen über ihr verfügbares Raumangebot hinaus wachsen würden!
  • Ein dünnes Stück Filz und zwei Magnete: Ein kleines Filz-Stück wird auf einen der Magnete geklebt und von innen an die Gefässwand gelegt. Der zweite Magnet wird von aussen angebracht, sodass er den ersten anzieht und festhält. Dieser „Scheibenwischer“ kann am äusseren Magneten über die Gefässwand bewegt werden und die Innenseite reinigen, ohne dass das Glas geöffnet werden muss. Für mein Vorratsglas waren zwei „Supermagnete“ (aus Neodym-Eisen-Bor („NdFeB“), auch die gibt es im Baumarkt – sie sind etwas teurer als einfache Kühlschrankmagnete) nötig, da zwei Kühlschrankmagnete sich durch die dicke Glaswand nicht fest genug anziehen. Der kleine Durchmesser (ca. 5 mm) der Magnete erlaubt zudem, den Scheibenwischer um die Kanten des Gefässes herum zu schieben!
    Magnet-Scheibenwischer

    Magnet-Scheibenwischer von aussen

  • Geeignete Pflanzen: In einer Hermetosphäre herrscht ständig eine Luftfeuchtigkeit von praktisch 100% und es wird darin fast unweigerlich lauschig warm. Unter solch extremen Bedingungen fühlen sich vornehmlich tropische Pflanzen wohl. Im Fachhandel für Terrarienbedarf findet man solche, wie auch manchmal bei Verkaufs-Aktionen von botanischen Gärten. Ich habe im Gartencenter eine kleine Mosaikpflanze (Fittonia) und eine nur 10 bis 12 cm hohe Alocasia (dem Aussehen nach) entdeckt. Erstere steht auf Ulf Soltaus Liste möglicher Hermetosphären-Bewohner, letzterer bin ich (in der grossen Version) schon häufiger in feucht-warmen Gewächshäusern begegnet.
  • Zersetzer (Destruenten): Kleinstlebewesen gibt es in einer Hermetosphäre unweigerlich. Ohne sie würde die Welt in der Flasche auch nicht funktionieren, weshalb es wenig Anlass gibt, den Eintrag von Bakterien und anderen Winzlingen bei der Bepflanzung bewusst zu vermeiden. Um den Kleinsten die Arbeit zu erleichtern, können weisse Asseln oder tropische Springschwänze sehr hilfreich sein. Beide Arten sind nur wenige Millimeter gross und ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenteilen und Schimmelpilzen! Man bekommt sie im Fachhandel für Terrarienbedarf, da sie als Putzkolonne für Tropen-Terrarien ebenso beliebt sind wie als Snack für zwischendurch für deren tierische Bewohner. Ich habe weisse Asseln im Netz bei einem Fachhändler für Amphibienhaltung bestellt. In der kalten Jahreszeit ist das jedoch riskant (tropische Tiere haben es nicht gerne kalt), sodass man die Tierchen dann besser direkt beim Händler abholt.
  • Dekoration: Zur Gestaltung von Hermetosphären können verschiedene, witterungsbeständige Materialien zum Einsatz kommen: nicht-kalkhaltige Steine (z.B. Basalt), trockenes, nicht moder-anfälliges Holz oder Xixam-Platten (Baumfarn-Material, im Terrarien-Fachhandel erhältlich) sind nur einige Beispiele. Aus Platzgründen habe ich zunächst auf weitere Dekoration verzichtet.
  • Nützliches Werkzeug: Eine lange Küchenpinzette kann das Bepflanzen tiefer Gefässe erheblich vereinfachen. Eine Ballbrause, wie Bonsai-Züchter sie verwenden, kann zur Reinigung von Glaswänden bzw. zur anfänglichen Bewässerung dienen.

 

Eine Hermetosphäre einrichten:

Die folgende Anleitung beschreibt, wie ich meine erste Hermetosphäre eingerichtet habe, angelehnt an die ausführliche Beschreibung von Ulf Soltau:

  1. Reinige das Glasgefäss aussen und innen gründlich und spüle es mit klarem Wasser aus.
  2. Gib das Substrat (z.B. den Blähton) in ein Küchensieb und spüle unter fliessendem Wasser den Staub ab. Fülle das Glasgefäss zu 10 – 20% in zwei Etappen mit dem (nassen) Substrat:
  3. Nachdem du zwei Drittel des Substrats eingefüllt hast, kannst du die Pflanzen mit der Pinzette oder geschickten Händen (bei grosser Gefässöffnung) platzieren. Da meine Pflanzen vom Gartencenter in Erde kamen, habe ich diese zuvor vorsichtig entfernt und die Wurzeln ebenso vorsichtig unter fliessendem Wasser abgespült. Mit dem letzten Drittel des Substrats bedecke die Wurzeln.
  4. Bodendecker und Moose legst du einfach auf das Substrat.
  5. Je nach Geschmack kannst du die Hermetosphäre mit Dekoration versehen.
  6. Wenn die Glaswände beim Bepflanzen verschmutzt worden sind, kannst du sie mit der Ballbrause abspülen. Wenn sich dabei zu viel Wasser im Gefäss sammelt, lasse es einige Tage offen stehen, bis das überflüssige Wasser verdunstet ist.
    Ulf Soltaus Faustregel: Die richtige Wassermenge ist erreicht, wenn das Substrat nass, aber kein Wasser am Gefässboden sichtbar ist!

    Da ich Substrat und Pflanzen nass eingebracht habe und die Wände sauber blieben, musste ich weder Wasser zugeben noch verdunsten lassen.

  7. Setze die Zersetzer ein: Ich habe einige weisse Asseln mitsamt etwas von ihrem Zucht-Substrat (in welchem sie geliefert wurden) auf einem langen Löffel gesammelt und auf dem Boden meiner Hermetosphäre platziert. Die Tierchen verkriechen sich zudem gerne unter Rindenstückchen, die dann mitsamt der Asseln in die Hermetosphäre gelegt werden können. Ich habe die Asseln übrigens problemlos erst einige Tage nach dem Einrichten der Bepflanzung eingesetzt.
  8. Wenn alles beisammen ist und der Wassergehalt stimmt, schliesse das Gefäss und stelle es an einem möglichst hellen Ort auf. Direkte Sonneneinstrahlung ist aber unbedingt zu vermeiden, da die Sonne die Hermetosphäre innerhalb weniger Minuten stark aufheizt!

Hermetosphäre ganz

Pflege einer Hermetosphäre

Die kleine Welt in der Hermetosphäre ist erhält sich weitestgehend selbst: Wasser und Nährstoffe werden in geschlossenen Kreisläufen herumgereicht. Die Bevölkerung mit Zersetzern passt sich dabei der Gefässgrösse und dem Nahrungsangebot an.

Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass gleich am Anfang einzelne Blätter absterben. Diese kammst du dann mit der Pinzette entfernen, um eine Belastung durch organischen Abfall gering zu halten.

Eine Hermetosphäre muss daher weder gegossen noch gefüttert oder gar gedüngt werden. Da sich jedoch unweigerlich Kondenswasser an den Glaswänden niederschlagen wird (vornehmlich an den kühleren, oft einem Fenster zugewandten Seiten), solltest du das Gefäss regelmässig drehen. So bekommen die Pflanzen gleichmässig von allen Seiten Licht, und Algenbildung an immer feuchten Wänden kann vorgebeugt werden. Zusätzlich kannst du die Wände jederzeit mit dem Magnet-Scheibenwischer reinigen.

Darüber hinaus kannst du deine Stoffkreisläufe im Glas nun einfach bestaunen und die Entwicklung der Hermetosphäre beobachten. Einzig etwa einmal im Jahr solltest du den Wassergehalt zu überprüfen und gegebenenfalls nachfüllen. Denn Wassermoleküle sind so winzig, dass sie früher oder später durch jede noch so kleine Ritze entweichen können.

 

Fazit

Meine Pflanzen fühlen sich nach 5 Tagen in der Hermetosphäre noch sichtlich wohl. Ich hoffe nun sehr, dass mir die Alocasia (die ich eigentlich sehr viel grösser kenne) nicht über den Kopf wachsen wird (sollte sie dank begrenztem Stickstoff-Vorrat eigentlich nicht können). Falls doch, werde ich mich irgendwann nach einem grösseren Glas umsehen müssen…

Die weissen Asseln zeigen sich seit dem Einsetzen nicht mehr. Das ist jedoch kein Wunder, sind sie doch nur im Dunkeln richtig aktiv. Es scheint mir aber, sie machen an einigen angeschlagenen Blatträndern der Fittonia durchaus ihren Job.

Ich bin nun sehr gespannt, wie diese Welt im Glas sich entwickeln wird. Wenn es Neues gibt, werde ich hier ein „Update“ hinterlassen. Und ich bin sicher, dass diese erste Hermetosphäre nicht meine Einzige bleiben wird!

Und habt ihr auch schon einmal eine Hermetosphäre angelegt? Oder habt ihr es vor? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?