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Glasreiniger - Streifenfrei auch ohne Ammoniak

Die spannenden Antworten, die ich einer Leserin zur Wirkweise von WC-Reinigern gab, haben eine weitere Verfolgerin dazu bewegt, auch gleich nach der Funktion eines anderen Putzmittels zu fragen: Wie funktioniert ein Glasreiniger?

Wenn wir sauber machen, benutzen wird fast überall Seifen – denn die Superwaschkraft der Tenside darin ist einfach unschlagbar. Beinahe jedenfalls. Doch wer schon einmal Fenster geputzt hat, kennt ein leidiges Phänomen: Streifen an den Scheiben. Die entstehen entweder aus nicht gänzlich entferntem Schmutz – oder sind ein Souvenir, das die oberflächenliebenden Tenside uns hinterlassen.

Deshalb scheinen Glasreiniger anders zu funktionieren als gewöhnliche Seife, die man nach der Verwendung gründlich abwaschen muss: Einmal rasch aufgesprüht lösen sie den Schmutz ratzfatz, und nach dem Abwischen verschwinden die verbleibenden Streifen innerhalb von Sekunden. Was aber macht Glasreiniger so besonders?

 

Was im Glasreiniger drin ist

Wer Glas streifenfrei reinigen möchte, braucht eine Substanz, die sowohl ein Talent zum Schmutzlösen hat, als auch leicht und rückstandslos entfernbar ist. Deshalb enthalten Glasreiniger in der Regel

  • Organische Lösungsmittel: Ethanol oder/und andere Alkohole mit ähnlichen Eigenschaften. Organische Lösungsmittel können, was ihr Name verspricht: In ihnen lösen sich viele Stoffe leicht auf, die sich in Wasser weniger leicht lösen. Alkohole aus kleinen Molekülen lassen sich trotzdem leicht mit Wasser mischen, sodass man gemeinsam mit Wasser verwenden kann. Dabei setzen Alkohole die Oberflächenspannung von Wasser herab, sodass nicht nur sie selbst, sondern auch das Wasser schnell verdunsten kann: Flüssigkeitsreste verschwinden schnell vom Glas.
  • Wenig oder gar keine Seife: Die würde ja Streifen hinterlassen. Deshalb wird in Glasreinigern weitgehend darauf verzichtet.
  • Duftstoffe
  • Konservierungsmittel
  • Farbstoffe
  • Manche Glasreiniger enthalten zudem Ammoniak, dem eine zusätzliche Reinigungskraft zugeschrieben wird.

 

Alkohole sind umweltfreundlicher als Seifen

Organische Lösungsmittel haben vielerorts ein anrüchiges Image – aber keine Panik: Diese Stoffe sind nicht immer so schlimm, wie ihnen nachgesagt wird. Das gilt ganz besonders für Ethanol – den uns wohlbekannten Trink-Alkohol – und seine Verwandten. Die sind nämlich viel umweltverträglicher als viele Tenside in Seifen!

Als natürlicher Bestandteil vieler lebender Systeme (viele Kleinlebewesen stellen im Zuge der alkoholischen Gärung Ethanol selbst her und noch mehr – uns Menschen eingeschlossen – können ihn verstoffwechseln) ist Ethanol, anders als viele Tenside, leicht biologisch abbaubar.

In hoher Konzentration verursacht Ethanol allerdings nicht nur uns einen Kater oder schlimmeres, sondern ist auch für viele Kleinstlebewesen tödlich – was ihn zu einem beliebten Desinfektionsmittel macht. So sollten Glasreiniger auf Ethanol-Basis ohne weitere Konservierungsmittel auskommen können.

Denn die Duftstoffe und Konservierungsmittel in vielen Glasreinigern sind die gleichen zweischneidigen Schwerter wie in anderen Reinigungsmitteln, sodass mit solchen Zusätzen auch ein Glasreiniger nicht pauschal als „vollkommen harmlos“ angesehen werden kann.

 

Warum Duftstoffe bedenklich sind

Duftstoffe leisten keinen direkten Beitrag zur Funktion des Reinigungsmittels: Sie reinigen nicht. Stattdessen sollen sie dem Produkt einen angenehmen Duft verleihen, welcher dem Konsumenten vermitteln soll, dass die Anwendung ungefährlich, angenehm, mit Sauberkeit und „Frische“ und damit mit Gesundheit verbunden ist. Im „schlimmsten“ Fall werden dabei sogar unangenehme Gerüche überdeckt, die andernfalls dem Körper als (lebens-)wichtige Warnung dienen: Ich stinke, also bin ich ungesund.

In Reinigungs- und anderen Produkten ist eine Vielzahl verschiedener Duftstoffe im Einsatz, die – praktisch alle körperfremd – auch gleich eine Vielzahl möglicher Allergieauslöser darstellen. Und das gilt für „naturnahe“ bzw. natürliche ätherische Öle ebenso wie für Molekül-Kreationen aus dem Labor, wie ich hier näher erläutert habe.

Ebenso besonderes Augenmerk verdienen Konservierungsmittel: Die können nicht nur ebenso Allergien auslösen wie Duftstoffe. Sie sind überdies dem Leben nicht zuträglich – zwangsweise, denn sie sollen ja verschiedenste Kleinstlebewesen daran hindern, in unseren angebrochenen Putzmittel-Flaschen zu hausen und zu gedeihen. Das Problem dabei ist, dass viele solcher „Biozide“ – lebensvernichtende Stoffe – auch für menschliche Zellen giftig sind.

Wenn wir Reinigungsmittel in normalem Umfang dafür benutzen, wozu sie gedacht sind, werden wir kaum eine gefährliche Dosis solcher Konservierungsmittel abbekommen. Die Dämpfe solcher Produkte einzuatmen empfiehlt sich trotzdem nicht. Denn was für die Vernichtung unliebsamer Kleinstlebewesen geschaffen ist, wird auch vor den unverzichtbaren Bewohnern unserer Haut und Schleimhäute nicht Halt machen. Wer viel putzen muss, ist deshalb nicht nur möglicher Allergien wegen mit Handschuhen gut bedient.

 

Ammoniak – Warum dieser Inhaltsstoff die Geister scheidet

Manche Glasreiniger enthalten neben Alkoholen oder anderen Reinigungskünstlern Ammoniak (der gern auch als „Salmiak“ umschrieben wird). Ammoniak, NH3, ist ein Gas, das sich sehr gut in Wasser löst. Die wässrige Lösung, heute Ammoniak-Wasser genannt, war vor allem früher als Salmiakgeist bekannt.

Ammoniak ist eine Base: Beim Lösen in Wasser kann ein Ammoniak-Molekül ein H+-Ion von einem Wassermolekül aufnehmen („aq“ im Index deutet an, dass das betreffende Teilchen in Wasser gelöst ist):

Unter den alten Sammelbegriff „Salmiak“ fallen deshalb auch die Salze des Ammonium-Ions NH4+, wie sie zum Beispiel in Salmiakpastillen vorkommen! Anders als Ammoniak sind Ammoniumsalze, wenn man sie in Wasser löst, jedoch sehr schwache Säuren (das Ammonium-Ion muss schliesslich ein H+-Ion abgeben, damit daraus Ammoniak entstehen kann) – haben also ganz andere Eigenschaften!

In einer Ammoniak-Lösung liegen stets Ammoniak-Moleküle und Ammonium-Ionen zugleich vor: Ammoniak ist eine relativ schwache Base. Das bedeutet aber auch, dass sich stets gelöste Ammoniak-Moleküle im Gleichgewicht mit gasförmigem Ammoniak befinden.

Diese Moleküle können wir riechen, sodass eine Ammoniak-Lösung durch ihren mehr oder weniger stechenden Geruch auffällt.

Eine Base als Reinigungsmittel

Die Basizität ist wohl auch der Grund für die „reinigungsverstärkende“ Wirkung des Ammoniaks. Denn die Gegenwart von Basen, genauer gesagt OH-Ionen, führt dazu, dass verschiedene grössere Biomoleküle leicht in kleinere, einfach abwaschbare Bruchstücke zerfallen. Fette beispielsweise sind mittelgrosse, wasserunlösliche Moleküle, die zu den Estern gehören und deshalb in Gegenwart von Basen gespalten werden. Die Bruchstücke – Glycerin und Fettsäuren – lassen sich leicht mit Wasser oder Ethanol aufnehmen. Auch Eiweisse, d.h. Proteine, werden in Gegenwart von Basen leicht hydrolysiert, also in Bruchstücke bis hin zu ihren Aminosäuren zerlegt.

Das Problem: Ammoniak ist giftig

  • Wie alle stärkeren Säuren und Basen wirkt Ammoniak ätzend – auch auf unsere Schleimhäute – und kann, wenn es eingeatmet wird, im schlimmsten Fall ein Lungenödem verursachen.
  • Ammoniak ist ausserdem ein Nervengift, das je nach Konzentration zu neurologischen Ausfällen, Koma und Tod führen kann.
  • Da es sich um ein Gas handelt, das aus der wässrigen Lösung leicht flüchtig ist und sich im Wasser auf unseren Schleimhäuten erneut lösen kann, ist Ammoniak schwer unter Kontrolle zu halten.
  • Ammoniak ist sehr giftig für Wasserorganismen: In natürlichen Gewässern sind praktisch immer Ammoniumionen zugegen (denn die Lebewesen darin scheiden sie als Stoffwechselabfall aus). Wenn eine Base wie Ammoniak-Lösung da hinein gerät, wird der pH-Wert angehoben (d.h. es gibt vermehrt OH -Ionen und damit wenig H+-Ionen im Wasser). Gemäss Le Chateliers Prinzip des kleinsten Zwangs wird dadurch das Gleichgewicht zwischen Ammonium-Ionen und Ammoniak, das natürlicherweise weit auf der Seite von NH4+ liegt, auf die Seite von NH3 – Ammoniak – geschoben:
  • Und Ammoniak ist auch für viele Wasserlebewesen bis hin zu Fischen giftig – ganz davon abgesehen, dass sich die meisten Lebewesen bei einem erhöhten pH-Wert ohnehin nicht wohlfühlen werden.

Es gibt also genug Gründe, um auf Ammoniak in Reinigungsmitteln zu verzichten.

 

Wie du dem Ammoniak aus dem Weg gehen kannst

Das ist eigentlich ganz leicht: Ammoniak hat einen extrem unangenehmen, stechenden Geruch – wenn du einem solchen begegnest, hör auf das Fluchtsignal deines Körpers und gehe auf Abstand.

Ich habe mal vielleicht 100-200 Milliliter konzentrierte Ammoniak-Lösung in einem Labor-Abzug (einem per Schiebetür verschliessbaren Kleinraum mit eingebauter „Dunstabzugshaube“) verschüttet. Ich musste mich selbst bewusst am Weglaufen hindern und stattdessen den Abzug schliessen, um das Gas an der Ausbreitung zu hindern, bevor ich das Zeug ordnungsgemäss entsorgen konnte!)

Das heisst: Wenn du zur Zeit einen Glasreiniger mit Ammoniak verwendest:

  • Atme den Sprühnebel bzw. die Dämpfe möglichst nicht ein (auch möglicher Duft- und Konservierungsstoffe wegen)-
  • Brauche den Glasreiniger auf. Das ist meiner Meinung nach sinnvoller als Wegwerfen – es sei denn, das Mittel bereitet dir schon gesundheitliche Probleme wie beispielsweise eine Allergie. Dann bringe die Reste zur Sondermüll-Entsorgung: Ammoniak darf nicht ins Abwasser gelangen!

Wenn du einen neuen Glasreiniger kaufen möchtest:

  • Achte darauf, dass der neue keinen Ammoniak (Ammoniak-Wasser, Salmiak, Salmiakgeist,…) enthält.
  • Achte ebenso darauf, dass Stoffe, die dir bereits Allergien auslösen, nicht enthalten sind.
  • Am empfehlenswertesten ist ein Glasreiniger auf Alkohol-Basis (Spiritus-Reiniger).

Glas reinigen mit Hausmitteln

Statt einem Glasreiniger aus dem Supermarkt kannst du auch einfach Brennsprit (Spiritus) in eine Zerstäuberflasche füllen und zum Reinigen verwenden. Statt – wie oft genannt – Zeitungspapier solltest du dabei aber ein Mikrofasertuch zum Wischen verwenden. Das fusselt ebenso wenig und enthält keine Druckerschwärze, die abfärben könnte.

Beim Umgang mit Brennsprit bzw. Spiritus und anderen organischen Lösungsmitteln gilt ausserdem: Kein offenes Feuer in ihre Nähe bringen! Diese Substanzen gehen sehr leicht in Flammen auf: Rauchen oder brennende Kerzen sind beim Fensterputz daher tabu!

Ausserdem gilt auch hier: Dämpfe nicht einatmen – die können benommen oder zumindest Kopfschmerzen machen!

Überdies sind dem Brennsprit aus dem Supermarkt Spuren sehr unangenehm riechender und schmeckender Substanzen wie Denatonium (dem bittersten bekannten Stoff der Welt) oder Butanon (Methylethylketon, MEK) beigemengt. Mit anderen Worten: Der Ethanol ist vergällt. Das lässt vermutlich die meisten Menschen nicht nur Abstand davon nehmen, den Sprit zu trinken um die Alkoholsteuer zu umgehen, sondern auch davon, daran zu schnüffeln. Ich zumindest empfinde den Geruch meines Brennsprits als viel unangenehmer als jenen des wirklich reinen Labor-Ethanols. Somit ergibt sich das „nicht einatmen“ mehr oder weniger von selbst.

 

Wie ich meine Scheiben praktisch streifenfrei sauber bekomme

Ich verwende, der vermutlich vorwiegend aus Alkoholen besteht und keinen Ammoniak enthält (Ausser den Duft- und Konservierungsstoffen sind die Inhaltsstoffe nicht auf der Flasche angegeben. Der pH-Wert ist allerdings laut pH-Streifen neutral (und nicht basisch wie in Gegenwart von Ammoniak) und die Farbstoffe aus dem pH-Streifen lösen sich schnell in der Flüssigkeit (viele wasserunlösliche Farbstoffe lösen sich leicht in organischen Lösungsmitteln). Da der Reiniger beim Aufsprühen leicht schäumt, könnte überdies ein kleiner Anteil Seife enthalten sein).

  • Stark verschmutzte Aussenscheiben besprühe ich mit etwas Glasreiniger und rubble sie gründlich mit einem triefnassen Schwamm ab.
  • Das Alkohol-Wasser-Gemisch ziehe ich dann gründlich mit einem Gummi-Abzieher ab. Ein betagtes, einfaches Markenprodukt leistet mir dabei bessere Dienste als sein No-Name-Gegenstück aus Studentenzeiten.
  • Ganz wichtig: Den Abzieher wische ich nach jedem Zug über die Scheibe kurz an einem Tuch ab, sodass kein Wasser/Reiniger mehr daran klebt, das/der tropfen könnte!
  • Falls doch noch Streifen bleiben, poliere ich mit einem trockenen Mikrofasertuch kurz nach.

Und wie putzt ihr eure Fenster? Welche Glasreiniger verwendet ihr? Und wie wichtig ist euch die Zusatz-Reinigungskraft von Ammoniak?

WC-Reiniger enthalten Säure : Achtung ätzend!

Wie funktioniert WC-Reiniger? Gibt es Hausmittel-Alternativen? Dies sind die Leser-Fragen der Woche.

Die meisten unter euch kennen sie wahrscheinlich – wie ich – als relativ dicke, knallig gefärbte Flüssigkeit aus der Flasche mit dem seltsamen Entenhals. Doch die Mutter aller WC-Reiniger war ein festes Granulat zum Aufschäumen. Farbgebung und Geruch dieser Substanzen lassen auch den Otto-Normalverbraucher erahnen, dass mit ihnen nicht zu spassen ist. Doch was verbirgt sich wirklich dahinter?

Woraus bestehen WC-Reiniger?

Die vielleicht wichtigsten – und oft nicht auf der Verpackung aufgeführten – Bestandteile von flüssigen WC-Reinigern sind Säuren. Das können Salzsäure (HCl), Phosphorsäure (H3PO4) oder Salpetersäure (HNO3) sein. Diese Säuren verleihen dem üblichen WC-Reiniger einen pH-Wert von etwa 1 (ich habe das mit einem einfachen pH-Streifen an dem Reiniger aus der Entenhals-Flasche nachgemessen!), was in etwa unserer Magensäure entspricht.

Dazu kommen Tenside, also „Seife“, Farb- und Duftstoffe sowie irgendeine Form von Verdickungsmittel.

Feste WC-Reiniger-Granulate enthalten zusätzlich Salze wie Soda (Natriumcarbonat, Na2CO3) oder Natron (Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3), die in Wasser mit sauren Bestandteilen reagieren und dabei CO2-Gas freisetzen, welches das Ganze aufschäumen lässt (dieser Effekt lässt sich für spektakuläre Experimente nutzen).

Wie funktionieren WC-Reiniger?

Der wichtigste Wirkstoff in WC-Reinigern ist die Säure. Die reagiert nämlich mit festem Kalk (CaCO3) und Urinstein zu wasserlöslichen Stoffen, die leicht abgebürstet und weggespült werden können.

Von starken und schwachen Säuren

Eine Säure ist ein Stoff, der H+-Ionen abgeben kann. Dabei bleibt zwangsläufig ein Anion übrig, welches theoretisch das oder die H+-Ion(en) wieder aufnehmen kann: Das Anion ist eine Base. Allerdings ist das Bestreben, H+-Ionen abzugeben, nicht bei jeder Säure gleich stark. So gilt, wenn sich zwei Säuren begegnen, die Regel: Die stärkere Säure gibt H+-Ionen an die Anionen der schwächeren Säure ab – und löst diese Anionen dazu notfalls auch aus einem Salzkristall:

Salzsäure (HCl in Wasser)* ist eine starke, Kohlensäure (H2CO3) eine schwache Säure. So führt die Gegenwart von Salzsäure dazu, dass sich die Anionen der Kohlensäure (Carbonat, CO32-) aus dem festen Kalk (einem Ionenkristall) lösen, um je 2 H+-Ionen aufzunehmen. Anders als Calcium- und Carbonat-Ionen sind Calcium- und Chlorid-Ionen gemeinsam in Wasser gut löslich und können einfach fortgespült werden.

*Für jene, die es ganz genau nehmen: Tatsächlich ist Wasser auch eine Base, sodass Chlorwasserstoff-Moleküle (HCl) all ihre H+-Ionen erst einmal an Wasser-Moleküle abgeben:

Das Hydronium-Ion H3O+ ist damit in Wirklichkeit die stärkere Säure in der ersten Reaktion, welche die Kohlensäure aus dem Kalk freisetzt.

Und wer meine früheren Beiträge, zum Beispiel zum Experimentieren mit Natron und Essig, aufmerksam gelesen hat, weiss auch, dass freie Kohlensäure in Wasser nicht beständig ist. Stattdessen zerfällt sie in Wasser und CO2-Gas – ein Umstand, der, wie Le Chatelier auf dem Flughafen zu erklären weiss, das Auflösen von Kalk in Säuren nur mehr fördert.


Und was ist Urinstein?

Urinstein ist ein gelblich-braunes Kristallgemisch, das durch die Reaktion von Urin-Bestandteilen mit im Spülwasser gelöstem Kalk bei basischem, also hohem pH-Wert entsteht. Er kann unter anderem die schwerlöslichen Salze Calcium- und Magnesiumcarbonat, -sulfat, -oxalat, -phosphat, -hydroxid sowie ebenfalls abgelagerten Harnstoff (eine elektrisch ungeladene organische Verbindung) enthalten.

Poröse Ablagerungen von Kalk und Urinstein können Bakterien eine Heimat bieten, die wiederum mit ihren Stoffwechselausscheidungen für einen basischen pH-Wert in ihrer Umgebung sorgen können.

In Gegenwart von Säure lösen sich die Urinstein-Bestandteile jedoch leichter in Wasser, sodass saure WC-Reiniger auch bei der Entfernung von unschönem Urinstein samt enthaltener Bakterien (die in stark saurer Umgebung meist nicht lange überleben) helfen.


Die ausserdem im WC-Reiniger enthaltenen Tenside helfen mit ihrer Super-Waschkraft, angelöste Ablagerungen gänzlich von den Oberflächen im WC zu lösen. Ausserdem verbleiben zähflüssige WC-Reiniger länger auf den verschmutzten Oberflächen als dünnflüssigeres Wasser, sodass die Säuren Zeit zum Reagieren haben.

Die knalligen Warnfarben der WC-Reiniger-Flüssigkeit dienen schliesslich in meinen Augen der Abschreckung: Was giftig blau erscheint, nehmen wir meist instinktiv als „nicht zum Verzehr geeignet“ wahr – und in den Mund genommen oder gar verschluckt können die ätzenden Flüssigkeiten unseren Schleimhäuten und schlimmstenfalls unserem Leben sehr gefährlich werden.

Welche Gefahren gehen von WC-Reinigern aus?

Kontakt mit Umgebung und anderen Reinigern

WC-Schüsseln bestehen in der Regel aus Keramik, die nicht mit Säuren reagiert und daher problemlos damit gereinigt werden kann. Das gilt jedoch nicht für Marmoroberflächen im Bad, kalkhaltige Füllungen von Fliesen-Fugen und einige Kunststoffe und Textilien! Gebt also gut acht, dass eure WC-Reiniger-Flüssigkeit nur dahin gelangt, wo sie hin soll (nämlich in die WC-Schüssel).

Die Säuren im WC-Reiniger können zudem mit starken Basen (zum Beispiel in Abflussreinigern!) unter Freigabe von viel Energie reagieren: Gebt das eine nicht mit dem anderen zusammen – schäumende und spritzende ätzende Flüssigkeit und aufsteigende ätzende Dämpfe wären die gefährliche Folge!

Gebt besonders mit chlorhaltigen Bleichmitteln (Javel-Wasser!) acht: Die Säuren können aus solchen hochgiftiges Chlor-Gas freisetzen! Bringt also niemals Javel-Wasser und WC-Reiniger zusammen!

Gesundheit

Doch auch WC-Reiniger als solche wirken ätzend, aber mindestens reizend auf Haut und Schleimhäute. Haltet sie – wie alle Reinigungsmittel – von Kindern (und allen anderen, bei welchen der Instinkt „knatschbunt ist nicht essbar“ nicht funktioniert) fern. Wenn ihr selbst etwas davon auf die Haut bekommt, spült es rasch mit viel Wasser ab. Bei Schleimhaut-Reizungen entfernt euch von den Dämpfen und geht an die frische Luft. Solltet ihr einen Spritzer in die Augen bekommen, spült sie mehrere Minuten lang gründlich mit Wasser und geht bestenfalls zur Sicherheit zum Augenarzt.

Wenn trotz aller Vorsicht jemand WC-Reiniger verschluckt hat: Ruft in der Giftnotruf-Zentrale (Schweiz, Deutschland, Österreich) an, lasst euch Anweisungen geben und alarmiert schlimmstenfalls gleich den Rettungsdienst. Grundsätzlich gilt nach Verschlucken ätzender Stoffe: Kein Erbrechen herbeiführen, viel Wasser oder anderes Getränk (ohne Kohlensäure, ohne Alkohol) schluckweise trinken.

Umwelt

Nahezu alle Lebewesen sind für eine Umgebung mit mehr oder weniger neutralem pH-Wert (pH = 7) geschaffen. Starke Säuren in grossen Mengen sind also nahezu jedem Leben abträglich – je kleiner die Lebewesen, desto schneller. Je stärker eine Säure verdünnt ist, desto weniger gefährlich ist sie allerdings.

Lasst deshalb unverdünnten WC-Reiniger nicht in die Umwelt gelangen. Braucht ihn möglichst ganz auf – und wenn ihr doch einmal grössere Reste loswerden möchtet, bringt sie zur Sondermüll-Entsorgung. Kleine Reste können mit viel Wasser in den Ausguss gespült werden.

Es ist zwar möglich, WC-Reiniger vor der Entsorgung mit Natriumcarbonat-Lösung oder verdünnter Natronlauge zu neutralisieren, allerdings erfordert das Sicherheitsmassnahmen (Schutzbrille, ggfs. Handschuhe!), eine Möglichkeit, den pH-Wert zu messen, viel Umsicht und einiges an Geschick, sodass dieses Vorgehen im Haushalt kaum praktikabel ist.

Verwendet WC-Reiniger daher grundsätzlich sparsam und spült nach der Reinigung der WC-Schüssel reichlich nach!

Gibt es Hausmittel-Alternativen für WC-Reiniger?

Vor der Markteinführung von WC-Reinigern in den 1950er Jahren wurden WCs mit verdünnter Salzsäure gereinigt. Die ist dünnflüssig und farblos, sodass man ihr ihre ätzenden Eigenschaften äusserlich nicht ansieht. So findet man Salzsäure heute nur noch selten bis gar nicht im Putzmittelregal – dafür aber etwas anderes: Haushaltsessig.

Auch Essigsäure ist eine stärkere Säure als Kohlensäure und in der Lage, Urinstein aufzulösen – wenn sie auch nicht ganz so stark ist, wie die im WC-Reiniger enthaltenen Säuren. Damit eignet sich auch Haushaltsessig – eine Lösung von etwa 10% Essigsäure oder mehr („Essigessenz“) in Wasser – zum Reinigen von WCs, auch wenn man damit vielleicht etwas kräftiger schrubben muss. Denn der dünnflüssige Essig haftet weniger gut auf der Keramik-Oberfläche und reagiert weniger schnell mit den Ablagerungen darauf.

Dafür ist Haushaltsessig generell weniger stark ätzend als Salzsäure und Co und grundsätzlich haut- und umweltverträglicher (im Allgemeinen gelten die gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie für die starken Säuren – die Gefahr ernster Verletzungen ist aber geringer).

Mit Marmor und anderen carbonathaltigen Stoffen reagiert Essig allerdings ebenso wie andere Säuren. Das gilt auch für Javel-Wasser und basische Abflussreiniger. Gebt diese auch mit Essig nie zusammen!

Fazit

WC-Reiniger sind meist flüssige Reinigungsmittel, die starke Säuren enthalten. Sie lösen Kalk und Urinstein in der WC-Schüssel, reagieren aber ebenso gut mit säureempfindlichen Stoffen wie Marmor oder Körpergeweben. Beim Umgang damit ist daher Vorsicht angesagt!

Haushaltsessig ist ebenfalls eine – wenn auch schwächere – Säure und eignet sich damit auch zum Reinigen von WCs, auch wenn er weniger effektiv ist.

Damit haben WC-Reiniger in meinen Augen durchaus eine Daseinsberechtigung – wenn sie sparsam eingesetzt werden. Ich setze meinen Reiniger alle ein bis zwei Wochen ein. So können sich keine nennenswerten, hartnäckigen Ablagerungen bilden, sodass ich jeweils mit relativ wenig Reinigungsflüssigkeit auskomme. Nach dem Schrubben leere ich dann zwei komplette Spültanks, um alles sorgfältig und verdünnt wegzuspülen.

Und wie reinigt ihr eure WCs?

Javel-Wasser : Chlorbleiche!

Was ist Javel-Wasser?

Javel-Wasser oder Eau de Javel ist der volkstümliche Name für eine Lösung des Salzes Kaliumhypochlorit (KClO) oder Natriumhypochlorit (NaClO) in Wasser. Benannt ist die Lösung nach ihrem ersten Herstellungsort Javel (früher Javelle) bei Paris in Frankreich. Ein anderer volkstümlicher Name für die gleiche Lösung ist Eau de Labarraque – nach ihrem Erfinder. Der chemische Name sowie der stechende Geruch der Lösung lassen es schon vermuten: Das Element, das dem Javel-Wasser seinen Charakter gibt, ist Chlor.

Natriumhypochlorit und Kaliumhypochlorit werden in Wasser in ihre Einzelionen zerlegt:

Welche Metall-Ionen – Natrium oder Kalium – enthalten sind, macht hinsichtlich der chemischen Eigenschaften und damit der Gefährlichkeit der Lösung keinen Unterschied. Auf das Hypochlorit-Ion ClO kommt es an: Es ist eine merklich starke Base, d.h. es kann ein H+-Ion aus einem anderen Teilchen aufnehmen – zum Beispiel aus Wasser:

Die dabei entstehende hypochlorige Säure HClO ist ein Oxidationsmittel, das mit vielen anderen Verbindungen reagiert, indem es ihnen Elektronen „wegnimmt“.

 

Was kann man damit machen?

Fette und Proteine („Eiweisse“) sind grosse, sperrige Moleküle, die sich zu oft wasserunlöslichen Flecken zusammenrotten. Wenn sie allerdings mit Basen in Berührung kommen, werden sie leicht gespalten und können in Bruchstücken ausgewaschen werden. Die zerstörerische Wirkung auf Proteine trägt ausserdem dazu bei, dass Javel-Wasser desinfizierend wirkt: Es macht Bakterien, Viren und Pilzen effektiv den Garaus.

Das nutzen nicht nur Schwimmbad- und Pool-Besitzer, die in Natriumhypochlorit einen zahmeren Ersatz für das giftige Chlor-Gas zur Desinfektion ihrer Becken gefunden haben, sondern auch der Zahnarzt, der im Zuge einer Wurzelbehandlung gerne Hypochlorit-Lösung als Bakterienkiller in den ausgeräumten Wurzelkanal gibt, wie mein Zahn 16 aus eigener Erfahrung weiss.

Zudem verlieren viele organische Stoffe ihre Farbe, wenn sie oxidiert werden, sodass Oxidationsmittel als Bleichmittel eingesetzt werden können.

Da ist es kein Wunder, dass ein basisches, bleichendes und desinfizierendes Reinigungsmittel sich grosser Beliebtheit erfreut. In Schweizer Supermärkten findet man Javel-Wasser für wenig Geld in fast jedem Reinigungsmittelregal.

 

Schadet Javel-Wasser der Gesundheit?

Bei falscher Anwendung ja – wie eigentlich alle Stoffe, die wir kennen. Darüber hinaus haben alle reaktionsfreudigen Stoffe wie Hypochlorit den Haken, dass sie nicht wählerisch sind. Das heisst, Basen können alle Fette und Proteine zerlegen – auch diejenigen, aus welchen unsere Körper bestehen – und Oxidationsmittel oxidieren alles, was ihnen in die Quere kommt und sich oxidieren lässt – auch uns. Ebenso wenig macht es vor den nützlichen Mikroorganismen halt, die sich auf unserer Haut tummeln.

Mit anderen Worten: Javel-Wasser wirkt ätzend. Deshalb sind Behälter mit der Lösung mit dem Hinweis „Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.“ beschriftet.

Wenn ihr mit Javel-Wasser umgehen müsst, tragt dabei unbedingt Putzhandschuhe und bestenfalls eine (Schutz-)Brille – und gebt acht, dass ihr die Dämpfe nicht einatmet! Auch und gerade die Schleimhäute der Atemwege sind anfällig für Reizungen und gefährliche Verätzungen!

Wenn ihr trotz aller Vorsicht etwas Javel-Wasser auf die Haut bekommt, spült es gründlich – ruhige mehrere Minuten lang – unter fliessendem Wasser ab. Einen Spritzer in die Augen spült noch gründlicher aus – mindestens 10 Minuten lang sagen die Labor-Sicherheitsexperten – und geht danach sicherheitshalber gleich zum Augenarzt. Das gleiche gilt, wenn ihr nach dem Einatmen der Dämpfe Beschwerden habt: Sprecht mit eurem Arzt oder der Giftnotrufzentrale (Schweiz: 145, Deutschland: Ortsvorwahl + 19240, Österreich: 01 / 406 43 43).

 

Schadet es der Umwelt?

Wie schon erwähnt sind Oxidationsmittel auch als Mikrobenkiller nicht wählerisch. So sind Kalium- und Natriumhypochlorit je nach Konzentration sehr giftig für Wasserorganismen. Das Javel-Wasser aus dem Putzmittel-Regal im hiesigen Supermarkt enthält weniger als 5% Hypochlorit („Chlorbleiche“), womit es nicht mit dem GHS-Symbol für „umweltgefährlich“ gekennzeichnet werden muss, sondern mit dem allgemeinen Gefahrensymbol auskommt.

Nichts desto trotz bin ich nachdenklich geworden, als ich auf der Verpackung Toilettenreinigung und Maschinenwäsche als mögliche Anwendungsbereiche aufgeführt gefunden habe. Denn wenn zahllose Menschen kleine Mengen solcher Substanzen in den Wasserkreislauf befördern, kommt letztlich einiges zusammen, welche Klein- und Kleinstlebewesen uns sicher nicht danken werden. Ich kann mir die Zulassung als Reinigungsmittel nur so erklären, dass Abwässer aus Toiletten und Waschmaschinen hierzulande praktisch immer durch ein Klärwerk gehen, das mit Chlorverbindungen aufräumt, bevor es irgendwo anders hingeleitet wird.

Trotzdem: Gebt grössere Mengen Javel-Wasser oder andere Produkte, die Hypochlorit enthalten (zum Beispiel solche zur Poolreinigung) nicht in den Ausguss oder Abfall, sondern bringt sie zur Sondermüll-Entsorgung!

Das Wichtigste aber:

Gebt niemals Javel-Wasser mit Säuren (z.B. Essig oder Zitronensäure) oder anderen Oxidationsmitteln (z.B. Wasserstoffperoxid) zusammen oder verwendet beide miteinander!

Dabei kann nämlich aus der enthaltenen hypchlorigen Säure giftiges Chlor-Gas (Cl2) entstehen, das lebensgefährliche Verätzungen nicht nur unserer Atemwege verursachen kann, sondern auch für praktisch alle anderen Lebewesen giftig ist.

Das Javel-Wasser aus dem Supermarkt enthält deshalb in der Regel einen Puffer, d.h. einen Stoff, der eine gewisse Menge Säure sofort unschädlich machen kann und die Lösung damit basisch hält. So müsst ihr nicht fürchten, dass euch eure Putzmittel eines verspritzten Tropfens wegen sofort vergiften. Da ihr aber nicht wissen könnt, wie viel Puffer in eurem Javel-Wasser vorhanden bzw. bereits verbraucht ist (der Puffer-Gehalt ist auf der Flasche nicht unbedingt angegeben!), verlasst euch nicht darauf!

 

Was nützt mehr? Javel-Wasser oder Essig?

Javel-Wasser ist eine oxidierende Base, Essig eine nicht-oxidierende Säure. Damit sind diese beiden eigentlich gar nicht miteinander zu vergleichen.

Ihr könnt Essig zum Lösen von Kalk verwenden, der mit der Säure zu wasserlöslichen Ionen und gasförmigem Kohlenstoffdioxid (CO2) reagiert.

Javel-Wasser spaltet und oxidiert hingegen organischen Schmutz, während Kalk in basischer Umgebung fest bleibt. Es eignet sich ausserdem zur Behandlung von Schimmelflecken.

Verwendet trotz der sich ergänzenden Wirkungen aber niemals Essig und Javel-Wasser miteinander!

Persönlich habe ich grossen Respekt vor der oft gefährlichen Chlor-Chemie und habe kein Javel-Wasser im Putzschrank stehen. Wenn es um Fett und anderen organischen Schmutz geht, ziehe ich Seife und Wasser als Reinigungsmittel vor. Wie die Seife zu ihrer Super-Waschkraft ganz ohne oxidierende Wirkung kommt, könnt ihr übrigens hier genauer nachlesen.