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Free Printable: So experimentiert ihr auch mit gefährlichen Chemikalien sicher!

Chemikalien können gefährlich sein. Das weiss jeder, und viele Stoffe werden dahingehend sogar überschätzt. Eigentlich sollte es heissen: Chemikalien können gefährlich sein – wenn man nicht richtig mit ihnen umgeht.

Die Experimente in Keinsteins Kiste könnt ihr mit Zutaten durchführen, die ihr im Haushalt findet oder im Bau- oder Supermarkt kaufen könnt. Nur manchmal ist eine Spezialzutat nötig, die ihr in der Regel in einer Apotheke oder Drogerie bestellen könnt. Krebserzeugende oder anderweitig „besonders besorgniserregende Stoffe“ gibt es in den Versuchen in Keinsteins Kiste nicht.

Doch auch von Haushaltschemikalien und -zutaten können Gefahren für Umwelt und Gesundheit ausgehen. Deshalb gebe ich euch ein paar einfache Regeln zum Umgang damit auf den Weg. Wenn ihr euch daran haltet, sind die Experimente in Keinsteins Kiste praktisch ungefährlich!

Checkliste zum Sicheren Umgang mit Chemikalien

Druckt euch diese Liste am besten aus und habt sie griffbereit, wenn ihr euch ans Experimentieren macht. Hier geht es zum Download! So könnt ihr jederzeit nachschauen, was zu tun ist, wenn ihr unsicher seid. Denn Sicherheit geht immer vor!

1. Bevor ihr Chemikalien verwendet, lest euch die Warnhinweise auf der Verpackung durch!

Möglicherweise gefährliche Stoffe, die verkauft oder in Betrieben bzw. öffentlichen Einrichtungen verwendet werden, müssen dem „global harmonisierten System“ (GHS) folgend deutlich gekennzeichnet werden. Folgende Symbole auf Chemikalienflaschen und -Verpackungen weisen euch auf die wichtigsten Gefahren hin:

GHS-Symbol Achtung gefährlich!

Vorsicht gefährlich: Geht achtsam mit diesem Stoff um. Neben dem Symbol wird schriftlich erläutert, wovor genau ihr euch in Acht nehmen müsst. Findet man zum Beispiel auf Stoffen, die Haut und Schleimhäute reizen oder Allergien auslösen können.

leicht_entzündlich

Leicht entzündlich: Dieser Stoff brennt sehr leicht und schnell. Haltet ihn unbedingt von offenem Feuer und Funken fern! Brennsprit (Spiritus) und andere organische Lösungsmittel tragen dieses Zeichen.

brandfoerdernd

Brandfördernd: Haltet auch diesen Stoff von offenem Feuer fern. Die meisten Stoffe mit diesem Symbol können Sauerstoff freisetzen oder sind auf andere Weise reaktionsfreudig, sodass sie einen Brand unkontrolliert anheizen können!

Ätzend: Schlimmer als reizend. Dieser Stoff kann Haut und Schleimhäute ernsthaft verletzen und empfindliche Materialien beschädigen. Findet man auf Säuren, Basen und starken Oxidationsmitteln.

umweltgefaehrdend

Umweltgefährdend: Dieser Stoff ist giftig für Wasserlebewesen wie Fische, Wirbellose und Kleinstorganismen. Gebt davon der Umwelt zuliebe nichts in den Abluss oder den Hausmüll, sondern bringt Reste zu einer Schadstoff-Sammelstelle!

Gas_unter_Druck

Gas unter Druck: In diesem Behälter befindet sich ein Gas, das sich stark ausdehnen kann. Lasst ihn nicht in der Sonne stehen oder auf andere Weise heiss werden, damit er keinen Grund zum Platzen hat! Auf Nachfüllkartuschen für Kohlensäure-Spender zu finden!

Gesundheitsgefährdend: Krebserzeugend, Erbgutschädigend oder auf andere Weise gefährlich für bestimmte Organe – möglicherweise auch langfristig. Nehmt diesen Stoff niemals ein und vermeidet, ihn einzuatmen. Verwendet ihn nur, wenn unbedingt nötig und haltet den Behälter fest geschlossen! Diese Kennzeichnung findet ihr auf Fleckbenzin und hochkonzentrierten ätherischen Ölen.

Die folgenden Symbole werden euch im Alltag und in Keinsteins Kiste selten bis gar nicht begegnen:

Giftig: Das Symbol kennt jeder. Schon kleine Mengen dieses Stoffs können eine gefährliche Wirkung entfalten. Daher niemals einnehmen oder einatmen und mit grosser Vorsicht behandeln! Rattengift trägt dieses Symbol.

explosiv

Explosiv: Dieser Stoff kann explosionsartig reagieren, zum Beispiel bei Kontakt mit Feuer, Funken, nach einem Schlag, Reibung, Hitzeeinwirkung oder falscher Lagerung, und beträchtlichen Schaden anrichten. Solche Stoffe gehören ausschliesslich in die Hände von Experten. Sprengstoffe tragen dieses Symbol.

Neben den Gefahrensymbolen findet ihr auf der Verpackung genauere Einzelheiten über die Gefahren und Anweisungen, wie ihr mit dem jeweiligen Stoff umgehen und euch bei einem Unfall damit verhalten solltet. Lest diese Hinweise gut durch und befolgt sie!

2. Findet für eure Experimente einen geeigneten, sicheren Arbeitsplatz!

An einem guten Experimentierplatz ist die Umgebung – mindestens aber die Unterlage – feuerfest, leicht zu reinigen und möglichst beständig gegenüber Säuren, Basen (Laugen), Lösungs- und Oxidationsmitteln. Und dort wird nicht mit Lebens- oder Körperpflegemitteln umgegangen.

Die Küche ist also kein geeigneter Ort zum Experimentieren! (Es sei denn, ihr verwendet ausschliesslich Lebensmittel.)

Ausserdem sollte sich euer Experimentierplatz leicht lüften lassen. Bei schönem Wetter kann er deshalb durchaus draussen sein.

Eine alte Küchenarbeitsplatte gibt eine ideale Unterlage zum Experimentieren ab – ein glatter, versiegelter bzw. lackierter Holztisch oder nicht poröser Stein bzw. Fliesen oder Edelstahl tun es aber ebenso. Marmor und Kalkstein sowie Aluminium sind allerdings ungeeignet – sie werden von Säuren angegriffen!

Wenn euch das makellose Aussehen des Möbels eurer Wahl wichtig ist, testet aus, ob die Oberfläche Lösungsmitteln oder aggressiven Stoffen, die ihr verwendet, standhält. Oder benutzt einfach einen alten Tisch, dem Flecken und Macken nicht mehr schaden.

3. Bewahrt gefährliche Chemikalien für Kinder unzugänglich auf!

Jeder Putzmittelschrank und jede Hausapotheke sollten dieser Anforderung entsprechen: Abschliessbar oder so hoch gelegen, dass unbedarfte kleine Forscher nicht allein herankommen und sich mit gefährlichen Stoffen verletzen oder vergiften können!

4. Tragt beim Experimentieren passende, sichere Kleidung!

Die perfekte Forscher-Bekleidung bedeckt den Körper möglichst weitgehend, ist schwer entflammbar und möglichst widerstandsfähig gegenüber ätzenden Stoffen. Laborkittel bestehen deshalb meist aus Baumwolle, die diese Eigenschaften erfüllt. Wer sich keinen Laborkittel leisten möchte, ist mit einem langärmeligen Baumwollhemd ebenso gut bedient.

Baumwoll-Herrenoberhemden geben übrigens tolle Labor- und Malkittel für Kinder ab: Einfach die Ärmel auf die richtige Länge umschlagen oder kürzen und umnähen und mit der Knopfleiste nach hinten über die Kleidung streifen!

Tragt zudem beim Umgang mit ätzenden Stoffen möglichst lange Hosen und geschlossene Schuhe, sowie Putz- oder Einmalhandschuhe und eine Schutzbrille (als Brillenträgerin begnüge ich mich beim Umgang mit „milden“ Haushalts-Säuren wie Essig mit meiner „normalen“ Brille – eine Schutzbrille mit Seitenflügeln ist letztendlich aber sicherer.

5. Beim Experimentieren wird nicht gegessen oder getrunken!

Wer Chemikalien an den Händen hat, läuft Gefahr, beim Essen oder Trinken etwas davon mit aufzunehmen. Haltet Essen und Getränke daher räumlich vom Experimentierplatz getrennt. Wenn ihr zwischendurch etwas essen oder trinken möchtet, zieht allfällige Handschuhe aus und wascht euch vorher (und nachher) die Hände. Das gleiche gilt für den Gang aufs stille Örtchen!

Bewahrt ausserdem niemals Chemikalien in Lebensmittelverpackungen auf! Wenn ihr PET-Flaschen, Honiggläser oder ähnliches beim Experimentieren wiederverwenden möchtet, entfernt zuvor alle Lebensmitteletiketten und beschriftet die Gefässe deutlich mit dem neuen Inhalt!

6. Kein offenes Feuer beim Experimentieren!

Beim Experimentieren wird also nicht geraucht! Haltet ausserdem Kerzen und andere Feuerquellen von eurem Experimentierplatz fern – ganz besonders, wenn ihr mit brennbaren Lösungsmitteln arbeitet! Wenn ihr bei einem Experiment etwas anzünden müsst, legt die Zündquelle – Streichhölzer, Feuerzeug oder ähnliches – gleich danach in sicherer Entfernung auf die Seite. Lasst Feuer ausserdem niemals unbeaufsichtigt.

7. Haltet Chemikalienbehälter immer sicher verschlossen!

Öffnet Chemikalienbehälter immer erst, wenn ihr etwas daraus entnehmen wollt, und macht sie danach sofort wieder zu! So wird nichts verschüttet, wenn ihr versehentlich mal etwas umstosst.

Wenn ihr Chemikalienbehälter durch die Wohnung tragen oder über längere Strecken transportieren müsst, stellt sie in eine Kunststoffwanne oder einen Eimer und tragt diese/n. Sollte beim Transport etwas auslaufen oder kaputtgehen, bleibt die potentiell gefährliche Sauerei so auf die Wanne / den Eimer beschränkt.

8. Lagert und verwendet Chemikalien in Gefässen aus Glas, reaktionsträgem Kunststoff oder Edelstahl!

Ihr wollt ja nicht, dass eure Zutaten mit dem Gefäss statt miteinander reagieren. Obwohl zerbrechlich ist Glas das ideale Material für Versuchsgefässe: Es hält allen Stoffen, die in den Versuchen in Keinsteins Kiste Verwendung finden, stand, kann schadlos erhitzt werden – und man kann durchschauen. Kunststoff-Behälter aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) reagieren ebenfalls nicht mit ihrem Inhalt, halten allerdings nicht jeder Hitze stand. Ein grösseres Volumen, zum Beispiel ein Wasserbad, findet auch gut in einem ausrangierten Edelstahl-Kochtopf Platz.

9. Entsorgt Chemikalen gemäss den Hinweisen in der Versuchsbeschreibung oder auf der Verpackung!

DIE UMWELT WIRD ES EUCH DANKEN!

Wenn es nach den Experimenten in Keinsteins Kiste etwas zu entsorgen gibt, findet ihr entsprechende Hinweise am Ende des jeweiligen Artikels. Lest daher vor dem Experimentieren die Anleitung vollständig durch! Gehört ein Stoff über eine Schadstoff-Sammelstelle entsorgt oder seid ihr euch dessen unsicher, lagert die Reste sicher verschlossen, bis ihr sie dort hinbringen könnt.

Achtet darauf, besonders bei „Schadstoffen“, nicht mehr als unbedingt nötig von einem Stoff zu verwenden! Je weniger ihr einsetzt, desto weniger Reste müsst ihr nachher umständlich entsorgen!

Und wenn doch etwas passieren sollte:

Wenn ihr mit Chemikalien in Kontakt kommt

  • Wascht Chemikalienspritzer gründlich ab und zieht getränkte Kleidung sofort aus.
  • Wenn ihr etwas in die Augen bekommt: Spült die Augen gründlich, das heisst bis zu 10 Minuten, mit fliessendem Wasser aus und konsultiert bei Beschwerden oder wenn es sich um einen ätzenden Stoff handelt, einen Augenarzt.
  • Wenn ihr etwas eingeatmet habt, hindert die Dämpfe an der Ausbreitung (Gefäss schliessen!) und geht an die frische Luft.
  • Wendet euch mit Beschwerden nach dem Kontakt mit Chemikalien an euren Arzt oder den Giftnotruf:

In der Schweiz (und in Liechtenstein) erreicht ihr ToxInfo Suisse unter der Nummer 145 .

In Deutschland haben die Bundesländer unterschiedliche Giftnotruf-Nummern.

In Österreich erreicht ihr die Vergiftungsinformationszentrale unter +43 1 406 43 43 .

Wenn ein Feuer ausbricht

  • Wenn der Inhalt eines Gefässes brennt, deckt dieses schnell mit einem festen Gegenstand ab. Ein Buch oder ein glattes Holzbrett ersticken die Flammen im Gefäss, bevor sie Feuer fangen können! In einem feuerfesten Gefäss könnt ihr den Inhalt auch einfach ausbrennen lassen.
  • Löscht brennende Flüssigkeiten nicht mit Wasser! Wenn ihr einen CO2-Feuerlöscher habt, ist der die bessere Wahl.
  • Bringt Lösungsmittel und andere brennbare Stoffe auf Abstand!
  • Sollte eine Person oder deren Kleidung brennen, stellt sie zum Löschen sofort mit Kleidung und allem unter die laufende Dusche! Verbrennungen können ebenfalls unter fliessendem kalten Wasser effektiv gekühlt werden. Haltet Verbrennungen sofort – leichtere einige Minuten, schwerere bis zur ärztlichen Versorgung – unter den Wasserhahn oder die kalte Dusche!
  • Wenn ein Brand ausser Kontrolle zu geraten droht, alarmiert die Feuerwehr, schliesst, wenn möglich, Fenster und Türen (nicht verriegeln!) und verlasst das Haus!

Aber keine Sorge: Wenn ihr euch an die Vorsichtsmassnahmen aus dem ersten Teil des Artikels haltet, ist es höchst unwahrscheinlich, dass es so weit kommt.

Somit wünsche ich euch viel Spass beim entspannten und sicheren Experimentieren!

Wie entstehen Kondensstreifen? Zwischen Naturphänomen und Chemtrails

Die Sommerferien rücken näher und viele von uns ergreift das Fernweh. Dann wandert der Blick zum Himmel und den Flugzeugen hinterher… mitsamt ihrer weissen Kondensstreifen. Im Netz kursieren die wildesten Verschwörungstheorien, die die wolkig-weissen Bänder zu „Chemtrails“ aufbauschen. Meist sind es Regierungen, Militärs oder Industrien, die Verkehrsflugzeuge „missbrauchen“ sollen, um – aus welchem Grund auch immer – vorsätzlich Chemikalien in der Luft und damit über uns ausbringen würden.

Mein Leser Rene ist da zu Recht skeptisch. Und fragt, wie Kondensstreifen tatsächlich entstehen.

Wer sich jetzt fragt, ob es sich dabei tatsächlich um „Chemtrails“ handeln könnte, dem sei gesagt: Jain!

Was kommt aus Flugzeugturbinen heraus?

Alle grösseren Flugzeuge fliegen heute mit Kerosin. Oder besser Kerosinen. Denn „Kerosine“ bezeichnet eine ganze Gruppe von Stoffgemischen aus Kohlenwasserstoffen mit meist 8 bis 13 Kohlenstoffatomen. Diese Moleküle sind also nur wenig grösser (und damit schwerer) als die des Benzins für Autos.

Wie letzteres wird auch Kerosin aus Erdöl gewonnen. So bleibt es nicht aus, dass im Kerosin neben den „einfachen“ Kohlenwasserstoffen auch sogenannte „aromatische“ Kohlenwasserstoffe wie Benzol enthalten sind. Dazu kommen weitere organische Stoffe – sogenannte Additive – die besondere Eigenschaften haben. Zum Beispiel eine antioxidative – also reduzierende – Wirkung, die den Flugzeugmotor vor Korrosion schützen soll.

Verbrennung von Kohlenwasserstoffen

Eines haben all diese Stoffe jedoch gemeinsam: Sie sind allesamt organische Verbindungen, bestehen also vornehmlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Und damit verbrennen sie im Flugzeugmotor auf die gleiche Weise:

Die Gleichung beschreibt die vollständige Verbrennung von organischen Verbindungen am Beispiel von Octan: Dabei entstehen stets Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf.

Weitere Verbrennungsprodukte

Manche Kerosinbestandteile enthalten zusätzlich Schwefelatome (trotz Entschwefelung bleiben immer ein paar übrig). Aus solchen Molekülen entsteht bei der Verbrennung das Gas Schwefeldioxid (SO2) – das mit Wasser zu schwefliger Säure (H2SO3) weiterreagieren kann.

Mit mehr Sauerstoff kann es ausserdem zu Schwefeltrioxid (SO3) weiterreagieren, aus welchem wiederum mit Wasser Schwefelsäure entstehen kann.

Zudem werden nicht alle Moleküle vollständig verbrannt, sodass immer ein paar Kohlenwasserstoff-Trümmer zurückbleiben. Diese Trümmer kennen wir von Kerzenflammen als Russ – und im Abgas von Verbrennungsmotoren als „Feinstaub“.

Alles in allem entstehen in Flugzeugmotoren Abgase, die mit denen von Automotoren vergleichbar sind. Einschliesslich der durch die Verbrennung von Luftstickstoff entstehenden Stickstoffoxide NOx, die hier aber keine Rolle spielen.

Was passiert mit den Abgasen?

Kohlenstoffdioxid ist ein Gas mit Sublimationspunkt (hier wird festes CO2 direkt zu CO2-Gas) bei -78°C bei Atmosphärendruck. Bei niedrigerem Druck in grosser Höhe liegt er noch niedriger. Wasser ist bei über 100°C (Atmosphärendruck) ein Gas, zwischen 0°C und 100°C flüssig und bei unter 0°C fest. Auch der Siedepunkt von Wasser liegt bei geringerem Druck deutlich niedriger, aber nicht entscheidend niedrig.

Auf der Reiseflughöhe von Verkehrsflugzeugen, also etwa 8000 bis 11000 Meter über dem Meer, ist es -40°C bis -60°C kalt. Das könnt ihr während eures nächsten Fluges selbst an eurem Sitz-Bildschirm ablesen.

Das CO2 bleibt auch bei solch niedrigem Druck und niedriger Temperatur ein Gas und verliert sich in der Atmosphäre. Der Wasserdampf kondensiert dagegen schnell und gefriert anschliessend zu Eiskristallen. Oder er resublimiert direkt vom Gas zu Eis. Auf diese Weise entstehen in der Natur Wolken!

Für einen Eiskristall braucht es jedoch immer einen Anfang, der den Mittelpunkt bildet (wenn es im Winter schneit, könnt ihr euch diese filigranen Gebilde unter dem Mikroskop anschauen). Einen solchen „Anfang“ nennen Chemiker „Kristallisationskeim“. Und hier kommen die Schwefeloxide und die Feinstaubpartikel aus dem Flugzeugabgas ins Spiel. Die geben nämlich wunderbare Kristallisationskeime ab.

So kristallisiert an ihnen nicht nur das Wasser aus dem Abgas (das reicht für die Kondensstreifen nicht aus), sondern vor allem die Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft! Wenn es denn welche hat. In grosser Höhe ist das oft der Fall: Hier sind Luftfeuchtigkeiten bis 200% möglich!

Kondensstreifen sind Wolken

Kondensstreifen sind also „Wolken“ aus natürlicher Luftfeuchtigkeit, die von ganz normalen Flugzeugabgasen angeregt entstehen!

Je nach Wetterlage in Reiseflughöhe entstehen diese Wolken entweder gar nicht (es ist zu trocken), sie verschwinden binnen Sekunden/Minuten wieder (es ist nur wenig feucht), oder sie bleiben stundenlang am Himmel sichtbar, wobei sie immer weiter zerfasern und breiter werden (wenn es reichlich feucht ist).

Dann bekommen sie von den Wetterforschern sogar einen eigenen Namen: „Homomutatus“ – lateinisch in etwa für „menschengemachte Veränderung“. Zudem werden sie in die Gruppe der als Schlechtwetterwolken bekannten „Cirrus-„, also Federwolken eingeordnet.

Kondensstreifen als Wetter-Vorboten

Wie die bleibende Kondensstreifen bzw. Homomutatus-Wolken entstehen auch die natürlichen Cirrus-Wolken, wenn es in grosser Höhe feucht und kalt ist. Und das kommt vor, wenn das Wetter umschlägt. So können Homomutatus-Wolken ebenso wie ihre natürlichen Vettern Anzeichen für ein aufziehendes Tiefdruckgebiet, also schlechtes Wetter sein.

Kondensstreifen bzw. Homomutatus- und natürliche Cirrus - Wolken
Eine Wetterlage mit natürlichen Federwolken begünstigt auch die längere Erhaltung von Kondensstreifen bzw. Homomutatus-Wolken

Manche Menschen – besonders solche, die schon ein paar mehr Jahre gelebt haben – fragen sich, warum es heute mehr Homomutatus-Wolken zu geben scheint als früher. Die Beobachtung ist sicherlich nicht falsch. Denn es gibt nicht nur mehr Flugzeuge als früher, sondern dank des Klimawandels auch weniger stabiles Wetter und damit mehr aufziehende Tiefs. So ergeben sich mehr Gelegenheiten für die Entstehung bleibender Kondensstreifen. So kann der Himmel in luftverkehrsreichen Gebieten an solchen Tagen schon einmal regelrecht gemustert aussehen:

Kondensstreifen bilden fast rechtwinklige Karrees am Himmel: Das Himmelsstrassennetz wird sichtbar!
Auch am Himmel gibt es festgelegte Verkehrswege. Bei entsprechender Witterung werden die an luftverkehrsreichen Orten als Kondensstreifen-Muster am Himmel sichtbar.

Können Kondensstreifen das Klima beeinflussen?

Wenn sie als Homomutatus länger am Himmel bleiben ja. Denn wie natürliche Cirrus-Wolken reflektieren sie einen Teil der Sonneneinstrahlung zurück ins All (Albedo-Effekt), sodass es darunter kühler wird. Dafür reflektieren sie ebenso einen Teil der Wärmestrahlung vom Erdboden zurück (Treibhauseffekt), sodass es unter ihnen wärmer wird. Wenn diese beiden Effekte sich nicht aufheben, tragen Kondensstreifen/Homomutatus zur Klimaveränderung bei, die im Zweifelsfall wiederum mehr Kondensstreifen verursacht. Ein Teufelskreis!

Also keine Chemtrails durch geheime operationen?

Wenn man „Chemtrails“ als Spuren von Flugzeugen ausgebrachter Chemikalien definiert, sind Kondensstreifen tatsächlich Chemtrails. Ihre Entstehung liegt allerdings in der Natur eines jeden Verbrennungsmotors: Sie bilden sich durch ganz normale Abgase.

In manchen Situationen werden dennoch besondere Stoffe von Flugzeugen ausgestossen.

Stealth-Technologie

Tatsächlich gibt es Flugzeuge, die zusätzliche Stoffe durch ihre Turbinen gejagt haben sollen. Die dienten aber dazu, die Entstehung von Kondensstreifen zu vermeiden! Zum Beispiel beim B2-Tarnkappenbomber des amerikanischen Militärs.

Die Northrop B-2 Spirit der US Airforce : Der Tarnkappenbomber hinterlässt keine Kondensstreifen. Treibstoffzusätze wie Fluorschwefelsäure oder technische Finessen wie Laserstrahlen sollen es möglich machen.

Es wäre ja auch schön blöd, ein (vor Radarortung) getarntes Flugzeug zu fliegen und anhand des Kondensstreifens am Himmel ganz einfach zu entdecken zu sein. Prof. Blume vermutet, diese Additive könnten Fluorschwefelsäure, perfluorierte Tenside (PFT) wie zum Beispiel die Perfluoroalkylsulfonsäure bzw. -sulfonate sein. Liest sich mit Chemikeraugen alles nicht besonders einladend. Welche Stoffe genau verwendet werden bzw. wurden und wie sie funktionieren ist jedoch – ganz militärisch – streng geheim.

Flugshow mit bunten Himmelsschreibern

Zu Grossanlässen wie Formel-1-Rennen sieht man jedoch manchmal Flugzeuge, die zum Beispiel die Landesflagge des Veranstaltungsortes an den Himmel malen. Dazu produzieren sie sogar ganz bewusst „Chemtrails“: Sie zerstäuben nämlich Paraffinöl (flüssiges Wachs!), ggfs. mit Farbstoffen, das nach der Himmelsshow zu Boden sinkt. Parkiert also nicht euer Auto in der Nähe solcher Flugstrecken – sonst könnt ihr nachher zusehen, wie ihr den Wachs- oder Ölfilm darauf wieder loswerdet!

Keine Kondensstreifen, sondern "Chemtrails": Im Rahmen einer Flugshow "malen" fünf Kampfjets eine rot-weiss-blaue Streifen an den Himmel.
Sind es die Niederländer oder die Franzosen? Im Rahmen einer Flugshow versprühen die Flieger Paraffinöl und Farbstoffe, um die Landesflagge an den Himmel zu „malen“.

Fazit

Die Verschwörungstheoretiker unter euch muss ich leider enttäuschen: Kondensstreifen sind natüriches Wasser, das von ganz normalen Flugzeugabgasen zur Wolkenbildung animiert worden ist. Dafür, etwas anderes anzunehmen, gibt es keinen Anlass.

Dass diese Wolken sowohl vom Klimawandel künden als auch diesen fördern mögen, ist dagegen nicht von der Hand zu weisen. Ebenso wie ganz normale Abgase dem Klimaschutz nicht zuträglich sind.

Wenn das Militär tatsächlich einmal zusätzliche Chemikalien mit Flugzeugen „ausbringt“, dann entweder, um die Entstehung von Kondensstreifen zu vermeiden, oder um uns eine bunte Show zu bieten.

Die Umwelt freut sicher keine der genannten Aktionen (mit Verbrennungsmotor fliegen, mit Additiven gegen Kondensstreifen fliegen, bei Flugshows Paraffinöl versprühen) – aber eine Verschwörung ist als Erklärung dafür nicht nötig!

Und was haltet ihr von Kondensstreifen am Himmel?

Cover "Komisch, alles chemisch!"

„Komisch, alles chemisch!“ – Seltsam ist das eigentlich nicht, auch wenn der Erfolg von Werbeversprechen wie „ohne Chemie“ darauf hinweist, dass es vielen so erscheinen mag. Amüsant ist all das Chemische in Mais Buch aber allemal!

Dieses Buch stelle ich euch vor, weil ich selbst es für cool befinde, nachdem ich es aus Eigenantrieb gekauft und gelesen habe. Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links des Orell Füssli-Partnernetzwerks, die euch direkt zum Buch führen. Euch kosten sie nichts, mir bringen sie vielleicht etwas für meine Mühen ein.

Ein Chemiebuch für die ganze Familie?

Meine richtig coole Fachkollegin Mai Thi verfolgt nämlich das gleiche Ziel wie ich: Das Interesse an der Chemie im Alltag wecken. Denn Chemie ist überall, alles ist Chemie – und ohne geht’s nun einmal nicht. Auch wenn gar zu viele Werbetreibende anderes behaupten.

„Was wir tun, was uns umgibt, was wir fühlen – alles hat mit Chemie zu tun“

heisst es denn auch im Klappentext zu „Komisch, alles chemisch!“

„Daran lässt die junge Wissenschaftlerin und Journalistin Mai Thi Nguyen-Kim keinen Zweifel. Sie zerlegt vertraute Alltagsphänomene in ihre chemischen Elemente und erklärt witzig und originell, welche chemischen Reaktionen in und um uns herum insgeheim ablaufen. Das Ganze macht nicht nur schlau, sondern vor allem eins: Lust auf Chemie.“

Damit ist klar, dass ich dieses Buch unbedingt auch euch vorstellen muss. Also los!

Inhalt des Buches

Mai schildert in ihrem Buch einen ganz normalen Tag ihres Lebens als Wissenschafts-Youtuberin. Und der unterscheidet sich bestimmt gar nicht so sehr von eurem Alltag: Aufstehen, Frühstück, Büroarbeit, Einkaufen, Kochen, ein lustiger Abend mit Freunden…

Trotzdem geht in Mais Alltag – genau wie in eurem – nichts ohne Chemie. Von einfach vorhanden wie im Innern eures Körpers über äusserst nützlich wie die Superwaschkraft von Seifen bis zu höchst unangenehm wie in Form stinkender Stoffe kann die Chemie des Alltags viele verschiedene Rollen einnehmen.

Eingebettet zwischen Einblicken in die chemischen Hintergründe nur all zu menschlicher Alltagsbegebenheiten vom Aufwachen über Zähneputzen, Atmen, Handy aufladen, Dessert-Zubereitung bis hin zum Alkohol-Kater lernt ihr auch gleich die wichtigsten Grundlagen der Chemie kennen. Einschliesslich Kurzanleitungen, anhand derer ihr das ein oder andere selbst ausprobieren könnt.

Zudem bietet Mai etwas, das in den meisten Büchern, die sich nur um wissenschaftliche Inhalte drehen, vergessen gerät: Einen verständlichen Einblick in die korrekte Interpretation und belastbare Ausführung wissenschaftlicher Studien. Davon nämlich können sich viele „Bewohner“ des weltweiten Netzes, von Facebook-Diskussionsteilnehmern bis zu Profi-Journalisten eine dicke Scheibe abschneiden.

Und als ob das noch nicht genug wäre, gibt es noch ein Lieblingsrezept von Mai zum Nachkochen und -forschen oben drauf!

Mein Eindruck: Für wen ist das Buch geeignet?

Da ich selbst studierte Chemikerin bin, sind die chemischen Grundlagen natürlich nichts neues für mich. Aber gerade bei den Alltagsphänomenen lerne auch ich noch immer etwas dazu. So auch durch „Komisch, alles chemisch“. Und die ein oder andere Erinnerung an meinen eigenen früheren Studenten-Laboralltag hat mir ein überaus breites Grinsen auf den Lippen beschert.

Aber eigentlich ist das Buch gar nicht so sehr für Wissenschafts-Nerds gedacht, wie es jetzt den Anschein haben mag.

Die einfachen, aber keinesfalls flachen Erklärungen und oft witzigen Ausführungen richten sich vielmehr an alle unter euch,

  • die ein Interesse daran haben, wie ihre Welt wirklich funktioniert.
  • die wissen und verstehen möchten, welche Stoffe ihnen und ihren Kindern nützen können, wie man die „böse“ Chemie (die sehr viel seltener ist, als viele glauben) von der „guten“ unterscheiden kann.
  • die substanzlosen, pseudochemischen Werbeversprechen aus dem Weg gehen und ihr Geld für Sinnvolles verwenden möchten.
  • die in der nächsten Online-Diskussion mit sachlichen Argumenten und einem Gespür für die Belastbarkeit zitierter Studien punkten möchten.
  • und die ihren neugierigen Kindern Fragen zu all dem beantworten können möchten.

Naturwissenschaftliche Vorbildung? Ist hier nicht nötig…und wer sie in der Schule genossen hat oder gerade geniesst, wird bestimmt das ein oder andere wiedererkennen.

„Komisch, alles chemisch!“ steht damit im Dienste der Ziels von Mais Youtube-Kanal „maiLab“: Wissenschaft für alle verständlich zu vermitteln, unser aller Medienkompetenz zu erweitern und dabei auch noch Spass zu machen. Und das gelingt der Autorin in meinen Augen wunderbar.

Eckdaten zum Buch

Mai Thi Nguyen-Kim:

Komisch, alles chemisch! – Handys, Kaffee, Emotionen – wie man mit Chemie wirklich alles erklären kann

Verlag Droemer HC, März 2019

Paperback, 256 Seiten (auch erhältlich als Ebook oder Hörbuch)

ISBN 978-3-426-27767-6

Mein Fazit

„Komisch, alles chemisch“ bietet nicht nur Eltern und Erwachsenen, sondern auch neugierigen Jugendlichen einen amüsanten Einblick in die Welt der Chemie. Die ist nämlich überhaupt nicht weltfremd oder abgehoben, sondern ganz normaler Teil unserer Welt.

Wenn ihr also neugierig darauf seid, was im ganz kleinen Massstab wirklich abgehtd und/oder euch im Dschungel der Internet-Behauptungen und Studienzitate künftig besser zurechtfinden möchtet, ermöglicht euch Mais Buch einen wunderbaren Einstieg. Und dank ihrer lockeren, humorvollen Erzählweise eignet sich der sogar als entspannende Strandlektüre.

Um es mit Mai zu sagen: „Freunde der Sonne, worauf wartet ihr noch?“

Experiment und Haushaltstipp: Kupfer mit Hausmitteln reinigen

Ein verregneter Frühling ist – wohl oder übel – Zeit für Schlechtwetterprogramm. Aber was tun? Experimentieren oder Haushalt? Warum nicht beides miteinander? Ich habe einen genialen Hack für euer Kupfer-Geschirr – mit Experiment für eure Kinder dazu!

Habt ihr einen Kupfertopf? Armaturen oder andere Gegenstände aus Messing? Und die sind mal wieder ziemlich angelaufen und sollten dringend geputzt werden? Dann legt los – und zwar ganz ohne kommerzielle Reinigungspaste. Denn was ihr braucht, findet ihr mit Sicherheit in der Küche.

Kupfer und Messing reinigen: Ihr braucht dazu

  • Angelaufenen Kupfertopf o.Ä.
  • Papiertücher (könnt ihr einfach entsorgen, da ihr sie nicht auswaschen müsst!)
  • Ggfs. Putzhandschuhe
  • Haushaltsessig
  • Kochsalz (Speisesalz, NaCl)

Und für ein simples, aber atemberaubendes Experiment für die Nachwuchs-Forscher das Ganze im Kleinformat…

Experiment: Kupfermünzen reinigen: Ihr braucht dazu

  • Kupfermünzen (nachweislich funktionieren Euro-Cents, britische Pennys und US-Cents, Münzen mit messinggoldener Oberfläche wie das Schweizer Füüferli oder tschechische 20 Kronen bringen kein gutes Ergebnis)
  • Haushaltsessig
  • Kochsalz
  • leeres Glas (z.B. Gewürzglas, praktisch mit gewölbtem Boden)
  • ggfs. Schutzbrille und Kittel für die Nachwuchs-Forscher

Haushaltsessig und andere Säuren wirken ätzend! Essigsäure ist jedoch eine schwache Säure, die unserer Haut dank deren Säureschutz nicht gleich Schaden zufügt. Deshalb trage ich beim Umgang mit solch kleinen Mengen keine Handschuhe.

Wenn ihr Essig auf die Haut bekommt, spült ihn einfach gründlich mit Wasser ab. Sollte euch ein Spritzer in die Augen geraten (die Schutzbrille sollte das verhindern!), spült die Augen sehr gründlich mit fliessendem Wasser aus (10 Minuten lang heisst es im Labor!) und geht bei bleibenden Beschwerden zur Sicherheit zum Augenarzt.

Wenn Spritzer auf die Kleidung kommen, zieht sie aus und wascht sie ebenfalls sofort sehr gründlich aus. Wenn die Säure die Textilien angreift, können sonst später beim Waschen in der Maschine noch Löcher entstehen!

So geht’s

Experiment

Gebt ca. 1 cm hoch Haushaltsessig ins Glas, dann eine angelaufene Kupfermünze hinein. Schliesslich gebt ihr reichlich – etwa einen Teelöffel – Kochsalz hinzu.

Münze im Essig-Kochsalz-Bad: Ein paar Sekunden reichen – ihr könnt zuschauen, wie sie blank wird! Das Kochsalz muss sich übrigens nicht vollständig im Essig lösen. Direkt auf die Münze gegeben wirkt es am besten.

Kupfertopf reinigen

Gebt einen Schuss Essig auf euren Lappen und streut Kochsalz auf den nassen Fleck. Nicht damit sparen! Dann poliert euren Kupfertopf oder Messinggegenstand mit dem Gemisch. Sobald der Topf blank ist, könnt ihr ihn mit einer kleinen Menge Speiseöl einreiben, damit er nicht sogleich wieder anläuft.

Was ihr beobachten könnt

Beim Experimentieren

Die dunkel angelaufene Kupfermünze wird innerhalb von Sekunden hell! Fischt die Münze aus dem Glas, sobald sie hell genug ist (eine Gabel ist dabei sehr hilfreich) und spült sie kurz mit Wasser ab.

Kupfermünze mit Essig und Kochsalz gereinigt: Die linke Münze ist nach wenigen Sekunden im Essig-Salz-Bad blank, die rechte, angelaufene dient als Vergleich
Rechts: Angelaufene 2-Eurocent-Münze; Links: eine vergleichbar angelaufene 2-Eurocent-Münze nach wenigen Sekunden im Essig-Kochsalz-Bad

Beim Reinigen des Kupfertopfes oder Messinggegenstandes

Das Kupfer oder Messing wird sofort blank, wie beim Putzen mit einer kommerziellen Reinigungspaste!

Entsorgung

Kupferionen sind giftig für Wasserorganismen und andere Kleinstlebewesen. Deshalb gehören sie grundsätzlich als Sondermüll entsorgt. Die winzigen Mengen, welche beim Experimentieren mit Münzen entstehen, könnt ihr aber mit dem Essig-und-Salz-Gemisch in den Abfluss entsorgen.

Die Papiertücher, mit welchen ihr Kupfertöpfe und Messing putzt, könnt ihr in den Hausmüll geben oder – wenn ihr die Kupfergeschirr-Komplettausstattung eurer Profi-Küche poliert und so grössere Mengen erzeugt habt 😉 – trocknen lassen und zur Sonderabfall-Sammelstelle bringen.

Was passiert da?

Die dunkle Farbe angelaufenen Kupfers ist ein Belag aus Kupferoxiden, hauptsächlich aus schwarzem Kupfer(II)oxid (CuO). Dieses Salz besteht aus Cu2+– und O2- -Ionen. Cu2+-Ionen können sich in Wasser lösen, wobei sie von Wassermolekülen umgeben werden.

Dabei nehmen sechs Wassermoleküle der innersten Wasserschicht um ein Cu2+-Ion ganz bestimmte, geometrische Positionen ein: Die Ecken eines lang gezogenen Oktaeders.

Hexaaquakupfer(II) - Komplex: Die beiden H2O auf der Längsachse sind etwas weiter vom Kupfer entfernt als die vier übrigen
Der Hexaaquakupfer(II)-Komplex: Die Pfeile deuten die Bindungen durch „geliehene“ Elektronenpaare an. Die Wassermoleküle markieren die Ecken eines Oktaeders (eine viereckige Doppelpyramide), wobei die beiden Moleküle oben und unten etwas weiter weg vom Kupfer sind als die übrigen vier. Die Folge: Der Oktaeder erscheint etwas in die Länge gezogen.

Wie sie dazu kommen? Ein Cu2+-Ion hat relativ wenig Elektronen (immerhin zwei weniger, als zum Ausgleich seiner Kernladung nötig wären). Wassermoleküle hingegen haben – zumindest am Sauerstoff-Ende – ziemlich viele davon, und zwar ganze zwei äussere Elektronenpaare, die für keine chemische Bindung innerhalb des Moleküls gebraucht werden. So können Wassermoleküle eines dieser nichtbindenden Elektronenpaare einem Cu2+-Ion „ausleihen“.

Damit entsteht eine chemische Bindung zwischen Wasser und Kupfer-Ion, die von den Chemikern „koordinative Bindung“ oder „Komplexbindung“ genannt wird. „Komplex“ ist daran allerdings nur, dass ein Bindungspartner dem anderen ein Elekronenpaar ausleiht, anstatt dass wie bei der kovalenten oder Atombindung jeder Partner ein Elektron dazu beisteuert.

Komplexbildungsreaktionen sind Gleichgewichtsreaktionen

Cu2+-Ionen sind nun damit zufrieden, von sechs geliehenen Elektronenpaaren jeweils ein Bisschen zu haben. Allerdings lange nicht so zufrieden wie damit, einen Platz in einem CuO-Kristallgitter zu haben.

Stets kehren Cu2+-Ionen aus der Lösung in das Kristallgitter zurück: Die [Cu(H2O)6]2+ – Komplexe befinden sich stets mit dem Kupfer-Ionen im Kristallgitter in einem chemischem Gleichgewicht (Le Chatelier erklärt euch das Gleichgewicht hier auf dem Flughafen genauer).

Dieses Gleichgewicht liegt in Wasser allerdings ganz weit auf der Seite des Salzkristalls, es sind nur ganz wenige [Cu(H2O)6]2+ -Komplexe in Lösung.

Kochsalz übt einen Zwang aus

Gibt man nun reichlich Kochsalz (NaCl) in das Wasser, löst sich dessen Gitter auf: Na+– und Cl-Ionen gehen einzeln ins Wasser über . Die Cl-Ionen können ebenfalls Komplexe mit Kupfer bilden: Sie können Wassermoleküle im [Cu(H2O)6]2+ ersetzen, sodass Komplexe wie [Cu(H2O)5Cl]+ entstehen:

Die Art Reaktion nennen die Chemiker „Ligandenaustauschreaktion“: Die Teilchen, welche dem Kupfer-Ion (dem „Kern“) im Zentrum des Komplexes die Elektronenpaare leihen, heissen nämlich „Liganden“ (von lateinisch ligare = binden).

Durch solche Reaktionen können bis zu vier Wassermoleküle ausgetauscht werden. Die zwei verbleibenden Wassermoleküle bilden nun die Spitzen des langgezogenen Oktaeders.

Tetrachlorocuprat(II) in wässriger Lösung: Der quadratisch-planare Kupfer-Komplex wird von zwei Wassermolekülen zum langgezogenen Oktaeder ergänzt.
Tetrachlorocuprat(II): So heisst der Komplex, welcher entsteht, wenn die maximal mögliche Anzahl Wassermoleküle gegen Chlorid-Ionen ausgetauscht wird.

All diese Komplexe stehen miteinander im Gleichgewicht. Das schiere Überangebot an Cl-Ionen allein sorgt dafür, dass diese Gleichgewichte jeweils auf die Seite mit mehr Chlorid im Komplex gedrängt werden. So einem Zwang wie dem Cl-Überschuss will das ganze System nämlich ausweichen.

Der Knackpunkt dabei: Durch die Entstehung der Komplexe mit Chlorid wird dem Gleichgewicht zwischen CuO und gelösten Kupferionen das  [Cu(H2O)6]2+ entzogen! Laut dem Prinzip von Le Chatelier strebt das Gleichgewicht danach, auh diesen Verlust auszugleichen: Der Verlust der Kupferionen mit reiner Wasserhülle zieht das Gleichgewicht förmlich auf die Seite des gelösten [Cu(H2O)6]2+. So geht in der Anwesenheit von reichlich Cl mehr Cu2+ aus dem CuO in Lösung.

Und was tut der Essig dabei?

Mit Kochsalz und blossem Wasser funktionieren diese Ligandenaustauschreaktionen kaum: Das Kupferoxid bleibt an der Oberfläche haften – der Kupfertopf bleibt dunkel.

So lautete meine erste Vermutung Die Säure (Haushaltsessig ist nichts anderes als Essigsäure gelöst in Wasser) fördert irgendwie die Entstehung der chloridhaltigen Komplexe. Befriedigend war diese Erklärung aber lange nicht.

Deshalb habe ich meine Chemiker-Gedanken weiter gesponnen und bin zu folgender Erklärung gelangt:

Wenn Cu2+-Ionen aus dem CuO in Lösung gehen, müssen die O2--Ionen aus dem Gitter auch irgendwo hin. Allerdings können die nicht einfach von Wassermolekülen umgeben existieren. Stattdessen reagieren sie mit dem Wasser zu OH-Ionen:

Auch zwischen diesen Reaktionspartnern besteht ein Gleichgewicht, das nicht all zu weit auf der Seite der OH-Ionen liegen mag. Ist im Wasser allerdings eine Säure (ein Stoff, der mit Wasser H3O+-Ionen erzeugen kann) vorhanden, reagieren die OH-Ionen allerdings gleich wieder zu Wasser:

Diese Gleichgewichtsreaktion nennen die Chemiker „Neutralisation“! Es liegt nämlich recht weit auf der Wasser-Seite, sodass eine Säure wie H3O+ und eine Base wie OH ganz von selbst miteinander reagieren. Durch den „Verbrauch“ von OH-Ionen durch die Neutralisation wird wiederum das Gleichgewicht zwischen O2- im CuO-Gitter und den OH-Ionen in Lösung auf die OH-Seite gezogen.

Zum besseren Überblick habe ich die wichtigsten Gleichgewichte und ihre Abhängigkeiten voneinander noch einmal zusammengefasst:

Überblick über die Gleichgewichtsreaktionen: So löst sich Kupfer in Essig mit Kochsalz
Die roten Pfeile deuten die Verlagerung der Gleichgewichte an: Die Reaktionen ganz rechts „ziehen“ die Gleichgewichte weiter links auf die Seite der Lösung: Das Kupferoxid an der Kupferoberfläche wird aufgelöst!

Wenn meine Erklärung zutrifft, müsste das Ganze auch mit Kochsalz in anderen Säuren funktionieren. Ich habe es ausprobiert: Kochsalz in Zitronensäure zeigt beim Polieren die gleiche Wirkung.

Aber Kupfer(II)-Komplexe sind doch farbig?

Die Chemie-Erfahreneren unter euch wissen vielleicht, dass die Komplexe mit Cu2+-Ionen eigentlich sehr farbig sind: [Cu(H2O)6]2+ ist zum Beispiel cyanblau, während die chloridhaltigen Komplexe zunehmend grün sind. Warum sieht man dann beim Reinigen der Münzen die Farben nicht?

Ich gehe davon aus, dass diese Komplexe insgesamt in so kleiner Menge entstehen, dass uns die äusserst blasse blau-grüne Färbung schlichtweg nicht auffällt.


Wie verträglich ist die Reinigung mit Essig und Kochsalz für die Kupfer-oberfläche?

Durch die Ligandenaustauschreaktionen wird das Kupfer-Metall nicht wieder hergestellt. Stattdessen wird bereits oxidiertes Kupfer in Wasser gelöst, sodass es abgewaschen werden kann. Wie bei allen anderen mir bekannten Mitteln zur Entfernung von Korrosionsspuren würde auch dieses bei wiederholtem Putzen irgendwann das Metall „aufbrauchen“.

Im praktischen Gebrauch bei der Reinigung von Kupfertöpfen und ähnlichen Gegenständen fällt diese Verlust jedoch nicht ins Gewicht. Zudem gehe ich davon aus, dass kommerzielle Reinigungspasten nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Ihr könnt also getrost eure Kupfertöpfe mit Essig und Kochsalz polieren.

Und Messingoberflächen?

Messing ist eine Legierung – also ein Gemisch – aus den Metallen Kupfer und Zink. Auch in Messing sind also Kupferatome enthalten, die, wenn sie zu CuO oxidiert werden, dem Metall ein dunkles, stumpfes Aussehen geben. Damit sollte sich dieses Problem mit Hilfe der selben Reaktionen beheben lassen.

Tatsächlich habe ich auch den Messinggriff meines Kupfertopfes problemlos mit Essig und Kochsalz polieren können. Lasst dabei jedoch die Mischung nicht unnötig lange einwirken, sondern spült sie gleich nach dem Putzen ab!

Beim Experimentieren mit Messingmünzen habe ich nämlich festgestellt, dass die Mischung Zink oder/und andere Bestandteile der Legierung aus der Oberfläche herauslösen kann. Die Folge: Die ehemals messinggoldene Oberfläche wird zwar blank, aber rot wie Kupfer!

Zink ist nämlich ein ziemlich unedles Metall, sodass es von der Säure angegriffen werden könnte. Die Säurekorrosion habe ich hier zur Rostparade oder zum Anhören in der neuen Folge des Proton-Podcasts (erscheint in Kürze) erklärt.

Bild: Tschechische 20-Kronen-Münze rot verfärbt

Was euch die Verwendung dieses Hausmittels bringt

Wie bereits erwähnt vermute ich, dass im Handel erhältliche Reinigungspaste für Kupfer und Messing auf die gleiche Weise funktioniert wie das Gemisch aus Säure und Kochsalz – nämlich mit Chemie. Welchen Vorteil habt ihr dann aber von diesem Hausmittel?

Wie ihr seht: Ohne Chemie geht nichts im Haushalt. Anders als bei einer Reinigungspaste aus dem Handel wisst ihr beim Einsatz eines solchen Hausmittels oder Chemie-Hacks ganz genau, welche Chemie bzw. Chemikalien darin enthalten sind. Nämlich garantiert nichts, was euch gefährlich werden könnte (so lange ihr das Kochsalz nicht löffelweise esst oder euch die Säure in die Augen spritzt – aber das versteht sich ja von selbst). Das ist doch ein beruhigender Gedanke, oder?

Und wie reinigt ihr Kupfer und Messing in eurem Haushalt?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Es ist Frühling – eine wunderbare Zeit für Experimente, für die man etwas Platz braucht. Deshalb habe ich heute für euch ein lustiges wie lehrreiches Spektakel für Balkon und Terrasse (oder auch für drinnen): Die Elefantenzahnpasta!

Das bekannte Experiment zeigt eine weitere wichtige Fähigkeit (die Gärung könnt ihr ja hier erforschen), die nicht nur Hefezellen, sondern auch unsere Zellen haben: Die Fähigkeit, sich vor Oxidationsmitteln zu schützen. Und da dabei eine Menge Gas entsteht, kann man diese Fähigkeit für dieses spassige Experiment nutzen.

Ihr braucht dazu

  • Hefe: am einfachsten geht das Experiment mit Trockenhefe
  • ein Gefäss mit schmaler Öffnung: z.B. eine 0,5l PET-Flasche oder ein Reagenzglas
  • etwas warmes Wasser (lauwarm, wie Hefe es gern hat)
  • etwas Geschirrspülmittel
  • ein Oxidationsmittel: Wasserstoffperoxid, als Lösung (3 – 6%) aus der Apotheke/Drogerie
  • Optional: Lebensmittelfarbe
  • Einen Trichter, der auf das schmale Gefäss passt
  • Schutzbrille, ggfs. Labormantel/Malschürze
  • Ein Backblech oder Tablett als Unterlage
Wasserstoffperoxid, Trockenhefe, Spülmittel, Lebensmittelfarbe, Reagenzglas, Schutzbrille, Trichter - das braucht ihr für die Elefantenzahnpasta!

So geht’s

  • Rührt die Trockenhefe in das warme Wasser ein, bis es keine Klumpen mehr gibt.
  • Füllt Wasserstoffperoxid in das schmale Gefäss (bis es zu ca. einem Fünftel (mit 6% H2O2) bzw. zwei Fünftel (mit 3% H2O2) gefüllt ist – verwendet dazu den Trichter!) und mischt Lebensmittelfarbe und einen Schuss Spülmittel hinein.
  • Stellt das Gefäss in das Backblech.
  • Giesst das Hefewasser schnell in das Gefäss und tretet zurück! Die Reaktion beginnt sofort!
Wasserstoffperoxid ist mit roter Farbe und Spülmittel gemischt, die Hefe in Wasser suspendiert
Alles parat: Rechts im Reagenzglas Wasserstoffperoxid-Lösung (Drogisten benutzen gerne lateinisierte Stoffnamen – hier „Hydrogenii peroxidum“ , die schonmal zu Kommunikationsschwierigkeiten mit einkaufenden Chemikern führen) mit roter Lebensmittelfarbe und Spülmittel. Links ein Teelöffel Trockenhefe in Wasser. Nun das Linke in das Rechte giessen und los gehts!

Was ihr beobachten könnt

Die Mischung beginnt sofort zu sprudeln und heftig zu schäumen. Wie ein Zahnpastastrang quillt der Schaum aus der Gefässöffnung und ergiesst/schlängelt sich auf dem Backblech aussen herum.

Elefantenzahnpasta quillt aus dem Reagenzglas!
Zahnpasta für Zwergelefanten: Einem der Chemiker-Grundsätze – so viel wie nötig, so wenig wie möglich – zuliebe habe ich den kleinen Massstab im Reagenzglas gewählt. Zudem hatte „meine“ Drogerie gerade nur 3% H2O2-Lösung vorrätig – mit 6% käme wohl noch mehr Schaum heraus. Im Übrigen: Ein guter Drogist oder Apotheker fragt nach, was ihr mit der Lösung vorhabt. Nicht irritieren lassen und ehrlich sein – sie geben sie dann schon heraus!

Sicherheitshinweise

Auch wenn sie gerne so genannt wird: Die „Elefantenzahnpasta“ eignet sich nicht zum Zähneputzen! Nehmt sie also nicht in den Mund!

Wasserstoffperoxid wirkt ätzend auf Haut und Schleimhäute (die typischen weissen Verletzungen werden manchmal erst verzögert sichtbar und tun manchmal auch dann erst weh). Wenn euch etwas von der Lösung auf die Haut gerät, spült es gründlich mit fliessendem Wasser ab. Sollte euch trotz aller Vorsicht etwas ins Auge spritzen, spült das Auge sehr gründlich mit fliessendem Wasser aus (10 Minuten lang ist Labor-Standard!) und geht bei Beschwerden zum Augenarzt!

Ausserdem kann Wasserstoffperoxid farbige Textilien bleichen. Der Labormantel bzw. die Malschürze soll eure Kleider davor schützen.

Die „Zahnpasta“ selbst enthält kaum bis kein Wasserstoffperoxid mehr und kann daher gefahrlos angefasst werden.

Entsorgung

Die „Zahnpasta“ und Reste im Reaktionsbehälter können mit viel Wasser in den Abfluss entsorgt werden. Übrige Wasserstoffperoxidlösung könnt ihr im dicht schliessenden Originalbehälter in einem dunklen Schrank aufbewahren und später für weitere Experimente verwenden.


Was passiert da – Wie entsteht die Elefantenzahnpasta?

Wasserstoffperoxid – H2O2 – ist eine recht instabile Verbindung. Unter alltäglichen Bedingungen ohne Reaktionspartner zerfällt es sehr langsam in Wasser und Sauerstoff:

2H_{2}O_{2}\rightarrow 2H_{2}O+O_{2}

Kommt Wasserstoffperoxid allerdings mit anderen Stoffen in Berührung, oxidiert es die meisten davon. Das gilt insbesondere für die Bestandteile von Lebewesen. Deshalb solltet ihr bei diesem Experiment Schutzbrille und -kleidung tragen!

Schutz vor Oxidation durch Aufräum-Enzyme

Wenn die Zellen sauerstoffatmender Lebewesen (Menschen, Tiere, Hefepilze,…) Energie aus Sauerstoff gewinnen, kann in ihnen jedoch H2O2 als unerwünschtes Nebenprodukt entstehen (so ausgeklügelt die Reaktionswege sind, fehlerfrei laufen sie noch lange nicht). Damit dieses Wasserstoffperoxid nicht wild herumoxidiert, haben die Zellen ein Aufräumkommando, das durch Fehler entstehendes H2O2 schnellstmöglich aus der Welt schafft.

Dabei handelt es sich um Enzyme mit dem Namen Katalase. Das sind Proteine, die die natürliche Zersetzung von Wasserstoffperoxid in Wasser und Sauerstoff um ein Vielfaches beschleunigen – indem sie den Ablauf der Reaktion erheblich erleichtern.

Ein Biokatalysator erleichtert den Reaktionsablauf

Denn Reaktionen laufen dann leichter ab, wenn weniger Energie nötig ist, um sie zu starten. Ein Stoff, der eine Reaktion beschleunigen kann (ohne selbst abzureagieren), indem er die zum Start der Reaktion nötige Aktivierungsenergie verringern kann, wird Katalysator genannt.

Im Auto ist der Katalysator eine Metalloberfläche, an welcher giftige Abgase zu weniger giftigen Stoffen reagieren (mehr dazu findet ihr hier). In Lebewesen heissen die Katalysatoren Enzyme. Enzyme sind also Proteine, die Reaktionen erleichtern und damit beschleunigen. Die Katalasen gehören unter diesen zu den schnellsten Enzymen überhaupt: Ein einziges Katalase-Molekül schätzungsweise bis zu 10 Millionen H2O2-Moleküle in der Sekunde umsetzen! Das hat zur Folge, dass die Geschwindigkeit des Wasserstoffperoxid-Abbaus mit Katalase praktisch nur davon abhängt, wie viel H2O2 das Enzym in gegebener Zeit „zu fassen“ bekommt.

Gasentwicklung dank Katalase

Damit ist die Katalase bestens geeignet, um durch Fehler in anderen Reaktionsabläufen entstehendes Wasserstoffperoxid sofort wieder verschwinden zu lassen – oder um aus Wasserstoffperoxid, das von aussen eindringt, in kürzester Zeit grosse Mengen Sauerstoff-Gas freizusetzen.

Wenn wir unsere Hefe durch Mischen mit Wasserstoffperoxid-Lösung (relativ) grossen Mengen H2O2 aussetzen, stürmen diese kleinen Moleküle die Hefezellen und werden dort postwendend zu Wasser und Sauerstoff-Gas umgesetzt. Sollten die Zellen dabei platzen oder ihre Aussenwände kaputt oxidiert werden, kommt die Katalase zudem direkt mit der Wasserstoffperoxid-Lösung in Berührung und das Gas entsteht noch schneller.

Nun brauchen gasförmige Stoffe ein Vielfaches mehr an Platz als flüssige Stoffe aus den gleichen Teilchen, sodass sich das Sauerstoff-Gas sehr schnell ausdehnt. Da unser Gemisch aber Seife enthält, werden die entstehenden Sauerstoffportionen in winzige Seifenbläschen eingeschlossen (über diese und andere Superkräfte von Seife könnt ihr hier nachlesen): Es entsteht Schaum.

Elefantenzahnpasta von Nahem gesehen: Die Schaumbläschen sind erkennbar.
Wenn ihr euch die „Elefantenzahnpasta“ ganz aus der Nähe anschaut, könnt ihr die kleinen Schaumbläschen erkennen.

Und dieser Schaum, nass von Seifenwasser und Hefezellresten, quillt als „Elefantenzahnpasta“-Schlange aus dem Gefäss heraus.

Zusammenfassung

Die „Elefantenzahnpasta“ besteht also aus Schaum aus Seife und Sauerstoff, der durch „Überfütterung“ der Oxidationsschutz-Enzyme von Hefezellen mit Wasserstoffperoxid entsteht.

Auch Menschenzellen haben Katalasen, die den Abbau von Wasserstoffperoxid in der gleichen Weise beschleunigen: Wenn Wasserstoffperoxid in unsere Haut gelangt, entstehen im Gewebe kleine Sauerstoffbläschen, welche wir als die weissen Verletzungen sehen können.

Wichtig: Die Schutzenzyme des Körpers sind genau darauf ausgelegt, solche Oxidationsmittel zu entfernen, die bei Fehlern in zelleigenen Prozessen entstehen. Andere Oxidations- und Bleichmittel, insbesondere unter dem Kürzel „MMS“ als „Wunderheilmittel“ vertriebene gefährliche Chlorverbindungen gehören da nicht zu! Gegen solche Stoffe hat der menschliche Körper keine eigenen Schutzmassnahmen!

Und habt ihr das Elefanzenzahnpasta-Experiment schon einmal ausprobiert? Wozu sonst verwendet ihr Wasserstoffperoxid?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Ein Blogger kommt selten allein - auch für die Leser?

Liebe Leser, Liebe Blogger-Kollegen,

Heute geht es hier für einmal nicht direkt um Naturwissenschaftliches, sondern um die Welt der Blogs und Blogger. Die spielt sich nämlich in Facebook-Gruppen, Foren, Whatsapp-Channels und vielen anderen Kanälen ab, in welchen wir unabhängigen Internet-Autoren unabhängig von unseren Themen zusammenfinden und uns austauschen.

Dabei ist unter Schweizer Bloggern auch die Idee zu einer Blogparade „Ein Blogger kommt selten allein“ entstanden, welche sich mit der Zusammenarbeit von Bloggern und gemeinschaftlichen Projekten beschäftigen soll.

Vernetzung von Bloggern: Wo bleiben die Leser?

In der Bloggerwelt wird immer wieder der Wunsch laut, das Blogger sich mit Bloggern vernetzen und einander unterstützen. Und ebenso regelmässig kommt die Diskussion darum auf, dass wir Blogger im D-A-CH-Raum uns damit besonders schwer täten, dass wir – womöglich kulturell bedingt – gehemmt seien, wenn es um gegenseitige Unterstützung geht. Die Frage, die sich dann stellt, lautet in der Regel: Wie können wir das besser machen? Wie können wir einander unterstützen?

Dabei geht in meinen Augen jedoch oft das Wesentliche vergessen: Wir schreiben für euch, unsere Leser, unsere Zielgruppe.

Die Frage sollte also lauten: Wie können wir uns gegenseitig dabei unterstützen, euch – unserer jeweiligen Zielgruppe – interessante, lesenswerte, nützliche und bewegende Inhalte zu liefern?

In den vergangenen Jahren habe ich viel über diese Frage und mögliche Antworten nachgedacht. Einige, die ich bereits verfolge oder künftig verstärkt verfolgen möchte, möchte ich euch heute vorstellen – und euch schliesslich die Frage aller Fragen stellen: Was interessiert euch tatsächlich?

Zusammenarbeit unter Bloggern für die Leser? Drei meiner Ansätze


1. Mit Gleichgesinnten Interessengemeinschaften bilden

„Gleichgesinnt“ heisst hier in meinen Augen „der gleichen Zielgruppe verhaftet“. Was nützt es, wenn zwei Blogger im gleichen Genre schreiben – als Beispiel einen Foodblog mit Kochrezepten – aber völlig unterschiedliche Leser bedienen? Zum genannten Beispiel: Ein Foodblog mit Rezepten für Vegetarier, der andere mit Rezepten für Grillfleisch. So lange hier nicht einer der Beteiligten über seinen Schatten springt (und sich zum Beispiel an gegrilltem Gemüse probiert), überschneiden sich die Zielgruppen nicht!

Als meine Zielgruppe sehe ich Menschen an, die einen „normalen“ (Familien-)Alltag zu bewältigen haben und/oder mit der Bildung neugieriger Nachwuchs-Forscher zu tun haben. Für eben diese Menschen schreiben auch all die Mama-, Papa- und Familienblogger – mit dem einen Unterschied, dass diese in der Regel selber Kinder haben. Ich nicht. Ich bin somit keine Mama-Bloggerin. Und dennoch schreibe ich für die gleiche Leserschaft.

Das Netzwerk Schweizer Familienblogs

Nachdem mir das erst einmal klar geworden war, habe ich im vergangenen Jahr das Netzwerk Schweizer Familienblogs mitbegründet. Beim Austausch unter Familienbloggern wurde rasch klar, dass viele von uns die gleichen Interessen haben: Die flächendeckende Einhaltung von Qualitätsstandards, die Möglichkeit, potentiellen Kooperationspartnern selbige gesammelt anzubieten, sich in einem „geschützten“ Raum auszutauschen und manches mehr.

So sind einige von uns dem Ruf von Rita von den Angelones und Jerome von […] gefolgt, haben überlegt, wie diese gewünschten Qualitätsstandards aussehen sollen und sie auf der eigenen Website des Netzwerks in Schriftform gebracht.

Kurz gesagt beinhalten diese Standards neben Inhalten für Familien(-menschen) – das sollte ja selbstverständlich sein – eine grundlegene Orientierung am Schweizerischen Internetrecht (Stichwort: Impressum!) und Transparenz beim Umgang mit werblichen Inhalten und Kooperationen. Auf der Website des Netzwerk finden interessierte Leser und Kooperationspartner eine Liste der Schweizer Familienblogs, die sich zur Einhaltung dieser Standards verpflichtet haben und dies mit dem Siegel des Netzwerks Schweizer Familienblogs kundtun dürfen.

Gemeinsam für die Leser: Netzwerk Schweizer Familienblogs

Auf diesen Blogs findet ihr, lebe Leser, familientaugliche Inhalte ohne Schleichwerbung von Autoren, die zu ihren Inhalten stehen und offen für seriöse Kontakte und Geschäfte sind.

Und wenn ihr, liebe Mit-Familienblogger, dabei sein möchtet, könnt ihr euch jederzeit hier um Aufnahme bewerben. Solltet ihr die gewünschten Standards noch nicht erfüllen, helfen wir euch gerne dabei, die nötigen Veränderungen umzusetzen.

2. Ein Verzeichnis zusätzlicher, für die Zielgruppe spannender Inhalte bereitstellen

Hierzu gehört sicherlich die klassische Blogroll – eine Liste meist themen- bzw. zielgruppenverwandter Blogs, die der Blogger eures Vertrauens euch empfehlen kann. Und seinen bloggenden Kollegen damit einen Backlink und im besten Fall sogar Zugriffe spendiert.

Ich gehe da sogar noch einen Schritt weiter. Warum nicht auch einzelne spannende Artikel dauerhaft zugänglich machen, die sonst irgendwo in den Blog-Archiven verborgen liegen?

Das Periodensystem gebloggt

Für meine an Chemie&Co interessierte Zielgruppe habe ich das „Periodensystem gebloggt“ ersonnen. Denn alles ist Chemie – alle Dinge bestehen aus (aktuell bekannten) 118 chemischen Elementen, zu welchen es viele spannende Geschichten gibt. Und die alle selbst zu schreiben würde mich auf Dauer doch ein wenig an meinem eigenen Blogthema – der Chemie des (Familien-)Alltags – vorbei führen.

Aber dafür gibt es ja viele fleissige wie versierte Kollegen, welche über die Elemente gebloggt haben oder bloggen. Und deren Artikel finden Platz in meinem gebloggten Periodensystem der Elemente. Okay, der ein oder andere von mir ist auch darunter. Aber vor allem warten noch viele Elemente darauf, verbloggt zu werden.

Und damit lade ich nun euch ein, liebe Mitblogger, euch mit eurem eigenen Beitrag zu einem der Elemente – vielleicht eurem Lieblingselement? – im Periodensystem zu verewigen! Wenn ihr bereits einen passenden Artikel habt, kommentiert oder schickt mir doch einfach euren Link dazu. Und wenn ihr erst einen schreiben möchtet, lasst es mich allenfalls wissen, damit ich euch das entsprechende Element frei halten kann.

Das Thema passt jetzt gar nicht auf euren Blog? Oder ihr habt gar keinen und möchtet trotzdem gerne schreiben? Gerne veröffentliche ich euren Gastbeitrag zum Element auf Keinsteins Kiste und verlinke ihn ins Periodensystem!

3. Uns gegenseitig unsere Expertise zur Verfügung stellen

Wir alle haben unser Steckenpferd, unser Blogthema, von dem wir eine Menge wissen und verstehen. Und manche von uns haben sogar zwei oder mehrere. Dabei überschneiden sich diese Themen mitunter – häufig in Bereichen, die uns womöglich nicht gleich ins Auge fallen. Dabei können Gastblogger den Lesern im Bereich genau dieser Überschneidungen vieles bieten.

Aus diesem Grund biete ich euch, liebe Mitblogger, hiermit meine Expertise an: Ich habe Chemie studiert und Didaktik gelernt. Dieses Wissen gebe ich gerne weiter – sei es in Form von spannenden Experimenten, Erklärungen, Sicherheits- oder Anwendungstipps zu Phänomenen in eurem Alltag.

Und euer Alltag – dazu gehört schliesslich euer Blogthema, zu dem ihr schreibt oder lest – überschneidet sich automatisch mit meinem Thema: Chemie ist überall – alles ist Chemie!

Meine Expertise in Gastbeiträgen bei euch

Gerne verfasse ich einen Gastbeitrag, in welchem ich „mein“ Fach in den Dienst eures Themas stelle. Das könnten zum Beispiel sein: Lebensmittel- bzw. Küchenchemie auf dem Kochblog, Materialien für Textilfasern auf dem Modeblog, die spannendsten Naturwunder an Ziel X erklärt auf dem Reiseblog, Inhaltstoffkunde auf dem Beautyblog, kindgerechte Experimente auf dem Familienblog und vieles andere mehr. Im Gegenzug freue ich mich über eine Verlinkung von Keinsteins Kiste im Artikel.

Und umgekehrt: Habt ihr beruflich oder anderweitig mit naturwissenschaftlichen Themen im Alltag zu tun? Dann freue ich mich ebenso über einen Gastbeitrag von euch!

Bei aller Unterstützung: Ohne euch Leser läuft nichts!

Diejenigen, die uns Blogger am wirksamsten und mit dem wenigsten Aufwand unterstützen könnt, seid schlussendlich ihr – die Leser! Unsere Inhalte werden nämlich erst dann so richtig sichtbar, wenn ihr sie in euren Netzwerken teilt und somit möglichst vielen Interessierten zugänglich macht.

Die sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest und Co sind darauf ausgelegt, bevorzugt das auszuspielen, was ihre Nutzer interessiert. Und das Interesse messen sie an den Interaktionen, die auf einen Beitrag folgen: Teilen, Kommentieren, Liken!

Zeigt also eurem Umfeld, was von Interesse ist, indem ihr teilt, was euch gefällt und scheut euch nicht, euren Senf dazu zu geben. Und wenn es unter einem Beitrag mal richtig kontrovers zur Sache geht, ist das für uns Blogger ein Grund zur Freude: Ein Haufen Kommentare macht den Beitrag erst so richtig gut sichtbar (weil er entsprechend bevorzugt in den Feeds der Netzwerke aller Beiteiligten ausgespielt wird).

Frage an die Leser: Was interesssiert euch wirklich?

Nun gebe ich jedoch die entscheidende Frage vom Anfang an euch Leser weiter:

Welche unserer Vernetzungsaktionen bieten euch tatsächlich Mehrwert?

Interessieren euch Blogparaden? Bevorzugt ihr solche mit breiter Streuung eines allgemeinen Themas durch alle Genres oder eher solche, die auf „eure“ Nische beschränkt bleiben? Oder sind Blogparaden für euch völlig uninteressant?

Nutzt ihr Blogrolls? Linkups? Permanent verfügbare Inhalts-Sammlungen wie das PSE gebloggt? Interessiert euch, was wir auf Bloggertreffen, in Bloggergruppen oder im Zuge anderer gemeinsamer Projekte so treiben?

Oder sind wir mit all dem völlig auf dem Holzweg: Was würde euch interessieren, auf das wir Blogger vielleicht noch nicht gekommen sind?

Kommentiert uns doch eure Antworten unter diesem Beitrag – damit wir Blogger künftig noch mehr für euch Leser zusammen arbeiten können!
 

Blogparade „Ein Blogger kommt selten allein“

Uns? Richtig: Wir – das sind nebst mir nämlich die weiteren Teilnehmer an der Blogparade:

  • Svea von Dreimal Frei: Der Schweizer Blog zu den Themen Familie, freie Schule und Freilernen über ihre Vernetzung mit dem Blog „Schools of Trust“ Auch Svea ist übrigens Mitglied im Netzwerk Schweizer Familienblogs!
  • Natascha und Fabienne vom Schweizer Fashion- und Lifestyleblog Ich, DU & Wir mit ihren Outfits gemäss Follower-Abstimmung
  • Tamara vom Schweizer Food, Family und Lifestyle Blog Cakes, Cookies and more mit ihrem Quinoa-Salat, der im Rahmen der Food-Challenge der „Foodblogs Schweiz“ (einer ähnlichen Interessengemeinschaft wie das Netzwerk Schweizer Familienblogs, in welchem Tamara ebenfalls Mitglied ist!)
Einkochen und Einwecken mit Mehl - Warum geht das nicht?

Kürzlich hat meine Leserin Pia geäussert, was ich daraufhin vielfach in Foren zum Einkochen wiedergefunden habe:

Beim Einkochen (Einwecken) darf man nichts mit Mehl binden – das säuert. Aber Kuchen mit Mehl kann man einkochen. Auch Brot und Nudeln darf man – überall Mehl drin. Nur die Sauce darf nicht mit Mehl … warum nicht?

Eine spannende Frage – die mich veranlasst hat, mich näher mit der Physik und Chemie des Einkochens zu beschäftigen.

Einkochen: Wieso? Weshalb? Warum?

Durch Einkochen oder Einwecken werden Lebensmittel haltbar gemacht. Die sind nämlich nicht nur für uns äusserst nahrhaft, sondern auch für allerlei Mikroorganismen. Die nisten sich in Lebensmitteln ein, verändern ihr Aussehen und ihren Geschmack in oft nicht gewünschter Weise, und machen uns im schlimmsten Fall auch noch krank.

Eine einfache Methode, diese Störenfriede loszuwerden, ist, sie mitsamt ihrer Umgebung so gründlich zu erhitzen, dass sie selbst gekocht werden und damit absterben. Die meisten Lebewesen bestehen nämlich aus Proteinen, die ab 42°C ihre Form und damit ihre Funktionsfähigkeit verlieren: Sie denaturieren. Und damit ist es dann vorbei mit Leben. Wenn man dann noch dafür sorgen kann, dass es auch so bleibt…

Konservieren durch Erhitzen

Zum Einkochen werden die Lebensmittel in Gläsern erhitzt, die mittels eines Dichtungsringes oder Schraubdeckels luftdicht verschlossen werden können. Dabei dehnen sich Luft und allenfalls entstehender Wasserdampf (dank der Anomalie des Wassers auch flüssiges Wasser ein wenig) aus und können sich notfalls an der Dichtung vorbei nach draussen zwängen.

Sobald solch ein Glas jedoch abkühlt, zieht sich die Luft darin zusammen (und allfälliger Wasserdampf kondensiert zu flüssigem Wasser). So entsteht im Glas ein Unterdruck, der dafür sorgt, dass die Dichtung fest gezogen wird. Nun kann nichts mehr aus dem Glas hinaus oder hinein. Auch keine Mikroorganismen oder ihre Sporen.

Damit ist sicher gestellt, dass nicht nur alle Bakterien und Pilze im Einkochgut tot sind, sondern auch keine neuen mehr hinein gelangen können. Um dessen wirklich sicher zu gehen, erhitzt man das Einkochgut entsprechend gründlich und lange (in der Regel auf 100°C, die Siedetemperatur von Wasser bei Atmosphärendruck). So soll auch das Innerste eines Einmachglases warm genug werden, um lebensfeindlich zu sein.

Die Industrie gibt dem Ganzen einen Namen

Der deutsche Chemiker Rudolf Rempel hat das Einmachglas Ende des 19. Jahrhunderts erfunden und sich 1892 patentieren lassen – und starb ein Jahr darauf mit nur 34 Jahren. So kam es, dass der Unternehmer Johann Carl Weck das Patent erwarb und zum ersten industriellen Hersteller von Einmachgläsern und Zubehör wurde. Mit dem Namen Weck verbreitete sich bald der Begriff „Einwecken“ für die Verwendung der Gläser.

Inzwischen hat das „Einwecken“ Eingang in den Duden gefunden und darf damit als allgemeingültiger Teil der deutschen Sprache als Synonym für das Einkochen verwendet werden – ganz gleich welche Gläser man dazu benutzt. Anders verhält es sich jedoch mit dem Wortteil „Einweck-„. Der ist nach wie vor geschützt. Ein Einweckglas oder einen Einweckring gibt es somit bis heute nur von der Firma Weck.

Und wenn sich jetzt die österreichischen Leser fragen, wovon ich eigentlich schreibe: Bei euch war im frühen 20. Jahrhundert die Rex-Konservenglas-Gesellschaft Hersteller Nummer 1 für Einmachgläser. So hat sich in Österreich der Begriff „Einrexen“ eingebürgert.

Warum klappt das Einwecken nicht mit Mehl?

Mehl enthält Amylasen: Das sind Enzyme, also Proteine, welche die langen Stärke-Ketten in kürzere Einfach- oder Zweifachzucker spalten können.

Strukturformel Stärke bzw. Amylose
Einfaches Stärkemolekül („Amylose“) – eine Kette aus Glucose-Molekülen, hier als Sechsringe dargestellt.

Der Name verrät uns das: Die unverzweigte Form der Stärke nennen die Chemiker auch Amylose, wobei die Endung „-ose“ auf ein Kohlenhydrat hinweist. Die verzweigte Form dieser Molekülketten nennen sie hingegen Amylopektin. Die Endung „-ase“ der Amylase weist hingegen auf ein Enzym hin, das spaltet bzw. zerlegt, was im Namen davor steht.

Wie kommen solche Enzyme in das Mehl?

Die Amylasen sind ein wichtiger Bestandteil von Getreidekörnern. Sie werden von der Mutterpflanze darin eingelagert, damit sie die Stärke im Samenkorn spalten können. Denn der Keimling, der daraus wächst, kann nur mit kleinen Zuckermolekülen etwas anfangen.

So lange die Amylasen funktionsfähig sind (und das bleiben sie beim Mahlen und bei vielen Vorgängen der Lebensmittelzubereitung auch), machen sie ihren Job jedoch auch in Lebensmitteln. Dabei entstehen aus Stärke und Wasser kleinere Zuckermoleküle wie z.B. Maltose (Malzzucker), ein Zweifachzucker aus zwei Glucose-Einheiten.

Ein Maltose-Molekül besteht aus zwei Glucose-Ringen

Zucker sind süss. Warum wird dann das Eingemachte sauer?

Geschmacksveränderungen in verderbenden Lebensmitteln sind in der Regel die Folge von Gärung. Dabei erzeugen wie Bakterien und Hefen aus den Lebensmittelbestandteilen neue Stoffe, die anders schmecken. Die beiden wichtigsten Gärungsprozesse sind die alkoholische (hierbei entsteht der „Trinkalkohol“ Ethanol) und die Milchsäuregärung (hierbei entsteht Milchsäure bzw. das Lactat-Anion). Und zwar ganz ohne Sauerstoff-Zufuhr.

Wie die alkoholische Gärung genau funktioniert, könnt ihr hier nachlesen und im Experiment gleich selbst beobachten. Dabei zeigt sich, dass als Nebenprodukt des Gärprozesses das Gas Kohlenstoffdioxid, CO2, entsteht. Und mit der Entstehung von Gas erhöht sich der Druck im Einmachglas – bis der Verschluss undicht wird.

Um das zu bewerkstelligen, brauchen die Mikroben Zucker aus kleinen Molekülen. Ergo solche Zucker, wie die Amylasen ihn aus der Stärke freisetzen. Nicht inaktivierte Amylasen können also nicht nur Pflanzenkeimlinge, sondern auch Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen ernähren.

Bakterien und Hefen im Einmachglas?!

Nun sollte man annehmen, dass Amylasen im Einmachglas kein Problem darstellen sollten. Schliesslich werden beim Einkochen die Mikroben im Einmachgut totgekocht. Und an diesem Punkt sind alle meine bisherigen Recherchen ins Leere gelaufen.

So bleibt mir als Erklärung letztendlich nur der Umstand, dass auch der Einkochvorgang keine perfekte Konservierung ermöglicht. Irgendwo wird da immer die ein oder andere Zelle überleben. Oder zumindest ihre Enzyme für die Gärung werden nicht vollständig unbrauchbar gemacht (sind die richtigen Enzyme beisammen, funktioniert Gärung nämlich auch ohne Zellen).

Wenn diese letzten Überlebenden nichts zu futtern haben, können sie jedoch nichts – oder nur sehr, sehr langsam etwas – ausrichten. Mit einer Zuckerquelle aus Stärke samt Amylasen können diese Mikroben jedoch mit der Gärung beginnen und sich womöglich sogar etwas vermehren. Dabei muss nicht all zu viel CO2 entstehen, um den Unterdruck im Einmachglas aufzuheben. Und schon können weitere Mikroorganismen durch den undichten Verschluss eindringen, sich vermehren und im Einmachgut eine grosse Biochemie-Party schmeissen. Dabei entstehen dann noch mehr Stoffe, darunter noch mehr Gas, was den Verschluss um so undichter werden lässt…

Kurzum: Stärke mit Amylasen ist demnach nicht Voraussetzung für eine Gärung im Einmachglas, sondern beschleunigt sie „bloss“ um ein Vielfaches.

Wie kann man das Stärke- Desaster verhindern?

  • Stärke ohne Amylasen verwenden: Stärke ohne Enzyme gibt es sicher für den Laborbedarf, (bio-)synthetisch hergestellt oder entsprechend gereinigt. Für den Hausgebrauch in der Küche aber viel zu teuer.
  • Saucen und anderes erst nach dem Einkochen mit Mehl binden: Dem Einmachglas ist die Konsistenz der Speisen egal. Die können daher auch erst beim Wiederaufwärmen kurz vor dem Verzehr angedickt werden.
  • Mehl und Mehlspeisen so stark erhitzen, dass die Amylasen sicher denaturiert werden: Dazu sind Temperaturen von deutlich mehr als 100°C nötig! Gebackenes Brot oder Kuchen sind daher durch und durch amylasefrei – die werden im Ofen heiss genug. Auch bei der Herstellung von trockenen Teigwaren (Nudeln, Pasta) scheinen die Amylasen beseitigt zu werden. Und wer nicht auf eine Mehlschwitze zum Andicken verzichten will, kann diese in Pflanzenöl ansetzen. Öl wird in der Pfanne nämlich heisser als wasserhaltige Butter und kann so die nötigen Temperaturen erreichen.
  • Wirklich lange und gründlich einkochen: Die in der Literatur empfohlenen Kochzeiten mindestens einhalten! Dabei steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, möglichst viele Amylasen auszuschalten, sondern auch die Mikroben sterben zu einem grösseren Anteil ab. Der Nachteil: Je zerkochter die Mikroben werden, desto zerkochter wird auch das restliche Einmachgut.
  • Einen Dampfdrucktopf zum Einkochen verwenden: Unter steigendem Druck steigt auch der Siedepunkt von Wasser. Das Gargut wird damit heisser als im offenen Kochtopf. So gart es nicht nur schneller, sondern auch gründlicher: Die zur Denaturierung von Amylasen notwendige Temperatur kann so womöglich erreicht werden.

Wirklich sicher (und praktikabel) ist jedoch nur der zweite Vorschlag – auf Mehl, welches nicht gebacken wurde, beim Einkochen ganz zu verzichten.

Und welche Erfahrungen habt ihr beim Einkochen mit oder ohne Mehl schon gemacht? Wisst ihr bezüglich der Folgen des Vorhandenseins von Amylasen im Einmachgut mehr als ich?

Zeolith und Detox - Taugen Klinoptilolith und Co zum Entgiften?

Im ersten Beitrag über Zeolith – besser Zeolithe, denn es handelt sich um eine ganze Familie von Stoffen – habe ich euch diese ganz besonderen Steine als Wasserenthärter, Spülmaschinentrockner und Rohstoff für Katzenstreu vorgestellt. Die Zeolithe bestehen aus einem festen Ionengitter aus Silizium- und Aluminiumionen, das negativ geladen ist (je grösser der Aluminiumanteil ist, desto mehr). Dieses Gitter enthält relativ grosse Aussparungen, regelrechte „Poren“. In diesen Poren können Wassermoleküle und positiv geladene Ionen (Kationen) angelagert werden. So ist gewährleistet, dass der Zeolith als Ganzes nicht elektrisch geladen ist.

So können Zeolithe mit grossem Aluminiumanteil ( Silizium : Aluminium = 1:1 gilt als gross!) nicht nur viel Wasser aufnehmen, sondern auch als Ionenaustauscher herhalten: Wenn im Wasser ausserhalb des Kristalls Kationen sind, die dem Zeolith besser „passen“, werden diese Ionen in den Poren angelagert und die ursprünglichen dafür freigesetzt. Da der in Waschmitteln eingesetzte synthetische Zeolith A Calcium-Ionen lieber bindet als Natrium-Ionen, kann er das Waschwasser „enthärten“, indem er die Calcium-Ionen daraus aufnimmt und dafür Natrium-Ionen abgibt.

Die „Schwamm-Wirkung“ der Zeolithe führt schnell zu weiteren Anwendungs-Ideen. Warum nicht auch Sachen aufsaugen, die nicht nur lästig, sondern wirklich gefährlich sind?

Zeolith und „Detox“ – Wie sinnvoll ist die „Entgiftung“ mit den saugfähigen Steinen?

Zu den Metall-Kationen, die es sich gern im Zeolith-Gitter gemütlich machen, gehören zum Beispiel auch Cäsium- (Cs+ ) und Strontium-(Sr2+) Ionen. Deren radioaktive Vertreter entstehen als Nebenprodukte in Kernreaktoren und können bei Lecks oder gar einem Reaktorunglück zum Problem werden. So wurden schon nach der Katastrophe von Tschernobyl Zeolithe verwendet, um solche radioaktiven Ionen aus verseuchtem Wasser zu filtern.

Könnte man das nicht nutzen, um – nicht nur radioaktive – Schwermetalle und andere Schadstoffe aus unserem Körper zu entfernen? Mit Hilfe von natürlich vorkommenden Steinen?

So zumindest lautet die Idee verschiedener Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln und ihrer Anhänger.

Was Detox-Zeolithe tun sollen

Produktbeschreibungen für Detox-Kuren mit „Zeolith“ offenbaren eine ganze Palette von Wirkungen. Allen voran steht eine „Reduzierung der Ammonium- und Schwermetallbelastung des Körpers“, indem es „Giftstoffe und überschüssige Säuren im Darm bindet“. In den Beschreibungen angegebene Folgen dessen seien zum Beispiel (wörtliche Zitate von Anbietern von Zeolith-Kuren von Googles Seite 1, die ich hier bewusst nicht verlinke):

  • Entlastung des Stoffwechsels von Leber, Niere, Bauchspeichedrüse und Blut (mittels Entgiftung über den Darm)
  • „schnellere Regenerationen“
  • Stärkung des Immunsystems
  • Anti-Aging-Effekt
  • Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensqualität
  • Bindung und Entfernung von freien Radikalen
  • Versorgung mit Calcium und Magnesium (allenfalls durch Beimengung von entsprechenden Verbindungen)

Um all das zu erreichen genüge es laut der Hersteller, regelmässig und allenfalls dauerhaft Zeolithe einzunehmen.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt tun können

Stoffe aus dem Darminhalt aufnehmen

Einmal verspeist können Zeolithe Ionen und wasserlösliche Stoffe genau an ihrem Aufenthaltsort aufnehmen: Im Inneren von Magen und Darm – im Nahrungsbrei.

Metallionen aus dem Darminhalt austauschen

Je nach Zusammensetzung können Zeolithe aber nicht nur Schwermetalle, sondern auch wertvolle Nährstoffe wie Calcium oder Eisen aus der Nahrung abgreifen.

Für die Reihenfolge, welche Ionen gegen welche ausgetauscht werden, gibt es eine Faustregel: Zweifach positiv geladene „haften“ besser am Zeolith als einfach positiv geladene Ionen, kleine Ionen besser als grosse. Ein Zeolith, der Natrium (Na+) oder Kalium (K+) enthält, wird diese Ionen demnach für Calcium- (Ca2+), Magnesium-(Mg2+) und Eisen- (Fe2+)ionen abgeben. Währenddessen würde ein Zeolith, der Calciumionen enthält, diese nur gegen kleine zweiwertige Ionen, wie Magnesium- oder Eisenionen wieder hergeben.

Radioaktives Cäsium entfernen

Cäsium ist chemisch den Elementen Natrium und Kalium ähnlich und damit gut wasserlöslich. So können seine Ionen (Cs+) sich – im Unterschied zu denen vieler anderer Schwermetalle – ziemlich frei im Körper bewegen und sich überdies an Klinoptilolith anlagern. Das funktioniert zumindest im Tierversuch bei Ratten und Hühnern. Mit Menschen hat man das im Rahmen einer Studie noch nicht probiert.

Magensäure neutralisieren

Zeolithe sind tatsächlich basisch. Säure zur Neutralisation finden sie auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt auch reichlich vor: Im Magensaft, wo sie wichtige Aufgaben hat. Neben anderen Basen neutralisiert sie auch gleich die Zeolithe. So ist von deren basischen Eigenschaften nach dem Magendurchgang nichts mehr übrig. Für die Neutralisation der Magensäure sorgt der Körper schliesslich selbst beim Übergang in den Darmtrakt: Dessen Inhalt ist nämlich grundsätzlich schwach basisch.

Was Zeolithe im Magen-Darm-Trakt aus Chemikersicht nicht können

Schwermetalle und Giftstoffe aus „Speicherorganen“ wie Leber, Nieren, Haut und Zähnen entfernen

Der Darm ist zur Aufnahme, nicht zur Ausscheidung solcher Stoffe geschaffen. Schliesslich wollen wir die nützlichen darunter ja aus dem Nahrungsbrei herausholen und sie nicht wieder an diesen verlieren. Was einmal aus der Nahrung in den Körper gelangt, bleibt also drin. Ausnahme: Gut wasserlösliche Ionen und Kleinstmoleküle, die durch Ionenkanäle und Transportproteine zwecks Elektrolythaushalt rein und raus können!

Es sei denn, es findet einen anderen Weg hinaus – über die körpereigenen Entgiftungsanlagen: Leber, Nieren und Lunge. Die Leber wiederum hat tatsächlich einen Hinterausgang in den Darm: Die Galle. Gallenflüssigkeit enthält tatsächlich grosse Abfall-Moleküle, die in der Leber so umgebaut wurden, dass sie wasserlöslich sind. So können sie ungehindert über den Darm ausgeschieden werden. Diese Moleküle sind nun aber so gross, dass sie auch nicht fälschlich wieder in den Körper hinein gelangen können.

Schwermetallionen effektiv gegen Natrium-, Kalium- und ähnliche Ionen austauschen

Die meisten Schwermetallionen schwimmen gar nicht frei im Darminhalt oder sonstwo im Körper umher, sondern sind an die verschiedensten Moleküle gebunden. Diese Bindungen müssen erst gebrochen werden, bevor die Ionen in die Poren des Zeoliths gelangen können (denn die meisten „Anhängsel“-Moleküle sind dafür zu gross). Somit ist theoretisch nur ein kleiner Teil der Schwermetalle im Darminhalt für das Zeolith „zu haben“.

Zwischen Giftstoffen und Nützlichem unterscheiden

Neben unerwünschten Stoffen gibt es in Magen und Darm eine Unzahl weiterer Stoffe: Nährstoffe, unverwertbare Nahrungsbestandteile, Bestandteile der Verdauungsflüssigkeiten, die sich alle mehr oder weniger gern um Zeolith-Pulverkörner herum lagern oder in die Poren eindringen. Und all jene, die sich eher gern mit Klinoptilolith oder anderen Zeolithen abgeben, konkurrieren mit jeglichen Giftstoffen um den Platz in den Zeolith-Poren. Da bleibt dann nur noch ein Bruchteil des Platzes für die Dinge, die man eigentlich „ausleiten“ will.

Giftige organische Moleküle aus dem Darminhalt entfernen

Die Moleküle der berühmt-berüchtigten Giftstoffe sind nämlich entweder so gross (Aflatoxine, Pestizide, Antibiotika,…), dass sie gar nicht in die Poren von Naturzeolith (ergo Klinoptilolith) hinein passen. Oder sie sind so klein (z.B. Methanol), dass sie flink an jedem Zeolith vorbei in den Körper gelangen.

Den Körper mit Silizium versorgen

Unsere Magensäure ist nicht in der Lage, das Gitter von Klinoptilolith anzugreifen und Atome heraus zu lösen (und im basischen Inhalt des Darmes geht das erst recht nicht). Das ist auch gut so. Denn wenn sie das könnte, würde zuerst das Aluminium aus dem Zeolith freigesetzt. Und das hat einen denkbar schlechten Ruf, wenn es um die körperliche Gesundheit geht.

einen „Kater“ bekämpfen

Nicht nur, dass sich Ethanol und sein Abbauprodukt Acetaldehyd (der eigentliche Verursacher des Katers) sich kaum an Klinoptilolith anlagern. Das Acetaldehyd und damit der Kater entstehen zudem in Zellen fernab vom Darm, wo die Zeolithe nie hingelangen und etwas daran ändern könnten. Was wirklich gegen einen Kater hilft und was im Körper mit dem Alkohol passiert, könnt ihr hier nachlesen.

Freie Radikale entfernen

Zeolithe sind Ionenaustauscher, keine Radikalfänger. Letztere sind Stoffe, die bei lebensförderlichen Bedingungen zu Redoxreaktionen – also dem Austausch von Elektronen – in der Lage sind. Solche Eigenschaften sind von Zeolithen nicht bekannt. Ausserdem: Freie Radikale entstehen in allen Zellen, die Energie aus der „Verbrennung“ von Sauerstoff gewinnen. Also praktisch im ganzen Körper. Und das ist in den meisten Fällen weit weg vom Inhalt des Darmes.

Ammoniak aus dem Darminhalt entfernen

Ammoniak (NH3) ist ein kleines, dem Wasser ähnliches Molekül. Tatsächlich lässt das sich auch gut in den Poren von Naturzeolith unterbringen. Das Problem: Es gibt im menschlichen Darm keinen Ammoniak. Sofern wir nicht Ammoniak-Lösung trinken, was aber kaum jemand freiwillig tun wird: Die ist ätzend, giftig und stinkt! Allenfalls gibt es Ammonium-Ionen (NH4+) , die im menschlichen Darm entstehen (durch Bakterien, die unverdaute Proteine zersetzen). Die wiederum sind gut wasserlöslich und gelangen über die Blutbahn in die Leber. Dort wird das Ammonium zu Harnstoff verbaut und findet über die Nieren nach draussen. Und das schafft eine gesunde Leber gut und gern allein.

Nur Widerkäuer (Rinder, Schafe,… ) haben Bakterien in ihrem Verdauungstrakt, die wirklich Ammoniak produzieren. Das ist ein Grund für den Einsatz von Zeolithen in Nutztierfutter.

Bakterien, Pilze oder Viren bekämpfen

Bakterien und Pilze sind Lebewesen, die aus mindestens einer kompletten Zelle bestehen Damit sind sie um viele Grössenordnungen grösser als alle bereits erwähnten Moleküle. Nie im Leben passen die in die Poren von Klinoptilolith oder einem ähnlichen Zeolith!

Auch Viren – wenngleich keine klassischen Lebewesen – sind um Grössenordnungen grösser als die Poren im Zeolith-Gitter.

Eine Anwendungsmöglichkeit massgeschneiderter, synthetischer Zeolithe mit grossen Poren ist die Verwendung als „Behälter“ z.B. für Antibiotika-Moleküle oder Silber-(Ag+)Ionen. Letztere haben eine bakterizide Wirkung und lassen sich durch Ionenaustausch im Zeolith deponieren. Solche präparierten Zeolithe werden dann verwendet, um z.B. keimabweisende Oberflächen herzustellen.

Dass Zeolithe ohne solches Gepäck meines Wissens keine Bakterien töten, ist übrigens gut so. Denn in unserem Darm gibt es eine Menge davon, die überaus wichtig für unsere Gesundheit sind. Und falls Zeolithe doch Bakterien töten, wäre das ein triftiger Grund, sie nicht einzunehmen!

Krebs heilen

Wissenschaftler haben tatsächlich Hinweise darauf gefunden, dass Zeolithe in der Nährflüssigkeit in Zellkulturen zu schnellerem Absterben der Zellen führen (und damit ein Zellgift sind). Im Tierversuch führen sie nach Auftragen zudem zur Verkleinerung von Hauttumoren durch extreme Austrocknung derselben. Dementsprechend sind die Krebsforscher an Zeolithen interessiert. Von den genannten Hinweisen zu einem wirksamen und anwendbaren Medikament ist es aber noch ein weiter Weg.

Und was ist mit Bentonit?

Bentonit wird häufig im Zusammenhang mit Zeolithen genannt und vertrieben, obwohl es gar nicht zu letzteren zählt. Bentonit ist nämlich eine Tonerde, die hauptsächlich aus dem Tonmineral Montmorillonit besteht. Das enthält zwar wie die Zeolithe Silizium, Aluminium, Sauerstoff und verschiedene positive Metallionen und kann sehr viel Wasser aufnehmen. Silizium und Aluminium sind aber nicht in einem festen Gerüst angeordnet, sondern bilden locker verbundene Schichten.

Deshalb hat Bentonit – anders als Zeolithe – die Eigenart, im Zuge der Aufnahme von Wasser aufzuquellen und dann fest zu werden. Und das nicht zu knapp. Das kann besonders im Magen-Darm-Trakt, wo im Allgemeinen wenig Platz ist, unangenehme, wenn nicht gar gefährliche Folgen haben: Verstopfung! Daher ist die Einnahme von Bentonit gar nicht zu empfehlen!

Und die übrigen Detox-Wirkungen? Gibt es dazu Untersuchungen?

„Stärkung des Immunsystems“, „Anti-Aging-Effekt“, „Steigerung von Energie, Vitalität und Lebensenergie“ sowie „schnellere Regenerationen“ (warum steht das in der Mehrzahl?!) sind äusserst schwammige Begriffe. So wie die ganze Welt um „Detox“ und „Entgiftung“ als Modeerscheinung eine äusserst schwammige Angelegenheit ist.

Von „Schlacken“, „Toxinen“ und „Umweltgiften“ ist da die Rede, aber kaum jemand (wenn nicht niemand), der Zeolithe und andere Entgiftungshilfen anpreist, weiss diese Stoffe oder ihre Herkunft im Einzelnen zu benennen. Kein Wunder: Die Liste dessen, was Klinoptilolith nicht kann, ist ja ziemlich lang und viele populäre Kandidaten für diese Stoffgruppen darauf vertreten. Damit wären konkrete Angaben zur Wirkweise von Zeolith und anderen Detox-Kuren ja viel zu leicht widerlegbar, um lange geduldet zu werden. Dementsprechend uneinheitlich und diffus sind auch die Beschreibungen der Wirkweise dieses und anderer Detox-Hilfsmittel.

Und was man nicht genau benennen kann, kann man nur schwerlich untersuchen. Deshalb gibt es weder Studien, die einen gesundheitlichen Vorteil von Detox-Kuren (ob nun mit oder ohne Zeolith) belegen, noch solche, welche die gegenteilige Aussage stützen würden.

Anders sieht das aus, wenn sich der Begriff „Detox“ auf die medizinische Behandlung akuter Vergiftungen (im Mediziner-Jargon „Intox“) bezieht. Die wird wiederum wird nur fällig, wenn ein giftiger Stoff in grossen Mengen (meist versehentlich) aufgenommen wurde oder/und das Versagen von Nieren oder Leber aufgefangen werden muss. Solche Entgiftungsmassnahmen gehen oft am empfindlichen Verdauungstrakt vorbei. Ein Beispiel ist die Hämodialyse (maschinelle „Blutwäsche“), die sowohl als Notfallmassnahme als auch langfristig bei Patienten ohne funktionierende Nieren zum Einsatz kommt.

Mit Detox-Kuren im Sinne der Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln haben solche – gut als wirksam belegten – Methoden aber nichts zu tun.

Fazit

Die Wirkweise und der mögliche Nutzen von Detox-Kuren ist im Allgemeinen höchst unklar, nicht zuletzt weil es zu den schwammigen und uneinheitlichen Aussagen der Anbieter kaum bis keine belastbare/n Studien gibt.

Das gilt auch für Zeolithe, insbesondere Klinoptilolith, als Entgiftungs-Hilfsmittel. Meine Fachkollegin Dr. Arnold hat für einen Vortrag zum Thema gerade einmal 19 Veröffentlichungen rund um die Anwendung von Zeolithen am Menschen gefunden – wissenschaftlich unbrauchbare und solche mit fragwürdigen Schlussfolgerungen mit eingeschlossen! Die kommentierte Liste mit Links gibt es am Ende ihres hochinteressanten Handouts zum Vortrag, das auch für meinen Artikel eine wichtige Grundlage ist und viele weitere Einzelheiten enthält.

Die Liste der möglichen Wirkungen, die aus Chemiker-Sicht nicht funktionieren dürften, ist dagegen lang. Das sind (nicht nur) in meinen Augen genügend Gründe, um dem Detox-Hype im Allgmeinen und Zeolithen zum Einnehmen im Besonderen aus dem Weg zu gehen. Und euch zu raten, dasselbe zu tun.

Umweltbelastung und überzogene Preise

Dazu kommt, dass die Gewinnung von Naturzeolith – im Tagebau – naturgemäss nicht eben umweltfreundlich ist. Für ein Mittel ohne nachgewiesene Wirkung die Erde umgraben und Landschaften zerstören? Da gibt es sinnvollere und nachhaltigere Wege, etwas für die Gesundheit zu tun!

In jedem Fall rechtfertigen weder die Herstellungskosten für Naturzeolith noch die Liste den stolzen Preis für Zeolith-Produkte zur Detox-Kur: Angeblich liegt der Preis für ein Kilo Naturzeolith beim Grosshersteller bei rund 35 Eurocent. Fein gemahlen und in einer an Medikamente erinnernden Dose verpackt findet sich das Kilo Steinstaub dann für gut und gerne 150 Euro (!) im Angebot wieder! Da möchte ich gar nicht wissen, wie gross diese Diskrepanz in der teuren Schweiz ausfällt.

Da freue ich mich lieber an dem wasserenthärtenden Zeolith in meinem Waschmittel und denke schmunzelnd an Helge Schneiders „Katzenklo, Katzenklo, ja das macht die Katze froh!“ – mit Zeolithstreu. Und bin mir dabei stets bewusst: Zeolith kann eben doch nicht alles.

Und seid ihr schon einmal mit Zeolithen als Detox-Kur in Kontakt gekommen? Was haltet ihr davon? Was sind eure Erfahrungen?

Zeolithe: Wo die nützlichen Steine uns im Haushalt helfen

Zeolithe sind nicht nur im Haushalt äusserst nützlich. Auch als Nahrungsergänzungsmittel für Entgiftungskuren ist „Zeolith“ überaus populär. Da diese Anwendung dieser vielseitigen Stoffgruppe hier aber den Rahmen sprengen würde, kommt ein zweiter Artikel zu Zeolithen und Detox nächste Woche!

Was ist eigentlich in unserem Waschpulver drin? Diese Frage kam neulich beim Nachtessen mit der Schwiegermutter auf. Na klar: Seife. Oder in der Chemiker-Sprache: Tenside. Und über deren Super-Waschkraft habe ich hier ja schon geschrieben. Aber nachsehen schadet ja nichts, dachte ich. Und siehe da: Mein Universal-Waschpulver vom orangen M enthält nur 5-20% Tenside – und 15%-30% Zeolithe. Was ist das denn nun schon wieder?

Was sind Zeolithe?

Laut Definition im Chemiebuch oder auf Wikipedia sind Zeolithe eine Gruppe von „kristallinen Alumosilikaten“… mit anderen Worten: Steine. Und zwar Steine, welche die chemischen Elemente Silizium und Aluminium enthalten. Das ist an sich nichts besonders, sind Silizium und Aluminium doch das zweit- und dritthäufigste Element in der Erdkruste.

So hübsch sind Zeolithe selten: Natrolith aus meiner Mineraliensammlung – ein natürlicher Zeolith auf Basalt. Dieses Grundgestein hat Naturzeolithen auch die Bezeichnung als „natürliches Vulkangestein“ eingebracht.

Das Ionengitter der Zeolith-Kristalle, aus welchen diese Steine bestehen, ist allerdings ein ganz besonderes: Es enthält grosse Lücken, die den ganzen Kristall zu einem porösen Schwamm machen!

Wie sind Zeolith-Kristalle aufgebaut?

Die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe lautet:

Mn+x/n [(AlO2)x (SiO2)y. z H2O

Ein Schweizer Käse aus Si- und Al-Atomen

Der Inhalt der eckigen Klammer beschreibt das eigentliche Kristallgitter: Es besteht aus Silizium (Si)-, Aluminium (Al)- und Sauerstoff (O)-Atomen, wobei auf x Silizium-Atome stets y Aluminium-Atome kommen. Jedes dieser Atome ist mit vier Sauerstoffatomen verbunden (die wiederum werden dazu je zweimal verwendet, weshalb die Formel nur 2 Sauerstoff-Atome je Metallatom enthält). Anders eingeteilt besteht das Zeolith-Gitter somit einander überlappenden Sauerstoff-Tetraedern mit je einem Silizium- oder Aluminiumatom im Zentrum.

Molekülmodell: Tetraeder

Molekülmodell in Form eines Tetraeders: Die vier weissen Kugeln befinden sich in den vier Ecken dieses geometrischen Körpers, die pinke Kugel liegt in dessen Zentrum.

Wer sich ein etwas mit organischer Chemie auskennt (da sind es Kohlenstoff-Atome, die mit ihren Nachbarn Tetraeder bilden), weiss, dass man aus Tetraedern die vielfältigsten Gerüste bauen kann. Deshalb gibt es ein wahres Sammelsurium von Zeolithen:

60 natürlich vorkommende Mineralien gehören zu dieser Gruppe, über 150 weitere sind von Chemikern entworfen und künstlich hergestellt worden!

Sie alle haben eines gemeinsam: Ihre Gitter umfassen mehr oder weniger grosse Hohlräume – ein richtiger molekularer Schweizer Käse. In Waschmitteln findet man vor allem der synthetische Zeolith A, dessen Kristallgitter so aussieht:

Kristallgitter von Zeolith A

Jede Ecke in der Skizze steht für ein Silizium- oder Aluminium-Atom. Die Sauerstoff-Atome sind dazwischen entlang der Verbindungslinien angeordnet.

Grundbaustein der Zeolithe: Sodalith-Käfig mit Si-, Al- und O-Atomen
Ein Element des Zeolith-A-Gitters mit eingezeichneten Atomen

In der Mitte zwischen acht dieser Einheiten bleibt ein relativ grosses Loch, dessen Wände die Chemiker als alpha-Käfig“ bezeichnen.

Gitter des Zeolith A mit markiertem alpha-Käfig
Die Wände des Alpha-Käfigs in diesem Ausschnitt aus dem Zeolith-A-Gitter sind dunkel eingefärbt.

Im Zeolith A sind ebenso viele Silizium- wie Aluminium-Atome enthalten – die Verhältnisformel für diesen Zeolith lautet damit:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O

Zeolith-Kristalle sind Riesen-Anionen

Wenn ihr euch die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe oder die für Zeolith A genauer angesehen habt, ist euch vielleicht das „-“ an der Aluminium-Einheit aufgefallen. Richtig: Jeder Aluminium-Tetraeder im Gitter trägt eine negative elektrische Ladung. Damit ist das ganze Kristallgitter eines Zeoliths ein einziges riesiges und tausendfach geladenes Anion!

So etwas lässt die Natur aber nicht einfach frei und einsam existieren…entgegengesetze Ladungen müssen für den Ausgleich her. Hier kommen die positiven Metall-Ionen Mn+, die ganz links in der Verhältnisformel stehen, ins Spiel. Für jede negativ geladene Aluminium-Einheit muss ein einfach positiv geladenes (n = 1) Metall-Ion her. Wenn mehrfach positiv geladene (n > 1) Metall-Ionen zur Hand sind, ist die Anzahl x der Aluminium-Einheiten durch die Ladungszahl der Metall-Kationen zu teilen (x/n).

Zeolith A enthält einfach geladene Na+-Ionen – 12 davon für 12 Aluminium-Einheiten, die in den Lücken im Gitter Platz finden und sich locker um das negativ geladene Gerüst herum anordnen.

Zeolithe sind molekulare Schwämme

Ausserdem ist in den Lücken noch reichlich Platz für Wassermoleküle. Die finden sich ganz rechts in der Verhältnisformel wieder. Die Wassermoleküle umhüllen sowohl die Metall-Kationen als auch das Gitter selbst, was den Metallionen den Aufenthalt im Gitter erst richtig gemütlich macht (eine Wasserhülle (in Chemikersprache: „Hydrathülle“) um ein wasserlösliches Ion enthält weniger Energie als das Ion ohne Hülle, was den umhüllten Zustand erstrebenswerter macht).

Durch Erhitzen können diese Wassermoleküle jedoch zum Verdampfen gebracht werden und den Kristall verlassen. Das ist eine charakteristische Eigenschaft von sogenanntem „Kristallwasser“, das einer chemischen Formel mit einem „*“ bzw. Multiplikations-Punkt angehängt wird.

Auf eine Grundeinheit des Zeolith-A-Gitters kommen so normalerweise 27 Wassermoleküle.

Was hat die grosse Menge Zeolith A in Waschmitteln zu suchen?

Zeolithe können Wasser enthärten!

Die Hohlräume der Kristalle der Zeolithe enthalten von Wasser umhüllte Natrium-Ionen. Diese Ionen sind damit regelrecht im Kristallwasser gelöst. Das macht sie leicht darin beweglich. Tatsächlich können sie sich durch den ganzen Kristall und hinaus bewegen. Wenn sich nun andere Metall-Ionen finden, die es in einem Zeolith-Kristall noch behaglicher finden, können die Natrium-Ionen deshalb ganz leicht gegen solche ausgetauscht werden.

Und in unserem Leitungswasser, mit welchem wir unsere Wäsche waschen, finden sich solche Ionen zuhauf. Es ist schliesslich mehr oder weniger „hart“ – es enthält Kalk: Calciumcarbonat, genauer gesagt Calcium- (Ca2+) und Carbonat- (CO32-) Ionen.

[Für die Chemiker unter euch: Carbonat CO32- ist natürlich eine Base und reagiert mit Wasser zu Hydrogencarbonat- (HCO3) und Hydroxid-Ionen (OH) weiter, anstatt einfach gelöst zu werden. Aber das ist hier für einmal nicht von Bedeutung.]

Zusammen bilden diese beiden die gefürchteten Kalkbeläge, welche die Leitungen in unseren Waschmaschinen verstopfen und die Wäsche steif machen können. So etwas will keiner haben.

Wenn Zeolithe im Waschwasser sind, machen es sich die Calcium-Ionen jedoch lieber in den Hohlräumen des Zeolith-Gitters gemütlich und verdrängen dabei die Natrium-Ionen aus dem Zeolith A. Einen vollständigen Austausch von Natrium- gegen Calcium-Ionen könnte man so beschreiben:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 6 Ca2+(aq) –> Ca6((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 12 Na+(aq)

Nachdem die Calciumionen sich im Zeolith eingerichtet haben, bleiben im Wasser Natrium- und Carbonat-Ionen zurück. Und Natriumcarbonat (auch als „Soda“ bekannt) ist sehr gut wasserlöslich. So lagert es sich weder in der Maschine noch in der Wäsche ab und kann einfach fortgespült werden.

Das Gleiche geschieht mit dem Zeolith-Pulver. Das ist zwar nicht wasserlöslich, aber so fein gemahlen, dass es einfach mit weggeschwemmt wird.

Womit hat man früher Wasser enthärtet?

Künstliche Zeolithe wie Zeolith A kommen erst seit den späten 1970er Jahren in Waschmitteln zum Einsatz. Davor haben Gerüste aus Phosphor und Sauerstoff – also Phosphate – diese Aufgabe übernommen. Die Phosphat-Gerüste neigen allerdings dazu zu zerfallen, was sie zu ergiebigen Nährstoffen für Pflanzen macht.

Als solche Phosphate vermehrt mit Abwässern in die Umwelt gelangten, wurde das rasch zum Problem: Die Nährstoff-Schwemme führte zu Überdüngung und brachte viele ökologische Systeme aus dem Gleichgewicht. So wurden die Phosphate zunehmend durch Zeolithe ersetzt. Denn letztere sind schliesslich Steine – die taugen nicht als (unnötiger) Dünger.

Einen Haken haben Steine aber dennoch: Sie sind wasserunlöslich. Damit gelangt das ganze Zeolith-Pulver unverändert mit dem Abwasser in die Kläranlagen…und was gibt pulverisiertes Gestein in Wasser? Richtig: Schlamm. Und der sammelt sich in den Klärbecken. Seit Zeolithe in Waschmitteln zum Einsatz kommen, müssen Klärwerke deshalb mit merklich mehr Klärschlamm fertig werden – Grund genug, auch phosphatfreie (und zeolithhaltige) Waschmittel nicht in übertriebenen Mengen einzusetzen.

Zeolithe als Helferlein im Katzenklo

Habt ihr Katzen daheim? Dann kennt ihr Zeolithe wahrscheinlich auch von anderswo. Nämlich aus dem Zoohandel. Da wird nämlich gerne ein Naturzeolith (also ein natürlich vorkommendes Mineral) namens Klinoptilolith als Katzenstreu angeboten.

Die porösen Kristallgitter lassen sich nämlich nicht nur als Ionenaustauscher nutzen, sondern auch wie ein richtiger Schwamm! Das geht dann besonders gut, wenn der Zeolith etwa ebenso viele Silizium- wie Aluminiumatome enthält. Das synthetische Zeolith A ist ein gutes Beispiel dafür: Hier ist das Verhältnis zwischen Silizium und Aluminium 1:1. Aber auch Klinoptilolith mit 5:1 ist noch ein wunderbarer Schwamm.

Diese Zeolithe sind nämlich wahnsinnig heiss darauf, ihre Poren mit zusätzlichem Wasser aus ihrer Umgebung zu füllen (buchstäblich: Da es das Wasser in den Poren so bequem hat, wird eine Menge Energie, genannt „Adsorptionswärme“, dabei frei.

Doch damit nicht genug: Mit dem Wasser saugen sie auch vieles auf, was darin gelöst ist. Zum Beispiel Geruchsstoffe im Katzenurin. So werden die Nasen der menschlichen Dosenöffner geschont, während die Katze ihr Geschäft in natürlichem Gesteinsschutt verscharren kann.

Von Zeolith-Katzenstreu zu Pflanzenerde

Natürlicher Gesteinsschutt, der Wasser und überdies noch Nährstoffe (Urin, auch von Katzen, enthält naturgemäss Stickstoffverbindungen) speichert, kann zudem als Bestandteil von Pflanzenerde nützlich sein (andere formstabile Wasserspeicher sind „Superabsorber“ aus organischen Polymeren („Kunststoffen“), die ich in diesem Experiment als Ersatz für Pflanzenerde verwendet habe). Deshalb gilt Katzenstreu aus Naturzeolithen als geeignet für den Kompost.

Eigentlich sollte für synthetische Zeolithe dasselbe gelten – es handelt sich dabei schliesslich um Designer-Steine. Aber „natürlich“ hat nunmal die weitaus grössere Werbewirkung – und ist in diesem Fall überdies billiger. Naturzeolithe kommen nämlich nahe der Erdoberfläche vor und können im Tagebau gewonnen werden (mit allen Konsequenzen für die Landschaft). Das künstliche Nachstellen der Entstehung von Steinen – so werden synthetische Zeolithe gemacht – ist hingegen ziemlich aufwändig. Mehr zum Vergleich von natürlichen und synthetischen Zeolithen findet ihr hier.

Zeolith im Geschirrspüler

Die „Saugfähigkeit“ von Zeolithen wird seit einigen Jahren auch in der Küche genutzt. Hier kommt eine fest eingebaute Schale mit Zeolith-Pellets in der Spülmaschine zum Einsatz. Und zwar zur energiesparenden Trocknung.

Die Idee dahinter: Nach dem Spülgang ist das Maschineninnere samt Geschirr und Luft noch nass. Ein Ventilator bläst diese feuchte Luft durch den Behälter mit dem Zeolith, welcher das Wasser „aufsaugt“ und dabei eine grosse Menge (Adsorptions-)Wärme abgibt. Die Luft kommt also trocken und warm in den Geschirrspüler zurück und bringt dort weiteres Wasser zum Verdampfen, das anschliessend vom Zeolith aufgenommen werden kann.

Beim nächsten Spülgang wird dagegen der Zeolith geheizt, sodass das Wasser aus den Poren im Kristallgitter verdampft und in den Geschirrspüler zurückgeführt werden kann. So wird der Zeolith für die nächste Trocknung wieder einsatzbereit gemacht.

Das Ganze gilt als sehr energieeffizient – allerdings liest man im Netzt viele Berichte über Geschirrspüler Zeolith-Trocknung (zum Beispiel hier und hier), die bereits nach drei bis fünf Jahren reif für eine unwirtschaftlich teure Reparatur sind. Ob diese Berichte repräsentativ sind, kann ich natürlich nicht sagen – aber es scheint, als wäre diese Technologie noch ausbaufähig.

Schaden oder nützen Zeolithe der Gesundheit?

Mehr dazu gibt es nächste Woche im zweiten Teil über Zeolith für Detox-Kuren!

Und wo sind euch Zeolith bzw. Zeolithe bislang begegnet?


Popcorn : Was den Mais zum Ploppen bringt

Winterzeit ist Popcorn-Zeit! Lange, düstere Tage laden zum Gang ins Kino oder zu gemütlichen Stunden im Heimkino ein. Und zum Film gehört eines praktisch immer dazu: Popcorn. Um so passender ist die heutige Leserfrage:

Was passiert beim Popcornmachen?

Den beliebte Snack könnt ihr herstellen, indem ihr Maiskörner stark erhitzt – in der Pfanne, einer speziellen Popcornmaschine oder der Mikrowelle – bis die Körner regelrecht explodieren und dabei lustig durch ihren Behälter hüpfen. Um zu verstehen, was beim Popcornmachen geschieht, müsst ihr wissen, wie so ein Maiskorn aufgebaut ist.

So ist ein Maiskorn aufgebaut

Wie die meisten Pflanzensamen bestehen Maiskörner aus drei Teilen:

  • dem Embryo, einem winzigen, unscheinbaren „Anfang“ einer neuen Pflanze
  • dem Endosperm, einer weichen Masse, die um den Embryo herum das Innere des Samens ausfüllt und der ersten Ernährung des späteren Keimlings dient
  • der Schale, welche den Samen von aussen fest umschliesst
Querschnitt durch ein Samenkorn: a) Schale, b) Endosperm, c)+d) Embryo

Agnieszka Kwiecień ( Nova) [GFDL, CC BY-SA 3.0 or CC BY 2.5], from Wikimedia Commons

Für das Poppen des Popcorns zuständig ist vor allem das Endosperm. Das besteht zu grossen Teilen aus Stärke – einem Naturstoff, der aus beliebig langen kettenartigen Molekülen besteht. Diese Ketten sind durch Querstreben miteinander vernetzt, sodass sie einen regelrechten Molekül-Schwamm bilden.

Ausschnitt aus einem Stärkemolekül mit Verzweigung (Amylopektin)
Ausschnitt aus dem Stärke-Netzwerk im Endosperm: Stärke besteht aus sechseckigen Zuckermolekülen, die miteinander verkettet sind.

Und wie ein richtiger Schwamm ist dieser Molekül-Schwamm mit Wasser vollgesogen – und zwar mit flüssigem Wasser.

Damit das Ganze nicht auseinander fällt oder das Wasser verloren geht, ist das Maiskorn von einer harten, wasserundurchlässigen Schale umgeben.

Was passiert, wenn man Maiskörner erhitzt

Wenn ihr die Maiskörner erhitzt, beginnt das Wasser im Endosperm spätestens ab 100°C zu sieden: Es will verdampfen. Doch Wasserdampf ist (wie alle Gase) extrem raumfordernd: Der Dampf nimmt bei normalem Atmosphärendruck nämlich mehr als 1600 mal mehr Platz ein als flüssiges Wasser!

Allerdings ist die Schale der Maiskörner so steif, dass sich der Dampf in ihrem Innern nicht ausdehnen kann. Stattdessen steigt der Druck im Innern der Maiskörner, sodass weiteres Wasser vorerst nicht verdampfen kann. Erst bei etwa 200°C gibt die Schale schliesslich dem steigenden Druck nach und zerplatzt.

Damit kann das überhitzte Wasser nun schlagartig verdampfen und der Dampf dehnt sich explosionsartig aus. Dabei reisst er den durch die Hitze aufgeweichten Molekül-Schwamm des Endosperms regelrecht auseinander. Das Stärke-Gewebe kühlt dabei schnell ab und erstarrt. So entsteht ein steifes Molekül-Netzwerk, in dessen vergrösserten Zwischenräumen Luft eingeschlossen wird: Ein Popcorn.

Gepopptes Popcorn in zwei typischen Formen: Links ist die Schale in kleine Stücke zerplatzt und das Endosperm konnte sich relativ gleichmässig ausdehnen. Rechts ist die äussere Schicht des Endosperms vom Inneren abgeplatzt, die Schale des Maiskorns befindet sich auf der Rückseite.
Bunchofgrapes [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.5], from Wikimedia Commons

Wie bekommt der Mais Geschmack?

Beim Erhitzen bilden sich im Mais selbst bis zu 23 Aromen, die dem Popcorn den Geschmack und Geruch von geröstetem Getreide verleihen. Für den typischen Popcorn-Geschmack zum Beispiel sorgt 2-Acetyl-1-Pyrrolin (nach Chemiker-Regeln: 1-(3,4-Dihydro-2H-pyrrol-5-yl)ethanon).

Strukturformel des Popcorn-Aromas
2-Acetyl-1-Pyrrolin, das „Popcorn-Aroma“

Werden bei der Zubereitung Fett, Zucker oder/und Salz zum Mais gegeben, bleiben diese Stoffe ebenfalls auf der Oberfläche des Gewebes haften, gehen chemische Reaktionen ein und geben dem Popcorn Geschmack.

Kristallzucker wird bei 143°C bis 160°C zu Karamell, welches das fertige Popcorn als braun glänzende Schicht überzieht. Da bei höheren Temperaturen jedoch bittere Zuckercouleur entsteht, gebt den Zucker nicht zum Poppen mit dazu, sondern vermischt das frisch gepoppte Popcorn erst nachher mit frisch hergestelltem, warmem Karamell!

Funktioniert das mit allen Maiskörnern?

Nein. Damit der Mais bei haushaltstauglichen 200°C platzt, darf die Schale der Körner nicht zu dick sein. Eine ausreichend dünne und dennoch dichte Schale hat nur eine Maissorte: Der sogenannte „Puffmais“ (Zea mays ssp. mays convar. microsperma) wird als Popcornmais zum Selberpoppen verkauft.

Einige Körner Popcorn - Mais
Puffmais, auch als Popcorn-Mais bekannt: Die Körner haben eine dünnere, glasigere Schale als andere Maissorten

Wie funktioniert Popcorn in der Mikrowelle?

Ein gewöhnlicher Herd oder das Heizgerät einer Popcorn-Maschine werden warm und übertragen die Wärme direkt auf den Mais. Wärme ist dabei nichts anderes als die Bewegung (in Feststoffen: das Schwingen im festen Teilchengitter) von Teilchen: Die Teilchen in der heissen Herdplatte bewegen sich schnell, schubsen die Teilchen im Topf an, welche wiederum die Teilchen in den Maiskörnern anschubsen – darunter die Wassermoleküle. Und sobald die sich schnell genug bewegen, fangen sie an zu verdampfen.

So heizt ein Mikrowellenherd

Ein Mikrowellenherd gibt seine Energie direkt an Wasser ab – nicht durch Anschubsen von Teilchen wie auf der klassischen Herdplatte, sondern durch elektromagnetische Wellen. Die Wellenlänge dieser Wellen ist genau so gewählt (und liegt im Mikrowellenbereich, deshalb heisst der Herd so), dass sie Wassermoleküle (und weitgehend nur die) in Bewegung versetzen können. Und bewegte Wassermoleküle sind warm.

Unsere Speisen bestehen zu grossen Teilen aus Wasser, welches durch die Mikrowellen erwärmt wird und alle anderen Moleküle in ihrer Umgebung anschubst. So werden die Speisen warm – die Teile des Tellers, die nicht mit Wasser in Kontakt sind, aber nicht.

Popcorn in der Mikrowelle

Beim Popcorn bewirken die Mikrowellen das gleiche wie die Wärmeübertragung durch einen Herd: Wassermoleküle werden in Bewegung versetzt (und damit heiss), bis sie verdampfen wollen. Und wenn der so entstehende Druck in den Maiskörnern hoch genug wird, platzen die Körner auf.

Weil die bis um 200°C erreicht werden können, sind nicht alle Kunststoffbehälter zum Popcornmachen in der Mikrowelle geeignet. Viele Kunststoffe „schmelzen“ schon ab 150°C! Deshalb sind Mikrowellenschüsseln aus Keramik oder Glas die besser Wahl.

Wie entsteht buntes Popcorn?

Manche Hersteller färben ihr Popcorn mit knallbunten Farben ein, um dann zum Beispiel bunte Spielzeugbehälter zu füllen. Dazu verwenden sie verschiedene Lebensmittelfarbstoffe (die z.B. auch in Ostereierfarben zum Einsatz kommen).

Wenn ihr das nachmachen möchtet: Färbt euer Popcorn erst nach dem Poppen und Abkühlen! Die üblichen Lebensmittelfarbstoff-Moleküle gehen nämlich schon ab etwa 150°C kaputt und verlieren so ihre Farbe! Das musste ich feststellen, als ich versucht habe, gefärbte DIY-Knete auszubacken.

Popcorn als nachhaltiges Verpackungsmaterial

Ohne Fett und Zucker gepopptes Popcorn kann übrigens wie Styroporflocken als Stossschutz- und Isoliermaterial in Verpackungen verwendet werden. Es ist schliesslich fast genauso leicht wie Styropor, besteht im Unterschied dazu aber aus einem nachwachsenden Rohstoff (Styropor hingegen ist ein Erdölprodukt).

Nach dem Transport des Verpackungsinhalts kann es als Vogelfutter verwendet oder kompostiert (und vielleicht für den Maisanbau wiederverwendet?) werden.

Ich vernasche mein Popcorn allerdings am liebsten – karamellisiert oder mit Karamell und Salz (!), wie wir es während unserer Australienreise im Supermarkt erstanden und ständig mit im Auto hatten.

Und wie mögt ihr euer Popcorn am liebsten?