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Belebtes Wasser ist unwirksam - kein Gesundbrunnen, sondern Fantasieprodukt

Wenn ihr meine Kanäle verfolgt, habt ihr es wahrscheinlich schon mitbekommen: Ich schreibe an einem Mitmachbuch für Forscherkinder – über Wasser. Das ist schliesslich ein ganz besonderer Stoff und megaspannend. Da bleibt es nicht aus, dass Wasser allerorts, auch in den sozialen Medien, meine besondere Aufmerksamkeit weckt. So ist es mir unlängst in einer Kombination begegnet, die spontanes Chemiker-Augenrollen bewirkte: Als belebtes Wasser. Oder war es energetisiertes Wasser? Vitalisiertes Wasser? Aktiviertes Wasser? Magnetisiertes Wasser? Hexagonales Wasser? Oder sogar Grander-Wasser?

Merkt ihr was? So viele verschiedene und nichtssagende Begriffe für praktisch das gleiche. Und das ist nur eine Auswahl der Existierenden! Allein auf Psiram habe ich eine Liste mit 144 Firmen und Produktlinien rund um „verbessertes“ Wasser in vermutlich ebenso vielen Variationen gefunden! Also, worum geht es hier eigentlich? Um Wasser, das in irgendeiner Weise verbessert sein – und folglich positive Wirkungen auf uns haben soll.

Wie sollen wir an belebtes Wasser gelangen?

Die erwähnten Hersteller bieten entweder Gerätschaften und Anlagen zur „Verbesserung“ von Leitungswasser im eigenen Haushalt an oder sie verkaufen es fixfertig , zum Beispiel in Getränkeflaschen. Auffällig ist bei praktisch all diesen Produkten der hohe bis überrissene Preis.

Brauchen wir verbessertes bzw. belebtes Wasser?

Nein. In der Schweiz, Deutschland und Österreich geniessen wir das Privileg, einwandfreies Leitungswasser zu haben, das wir ohne Bedenken trinken können. In der Schweiz gilt das überdies für einen Grossteil der öffentlichen Brunnen.  Ausserdem können wir jederzeit ebenso einwandfreies Mineralwasser in Supermärkten kaufen. Und Leitungs- wie Mineralwasser bieten alles, was wir vom Wasser zum Gesundbleiben brauchen.

Was kann belebtes Wasser dann besser?

Ihr ahnt es sicher schon: Nichts. Zumindest nicht über einen Placeboeffekt hinaus. Und den könnt ihr wesentlich billiger haben.

Ist belebtes Wasser dann womöglich gefährlich?

Nicht direkt. Ausser für euren Geldbeutel. Denn Produkte rund um belebtes Wasser sind in der Regel mächtig teuer. Und bewirken, wie erwähnt, nichts.

Indirekt können sie aber zum Problem werden. Nämlich dann, wenn sie ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln („das Wasser hält mich schon gesund“). Wenn aus diesem Sicherheitsgefühl heraus Arztbesuche verzögert, Medikamente nicht genommen oder andere wichtige Massnahmen vernachlässigt werden (Infektionsschutz ist zur Zeit ja ein ganz grosses Thema!), kann das schwerwiegende oder im schlimmsten Fall tödliche Folgen haben.

Aus diesem Anlass schreibe ich den Artikel: Nicht nur um eurer Geldbeutel willen, sondern vor allem, um euch dabei zu helfen, wirklich Gutes für die Gesundheit eurer Familie zu tun.

Um euch zu zeigen, warum belebtes Wasser nicht wirken kann, habe ich zunächst eine kleine Einführung in die Chemie des Wassers für euch.

Kleine Wasserkunde

1. Wasser ist eine Verbindung

Wasser ist einer von vielen Stoffen, aus denen unsere Welt aufgebaut ist. Dabei ist es zweifellos einer der wichtigsten Stoffe unserer Alltagswelt. Nahezu jeder von euch wird die chemische Formel, genauer die Summenformel, von Wasser schon einmal gesehen haben: H2O.

Diese Formel verrät uns schon eine ganze Menge über diesen Stoff. Sie sagt uns: Wasser besteht aus Molekülen. Ein Wassermolekül besteht wiederum aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Das bedeutet, Wasser ist kein Element, wie antike Philosophen annahmen, sondern eine chemische Verbindung. Ein chemisches Element besteht nämlich nur aus einer Sorte von Atomen – Wasser aber aus zwei Atomsorten.

2. Wassermoleküle sind gewinkelt

Die Atome in einem Molekül sind über Elektronenpaarbindungen miteinander verknüpft. Zwei Elektronen bilden eine solche Bindung. Die Regeln der Chemie besagen, dass ein Sauerstoffatom zwei Bindungen bilden kann und überdies noch zwei weitere, nichtbindende Elektronenpaare hat. Ein Wasserstoffatom kann dagegen nur eine Bindung bilden. Daraus ergibt sich die Strukturformel für Wasser:

Wassermolekül: Lewisformel und Modell
Links: Strukturformel für Wasser, rechts ein Kugel-Stab-Modell des Wassermoleküls

Warum stehen die drei Atome nicht einfach in einer Reihe? Jedes Elektron trägt eine negative elektrische Ladung. Und gleiche elektrische Ladungen stossen einander ab. So gehen die vier äusseren Elektronenpaare – zwei Bindungen und zwei nichtbindende Paare – des Sauerstoffs auf grösstmöglichen Abstand zueinander. Und der entspricht annähernd der Nachbildung eines Tetraeders (einer regelmässigen dreieckigen Pyramide). Das Sauerstoffatom befindet sich im Zentrum dieser Pyramide, die beiden Wasserstoffatome und die Enden der nichtbindenden Elektronenpaare an den Ecken. Zeichnet man nun einen Längsschnitt, auf dem alle drei Atome liegen, durch das Gebilde, erhält man die gewinkelte Strukturformel des Wassermoleküls.

Wassermolekül mit nichtbindenden Elektronenpaaren - die Struktur erinnert an einen Tetraeder
Die gelben Kugeln stellen die nichtbindenden Elektronenpaare dieses Wassermoleküls dar. In dieser Anordnung sind die vier gelben und weissen Kugeln weitestmöglich voneinander entfernt!

3. Wassermoleküle sind elektrische Dipole

Nun verhält es sich so, dass Sauerstoffatome die Elektronen, auch jene in den Bindungen, viel stärker zu sich hinziehen als Wasserstoffatome. Deshalb ist in der Nähe des Sauerstoff-Atoms im Wassermolekül sehr viel mehr von den bindenden Elektronen anzutreffen als in der Nähe der Wasserstoffatome. Da jedes Elektron eine negative elektrische Ladung trägt, heisst das, dass am Sauerstoffatom mehr negative Ladung zu finden ist, als dort sein sollte, während an den Wasserstoffatomen zu wenig negative Ladung zu finden ist. „Mehr“ und „zu wenig“ stehen dabei für Ladungsmengen, die kleiner als die Gesamtladung eines Elektrons sind. 

Nicht desto trotz bedeutet das, dass der Scheitel des Wassermoleküls (mit dem Sauerstoffatom) ein wenig negativ geladen ist, während sein „breites“ Ende mit den Wasserstoffatomen ein wenig positiv geladen ist (denn die positive Ladung der Atomkerne macht sich wegen des Elektronenmangels bemerkbar). Ein Wassermolekül hat also zwei elektrische Pole – deshalb nennt man es einen elektrischen Dipol.

Wasserteilchen mit zwei Ladungs-Schwerpunkten
Ein Wassermolekül trägt zwei elektrische Ladungen: Die negative Seite (-) ist rot, die positive Seite (+) ist blau schattiert.

Verschiedene elektrische Ladungen aber ziehen einander an. So zieht der negativ geladene Scheitel eines Wassermoleküls unweigerlich die Breitseite seines nächsten Nachbarn an. Ebenso werden Wassermoleküle von anderen elektrischen Polen angezogen. Das könnt ihr mit diesem Experiment ganz leicht zu Hause zeigen!

Wasserteilchen: Entgegengesetzte Ladungen ziehen sich an.

4. Wasser ist sowohl eine Säure als auch eine Base

Die sehr „schiefe“ Verteilung der Elektronen im Wassermolekül führt aber nicht nur zu zwei elektrischen Polen, sondern auch dazu, dass die Bindungen zwischen Sauerstoff- und Wasserstoffatomen sehr brüchig sind. Ein Wassermolekül kann also sehr leicht einen Wasserstoffatomkern (ein H+-Ion) verlieren. Damit ist Wasser eine Säure. Ebensogut kann ein Sauerstoffatom eines seiner nichtbindenden Elektronenpaare verwenden, um solch ein verlorenes H+-Ion zu binden.  Damit ist Wasser eine Base.

Von einem Wassermolekül, das ein H+-Ion verloren hat, bleibt ein Hydroxid-Ion (OH):

Ein Wassermolekül, das ein verlorenes H+-Ion aufnimmt, wird damit zum Hydronium-Ion (H3O+):

Tatsächlich kommt es ständig vor, dass ein Wassermolekül ein H+-Ion verliert, welches in einem anderen Wassermolekül Unterschlupf findet:

Ebenso kann das H3O+-Ion das zusätzliche H+-Ion wieder zurückgeben. So gibt es in einer Menge Wasser ein ständiges Herumgereiche von H+-Ionen zwischen den Wassermolekülen. Insgesamt findet man in einem Liter reinem Wasser zu jedem Zeitpunkt 0,0000001 mol oder 10-7 H3O+ – und ebenso viele OH -Ionen. Der Exponent der Zahl der H+-Ionen (als Zehnerpotenz) in einem Liter Flüssigkeit mit umgekehrtem Vorzeichen ist nichts anderes als der pH-Wert. Reines Wasser hat also stets einen pH-Wert von 7.

5. Wassermoleküle können Wasserstoffbrücken bilden

Allerdings wäre das Ganze viel zu einfach, wenn man so strikt zwischen Bindung und keiner Bindung unterscheiden könnte. Das kann man nämlich nicht. Die Elektronen einer Bindung zwischen Sauerstoff- und Wasserstoff-Atom im Wassermolekül sind nämlich so ungleich verteilt, dass ein entblösster Wasserstoffkern sich in die dichte Elektronenhülle eines Sauerstoffatoms im Nachbarmolekül „einkuscheln“ kann, ohne sich dazu von „seinem“ Wassermolekül lösen zu müssen. Das nennen die Chemiker eine Wasserstoffbrücken-Bindung.

Das Resultat ist eine Anziehung zwischen Wassermolekülen, die noch stärker ist als die Anziehung zwischen ihren unterschiedlichen Ladungen (aber viel weniger stark als eine echte Elektronenpaarbindung). Sie zeigt sich zum Beispiel in dem enorm hohen Siedepunkt (100°C) von Wasser – da diese starke Anziehung überwunden werden muss, wenn das Wasser gasförmig werden will. Zum Vergleich: Der sehr eng verwandte Schwefelwasserstoff, H2S, der keine Wasserstoffbrücken bildet, siedet schon bei -60°C!

6. Wasserstoffbrücken entstehen zufällig und sind extrem kurzlebig

Die Darstellung von flüssigem Wasser als H2O ist somit im Grunde genommen eine Vereinfachung. Tatsächlich besteht flüssiges Wasser aus einem wilden Gemisch von Atomen, die sich mal als H2O, mal als H3O+ bzw. OH gruppieren und sich noch viel öfter zu irgendetwas dazwischen zusammenkuscheln. Dabei kann es passieren, dass einige wenige Atome sich zu gut strukturierten Gruppen, sogenannten Clustern, zusammenrotten.

Aber dieser Austausch findet an jedem Ort im Wasser gleichzeitig und im Picosekundentakt statt. Das heisst, würde man ein Foto von den Bindungen zwischen Atomen in flüssigem Wasser machen, dann sähe ein zweites Bild davon, nur 0,000 000 000 001 Sekunden später aufgenommen, völlig anders aus – einschliesslich komplett anderer Molekül-Cluster.

Und das geschieht ganz spontan und zufällig. Die Triebkraft dafür ist zum Einen Wärmeenergie. Mit über 273°C über dem absoluten Nullpunkt (bei Atmosphärendruck) ist flüssiges Wasser nämlich immer ziemlich warm, auch wenn unsere Körper oft anderer Meinung sind. Und zum Anderen hilft das absolute Chaos, das der ständige Umbau mit sich bringt. Die Natur liebt nämlich Chaos – von Physikern und Chemikern „Entropie“ genannt – so sehr, dass sie ohne Energie von aussen ganz von selbst nach grösstmöglicher Unordnung strebt.

Warum man Wasser nicht beleben kann

Die meisten Anbieter in der „Belebtes-Wasser“-Branche behaupten, sie könnten flüssiges Wasser „besser“ machen, indem sie ihm irgendwie eine geordnetere Struktur geben. Einige fügen dem Wasser dafür Energie zu, andere berufen sich darauf, genau das nicht zu tun. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Es kommt nichts dabei herum. Denn:

Wasser kann man nicht mit Energieeinsatz „beleben“, indem

  • Man man es über eine eingelegte Antenne mit elektromagnetischen Wellen berieselt. Würde man das mit Mikrowellen (der richtigen Frequenz bzw. Wellenlänge) machen, würde das Wasser allenfalls warm (so funktioniert ein Mikrowellenherd). Denn Mikrowellen der passenden Länge können elektrische Dipole wie Wassermoleküle in Drehung versetzen. Und die nehmen wir, wie jede andere ungerichtete Bewegung von Teilchen, als Wärme wahr. Infrarotwellen, die energiereicher als Mikrowellen sind, können ebenfalls wärmen – indem sie die Bindungen in Molekülen zum Schwingen bringen. Elektromagnetische Wellen mit weniger Energie bewirken hingegen nichts.
  • Man es mittels Elektrolyse ionisiert. Das mag zwar vorstellbar sein (wenn man vermeiden kann, dass statt irgendwelcher Ionen Moleküle von Wasserstoff- und Sauerstoff-Gas entstehen). Allerdings sorgt der stetige Austausch zwischen den Wasserteilchen dafür, dass sich nach dem Ausstellen der Elektrolysevorrichtung innert Picosekunden das oben erwähnte Gleichgewicht zwischen Wasser, H3O+– und OH-Ionen wieder einstellt. Mit anderen Worten: So schnell, wie der pH-Wert von Wasser – sollte es ionisiert worden sein – wieder 7 ist, kann man es unmöglich trinken – geschweige denn anschauen.
  • Man es ebenfalls durch Elektrolyse mit Wasserstoff anreichert. „Wasserstoffwasser“ ist besonders in Japan als Fertigprodukt im Supermarkt beliebt. Grundsätzlich lässt sich Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser herstellen. Allerdings löst der sich nicht besonders gut in Wasser und kann in die allermeisten Festkörper (z.B Getränkeflaschen) problemlos ein- und durch sie hindurch wandern. So lässt sich Wasser nicht nur kaum mit Wasserstoff anreichern, sondern überdies auch kaum lagern. Dazu kommt, dass der menschliche Körper elementaren Wasserstoff (H2) gar nicht verwerten kann.
  • Man Wasser in ein (unveränderliches) Magnetfeld einbringt. Richtig ist: Elektrisch geladene Teilchen in Bewegung ändern im Magnetfeld ihre Bewegungsrichtung. Das gilt aber nur für Teilchen, die als Ganzes eine merkliche Ladung tragen. Wassermoleküle tragen zwar Ladungen, aber jedes von ihnen hat zwei gleich grosse, aber entgegengesetzte Ladungen, die einander aufheben. Von aussen gesehen bleibt so keine Ladung, auf die das Magnetfeld einen Einfluss haben könnte. Überdies ist Wasser ausschliesslich diamagnetisch und lässt sich daher nicht magnetisieren (Was hinter Dia-, Para- und Ferro-Magnetismus steckt erfahrt hier hier).
  • Man Edelsteine hineinlegt, die irgendwelche „Schwingungen“ oder „Informationen“ in das Wasser übertragen sollen. Die einzigen Schwingungen, die so übertragen werden können, sind jene Bewegungen, die wir als Wärme wahrnehmen. Würde man die Steine vorher erhitzen, könnte man so allenfalls das Wasser erwärmen (so funktionieren ein Tauchsieder oder der „heisse Stein“ im Restaurant).

Wasser kann man erst recht nicht ohne Energiezufuhr beleben, indem

  • Man in irgendeiner anderen Weise „Informationen“, „Schwingungen“ oder „Energie“ auf das Wasser überträgt (belebtes Wasser ‚im eigentlichen Sinn‘). Wie ihr in der kleinen Wasserkunde gelernt habt, hat flüssiges Wasser eine äusserst unstete Struktur: Seine Atome gruppieren sich in allerkürzesten Zeitabständen laufend neu. Das macht es zur Speicherung von Information für länger als 0,000 000 000 001 Sekunden vollkommen ungeeignet.

Kommt dazu – wie so oft – der ausdrückliche Verzicht auf Energie von aussen, gibt es zudem ein unlösbares Problem mit der Thermodynamik. Deren zweiter Hauptsatz besagt nämlich, dass die Schaffung von Ordnung in einem geschlossenen System ohne das Einbringen von Energie einfach nicht möglich ist. Und eine Struktur (z.B. in Form gespeicherter „Information“) in vormals chaotischem Wasser zu erzeugen, heisst Ordnung schaffen.

Das gilt gleichermassen für alle Spielarten belebten Wassers, ob sie nun belebtes Wasser, aktiviertes, vitalisiertes, levitiertes Wasser, „Grander-Wasser“ oder sonstwie heissen.

Aber der „Stand der Wissenschaft“ ist doch nicht unumstösslich?

Stimmt. Aber ein Grossteil dessen, was wir über Wasser wissen, ist so deutlich belegt, dass dort keine grossen Anpassungen des heutigen „Lehrbuchwissens“ mehr zu erwarten sind. Das gilt insbesondere für das unstete Betragen der Teilchen in flüssigem Wasser. Wir mögen zwar noch längst nicht alles über die erwähnten Wassercluster wissen. Doch das liegt eben gerade daran, dass diese Strukturen so kurzlebig sind, dass Wissenschaftler sie selbst mit hochtechnischen Apparaturen kaum vermessen können. Und ebendiese Kurzlebigkeit macht das Speichern von jedweder „Information“ in Wasser unmöglich.

Auch die Gesetze der Thermodynamik sind heute derart gut belegt, dass wir sie in unserer Welt getrost als unumstösslich annehmen können. Sollten Physiker dennoch jemals einen Weg finden, der am 2. Hauptsatz vorbei führt, dann nicht in der Welt, wie wir sie kennen, sondern unter höchst exotischen Bedingungen, die weit ausserhalb unserer persönlichen Reichweite liegen. Also nicht in unserem eigenen Keller oder einer mystischen Getränkefabrik.

Ausserdem haben sich die Wissenschaftler, die so gerne auf belastbare Studien pochen, sich nicht lumpen lassen. So gibt es auch Untersuchungen zur Wirksamkeit von belebtem Wasser auf Mensch, Tier und Pflanze – unabhängig von der Frage, ob sie mit heutigem Wissen theoretisch erklärbar wäre. Und hat man – unter belastbaren (also methodisch einwandfreien und wiederholbaren) Versuchsbedingungen – eine Wirkung gefunden? Nein.

Es gibt also weder eine nachweisliche Wirkung noch eine schlüssige Theorie, wie sie zustandekommen könnte. Mit anderen Worten: Belebtes Wasser ist demnach mit höchster Wahrscheinlichkeit ein reines Fantasieprodukt.

Wie ihr derartige Fantasieprodukte oder -angebote erkennen könnt

Einige auffällige Merkmale hat belebtes Wasser mit vielen anderen fragwürdigen Produkten und Angeboten im Gesundheitsbereich gemein: Es wird ihm eine so vielfältige Heilkraft nachgesagt, dass es leicht als Wundermittel durchgehen könnte.

  • Was gleichermassen gegen alles von Hauterkrankungen über Magenbeschwerden, Migräne, Depressionen u.v.a.m. bis hin zu Krebs hilft, kann nicht wirklich nützen. Verschiedene Krankheiten haben verschiedene Ursachen, die verschiedene Behandlungen erfordern. Darüber hinaus ist in der Schweiz und Deutschland die Werbung für Wasser mit Heilversprechen gesetztlich verboten, was eine solche um so unseriöser macht.
  • Ähnliches gilt für Angaben wie ‚hilft bei der „Entgiftung“ (Entschlackung,…). Die Notwendigkeit, Giftstoffe oder „Schlacken“ aus unserem Körper zu entfernen, ist ebenfalls ein Fantasieprodukt entsprechender Anbieter (denn das besorgen gesunde Leber und Nieren ganz allein).
  • Beliebte „Buzzwörter“ aus dem Alternativheilkunde-Bereich in Beschreibungen können ein Hinweis sein, dass dem Produkt das wissenschaftliche Fundament fehlt: Neben den genannten Synonymen für belebtes Wasser bzw. Wasserbelebung sind das z.B. „Schwingungen„, „Energien“ (Naturwissenschaftler verwenden „Energie“ nie in der Plural!), oder „feinstofflich„, die allesamt bedeutungslose Worthülsen sind. Dazu kommen die Namen Nicola Tesla, wenn es um mysteriöse Technik geht, oder – speziell im Wasserbereich – Gerald H. Pollack oder Masaru Emoto, auf deren nicht haltbare Theorien sich viele „Wasserbeleber“ beziehen, sowie Johann Grander.

Dazu kommen einige eigene Merkmale von Produkten rund um „verbessertes“ Wasser.

  • Das Verbot von Werbung für Wasser und Wasseraufbereitungsgeräte mit Heilversprechen in einem Grossteil des D-A-CH-Raums umgehen viele Anbieter, indem sie angebliche Wirkungen ihres Produkts nur über Kundenaussagen „kommunizieren“. Das geht über Kundenbewertungen und Testimonials oder Mund-zu-Mund-Propaganda. Hat euch „nur“ jemand von einem tollen Gerät/Produkt/Angebot erzählt? Findet ihr Aussagen zu gesundheitlichen Wirkungen nur von anderen Kunden und nicht vom Hersteller selbst? Dann ist Vorsicht angesagt!
  • Wirkungslose Anlagen und Geräte zur „Verbesserung“ von Wasser wie auch fixfertig belebtes Wasser werden häufig zu horrenden Preisen angeboten. Wenn ihr ein fragwürdiges Angebot unter die Lupe nehmen möchtet, vergleicht es einmal mit ähnlichen Produkten ohne „Esoterik“-Label. Fixfertig belebtes Wasser also mit Mineralwasser, als besonders wirksam oder geeignet deklarierte Edelsteine mit den gleichen Steinen ohne solche Attribute beim Mineralienhändler, Elektrokleingeräte mit Haushaltsgeräten aus ähnlichen Bestandteilen, Geräte zum Einbau ins Eigenheim mit „herkömmlichen“ Wasserfiltern für die Trinkwasserzuleitung. Beträgt der Unterschied ein Vielfaches, ist da in der Regel etwas faul.

Wenn euch ein Angebot mit solchen Merkmalen über den Weg läuft, verzichtet guten Gewissens darauf. Dann könnt ihr das Geld für andere Dinge einsetzen, die wirklich gesundheitsfördernd sind: Für einen schönen Familienurlaub zum Beispiel, Mitgliedschaften im Sportverein, Musikstunden, oder einfach für abwechslungsreiches Essen.

Und wenn es dazu schon zu spät ist?

Ihr habt bereits eine Anlage zur Wasserbelebung im Keller? Oder ist der bereits in ein Lager für fixfertig belebtes Wasser umgewandelt?

Zunächst einmal: Ihr seid damit nicht allein. Selbst Betreiber von Schwimmbädern, Spitäler oder eine österreichische Gewerkschaft haben sich schon von solchen Angeboten ködern lassen und eine Menge Geld verbraten. Die können nämlich – ganz offensichtlich – ziemlich verlockend sein und auf den ersten Blick sehr seriös wirken. Bloss zeigt das nicht, wie nützlich die Produkte sind, sondern die Geschäftstüchtigkeit ihrer Anbieter. Und die mag nicht zuletzt daher rühren, dass die Hersteller und Vertreiber selbst an die Wirksamkeit ihrer Produkte glauben (zumindest konnten selbst Anwälte vor Gericht ihnen bislang nichts Gegenteiliges nachweisen).

Besonders wenn Mund-zu-Mund-Propaganda ins Spiel kommt – im schlimmsten Fall innerhalb einer eingeschworenen Community rund um Hersteller und Produkt oder im eigenen Freundeskreis – kann der Einfluss bzw. Druck von „aussen“ auf eure Entscheidungen immens werden. Und wer will es sich schon mit der besten Freundin oder dem netten Forum verscherzen, weil er ein ja soo nützliches Ding kategorisch ablehnt?

Wirksames von Fantasieprodukten zu unterscheiden ist manchmal schwierig

Dazu kommt, dass viele Produkte, Angebote und auch Literatur so seriös und „medizinisch“ aussehen, dass es für Laien echt schwierig sein kann, wirklich Sinnvolles von Fantasieprodukten zu unterscheiden.

Selbst ich als Chemikerin habe einmal mit grossem Interesse in einem populärwissenschaftlichen Buch von Gerald H. Pollack gelesen. Das fiel mir in der Stadtbibliothek auf der Suche nach Literatur über Wasser in die Hände. Das las sich spannend und erst einmal schlüssig – davon abgesehen, dass ich von den dargestellten Theorien und Phänomenen weder in der Schule noch im Studium gehört hatte. Doch was wäre ich für eine Chemikerin, würde ich, ein paar Jahre aus dem Uniumfeld draussen, neue Forschungsergebnisse von vorneherein als unmöglich abstempeln? So fühlte ich mich selbst mit Chemie-Diplom nicht in der Lage, das Buch aus dem Stand sicher einzuordnen. Dabei haben mir erst weitere Recherchen geholfen.

Was tun, wenn das Geld weg ist?

Ist das belebte Wasser erst einmal im Haus und das Geld weg, wenn eure Zweifel überhand nehmen, verbucht das Ganze am besten als Gelegenheit zum Lernen. Wie mein Vater immer sagt: Geld ist den grossen Kummer nicht wert. Und ein Grund, sich zu schämen oder hämische Bemerkungen anhören zu müssen, ist das Ganze meines achtens auch nicht (dahingehend können Anhänger der Skeptiker-Szene im Umgang mit Anhängern solcher Fantasien oft noch eine Menge lernen).

Wichtig ist: Selbstreflexion

Stattdessen fragt euch, was euch wirklich dazu gebracht hat, euch auf belebtes Wasser einzulassen und allenfalls viel Geld dafür auszugeben? Hattet ihr wirklich ein eigenes Bedürfnis danach (z.B. um eine Krankheit zu lindern)? Da belebtes Wasser nachweislich nicht wirkt: Überlegt euch – was fehlt euch wirklich (oder hat gefehlt)? Welche andere(n) Massnahme(n) könnte(n) für eine scheinbare Wirkung des Wassers verantwortlich sein?

Oder habt ihr euch unter dem Einfluss anderer entschieden – Familie, Freunde, (Online-)Community? Wie könnt ihr euch solchen Einflüssen künftig entziehen? Und was bedeuten euch die betreffenden Personen oder Gruppen wirklich? Denn im schlimmsten Fall, wenn ein Druck sich nicht abwehren lässt, kann eine Trennung von ihnen der beste Ausweg sein.

Was ihr in jedem Fall tun könnt

Ob ihr nun selbst in die Falle hineingetappt seid oder nicht, ihr könnt eure Mitmenschen davor bewahren, auf solche sinnlosen Angebote einzugehen.

Dabei erachte ich dies als ganz besonders wichtig:

Nehmt euer Gegenüber ernst. Hinter der Entwicklung unsinniger Glaubensvorstellungen stecken praktisch immer Bedürfnisse oder Ängste, die befriedigt oder gelöst werden wollen, und oft ein erheblicher Einfluss eines äusseren Umfelds (Familie, Freundeskreis, Onlinecommunity,…), der eben diese Bedürfnisse bedient.

Ermuntert eure Mitmenschen, diese Bedürfnisse zu ergründen und sich die unter „Selbstreflexion“ vorgeschlagenen Fragen zu stellen.

Verkneift euch, wenn ihr euch zu den „Skeptikern“ zählt, hämische Bemerkungen oder Bezeichnungen. Zeigt den Betroffenen stattdessen, dass ihr sie als Menschen wertschätzt und gebt ihnen so einen Anreiz, die vermeintliche Zuflucht fragwürdiger Glaubenssätze oder Umfelder zu verlassen.

Und tut das vor allem von Anfang an. Denn je früher Anhänger von Glaubenssätzen, wie jenen um belebtes Wasser, Alternativen zu ihren „Alternativen“ aufgezeigt bekommen, desto höher ist die Chance, sie noch zu erreichen.

Auch wichtig ist: Weitere Verbreitung verhindern

Erinnert euch daran, wie diese fragwürdigen Produkte verbreitet werden. Nämlich über Mund-zu-Mund-Propaganda.

Wenn ihr eure Mitmenschen davor bewahren wollt, auf den Hype um belebtes Wasser (oder andere Fantasie-Produkte) hereinzufallen, dann hört, falls ihr das je getan habt, in jedem Fall auf, sie weiter zu verbreiten und schön zu reden. Oder fangt erst gar nicht damit an. Entfernt oder ändert allfällige positive Bewertungen im Internet, sofern ihr das selbst könnt (Testimonials, die Firmen selbst auf ihren Seiten einfügen, werden diese kaum wieder löschen).

Denn was andere auch behaupten: Belebtes Wasser wirkt nicht über einen Placeboeffekt hinaus.

Besonders lobenswert ist natürlich, wenn ihr euch aktiv für die Aufklärung rund um belebtes Wasser und Co. einsetzt. Erst recht, wenn ihr eine Entscheidungsposition bezüglich der Weiterverbreitung fragwürdiger (und nicht fragwürdiger) Angebote innehabt – sei es auf eurer eigenen Website, in den „grossen“ Medien, einschliesslich Magazinen von Krankenversichereren, Grossverteilern und anderen Branchen, oder gar in der Politik.

Dazu könnt ihr gerne diesen Artikel weiterverbreiten und findet weiteres Material in den Links darin. Zum Beispiel diesen Artikel, in dem Dr. Erich Eder, ein grosser Kritiker des „Grander-Wassers“, beschreibt, wie ihr eure Kritik so formulieren könnt, dass ihr möglichst kein juristisches Vorgehen der Anbieter belebten Wassers riskiert (und wie ihr damit umgehen könnt, falls es doch dazu kommt).

Scheut euch dabei nicht, euren eigenen Fehlentscheid einzugestehen, falls euch einer unterlaufen ist. Hört oder lest darüber hinweg, solltet ihr anfangs abfällige Bemerkungen und Kommentare kassieren. Und trennt euch rigoros von jenen, die sie nicht lassen können. Denn (nicht nur) in meinen Augen zeugt es von wahrer Grösse, seine Ansicht aufgrund neuer Erkenntnisse zu ändern und das auch kundzutun. Und letztendlich kann ein „ich habe das selbst durch, ich weiss, wovon ich rede“ eure Position nur stärken.

Seid ihr belebtem oder sonstwie „verbessertem“ Wasser auch schon begegnet? Wie geht ihr mit Leuten um, die darauf schwören oder/und zu seiner Verbreitung beitragen?

Grosse Jubiläums-Blogparade: Mein Lieblings-Experiment

Ganze 5 Jahre ist es nun her, dass Keinsteins Kiste das Licht der Welt erblickt hat. Fünf Jahre! Das ist ein halbes Jahrzehnt! Dieses „kleine“ Jubiläum möchte ich mit euch allen feiern – und mit euren Experimenten in einer Blogparade.

Da dieses Jubiläums-Jahr auch hinsichtlich des Weltgeschehens ein ganz besonderes ist (C. sei’s gedankt…), ist „Mein Lieblings-Experiment“ dieses Jahr das perfekte Motto. Denn nachdem mir genau diese Blogparade letztes Jahr aufgrund bombiger Auftragslage im Job und eigenen Ferienplänen völlig versandet ist, ist die Lage dieses Jahr eine völlig andere:

In kaum einem Jahr hatten wir so viel Gelegenheit – und werden sie noch haben – zu Hause zu experimentieren, zu lernen und zu entdecken. Monate des Heimlernens liegen hinter uns, Sommerferien mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten vor uns. Das ist die Gelegenheit, euer Lieblings-Experiment zu finden – oder uns zu zeigen, was ihr schon gefunden habt!

Letztes Jahr hat es trotz allem einen Beitrag zur Parade von Anne Nühm alias „breakpoint“ gegeben. Der soll nun hier seine Würdigung als erster Beitrag zur Neuauflage finden.

Und da auch mein Sommer vor allem zu Hause stattfinden wird, lasse ich diese Auflage der Blogparade auch ganz bestimmt nicht mehr versanden. Versprochen.

Fünf Jahre Keinsteins Kiste

Bis in die erste Hälfte 2015 waren “Blogger” in meinen Augen Werbegesichter für Mode, Kosmetik und allerlei Lifestyle-Produkte – kurzum das, was man heute vielleicht eher mit dem Begriff “Influencer” in Verbindung bringt. Und damit so ganz und gar nicht meine Welt.

Erst als ein Neuzugang in einer völlig themenfremden Facebook-Gruppe am Rande ihren Mama-Blog erwähnte, öffnete sich mir die Tür zur ganzen Welt der Blogger – und mir war sofort klar: Davon möchte ich auch ein Teil sein! So habe ich binnen weniger Wochen diesen Blog ins Leben gerufen.

Seitdem hat sich so vieles getan und verändert. Von Anfang an war Keinsteins Kiste als Sammlung naturwissenschaftlicher Inhalte gedacht – zunächst reichlich unspezifisch in Form von “Geschichten aus Natur und Alltag”. Naturwissenschaft besteht nun in grossen Teilen aus Beobachtung…und dazu sind aufmerksame Sinne unabdingbar. So kam ich zu der Umwidmung des Blogs zu “Natur und Wissenschaft für alle Sinne”.

Doch auf Dauer erschien mir auch dies zu ungenau. Zumal ich mit meinem in der deutschsprachigen Blogsphäre nach wie vor exotischen Genre lange nach meinem Platz in deren unendlichen Weiten gesucht habe. Schlussendlich führte diese Suche an den Anfang des Blogs zurück. Mit einem Mama-Blog fing die Geschichte der Kiste an, und mit Familienblogs und ihren Autoren kann ich mich nun wahrhaftig identifizieren. Und das, obwohl ich selbst gar keine Kinder habe.

Wozu Keinsteins Kiste? Um Chemie und anderen Naturwissenschaften ein positives Gesicht zu geben!

Nichts desto trotz arbeite ich mit Kindern, und habe dabei schnell festgestellt, dass es nichts wunderbareres gibt als die kindliche Neugier. Physik (und Chemie und…) ist schliesslich, wo man spielt.

Und diese Neugier ist ein grossartiger Ansatzpunkt, um mein grosses Ziel zu verfolgen: Der Naturwissenschaft im Allgemeinen und der Chemie in Besonderen in euren Köpfen ein besseres Ansehen zu verschaffen!

Die Welt ist nämlich voll von “Fake-News”, Fehlinformationen und teils gefährlichen Irrlehren, die viel zu oft auf fruchtbaren Boden stossen. Und solch “fruchtbarer Boden” entsteht, wenn junge Menschen die Fächer, in welchen sie lernen können, wie die Welt funktioniert und wie sie selbst diese Funktionsweisen ergründen können, als “zu schwierig”, “abstrakt”, “realitätsfern” oder gar “unwichtig” erleben. Dann nämlich verlassen sie ihre Schulen oft ohne ein grundlegendes Verständnis für die Natur der Dinge – und sind entsprechend anfällig für jeglichen Unsinn, der darüber verbreitet wird.

Je früher jedoch Neugier und Freude an der Erforschung der Welt geweckt werden, desto grösser sehe ich auch die Chance, dass die Aufmerksamkeit für und die Freude an naturwissenschaftlichen Zusammenhängen erhalten bleibt und Chemie und Co in den Augen einstmaliger Jungforscher ihr gutartiges Gesicht behalten.

Chemie ist nämlich überall und alles ist Chemie. So tut ihr gut daran im Gedächtnis zu behalten, dass sie eben nur manchmal gefährlich, aber immer spannend ist!

Experimente wecken Spass und Neugier – nicht nur bei kleinen Forschern

Die eindrücklichste und zugleich spassigste Art und Weise, Naturwissenschaften zu lernen, ist, selbst zu experimentieren und zu forschen. So habe ich – besonders in den letzten drei Jahren – mehr und mehr Experimente in Keinsteins Kiste einfliessen lassen, die ihr zu Hause oder in jedem beliebigen Klassenzimmer selbst machen könnt.

Und damit auch naturwissenschaftlich nicht “vorbelastete” Eltern und Lehrer ihren Kindern die unvermeidlichen Fragen junger Forscher beantworten können (allen voran “Wie funktioniert das bloss?”), liefere ich zu jeder Anleitung auch eine ausführliche Erklärung dessen, was hinter den spannenden Beobachtungen steckt.

So können Klein und Gross beim Experimentieren etwas lernen. Aber damit nicht genug: Ihr Grossen könnt euer naturwissenschaftliches Wissen auch direkt in eurem Alltag gebrauchen! Wie? Das könnt ihr in den gesammelten Haushalts– und Gesundheitstipps in der Keinsteins Kiste lernen.

So ist der Blog nun schon seit zwei Jahren offiziell gefüllt mit “Natur und Wissenschaft für die ganze Familie”.

Grosse Sommer-Blogparade zum Geburtstag

Doch nun könnt ihr in der Blogparade selbst mitfeiern und -forschen!

Thema der Blogparade: Mein Lieblings-Experiment!

Experimente mit Aha-Effekt

Denn die Freude an Naturwissenschaft beginnt oft mit einem besonders eindrücklichen Experiment, das einen regelrechten Aha-Effekt auslöst.

So war es zumindest bei mir: In der siebten Klasse bin ich erstmals der Schmelzwärme begegnet – einem Konzept, das mir bis dahin völlig unbekannt war. Und mit dieser einschneidenden Veränderung meines Weltbildes hatte ich mein Herz unrettbar an die Chemie verloren (und das, obwohl sich die Physiker mit den Chemiker um die Einordnung dieses Konzeptes streiten könnten!).

Die ganze Geschichte von diesem Aha-Erlebnis erfahrt ihr hier, und natürlich gibt es auch eine Anleitung für das Experiment zum Nachmachen!

Vielleicht kehrt eure Leidenschaft auch immer wieder zu dem einen Experiment zurück?

Experimente, die euch nicht loslassen

Ich habe zum Beispiel bei jeder sich bietenden Gelegenheit Eisensulfid aus den Elementen Eisen und Schwefel hergestellt (das Teufelchen in mir spielt immer wieder gern mit Schwefel herum…). Da das eine ziemlich stinkige Angelegenheit ist, müssen dafür besondere Anforderungen an die Umgebung erfüllt sein, weshalb es das Experiment (noch) nicht in Keinsteins Kiste gibt.

Experimente, bei welchen ihr (bislang?) nur zugeschaut habt

Oder habt ihr euch bislang noch nicht selbst getraut, zu experimentieren, aber andere dabei beobachtet? Sei es der Lehrer in der Schule, der Dozent in der Uni, oder ein Show-Experimentator auf der Bühne? Welches Schau-Experiment hat euch besonders beeindruckt – vielleicht gar so sehr, dass ihr es gerne einmal selbst versuchen würdet – oder eben gerade nicht?

Im Rahmen der Lehrerausbildung hat uns unser Dozent ein wahrhaft beeindruckendes Demonstrations-Experiment gezeigt: Die Thermit-Reaktion!

Thermit-Versuch für die Schule: Die Reaktion findet im Blumentopf statt, glühendes flüssiges Eisen tropft unten heraus!

Hier bei wird Eisen(III)oxid mit Aluminium-Pulver zur Reaktion gebracht, wobei Temperaturen bis gut 2000°C entstehen! Mit grossem Getöse und Leuchtspektakel entsteht dabei flüssiges(!) metallisches Eisen. Deshalb nutzen Eisenbahner diese Reaktion, um frisch verlegte Schienen zusammen zu “schweissen”. Der sehr grossen Brandgefahr wegen sollte ein solches Experiment immer ausserhalb des Schulhauses (z.B. auf dem asphaltierten Schulhof) gemacht werden.

Später habe ich dann für einige Zeit an der Berufsschule in Arth-Goldau unterrichtet und dort in der Chemikaliensammlung eine fertige Thermit-Mischung gefunden. Natürlich habe ich die ausprobieren müssen – aber leider habe ich es nicht fertig gebracht, das Ganze zu zünden (das ist nämlich – zum Glück – ohne einen speziellen Thermit-Zünder kaum zu bewerkstelligen). Die Enttäuschung bei mir und den extra auf den Hof geführten Schülern war entsprechend gross.

Aber wenn ich noch einmal die Gelegenheit bekäme, Thermit zu zünden, wäre ich sofort dabei.

Experimente in der Forschung

Oder seid ihr sogar selber Forscher (gewesen)?

In der Forschung müssen Wissenschaftler ihre Experimente immer wieder und wieder durchführen und immer das Gleiche beobachten, bevor sie ein belastbares (weil wiederholt beobachtbares) Ergebnis veröffentlichen können. Auch ich kann ein Lied davon singen.

Besonders aufregend wird das Ganze dann, wenn ein Experiment tatsächlich immer das gleiche Ergebnis liefert – und wenn andere Forscher, die den Versuch nachmachen, dieses Ergebnis ebenfalls beobachten. Dann hat man nämlich etwas gefunden, was den allgemeinen Wissenstand wirklich erweitern könnte!

Habt ihr als Forscher selbst einmal so ein eindrückliches Experiment gemacht?

Was ihr zur Blogparade wissen müsst:

Experimentiert ihr gerne – zu Hause, in der Schule oder sogar an eurem eigenen Forscher-Arbeitsplatz? Schaut ihr euch spannende Experimente lieber an? Oder würdet ihr gerne auch selbst experimentieren?

Mit dieser Blogparade möchte ich euch alle – ganz gleich welchen Bezug ihr zum Experimentieren habt – zum Mitmachen einladen:

Beschreibt in einem Blogartikel euer Lieblings-Experiment!

Erzählt, schreibt, fotografiert, filmt oder wie auch immer ihr euch ausdrückt von eurem Erlebnis beim Experimentieren oder Zusehen: Was beeindruckt euch besonders, und warum ist dies euer Lieblings-Experiment?

Und wenn ihr selbst experimentiert, habt ihr vielleicht auch eine Anleitung dazu? Und wenn ihr ganz versiert seid und die Beobachtung sogar erklären könnt, wäre das natürlich Spitzenklasse – aber nicht notwendig.

Bei Bedarf helfe ich beim Erklären auch gerne aus.

Veröffentlicht den Artikel bis zum 13. September 2020 auf eurem Blog bzw. Kanal, verlinkt darin auf diesen Artikel und postet den Link dazu hier in die Kommentare. So kann ich sie über meine Kanäle teilen und zum Abschluss in einer Zusammenfassung würdigen.

Ihr möchtet gerne ein Experiment vorstellen und habt keinen eigenen Blog? Dann könnt ihr euren Beitrag gerne als Gastbeitrag in Keinsteins Kiste einreichen!

Ganz besonders würde ich mich freuen, wenn ihr anderen von dieser Blogparade “erzählt”, sodass möglichst viele die Chance haben, mit zu forschen!

Nun wünsche ich euch viel Spass beim Forschen, Experimentieren und Verbloggen,

Eure Kathi Keinstein

Experiment mit Wasser : Die Münzwippe

Endlich hat es gewittert und ein wenig abgekühlt! Dazu war heute vormittag noch Regen angesagt. Zeit für ein kleines Experiment für zwischendurch, das ihr sowohl draussen als auch drinnen machen könnt. Dabei geht es um die Superkräfte von Wasser ….oder doch nicht?

Unglaubliche Kräfte schlummern nämlich nicht nur in Wasser, sondern auch in der Luft! – Und diese Kräfte könnt ihr mit ganz einfachen Mitteln selbst erforschen:

Ihr braucht dazu

  • ein Trinkglas
  • einen glatten Pappstreifen, aus einem Tetrapack zugeschnitten
  • kleine Münzen (z.B. Fünfräppler, aber Eurocents tun es genauso)
  • Wasser
Für das Experiment braucht ihr: Trinkglas, Wasser, Pappstreifen aus Tetrapak, kleine Münzen

Die Idee habe ich von „Schule und Familie„. Wie dort beschrieben mit einem einfachen Pappstreifen funktioniert das Experiment aber nicht so recht: Die Pappe saugt sich im Nu mit Wasser voll, wird weich und krumm, sodass die Münzen vorzeitig abrutschen. Die „Innen-„seite eines Tetrapacks ist jedoch wasserdicht beschichtet (das Getränk soll ja im Karton bleiben). Da wird nichts krumm und die Münzwippe funktioniert wunderbar.

So geht’s

  • Füllt das Glas randvoll – und ein Bisschen darüber hinaus – mit Wasser. Das Wasser soll sich leicht über den Glasrand aufwölben. Eine saubere Tropfpipette (zum Beispiel der Deckel einer Nasentropfen-Flasche, gibt es auch einzeln für kleines Geld in der Drogerie!) kann dabei helfen, die letzten Tropfen vorsichtig einzufüllen.
  • Legt den Tetra-Pappstreifen mit der „Innenseite“ nach unten und mit einem Ende so auf das Glas, dass er die Öffnung ganz verschliesst. Vielleicht merkt ihr schon, wie er sich festsaugt.
Alles bereit: Ein Ende der Pappe liegt mit der Beschichtung nach unten auf dem Glas.
Alles bereit: So liegt die Pappe richtig auf dem Glas!
  • Stapelt nun vorsichtig eine Münze nach der anderen auf das überhängende Ende. Der Streifen wird trotz Übergewicht eine ganze Weile auf dem Glas liegen bleiben! Ich habe fünf Fünfräppler geschafft, bevor der Streifen sich beim sechsten schliesslich doch gelöst hat. Wer schafft mehr?
Die Münzwippe in Aktion: Das Gewicht von fünf Fünfräpplern kann den Pappstreifen nicht vom Glas lösen!
Fünf „Füüferli“ und es hält immernoch…

Was passiert da?

Superkraft von Wasser : Adhäsion

Das zunehmende Gewicht der Münzen auf dem überhängenden Ende lässt den Pappstreifen wie auf dem Glas festgeklebt erscheinen. Wie festgeklebt? Dabei handelt es sich bei Weitem nicht nur um einen Vergleich!

Wassermoleküle werden tatsächlich von vielen anderen Stoffen angezogen und ziehen selbst wiederum diese Stoffe an. Diese Erscheinung nennen die Physiker „Adhäsion“ – und die anziehenden Kräfte „Adhäsionskräfte“. Es gibt verschiedene Theorien, wie diese Adhäsionskräfte zustande kommen. Aber die meisten davon haben gemeinsam, dass die Teilchen von Stoffen sich genau dann besonders anziehend finden, wenn bestimmte ihrer Eigenschaften sich ähneln.

Eine dieser Eigenschaften ist die Ausstattung von Teilchen mit elektrischer Ladung. Wenn ihr schon einmal den Zaubertrick mit dem krummen Wasserstrahl ausprobiert habt, wisst ihr, dass Wassermoleküle relativ starke Ladungen tragen (für die etwas fortgeschritteneren Forscher unter euch: Physiker nennen Wasser deshalb „polar“). So ziehen sie nicht nur einander stark an, sondern werden auch von anderen Stoffen mit elektrischen Ladungen angezogen.

Gemäss dieser „Polarisationstheorie“ wäre also davon auszugehen, dass auch die Innenfläche des Getränkekartons elektrische Ladungen trägt bzw. polare Bestandteile hat, die Wassermoleküle anziehen und so zum Haftenbleiben bringen.

Aber eigentlich ist es doch gar nicht wünschenswert, dass das Getränk im Tetrapack kleben bleibt! Deshalb werden die Tetrapack-Entwickler doch sicher vermieden haben, ein all zu adhäsionsfreudiges Material für ihre Beschichtung zu verwenden. Und trotzdem klappt das Experiment…

Superkraft von Luft : Luftdruck

Eine zweite Erklärung für den „klebenden“ Pappstreifen ist, dass die Pappe weniger am Wasser klebt, als dass sie durch die Luft darauf gedrückt wird. Die Erdatmosphäre, die aus unzähligen frei umherwuselnden Teilchen besteht, drückt nämlich von allen Seiten auf jedes Hindernis, das ihr in die Quere kommt.

Die wuselnden Teilchen trommeln laufend auf jede von Luft umgebene Oberfläche ein – und wir nehmen dieses Dauer-Trommelfeuer mit unseren groben Sinnen als Druck wahr. Der Luftdruck am Erdboden beträgt etwa 1 bar (oder 1000 Millibar), was eine beträchtliche Menge ist. Schliesslich drückt ja eine gut 30 Kilometer hohe Luftsäule auf die wuselnden Teilchen in eurer Nähe und drängt sie so eng zusammen, dass sie entsprechend dicht und heftig auf alle Oberflächen trommeln.

So auch auf den Pappstreifen, der auf dem Glas liegt. Dieser Luftdruck ist so stark, dass er – allenfalls gemeinsam mit einer ziehenden Adhäsionskraft – die Münzen auf dem freien Streifenende aufwiegt: Der Luftdruck (und die Adhäsion) drücken das Glasende des Pappstreifens zunächst stärker nach unten als das Gewicht der Münzen das freie Ende. Erst wenn das Gewicht der Münzen zu gross wird, wippt das freie Ende des Streifens nach unten, während das Glas-Ende nach oben schnellt.

Da diese „Wippe“ nicht am Angelpunkt auf dem Glasrand befestigt ist, fällt der Aufbau damit sofort zusammen.

Münzwippe überlastet: Der Pappstreifen ist vom Glasrand gekippt.
…aber die sechste Münze war zu viel: Der Streifen wippt in Richtung der Münzen und stürzt vom Glasrand.

Bonus-Versuch für draussen

Ihr wollt sehen, wie stark der Luftdruck sein kann? Dann füllt wie oben beschrieben das Glas bis zum Rand mit Wasser und legt den Pappstreifen darauf, sodass die Öffnung vollständig bedeckt ist. Haltet den Streifen fest und dreht das Glas mit der Öffnung nach unten. Dann lasst den Pappstreifen los (das Glas natürlich nicht!). Wenn alles gutgeht, sorgt der Luftdruck allein dafür, dass die Pappe auf der Öffnung und das Wasser im Glas bleibt!

Weil dieses Experiment aber nicht immer auf Anhieb funktioniert empfehle ich euch dringend, das draussen oder im Badezimmer zu probieren! Da richtet eine mögliche Überschwemmung nämlich keinen grossen Schaden an.

Entsorgung

Die ist bei diesem Versuch denkbar einfach:

Da ich mit Trinkwasser aus der Leitung und ausschliesslich mit Hilfsmitteln aus der Küche experimentiert habe, trinke ich das Wasser gerade aus, während ich blogge 😉 . Auch sonst könnt ihr das Wasser noch für alles benutzen, wozu man Wasser braucht. Den Tetra-Pappstreifen könnt ihr aufheben, sodass ihr die Experimente jederzeit wieder vorführen und eure Lieblingsmenschen verblüffen könnt.

Nun wünsche ich euch viel Spass beim Experimentieren! Und…kennt ihr vielleicht Gelegenheiten aus eurem Alltag, bei welchen ihr (wirkliche) Adhäsionskräfte beobachten könnt?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Grosse Sommer - Blogparade : Mein Lieblingsexperiment

Ganze vier Jahre ist es nun her, seit Keinsteins Kiste das Licht der Welt erblickt hat! Und diesen Bloggeburtstag möchte ich mit euch allen feiern – mit der grossen Sommer-Blogparade!

Vier Jahre Keinsteins Kiste

Bis in die erste Hälfte 2015 waren „Blogger“ in meinen Augen Werbegesichter für Mode, Kosmetik und allerlei Lifestyle-Produkte – kurzum das, was man heute vielleicht eher mit dem Begriff „Influencer“ in Verbindung bringt. Und damit so ganz und gar nicht meine Welt.

Erst als ein Neuzugang in einer völlig themenfremden Facebook-Gruppe am Rande ihren Mama-Blog erwähnte, öffnete sich mir die Tür zur ganzen Welt der Blogger – und mir war sofort klar: Davon möchte ich auch ein Teil sein! So habe ich binnen weniger Wochen diesen Blog ins Leben gerufen.

Seitdem hat sich so vieles getan und verändert. Von Anfang an war Keinsteins Kiste als Sammlung naturwissenschaftlicher Inhalte gedacht – zunächst reichlich unspezifisch in Form von „Geschichten aus Natur und Alltag“. Naturwissenschaft besteht nun in grossen Teilen aus Beobachtung…und dazu sind aufmerksame Sinne unabdingbar. So kam ich zu der Umwidmung des Blogs zu „Natur und Wissenschaft für alle Sinne“.

Doch auf Dauer erschien mir auch dies zu ungenau. Zumal ich mit meinem in der deutschsprachigen Blogsphäre nach wie vor exotischen Genre lange nach meinem Platz in deren unendlichen Weiten gesucht habe. Schlussendlich führte diese Suche an den Anfang des Blogs zurück. Mit einem Mama-Blog fing die Geschichte der Kiste an, und mit Familienblogs und ihren Autoren kann ich mich nun wahrhaftig identifizieren. Und das, obwohl ich selbst gar keine Kinder habe.

So ist Keinsteins Kiste nun schon seit einem Jahr offiziell gefüllt mit „Natur und Wissenschaft für die ganze Familie“.

Grosse Sommer-Blogparade zum Geburtstag

Unglücklicherweise kam diese Blogparade ziemlich zum falschen Zeitpunkt. Sowohl für mich als vermutlich auch für euch.

Vor einem Jahr hatte ich in meiner Funktion als Nachhilfelehrerin derart viel zu tun und später so turbulente Sommerferien-Pläne, dass ich am Ende völlig kaputt war. So ist mir auch leider diese Blogparade völlig versandet.

Aber sie soll eine neue Chance bekommen! Das Jahr 2020 ist durch einen wohlbekannten winzigen Störenfried (C. lässt grüssen…) zum Jahr des Experimentierens und Zu-Hause-Lernens geworden. Und das fällt nun auch noch mit dem fünfjährigen Jubiläum von Keinsteins Kiste zusammen!

Das möchte ich natürlich mit euch feiern! Deshalb habe ich diese Blogparade neu aufgelegt – und da der Sommer 2020 auch für mich ein Zuhause-Sommer sein wird, lasse ich sie auch nicht wieder versanden. Versprochen.

Die Jubiläums-Blogparade „Mein Lieblings-Experiment“ 2020 findet ihr hier!

Nun wünsche ich euch viel Spass beim Forschen, Experimentieren und Verbloggen,

Eure Kathi Keinstein

Free Printable: So experimentiert ihr auch mit gefährlichen Chemikalien sicher!

Chemikalien können gefährlich sein. Das weiss jeder, und viele Stoffe werden dahingehend sogar überschätzt. Eigentlich sollte es heissen: Chemikalien können gefährlich sein – wenn man nicht richtig mit ihnen umgeht.

Die Experimente in Keinsteins Kiste könnt ihr mit Zutaten durchführen, die ihr im Haushalt findet oder im Bau- oder Supermarkt kaufen könnt. Nur manchmal ist eine Spezialzutat nötig, die ihr in der Regel in einer Apotheke oder Drogerie bestellen könnt. Krebserzeugende oder anderweitig „besonders besorgniserregende Stoffe“ gibt es in den Versuchen in Keinsteins Kiste nicht.

Doch auch von Haushaltschemikalien und -zutaten können Gefahren für Umwelt und Gesundheit ausgehen. Deshalb gebe ich euch ein paar einfache Regeln zum Umgang damit auf den Weg. Wenn ihr euch daran haltet, sind die Experimente in Keinsteins Kiste praktisch ungefährlich!

Checkliste zum Sicheren Umgang mit Chemikalien

Druckt euch diese Liste am besten aus und habt sie griffbereit, wenn ihr euch ans Experimentieren macht. Hier geht es zum Download! So könnt ihr jederzeit nachschauen, was zu tun ist, wenn ihr unsicher seid. Denn Sicherheit geht immer vor!

1. Bevor ihr Chemikalien verwendet, lest euch die Warnhinweise auf der Verpackung durch!

Möglicherweise gefährliche Stoffe, die verkauft oder in Betrieben bzw. öffentlichen Einrichtungen verwendet werden, müssen dem „global harmonisierten System“ (GHS) folgend deutlich gekennzeichnet werden. Folgende Symbole auf Chemikalienflaschen und -Verpackungen weisen euch auf die wichtigsten Gefahren hin:

GHS-Symbol Achtung gefährlich!

Vorsicht gefährlich: Geht achtsam mit diesem Stoff um. Neben dem Symbol wird schriftlich erläutert, wovor genau ihr euch in Acht nehmen müsst. Findet man zum Beispiel auf Stoffen, die Haut und Schleimhäute reizen oder Allergien auslösen können.

leicht_entzündlich

Leicht entzündlich: Dieser Stoff brennt sehr leicht und schnell. Haltet ihn unbedingt von offenem Feuer und Funken fern! Brennsprit (Spiritus) und andere organische Lösungsmittel tragen dieses Zeichen.

brandfoerdernd

Brandfördernd: Haltet auch diesen Stoff von offenem Feuer fern. Die meisten Stoffe mit diesem Symbol können Sauerstoff freisetzen oder sind auf andere Weise reaktionsfreudig, sodass sie einen Brand unkontrolliert anheizen können!

Ätzend: Schlimmer als reizend. Dieser Stoff kann Haut und Schleimhäute ernsthaft verletzen und empfindliche Materialien beschädigen. Findet man auf Säuren, Basen und starken Oxidationsmitteln.

umweltgefaehrdend

Umweltgefährdend: Dieser Stoff ist giftig für Wasserlebewesen wie Fische, Wirbellose und Kleinstorganismen. Gebt davon der Umwelt zuliebe nichts in den Abluss oder den Hausmüll, sondern bringt Reste zu einer Schadstoff-Sammelstelle!

Gas_unter_Druck

Gas unter Druck: In diesem Behälter befindet sich ein Gas, das sich stark ausdehnen kann. Lasst ihn nicht in der Sonne stehen oder auf andere Weise heiss werden, damit er keinen Grund zum Platzen hat! Auf Nachfüllkartuschen für Kohlensäure-Spender zu finden!

Gesundheitsgefährdend: Krebserzeugend, Erbgutschädigend oder auf andere Weise gefährlich für bestimmte Organe – möglicherweise auch langfristig. Nehmt diesen Stoff niemals ein und vermeidet, ihn einzuatmen. Verwendet ihn nur, wenn unbedingt nötig und haltet den Behälter fest geschlossen! Diese Kennzeichnung findet ihr auf Fleckbenzin und hochkonzentrierten ätherischen Ölen.

Die folgenden Symbole werden euch im Alltag und in Keinsteins Kiste selten bis gar nicht begegnen:

Giftig: Das Symbol kennt jeder. Schon kleine Mengen dieses Stoffs können eine gefährliche Wirkung entfalten. Daher niemals einnehmen oder einatmen und mit grosser Vorsicht behandeln! Rattengift trägt dieses Symbol.

explosiv

Explosiv: Dieser Stoff kann explosionsartig reagieren, zum Beispiel bei Kontakt mit Feuer, Funken, nach einem Schlag, Reibung, Hitzeeinwirkung oder falscher Lagerung, und beträchtlichen Schaden anrichten. Solche Stoffe gehören ausschliesslich in die Hände von Experten. Sprengstoffe tragen dieses Symbol.

Neben den Gefahrensymbolen findet ihr auf der Verpackung genauere Einzelheiten über die Gefahren und Anweisungen, wie ihr mit dem jeweiligen Stoff umgehen und euch bei einem Unfall damit verhalten solltet. Lest diese Hinweise gut durch und befolgt sie!

2. Findet für eure Experimente einen geeigneten, sicheren Arbeitsplatz!

An einem guten Experimentierplatz ist die Umgebung – mindestens aber die Unterlage – feuerfest, leicht zu reinigen und möglichst beständig gegenüber Säuren, Basen (Laugen), Lösungs- und Oxidationsmitteln. Und dort wird nicht mit Lebens- oder Körperpflegemitteln umgegangen.

Die Küche ist also kein geeigneter Ort zum Experimentieren! (Es sei denn, ihr verwendet ausschliesslich Lebensmittel.)

Ausserdem sollte sich euer Experimentierplatz leicht lüften lassen. Bei schönem Wetter kann er deshalb durchaus draussen sein.

Eine alte Küchenarbeitsplatte gibt eine ideale Unterlage zum Experimentieren ab – ein glatter, versiegelter bzw. lackierter Holztisch oder nicht poröser Stein bzw. Fliesen oder Edelstahl tun es aber ebenso. Marmor und Kalkstein sowie Aluminium sind allerdings ungeeignet – sie werden von Säuren angegriffen!

Wenn euch das makellose Aussehen des Möbels eurer Wahl wichtig ist, testet aus, ob die Oberfläche Lösungsmitteln oder aggressiven Stoffen, die ihr verwendet, standhält. Oder benutzt einfach einen alten Tisch, dem Flecken und Macken nicht mehr schaden.

3. Bewahrt gefährliche Chemikalien für Kinder unzugänglich auf!

Jeder Putzmittelschrank und jede Hausapotheke sollten dieser Anforderung entsprechen: Abschliessbar oder so hoch gelegen, dass unbedarfte kleine Forscher nicht allein herankommen und sich mit gefährlichen Stoffen verletzen oder vergiften können!

4. Tragt beim Experimentieren passende, sichere Kleidung!

Die perfekte Forscher-Bekleidung bedeckt den Körper möglichst weitgehend, ist schwer entflammbar und möglichst widerstandsfähig gegenüber ätzenden Stoffen. Laborkittel bestehen deshalb meist aus Baumwolle, die diese Eigenschaften erfüllt. Wer sich keinen Laborkittel leisten möchte, ist mit einem langärmeligen Baumwollhemd ebenso gut bedient.

Baumwoll-Herrenoberhemden geben übrigens tolle Labor- und Malkittel für Kinder ab: Einfach die Ärmel auf die richtige Länge umschlagen oder kürzen und umnähen und mit der Knopfleiste nach hinten über die Kleidung streifen!

Tragt zudem beim Umgang mit ätzenden Stoffen möglichst lange Hosen und geschlossene Schuhe, sowie Putz- oder Einmalhandschuhe und eine Schutzbrille (als Brillenträgerin begnüge ich mich beim Umgang mit „milden“ Haushalts-Säuren wie Essig mit meiner „normalen“ Brille – eine Schutzbrille mit Seitenflügeln ist letztendlich aber sicherer.

5. Beim Experimentieren wird nicht gegessen oder getrunken!

Wer Chemikalien an den Händen hat, läuft Gefahr, beim Essen oder Trinken etwas davon mit aufzunehmen. Haltet Essen und Getränke daher räumlich vom Experimentierplatz getrennt. Wenn ihr zwischendurch etwas essen oder trinken möchtet, zieht allfällige Handschuhe aus und wascht euch vorher (und nachher) die Hände. Das gleiche gilt für den Gang aufs stille Örtchen!

Bewahrt ausserdem niemals Chemikalien in Lebensmittelverpackungen auf! Wenn ihr PET-Flaschen, Honiggläser oder ähnliches beim Experimentieren wiederverwenden möchtet, entfernt zuvor alle Lebensmitteletiketten und beschriftet die Gefässe deutlich mit dem neuen Inhalt!

6. Kein offenes Feuer beim Experimentieren!

Beim Experimentieren wird also nicht geraucht! Haltet ausserdem Kerzen und andere Feuerquellen von eurem Experimentierplatz fern – ganz besonders, wenn ihr mit brennbaren Lösungsmitteln arbeitet! Wenn ihr bei einem Experiment etwas anzünden müsst, legt die Zündquelle – Streichhölzer, Feuerzeug oder ähnliches – gleich danach in sicherer Entfernung auf die Seite. Lasst Feuer ausserdem niemals unbeaufsichtigt.

7. Haltet Chemikalienbehälter immer sicher verschlossen!

Öffnet Chemikalienbehälter immer erst, wenn ihr etwas daraus entnehmen wollt, und macht sie danach sofort wieder zu! So wird nichts verschüttet, wenn ihr versehentlich mal etwas umstosst.

Wenn ihr Chemikalienbehälter durch die Wohnung tragen oder über längere Strecken transportieren müsst, stellt sie in eine Kunststoffwanne oder einen Eimer und tragt diese/n. Sollte beim Transport etwas auslaufen oder kaputtgehen, bleibt die potentiell gefährliche Sauerei so auf die Wanne / den Eimer beschränkt.

8. Lagert und verwendet Chemikalien in Gefässen aus Glas, reaktionsträgem Kunststoff oder Edelstahl!

Ihr wollt ja nicht, dass eure Zutaten mit dem Gefäss statt miteinander reagieren. Obwohl zerbrechlich ist Glas das ideale Material für Versuchsgefässe: Es hält allen Stoffen, die in den Versuchen in Keinsteins Kiste Verwendung finden, stand, kann schadlos erhitzt werden – und man kann durchschauen. Kunststoff-Behälter aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) reagieren ebenfalls nicht mit ihrem Inhalt, halten allerdings nicht jeder Hitze stand. Ein grösseres Volumen, zum Beispiel ein Wasserbad, findet auch gut in einem ausrangierten Edelstahl-Kochtopf Platz.

9. Entsorgt Chemikalen gemäss den Hinweisen in der Versuchsbeschreibung oder auf der Verpackung!

DIE UMWELT WIRD ES EUCH DANKEN!

Wenn es nach den Experimenten in Keinsteins Kiste etwas zu entsorgen gibt, findet ihr entsprechende Hinweise am Ende des jeweiligen Artikels. Lest daher vor dem Experimentieren die Anleitung vollständig durch! Gehört ein Stoff über eine Schadstoff-Sammelstelle entsorgt oder seid ihr euch dessen unsicher, lagert die Reste sicher verschlossen, bis ihr sie dort hinbringen könnt.

Achtet darauf, besonders bei „Schadstoffen“, nicht mehr als unbedingt nötig von einem Stoff zu verwenden! Je weniger ihr einsetzt, desto weniger Reste müsst ihr nachher umständlich entsorgen!

Und wenn doch etwas passieren sollte:

Wenn ihr mit Chemikalien in Kontakt kommt

  • Wascht Chemikalienspritzer gründlich ab und zieht getränkte Kleidung sofort aus.
  • Wenn ihr etwas in die Augen bekommt: Spült die Augen gründlich, das heisst bis zu 10 Minuten, mit fliessendem Wasser aus und konsultiert bei Beschwerden oder wenn es sich um einen ätzenden Stoff handelt, einen Augenarzt.
  • Wenn ihr etwas eingeatmet habt, hindert die Dämpfe an der Ausbreitung (Gefäss schliessen!) und geht an die frische Luft.
  • Wendet euch mit Beschwerden nach dem Kontakt mit Chemikalien an euren Arzt oder den Giftnotruf:

In der Schweiz (und in Liechtenstein) erreicht ihr ToxInfo Suisse unter der Nummer 145 .

In Deutschland haben die Bundesländer unterschiedliche Giftnotruf-Nummern.

In Österreich erreicht ihr die Vergiftungsinformationszentrale unter +43 1 406 43 43 .

Wenn ein Feuer ausbricht

  • Wenn der Inhalt eines Gefässes brennt, deckt dieses schnell mit einem festen Gegenstand ab. Ein Buch oder ein glattes Holzbrett ersticken die Flammen im Gefäss, bevor sie Feuer fangen können! In einem feuerfesten Gefäss könnt ihr den Inhalt auch einfach ausbrennen lassen.
  • Löscht brennende Flüssigkeiten nicht mit Wasser! Wenn ihr einen CO2-Feuerlöscher habt, ist der die bessere Wahl.
  • Bringt Lösungsmittel und andere brennbare Stoffe auf Abstand!
  • Sollte eine Person oder deren Kleidung brennen, stellt sie zum Löschen sofort mit Kleidung und allem unter die laufende Dusche! Verbrennungen können ebenfalls unter fliessendem kalten Wasser effektiv gekühlt werden. Haltet Verbrennungen sofort – leichtere einige Minuten, schwerere bis zur ärztlichen Versorgung – unter den Wasserhahn oder die kalte Dusche!
  • Wenn ein Brand ausser Kontrolle zu geraten droht, alarmiert die Feuerwehr, schliesst, wenn möglich, Fenster und Türen (nicht verriegeln!) und verlasst das Haus!

Aber keine Sorge: Wenn ihr euch an die Vorsichtsmassnahmen aus dem ersten Teil des Artikels haltet, ist es höchst unwahrscheinlich, dass es so weit kommt.

Somit wünsche ich euch viel Spass beim entspannten und sicheren Experimentieren!

Wie entstehen Ebbe und Flut? Was Mond und Sonne mit den Gezeiten zu tun haben

Meine Leserin Christine hat nach den Gezeiten gefragt: Wie kommen Ebbe und Flut zustande? Dazu eine kleine Reise in die Vergangenheit…

Oktober 2001, Nordsee-Insel Juist. Ich habe mit meiner Familie vor Beginn meines Chemiestudiums noch ein paar Tage Ferien am Lieblingsferienort meiner Kindheit verbracht. Oder verbringe sie noch. Denn obgleich unsere Abreise für heute angesetzt war, heisst es von der Fährgesellschaft, die uns aufs Festland bringen sollte: „Wir fahren heute nicht. Zu wenig Wasser im Watt.“

Die Fährverbindung von und nach Juist ist nämlich gezeitenabhängig. Das heisst, das Schiff kann nur dann über das Wattenmeer fahren, wenn genügend Wasser da ist. Gewöhnlich ist das zweimal am Tag der Fall. Nur an jenem Tag machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Der Wind sorgte dafür, dass die ohnehin schon niedrige Tide noch niedriger ausfiel. So sind wir dann einen Tag länger im Feriendomizil geblieben. Dann hat die Fährgesellschaft die Überfahrt auf einem Umweg bis fast nach Norderney – schliesslich doch gewagt.

Was sind Gezeiten oder Tiden?

Der Fachbegriff für Gezeiten ist Tiden (Einzahl Tide). Mit Gezeiten meinen wir das Phänomen, dass in vielen (wenn nicht allen) Küstenregionen der Verlauf der Uferlinie bzw. der Meereshöhe über den Tag hinweg mehr oder weniger stark schwankt. Besonders deutlich wird das an der Nordsee, die ein offener, flacher Ausläufer des atlantischen Ozeans ist. Hier fällt zweimal am Tag quadratkilometerweise schlammiger Wattenmeer-Boden trocken! (Im Hafen von Juist unterscheiden sich der höchste und niedrigste Wasserstand um bis zu 3 Meter!)


Auch im Mittelmeer gibt es Gezeiten – die fallen aber nicht so krass aus: Der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser beträgt hier in Chania auf Kreta nur rund 60cm. Auf dem Bild ist der Wasserstand aber eher niedrig. Bei Hochwasser ist das Felseninselchen in der Mitte überflutet!

Ebbe und Flut

So lange der Wasserpegel sinkt bzw. die Uferlinie sich zurückzieht spricht man im deutschen Sprachraum von „Ebbe“. Wenn der Pegel steigt bzw. die Uferlinie sich landeinwärts verschiebt, von „Flut“. Der höchste Pegelstand eines Halbtages ist „Hochwasser“, der niedrigste Pegel „Niedrigwasser“. Die Differenz zwischen Hoch- und Niedrigwasser ist der Tidenhub.

Wohin verschwindet bei Ebbe das Wasser?

Es „verschwindet“ natürlich nirgendwo hin – stattdessen häuft es sich an einem Ort fern der Küste an. Moment – wie kann sich eine Flüssigkeit anhäufen? Die sollte sich doch so gleichmässig wie möglich auf der Erdoberfläche verteilen! Das wegen der Gravitation, die von überall auf der Erdoberfläche in Richtung Erdmittelpunkt wirkt.

Wer missachtet da also die Physik?

Niemand! Vielmehr gibt es noch zwei nicht ganz kleine Details zu beachten: Den Mond und die Sonne! Der Mond ist zwar nur 1/100 mal so schwer wie die Erde, aber damit immer noch ein beachtlicher Himmelskörper. Das bedeutet, er erzeugt eine erhebliche eigene Gravitation. Die hat zur Folge, dass nicht – wie gerne behauptet – der Mond um die Erde, sondern beide Himmelskörper um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen.

Da die Erde der deutlich grössere Partner in diesem Tanz ist, liegt dieser Schwerpunkt nicht all zu weit vom Erdmittelpunkt. Anders als der Mond beschreibt die Erde daher keine eigene Kreisbahn, die grösser als ihr Durchmesser wäre. Stattdessen „eiert“ sie bloss um ihre Position in der Mitte.

Mini-Experiment: Gezeiten im Glas – Was halten Flüssigkeiten von diesem Eiertanz?

Füllt ein Glas halb mit Wasser und bewegt es zügig auf der Tischplatte oder in der Luft hin und her. (Probiert das draussen oder über wasserfestem Boden/Tischbelag!) Was passiert mit dem Wasser? Es schwappt im Glas herum – und wenn ihr zu ungestüm werdet, schwappt es über! Das passiert auch, wenn ihr das Glas im Kreis bewegt.

Vom Tanz im Glas zum Tanz der Himmelskörper

Mit der Erde ist es das gleiche. Der Eiertanz unseres Planeten mit dem Mond lässt die Ozeane auf der Oberfläche der Erdkugel herumschwappen. Wenn dabei Wasser von der Küste wegschwappt, erleben wir dort Ebbe, schwappt es hingegen auf die Küste zu, erleben wir Flut. Die Grösse des Tidenhubs hängt dabei von der Form der Meeresküsten und ihrer Verbindung zu den grossen Ozeanen ab. Denn diese beiden Eigenschaften bestimmen die Bewegungsmöglichkeiten für das schwappende Wasser.

Aufgrund der gewaltigen Grösse des Erde-Mond-Systems und der recht präzise eingehaltenen Kreisbahnen ist dieses Schwappen zum Glück sehr regelmässig. So können wir sehr genau berechnen, wann wo wieviel Wasser zu erwarten ist. Ein Gezeitenkalender für den Küstenort unserer Wahl gibt uns darüber Auskunft.

Warum gibt es zweimal täglich Hochwasser?

Für eine vollständige Drehung um den gemeinsamen Schwerpunkt brauchen Erde und Mond knapp einen Monat. Das macht das eigentliche Schwappen durch den Eiertanz zu einer sehr, sehr gemächlichen Angelegenheit. Allerdings dreht sich die Erde zusätzlich um ihre eigene Mittelachse – und braucht für eine Umdrehung dieser Art etwa einen Tag.

Da das Wasser der Meere jedoch nicht fest mit der Erdoberfläche verbunden ist, dreht es sich nicht vollständig mit. Stattdessen dreht sich der Planet unter seiner Wasserhülle hindurch. Dabei muss das Wasser natürlich um die Kontinente herum fliessen. Das führt mitunter zu Stau und damit mancherorts zu besonders grossem Tidenhub).

So dreht sich der Küstenort unserer Wahl binnen eines Tages unter der dank des Eiertanzes hochgeschwappten „Welle“ hindurch. Damit ist ein Hochwasser pro Tag erklärt. Aber woher rührt das zweite?

Addition von Kräften

Die Gezeitenkräfte (die das Wasser zum Schwappen bringen) setzen sich aus zwei verschiedenen Kräften zusammen. Die erste ist die Gravitationskraft, die der Mond bewirkt. Die zweite ist die Zentrifugalkraft, die durch den Eiertanz der Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt („Baryzentrum“) entsteht.

Eine Kraft ist eine gerichtete Grösse, hat also sowohl einen Wert als auch eine Richtung. Die Physiker stellen beides gemeinsam als Vektor („Pfeil“) dar. Solche Vektoren kann man addieren, indem man die Pfeile Spitze an Schaft aneinander legt. Dann zeichnet man von der vordersten Spitze zum hintersten Schaft einen neuen Vektor. Dieser entspricht dann Länge und Richtung der Summe aller ursprünglicher Vektoren.

So addiert man Vektoren - auch für Gezeiten-Kräfte - Schaft an Spitze und ein neuer Vektor von ganz  hinten nach ganz vorn
Wirken gleichzeitig Kraft a und Kraft b auf einen Gegenstand, bekommt dieser die Summe der beiden, a+b, zu spüren. In diesem Beispiel ist der Betrag dieser resultierenden Kraft (= die Länge des Pfeils) kleiner als jede der ursprünglichen Kräfte!

Wenn man nun für einen Ort Mond-Gravitationskraft und Zentrifugalkraft berechnet und die zwei Vektoren addiert, erhält man die dortige Gezeitenkraft. Mit einer regelmässig verteilten Auswahl an Punkten auf der Erdkugel sieht das in etwa so aus:

Für die Gezeiten verantwortliche Kräfte ermittelt durch Vektoraddition: Dank Zusammenspiel von Gravitation und Fliehkraft bildet sich auf beiden Seiten des Planeten je ein Flutberg!

Als „Schwerpunkt“ ist hier der Erdmittelpunkt markiert. Das „Baryzentrum“ ist der gemeinsame Schwerpunkt, um den Erde und Mond kreisen. (de:Benutzer:Dringend, bearbeitet von Lämpel [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons )

Die Gravitationskraft ist um so stärker, je näher der sie auslösende Körper ist. So wirkt die Mond-Gravitation auf der dem Mond zugewandten Seite (im Bild rechts) stärker als auf der ihm abgewandten Seite. Gleichzeitig sind die Zentrifugalkräfte auf der Mond-Seite schwächer als auf der mondabgewandten Seite. Denn die Mond-Seite ist dem gemeinsamen Schwerpunkt = Baryzentrum näher. So ergeben sich sowohl für die Mond-Seite als auch für ihr genaues Gegenüber Gezeitenkräfte, die alles andere als Null sind und von der Erde weg weisen!

Durch den Eiertanz schwappt also nicht nur eine „Welle“ auf, sondern zwei, die einander genau gegenüber liegen. So dreht sich unser Küstenort binnen eines Tages nicht nur unter einem, sondern unter zwei Wellenbergen hindurch – und wir erleben zweimal Flut und zweimal Ebbe.

Extrem-Gezeiten: Was sind Springflut und Nippflut?

Habt ihr schon einmal längere Ferien am Meer verbracht hat oder lebt ihr sogar dort? Dann habt ihr wahrscheinlich schon beobachtet, dass der Pegel bei „Hochwasser“ nicht immer gleich hoch ist. Stattdessen schwankt er in einem etwa monatlich wiederkehrenden Muster. Wie kommt das?

Gezeiten durch Sonnenkraft

Hier kommt das zweite gar nicht kleine Detail ins Spiel: Die Sonne. Die ist zwar gewaltig viel grösser als die Erde (333’000 mal!) und erzeugt so eine sehr, sehr viel grössere Gravitation. Dafür ist sie aber viel, viel weiter weg als der Mond. Insgesamt wirkt jedoch auch die Sonne sehr anziehend auf das Wasser der irdischen Meere. So verursacht auch sie Gezeitenkräfte – immerhin mit 46% der Stärke der Kräfte durch den Mond.

Addiert man nun die Sonnen-Gezeitenkräfte zu den Mond-Gezeitenkräften, zeigt sich, dass die Gesamt-Gezeitenkräfte dann am grössten sind, wenn Sonne, Erde und Mond in einer Linie stehen. Denn dann weisen alle beteiligten Kraftvektoren an jedem Punkt in dieselbe Richtung.

Überblick über die Mondphasen: Sonne, Erde und Mond in den wichtigsten Positionen zueinander (nicht massstabsgetreu)
Übersicht über die Mondphasen und Gezeiten: Dank Trägheit folgt erst kurz nach Neu- und Vollmond eine Springflut und kurz nach Halbmond eine Nippflut.

Stehen Sonne und Mond dabei auf gegenüberliegenden Seiten der Erde, sehen wir den Mond vollständig beleuchtet – es ist Vollmond (es sei denn, unser Standort liegt mit Sonne, Mond und der Erde im Rücken exakt auf einer Linie – dann gibt es zusätzlich eine Mondfinsternis und der Mond erscheint rot). Stehen Sonne und Mond hingegen auf der gleichen Seite der Erde, „sehen“ wir nur die Nachtseite des Mondes – also gar nichts: Es ist Neumond (es sei denn, der Mond gerät exakt zwischen die Sonne und unseren Standort – dann gibt es zusätzlich eine Sonnenfinsternis).

Da die schwappenden Gezeiten zusätzlich der Trägheit unterliegen, hinken sie der Position (oder „Phase“) des Mondes stets ein wenig hinterher. So gibt es kurz nach Neumond und kurz nach Vollmond eine Springflut – ein besonders hohes Hochwasser. Kurz nach zu- bzw. abnehmendem Halbmond gibt es hingegen eine Nippflut – ein besonders niedriges Hochwasser. Dann nämlich weisen die Richtungen der Sonnen- und Mond-Gezeitenkräfte den grösstmöglichen Unterschied (90°) auf.

Wie der Mond den Fährbetrieb bestimmt

Das Meer zwischen der ostfriesischen Insel Juist und dem Festland ist selbst bei hohem Pegel so flach, dass die Fährschiffe von der und zur Insel nur in wenigen Stunden rund um das Hochwasser verkehren können. So richtet sich der Fahrplan der Fähre nach Juist und anderen gezeiten-abhängigen Inseln nach dem Gezeitenkalender. Das macht eine auf den Tag genaue Planung der Reise dorthin nötig. Denn da eine Erdumdrehung nicht exakt einen Tag und ein Mondumlauf nicht genau einen Monat dauert, verschiebt sich der Zeitpunkt von Hoch- und Niedrigwasser jeden Tag ein wenig.

Zudem empfiehlt es sich, solch eine Überfahrt zu Voll- oder Neumond zu planen und nicht zu Halbmond. Sonst sitzt man nämlich bei ungünstigem Wetter schonmal auf dem Trockenen.

Nach einem Blick in einen Mondkalender für den Oktober 2001 vermute ich, dass unsere Rückreise von Juist kurz nach dem 10. Oktober angesetzt war. An diesem Tag war nämlich der erste Halbmond des Monats zu sehen. So war kurz darauf dank Nippflut besonders wenig Wasser im Watt. Der Wind vom Land hat dieses Wenige um so mehr aufs Meer hinaus gedrückt, sodass unsere Fähre kurzerhand den Betrieb einstellen musste, um nicht auf Grund zu laufen.

Und was ist eine Sturmflut?

Da die Bewegungen von Erde und Mond in regelmässigen, sich stets wiederholenden Bahnen verlaufen, halten auch die Gezeiten einen festen, berechenbaren Rahmen ein: Der Tidenhub ist begrenzt. Das heisst, wir müssen uns keine Sorgen machen, dass unsere Meere des Eiertanzes der Himmelskörper wegen überschwappen könnten.

Anders hingegen sieht es mit dem Wetter aus. Auch der Wind bewegt das Wasser – und kann nicht nur eine Nippflut ins Extreme treiben, sondern auch umgekehrt das Wasser regelrecht an Land drängen. Wenn also ein richtiger Sturm aus Richtung See aufkommt, kann das Meer in dramatischer Weise „überschwappen“ und an Land verheerende Schäden anrichten. Die Bewohner der tropensturmgeplagten Gebiete im Südosten der USA, Südostasiens und Nordostaustraliens können ein langes Lied davon singen.

Solch ein wetterbedingtes „Überschwappen“ – das weitestgehend unabhängig von den Gezeiten auftritt – nennen die Küstenbewohner eine Sturmflut.

Spiel-Tipp für kleine und grosse Forscher am Strand: Sandboot-Bauen!

Empfohlene Ausrüstung: Sandschaufeln (mit langem Stiel für die Grossen), Eimer zum Schöpfen, kurze Beinkleider oder Badekleidung!

Wenn ihr bei beginnender Flut an einem Strand mit ausreichend grossem Tidenhub seid, schaut euch einmal nach dem frischsten Spülsaum um. Das ist die Linie aus Muscheln und anderem Strandgut, die die Uferlinie zur Zeit des letzten Hochwassers markiert. Bis hierhin (plusminus wenige Zentimeter) wird auch die gerade kommende Flut steigen.

Sucht euch einen Flecken zwischen diesem Spülsaum und der aktuellen Uferlinie. Wenn ihr weniger Zeit aufwenden möchtet, geht näher zum Wasser, wenn ihr mehr Zeit habt, etwas näher zum Spülsaum. Aber nicht zu nahe, sonst wird die Sache langweilig! Schaufelt hier eine „Sandburg“ – einen in sich geschlossenen Sandwall in Bootsform mit dem Bug zum Meer, innerhalb dessen ihr alle Platz findet. Legt den dabei entstehenden „Burggraben“ um das Sandboot aussen herum an – er wird euch noch von grossem Nutzen sein.

Wenn das steigende Wasser schliesslich euer Sandboot erreicht, versucht, es so lange wie möglich gegen die Flut zu verteidigen und das Wasser ausserhalb der Wälle zu halten. Verstärkt dazu z.B. die Wälle verstärkt und schöpft steigendes Grundwasser aus dem Boot. Sobald das Wasser in den Graben um das Boot läuft, steigen dazu alle ein und keiner wieder aus! Wie lange haltet ihr „an Bord“ durch, ehe euer Boot „untergeht“?


Sandboot-Bau als Wettbewerb

Das Ganze kann natürlich auch mit zwei Mannschaften und zwei Sandbooten als Wettstreit gespielt werden: Die Mannschaft, welche länger durchhält, gewinnt!

Wenn ihr das Ganze während eines längeren Urlaubs immer wiederholt, werdet ihr bald ein Gefühl für den Tidenhub und die „spannendste“ Position des Bootes an „eurem“ Strand entwickeln.


Und was habt ihr mit den Gezeiten schon erlebt? Kennt ihr Juist oder eine andere gezeitenabhängig erreichbare Insel?

Rezension: Quantenphysik für Babys - Chris Ferries Baby-Universität für die Allerkleinsten?

Das ist ein Ball…

Das ist ein Ball...auch der Anfang jedes Bandes der Baby-Universität

So beginnt auch bei Chris Ferrie jede Reise in die Welt der Wissenschaft an dem einen festen Ausgangpunkt in der Alltagswelt von Kindern. Und dieser Ball wird in jedem Band seiner Bilderbuchreihe über MINT mit mehr oder weniger abstrakten Eigenschaften versehen.

Inspiriert von seinen eigenen vier Kindern möchte der preisgekrönte Physiker schon die Jüngsten mit der spannenden Welt der Naturwissenschaften vertraut machen. Mit robusten Papp-Bilderbüchern, die man getrost auch Kleinstkindern zum Spielen in die Hände geben kann.

Im Internet-Zeitalter, in welchem sich Fehlinformationen aufgrund mangelhafter oder fehlender Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Grundlagen wie Seuchen verbreiten, scheint es nur zu verlockend, Kinder schon möglichst früh mit solchen Inhalten vertraut zu machen, damit ihnen das spätere Lernen auf diesem Gebiet möglichst leicht fällt.

Aber abstrakte Konzepte wie Quantenphysik, Relativitätstheorie, Evolution und Raketenwissenschaft, mit welchen schon wir Grossen zuweilen Mühe haben, für Kleinkinder? Können die mit solchen Inhalten überhaupt schon etwas anfangen? Mein Bauchgefühl – und ich bin immerhin schon seit dem siebten Lebensjahr mit dem Atommodell vertraut (der „Atommaus“ nach dem Tschnernobyl-Unglück sei Dank) – war ja von Beginn weg ein wenig skeptisch eingestellt.

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links aus dem Affilinet-Partnerprogramm des Orell-Füssli-Verlags (gekennzeichnet mit (*) – (*) ) – euch kosten sie nichts, mir bringen sie vielleicht etwas für meine Arbeit ein. Ich habe für diese Rezension vom Loewe-Verlag ein Rezensionsexemplar des Buches und digitale Druckfahnen der weiteren drei Bände erhalten. Herzlichen Dank dafür! Es besteht kein Interessenkonflikt hinsichtlich des Inhalts in diesem Beitrag und dessen Publikation.

Mystische Naturwissenschaften – wirklich so komplex?

Dabei lassen sich die grundlegenden Inhalte der Physik, Chemie und Biologie tatsächlich in einer Weise vereinfachen, die sie wunderbar begreifbar macht, ohne dass sie der Sache in unhaltbarer Weise Abbruch tun. Das haben Modelle so an sich: Sie stellen die Wirklichkeit vereinfacht da, indem sie (nur) genau darin detailreich sind, was man für sein Ansinnen gerade braucht. Und im Verwenden von Modellen sind Physiker (und Chemiker) ja Weltmeister.

Ob als Elektron, massereicher Stern oder fortpflanzungsfähiges Wesen, der Ball erhält bei Chris Ferrie in jedem Band neue Eigenschaften, die tatsächlich nicht immer greifbar – aber mit etwas Geschick erklärbar sind.

Erklärfähigkeit der Eltern und Erzieher ist gefragt

Beispiel „Quantenphysik“: Hier ist diese neue Eigenschaft Energie, dargestellt durch ein sonnenähnliches Leuchten um den Ball. Aber was ist eigentlich Energie? Diese nicht ganz einfache Frage zu beantworten, bleibt den Grossen überlassen, die dieses Buch vorlesen.

Wenn ihr die Antwort nun ganz genau wissen möchtet, findet ihr sie in meinem preisgekrönten Beitrag hier.


Für die schnelle Version ist hier mein Vorschlag für eine Antwort an die Jungforscher

Die Energie ist die Fähigkeit eines Gegenstandes, etwas – auch sich selbst – zu bewegen.

Legt einen realen Ball auf den Schrank: Der hat Energie. Denn: Wenn ihr ihn nur ein wenig anschubst und über die Kante rollt, fällt der Ball runter und hüpft oder rollt davon. Er bewegt sich (und wenn er dabei irgendetwas umschmeisst, bewegt er sogar noch etwas anderes)!

Und wenn er schliesslich liegen bleibt, hat er weniger Energie (wenn ihr im Obergeschoss wohnt und das Kind auf die Idee kommt, den Ball anschliessend vom Balkon oder die Treppe hinunter zu befördern, ist das schnell klar: Es gibt noch ein „Darunter“ und damit die Möglichkeit, noch weniger Energie zu haben).


Die Lageenergie lässt sich nicht nur einfach zeigen, sie passt auch zum folgenden Inhalt des Buches.

Bedauerliche Lücke: Atommodell

Der nächste Gedankenschritt gerät leider etwas weit: Bälle bestehen aus Atomen.

Das Bild zu diesem Satz zeigt vor dem Ball eine stilisierte Lupe mit der Darstellung eines Atoms samt Kernteilchen und Elektronenbahnen. Auch diese Seite fordert zusätzliche Erklärung seitens der „Grossen“ heraus. Dabei hätte das Atommodell (bzw. das Schalenmodell) durchaus einen eigenen Band in dieser Reihe verdient.

Ich glaubte erst daran, dass bei der Übersetzung von zunächst nur vier Bänden aus der viel längeren Reihe eine unglückliche Auswahl getroffen wurde – aber einen Band zum Atommodell gibt es auch im Original leider (noch?) nicht.

Und das, obwohl die „Sendung mit der Maus“ schon Ende der 1980er Jahre in der „Atommaus“ vormacht, wie man den Jüngsten Atome nahebringen kann (hat bei mir ja bestens funktioniert).


Mein Vorschlag zur Erläuterung auf Grundlage der Atommaus

Eure Frage an das Kind: Was passiert, wenn du einen Klumpen Spielknete (Plätzchenteig, einen Apfel, ein Stück Holz,…) in zwei Hälften teilst? Das gibt zwei kleine Klumpen. Und wenn du die nochmal teilst? Zwei noch kleinere Klumpen. Und dann nochmal…? Die Klumpen werden immer kleiner. Irgendwann sind sie so klein, dass wir sie nicht mehr sehen können (zumindest nicht ohne Mikroskop). Und dann sind sie schliesslich so winzig klein, dass sie sich nicht weiter teilen lassen:

Diese winzigkleinsten, unteilbaren Teilchen haben die Forscher Atome (= die Unteilbaren) genannt. Alle Stoffe bestehen aus winzigkleinsten, unteilbaren Atomen (auch der Ball). Zumindest glaubten die Forscher lange Zeit, dass die Atome unteilbar wären. Aber dann haben sie herausgefunden, dass man die Atome doch zerteilen kann – und dann erhält man noch winzigere Teilchen.


Elementarteilchen als Bälle

Hier steigt nun das Buch wieder ein: Im Atom gibt es Neutronen, Protonen und Elektronen, dargestellt als violette, rote und grüne „Bälle“.

Für die folgenden Erklärungen hätte man theoretisch auf die Kernteilchen verzichten können, insbesondere, da das dargestellte Beispielatom nicht den Grundregeln der Schulchemie entspricht. Die Anzahl Protonen entspricht nämlich nicht der Elektronenanzahl in der Hülle – und wenn es das so dargestellte Helium- -Ion geben sollte, ist das ein überaus kurzlebiger Teilchen-Exot. Als pedantischer Chemie-Didaktikerin hätte ich hier lieber ein ordentliches Lithium-Atom mit drei Protonen (und meinetwegen zu wenigen Neutronen) gesehen.

Genial einfach: Was eigentlich Quanten sind

Der Erklärung des Begriffs der „Quanten“ tut dieser Schnitzer jedoch keinen Abbruch. Im folgenden wird nämlich korrekt gezeigt: Ein Elektron kann auf jeder der Schalen/Umlaufbahnen in der Atomhülle zu fnden sein, aber nicht zwischen diesen Schalen oder im Atomkern. Und je weiter „oben“ bzw. aussen sich ein Elektron befindet, desto mehr Energie hat es. Womit wir wieder beim Ball auf dem Schrank aus meiner ersten Ergänzung sind.

Und daraus folgt die Quintessenz aller Quantenphysik – und der dritte erklärungsbedürftige Satz im Buch: „Die Energie ist quantisiert.“


Das heisst: Die Energie der Elektronen kann nur ganz bestimmte, nicht aneinander angrenzende Werte annehmen. Erst mit dieser Erläuterung wird klar, dass auch die Energiemengen, welche die Elektronen zum Wechsel zwischen den Schalen/Bahnen aufnehmen oder abgeben, nur ganz bestimmte Grössen haben können. Und diese ganz bestimmten Energiemengen bezeichnet man eben als Quanten.


Und das ist alles. Das ist tatsächlich das ganze Geheimnis um den mystischen Begriff „Quanten“.

Und was bringt das Ganze den Kindern?

Dass diese Energiequanten und Materieteilchen einander zum Verwechseln ähnlich sind und allerlei für uns schwerlich zu begreifende Eigenschaften haben, bleibt in diesem Buch aussen vor. Darauf einzugehen ist für den ersten Anfang auch nicht nötig.

Denn allein mit dem Inhalt dieses Bandes (und den allenfalls nötigen Erläuterungen dazu) lassen sich einige beliebte Kinderfragen beantworten, die viele Grosse schnell in Erklärungsnot bringen: Was sind Farben? Warum ist der Ball blau? Warum leuchten die Sterne an meiner Wand im Dunkeln? Was bringt unsichtbare Tinte im Schwarzlicht zum Leuchten?

Die einzig nötige Zutat zur „Quantenphysik für Babys“ für die Antwort auf solche Fragen ist: Die Energie, welche die Elektronen zum Springen aufnehmen, ist Licht (womit dann – nebenbei – auch das Licht quantisiert ist).

Die detaillierten Antworten findet ihr hier in Keinsteins Kiste

Für die Farben: „Farben, Licht und Glanz- Warum die Welt uns bunt erscheint

(Kurz: Weisses Licht besteht aus vielen verschiedenen Sorten farbigen Lichtes. Die Elektronen nehmen zum Springen ganz bestimmte Farben auf. Die anderen Farben bleiben übrig, kehren zum Auge zurück..und erscheinen so „allein“ nicht mehr weiss, sondern farbig.)

Für die Leuchtsterne und das Schwarzlicht: „Kürbis und kaltes Feuer

(Kurz: In den Leuchtsternen lassen sich die Elektronen Zeit mit dem Herunterfallen. Das aufgenommene Licht aus der Lampe kommt einfach erst später wieder zurück (nach dem Ausschalten des Lichtes). Die Schwarzlichtlampe sendet Licht mit besonders hoher Energie aus, das für unsere Augen unsichtbar ist (UV-Licht). Die Elektronen, die dieses Licht aufnehmen, fallen über mehrere Stufen wieder runter und geben dabei kleinere und sichtbare Energieportionen – Quanten – wieder ab.)

Für welche Zielgruppe ist die Baby-Universität geeignet?

In der Austellung „Die Entdeckung der Welt“ habe ich vor ein paar Tagen wiederentdeckt, was mir schon aus der Entwicklungspsychologie an der Uni hängengeblieben war: In den allerersten Lebensjahren sind Kinder damit beschäftigt, ihre Sinne auszubilden, Motorik, Sprachfertigkeiten und sozialen Umgang zu lernen. Zum Begreifen abstrakter Konzepte sind Kleinkindergehirne nach der Meinung vieler Psychologen noch gar nicht fähig.

Die Krux bei all diesen Entwicklungsmodellen ist aber: Kein Kind ist wie das andere. Deshalb sehe ich Altersangaben gerade für Spielsachen und Fördermittel in den ersten Lebensjahren nur als grobe Richtlinie an.

Das Interesse muss vom Kind kommen

Bezüglich dieser Buchserie haben der Autor/Verlag und ich selbst es mehrfach angedeutet: „Reif“ für die Baby-Universität sind die Kinder dann, wenn sie zu fragen beginnen. „Warum sind die Dinge bunt?“ und „Papa, was machst du eigentlich bei der Arbeit?“ können da gleichermassen ein passender Einstieg sein.

Zu meiner Zeit gab es solche Bilderbücher noch nicht. Da redete sich mein Physiker-Vater – eigentlich als Meister der Erklärung bekannt – gerne mit „Ich muss noch etwas messen“ heraus, wenn wir ihn fragten, warum er zu Unzeiten nochmal in die Uni fahren musste. Die Gedanken an Mamas Küchenwaage oder ihr Schneidermassband waren zweifellos nicht sonderlich aufregend – und die Vorstellung „Physiker messen Dinge“ auch nicht. Warum also nicht den Versuch wagen, etwas weiter zu gehen, wenn das Interesse da ist?

Wenn Kinder beginnen, entsprechende Fragen nach der „Natur“ ihrer Umgebung zu stellen, kann die Baby-Universität ein nützliches Hilfsmittel sein, um diese zu beantworten und Lust auf mehr MINT zu wecken. Dazu ist allerdings unumgänglich, dass auch die „Grossen“, die den Nachwuchs beim Erkunden der Bücher begleiten, eine grundlegende Vorstellung von den naturwissenschaftlichen Zusammenhängen haben, um das Gezeigte treffend erläutern zu können.

Schaut euch also die Bücher an, bevor ihr sie euren Kindern gebt, und frischt eure eigenen Kenntnisse anhand der Inhalte noch einmal auf!

Und wann beginnen Kinder zu fragen?

Wann Kinder beginnen, die entscheidenden Fragen zu stellen, ist allerdings von Kind zu Kind verschieden. Deshalb möchte ich auch weder die Altersempfehlung des Verlags (ab 2 Jahren) bewerten noch eine eigene abgeben. Die Aufmachung der Reihe als Baby-Bilderbücher gibt in meinen Augen allenfalls das Signal: Es gibt keine Altersbegrenzung nach unten. Legt los, sobald die Fragen kommen – egal, wann sie kommen. Ein „Dafür bist du noch zu klein“ als Antwort gibt es bei Chris Ferrie nicht.

Gezielte Frühförderung?

Wer hingegen glaubt, ein (auch vermeintlich hochbegabtes) Kind mit der Bereitstellung solcher Inhalte gezielt in naturwissenschaftlicher Richtung fördern zu können – ohne dass das Kind von sich aus zu fragen beginnt, ist auf dem Holzweg.

Nicht nur, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit des einzelnen Kindes in den ersten (vier) Lebensjahren so stark schwankt, dass es noch gar nicht möglich ist, Aussagen über eine allfällige überdurchschnittliche Begabung zu treffen. Das Kleinkind-Gehirn ist zudem mit „greifbaren“ Lerninhalten vollauf beschäftigt und muss erst lernen, Vorstellungen – wie sie für den Umgang mit Modellen nötig sind – zu entwickeln.

Wann es beginnt, sich Dinge vorzustellen und den Wortschatz entwickelt, um solche Vorstellungen zu besprechen, zeigt das Kind selbst – indem es die entsprechenden Fragen stellt.

Nebenzielgruppe: Erwachsene Forscher mit Humor

Als weitere mögliche Leser für die Baby-Universität nennt der Loewe-Verlag erwachsene Beschenkte, die eine Gabe mit Augenzwinkern zu schätzen wissen. Warum also nicht den grossen Forschern zur Mutter- oder Vaterschaft das Buch zum eigenen Fachgebiet überreichen? Vielleicht wird es in Zukunft ja noch richtig nützlich, wenn die „Mama/Papa, was machst du bei der Arbeit?“-Frage kommt.

Weitere in Deutsch verfügbare Bände der Baby-Universität

  • „Raketenwissenschaft für Babys“ – Nicht nur wie Raketen funktionieren, sondern auch wie Flugzeuge fliegen wird hier grundlegend erklärt.
  • „Evolution für Babys“ – Sich fortpflanzende Bälle passen sich einem Selektionsdruck an: Die Grundlage für eine wissenschaftliche Antwort auf die Frage, wie die Menschen entstanden sind.
  • „Allgemeine Relativitätstheorie für Babys“: Ganz aktuell zur ersten Fotoaufnahme: „Was ist ein schwarzes Loch?“ – Ein extrem gewichtiger Ball sorgt für gekrümmte Raumzeit.

Eckdaten zu den Büchern

Chris Ferrie

(*) Quantenphysik für Babys (*)
ISBN 978-3-7432-0372-3

(*) Raketenwissenschaft für Babys (*)
ISBN 978-3-7432-0370-9

(*) Evolution für Babys (*)
ISBN 978-3-7432-0371-6

(*) Allgemeine Relativitätstheorie für Babys (*)
ISBN 978-3-7432-0373-0

Loewe Verlag GmbH, Bindlach, 2019

Pappe mit Spotlack 20x20cm, 26 Seiten
jeder Band €9,95 / CHF 15,90

Fazit

Wenngleich die „Baby-Universität“ nicht aus Babys Quantenphysiker machen kann, bietet sie doch einen altersunabhängigen Einstieg in die wundersame Welt der Naturwissenschaften – wenngleich mit einer aus Chemikersicht schmerzlichen Lücke (das Atommodell).

Die dargestellten Konzepte sind in erstaunlicher Weise einfach, erfordern in meinen Augen aber Erläuterungen seitens der vorlesenden Grossen (die sich – wenn nötig – entsprechende Grundkenntnisse aneignen sollten).

Die Papp-Bilderbücher der „Baby-Universität“ sind ein praktisches Hilfsmittel, um erste Antworten auf herausfordernde Kinderfragen zu finden: Warum sind die Dinge bunt? Was ist ein schwarzes Loch? Was machst du bei der Arbeit? Gezielt initiieren lassen sich solche Fragen bzw. Gedankengänge in meinen Augen jedoch nicht.

Überdies mögen sich die Bilderbücher als humorvolles Geschenk – zum Beispiel zur Mutter- oder Vaterschaft forschender Freunde und Verwandte eignen.

Und wann seid ihr das erste Mal mit Konzepten wie einem Atommodell, der Quantenphysik oder schwarzen Löchern in Kontakt gekommen? Wie geschah das? Und wie würdet ihr Bilderbücher zu solchen Themen zum Einsatz bringen?

Winterzeit ist Zeit für Experimente! Weite Teile Mitteleuropas versinken dieser Tage im Schnee. In manchen Regionen rund um die Alpen fällt sogar die Schule aus. Das ist _die_ Gelegenheit, die weisse Pracht näher zu erforschen!

Und da können sogar schon die ganz Kleinen mitmachen, denn die folgenden Experimente sind auch schon für Kinder im Kindegartenalter geeignet.

Was passiert, wenn Schnee warm wird?

Los geht es mit der alles bestimmenden Frage: Was passiert, wenn Schnee warm wird? Die Antwort ist einfach: Er schmilzt. Das weiss doch jedes Kind. Schnee ist ja schliesslich gefrorenes Wasser. Und wenn er schmilzt, wird daraus natürlich flüssiges Wasser.

Aber zur Zeit liegt draussen eine ganze Menge Schnee. Wenn der in ein paar Tagen einfach zu Wasser wird, müssten wir ja förmlich in den Wassermassen versinken….oder? Prüfen wir das doch ganz einfach nach.


Experiment 1: Wieviel Wasser steckt in einem Liter Schnee?


Ihr braucht dazu:

  • Einen Messbecher oder ein durchsichtiges Kunststoffgefäss, in das etwa 1 Liter Wasser passt (Glas kann bei plötzlicher Kälte springen, deshalb ist Kunststoff hier sicherer!)
  • genügend weichen, nicht zu nassen Schnee
  • eine kleine Schaufel
  • eventuell einen wasserfesten Filzschreiber

So geht’s:

Füllt den Messbecher bis zur 1-Liter-Marke mit Schnee. Wenn ihr keinen Messbecher habt, füllt euer Gefäss einfach nicht ganz bis zum Rand und markiert die Füllhöhe mit einem Strich. Wenn Kindergartenkinder noch keine Skala lesen können, kann ein farbiger Strich zur Erinnerung auch auf dem Messbecher angebracht werden.

Ein Liter Schnee, locker in den Messbecher geschaufelt

Stellt den Becher mit dem Schnee in einen warmen Raum und wartet etwa 3 bis 4 Stunden. Wenn ihr so viel Geduld nicht aufbringt, könnt ihr den Becher natürlich auch auf die Heizung oder in einem Topf mit heissem Wasser auf die Herdplatte stellen (Kunststoff nie direkt auf den Herd!). Dann geht es schneller. Gebt nur acht, dass ihr den Messbecher von der Wärmequelle nehmt, sobald der Schnee geschmolzen ist. Sonst verdampft zu viel Wasser!

Was geschieht?

Der Schnee schmilzt nach einiger Zeit vollständig. Es bleibt dabei aber sehr viel weniger als ein Liter Wasser übrig – in meinem Versuch gerade einmal 1/8 Liter (also 125ml)!

1 Liter Schnee geschmolzen: 1/8 Liter Wasser!
Der Schnee ist geschmolzen: Es bleibt nur 1/8 Liter Wasser!

Warum ist das so?

Lasst die Kinder zunächst Vermutungen anstellen. Vielleicht kommen sie ja selbst darauf: Der Schnee füllt das Gefäss nicht lückenlos. Das heisst, er muss Luft enthalten!


Bekommt man das Gefäss auch so voll mit Schnee, dass keine luftgefüllten Zwischenräume mehr bleiben?



Experiment 2: Wieviel Schnee kann man in das 1-Liter-Gefäss stopfen?


Ihr braucht dazu:

  • Den Messbecher oder euer 1-Liter-Gefäss
  • noch mehr Schnee
  • die Schaufel
  • eine Küchenwaage (für Kindergartenkinder, die noch keine Zahlen lesen und vergleichen können, ist eine Balkenwaage oder mechanische Anzeige, z.B. mit Zeiger, direkter erlebbar als eine digitale Waage – aber kein Muss)

So geht’s:

Stellt den leeren, trockenen Messbecher oder das Wassergefäss auf die Waage und schreibt euch das Gewicht auf.

Der leere Messbecher wiegt 112g.
Mein leerer Messbecher wiegt 112 Gramm.

Schaufelt dann draussen Schnee in das Gefäss und drückt ihn nach jeder Schaufelladung so fest hinein wie ihr könnt. Tragt dabei Winterhandschuhe oder arbeitet so zügig, dass euch weder der Schnee schmilzt noch die Finger abfrieren.

Trocknet das Gefäss aussen ab und wiegt es gleich noch einmal. Zieht dann das Gewicht des leeren Gefässes von dem des vollen Gefässes ab. Nun wisst ihr, wieviel Schnee ihr in euer Gefäss gestopft habt!

Messbecher mit Schnee auf der Waage
  • Gewicht meines vollen Messbechers: 653g
  • Gewicht meines leeren Messbechers: -112g
  • Gewicht des Schnees im Messbecher : 541g


Wer schon weiss, dass ein Liter Wasser rund 1 Kilogramm wiegt (für die fortgeschrittenen Physiker und Chemiker unter euch: Die Dichte von Wasser beträgt rund 1kg/l, also 1g/ml), der kann nun schon voraussagen, wie viel Wasser übrig bleiben wird, wenn der ganze Schnee geschmolzen ist. In meinem Messbecher sollten das 541ml sein.



Experiment 3: Wieviel Wasser steckt in dem gestopften Schnee?


Ihr braucht dazu:

  • den vollgestopften Becher von Experiment 2
  • noch ein paar Stunden Zeit oder eine Wärmequelle

So geht’s:

Stellt das mit Schnee vollgestopfte Gefäss an die Wärme und wartet – wie in Experiment 1 – bis der Schnee komplett geschmolzen ist. Dann lest die Skala ab. Wenn ihr keinen Messbecher mit Skala habt, markiert die Füllhöhe mit flüssigem Wasser mit einem zweiten Strich und vergleicht sie mit der Höhe des ersten Striches.

Was geschieht?

Der Schnee ist geschmolzen: Es sind etwas weniger als 550ml Wasser übrig – genau so viel wie erwartet!

Tatsächlich: In meinem Messbecher sind am Ende knapp 550ml Wasser! Genauer ist meine Skala nicht, aber die Rechnung scheint zu stimmen.

Aber: Das ist ja nur wenig mehr als die Hälfte von einem Liter, den ich vorher dicht mit Schnee vollgestopft habe! Obwohl ich mir so viel Mühe gegeben habe und es nicht danach aussah, ist immer noch fast das halbe Gefäss voller Luft gewesen!



Wie kann das sein, dass ich den Schnee einfach nicht dicht genug zusammenquetschen kann?


Noch ein Experiment: Schnee unter der Lupe

Um das zu erforschen, werdet ihr ein technisches Hilfsmittel brauchen: Eine starke Lupe, eine Fotokamera mit Makro-Objektiv oder leistungsstarkem Zoom, oder am besten ein einfaches Mikroskop.

Seht euch damit Schneeflocken oder ganz frisch geschneiten Schnee einmal genauer an (wie genau ihr das anstellt, zeige ich euch hier).

Schneeflocken unter meinem billigen USB-Mikroskop: Es handelt sich wunderschöne filigrane Eiskristalle!

Ihr werdet feststellen, dass Schneeflocken tatsächlich wunderschöne, filigrane Sterne sind, mit vielen Zacken und luftgefüllten Lücken dazwischen. Und diese Sterne bestehen aus Eis! Und Eis wiederum ist hart und steif. So ähnlich wie eure Legosteine.

Und wenn ihr die Legosteine alle zusammen in eine Kiste räumt, verkeilen und verhaken sich Fenster, Bäume und Figuren ineinander. So können sie nicht aneinander vorbei gleiten, so sehr ihr auch von oben darauf drückt. Davon gehen sie allerhöchstens kaputt. Aber es bleibt trotzdem noch reichlich Luft zwischen den Bausteinen.

Das gleiche passiert mit den Schneeflocken, wenn ihr darauf drückt: Die schönen Sterne verhaken sich ineinander, und viele Zacken brechen ab. Ganz zermahlen könnt ihr kleinen Eiskristalle mit blossen Händen aber nicht, sodass immer noch reichlich Luft zwischen den Trümmern bleibt. Und die sind – wie die luftgefüllten Räume dazwischen – so klein, dass man sie mit dem blossen Auge nicht sieht.

Und wenn man nun noch stärker drücken würde?

Beobachtungstipp:

Wenn ihr in einer Gegend seid, in der über längere Zeit sehr viel Schnee liegt und nachschneit (zum Beispiel in einem Skigebiet im Gebirge), betrachtet einmal die aufgestapelten Schneeschichten von der Seite. Das könnt ihr sehr gut, wenn der Schnee sich z.B. auf einer Hecke oder Mauer angehäuft hat: Das Gewicht der oberen Schneeschichten drückt die unteren Schichten zusammen. So werden die unteren Schichten immer dünner und fester.

Damit ergibt sich zum Schluss eine Frage für schlaue Forscher: Was passiert wohl mit den Schneeflocken in den unteren Schichten, wenn immer mehr Schnee oben drauf geschichtet wird…?

Hast du die Experimente nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Weihnachten mit Keinsteins Kiste: Experimente und mehr im Advent

Liebe Leser, Ich verbringe die Adventszeit dieses Jahr ganz unweihnachtlich im warmen Australien. Das bedeutet aber nicht, dass ihr ganz auf adventliche Experimente und Weihnachtsgeschichten aus der Naturwissenschaft verzichten müsst. Davon habe ich nämlich in den letzten Jahren so einige gesammelt, die nach wie vor spannend sind und viel Spass machen. Und dazu kommt dieses Jahr noch ein ganz neuer Artikel mit sage und schreibe 13 Experimenten! Deshalb gibt es heute eine Übersicht über alle Beiträge in Keinsteins Kiste zu Chemie und mehr rund um Advent und Weihnachten, die bis Weihnachten 2018 erschienen sind.

Adventskränzchen 2019
Dieser Beitrag ist Teil des Adventskränzchens 2019!
Weitere Beiträge zum Tagesthema „Basteln, malen, Gestalten“ findet ihr hier:
www.marie-theres-schindler.de
http://cosmic-blue.jimdofree.com
https://50percentgreen.de
www.mamarausch.de
https://wilder-hearts.de/

Experiment: Wie setzt sich Kerzenlicht zusammen? Untersucht Lichtquellen mit einem selbstgebauten Spektroskop!

Ihr möchtet euch die Wartezeit im Advent mit Forscher-Aktivitäten versüssen? Dazu braucht es nicht viel – nur eine Pappschachtel und eine alte CD. Damit könnt ihr nach dieser Anleitung ganz einfach ein eigenes Spektroskop bauen!

Spektroskop im Einsatz
Ich probiere das Keksschachtel-Spektroskop am Adventskranz aus

Schaut durch dieses Gerät auf eine Lichtquelle, und ihr könnt die einzelnen Farben sehen, aus welchen das Licht besteht. Gibt es Unterschiede zwischen Kerzenlicht und LED-Lichterketten? Strahlen Leuchtstoffröhren anders als die Sonne? Findet dies und mehr hier selbst heraus!

Weihnachtsgeschichte: Was war der Weihnachtsstern wirklich?

Der Weihnachtsstern : Himmelsphänomen oder Fantasieprodukt?

Diese Frage hat die neunjährige Sarah ihrem Onkel Balthasar gestellt, der ein echter Himmelsforscher ist. Der nimmt sie mit an seinen Arbeitsplatz, eine richtig grosse Sternwarte. Mit Hilfe von Onkel Balthasars Forscher-Kollegen findet Sarah heraus, wie die bunten Farben eines Lichtspektrums den Wissenschaftlern von der Zusammensetzung der Sterne erzählen. Dabei begegnet sie einigen fantastischen Himmelserscheinungen. Ob der Weihnachtsstern, dem die drei „heiligen Könige“ nach Betlehem folgten, auch dabei ist? Wissenschaft zum Vorlesen (und Selberlesen), verpackt in eine weihnachtliche Geschichte findet ihr in diesem Beitrag!

Spannende Wissenschaft: Der molekulare Weihnachtsmann

Ein Kinesin-Molekül läuft mitsamt Geschenkesack über ein Aktin-Filament

Auch in unseren Zellen weihnachtet es – und das das ganze Jahr über. Da spaziert nämlich ein Molekül von den Fabriken im Zellinnern zur Zellaussenhaut und schleppt einen grossen Sack voller Geschenke mit sich….ja, richtig gelesen: Da _spaziert_ ein Molekül! Dieses Molekül ist das Transportprotein Kinesin, das sich tatsächlich auf eigenen Füssen an den Streben des Zellskeletts entlang bewegen kann. In vielfacher Ausführung kann es so säckeweise frisch produzierter Hormone zum Versand durch Aussenhülle der Zelle verfrachten. Und einige dieser Hormone können uns wahrhaft glücklich machen. Damit wird der molekulare Weihnachtsmann wahrlich seiner Rolle gerecht. Erfahrt in diesem Einblick in die Zellbiologie, wie Kinesin-Moleküle laufen lernen und mit Hilfe fleissiger Weihnachtselfen ihre Geschenke ausliefern. Und wo es einen Weihnachtsmann gibt, gilt immer (auch hier): Obacht vor dem Grinch! Oder möchtet ihr selbst im Forscher-Labor Geschenke basteln? Da habe ich gleich drei Vorschlage:

Experiment: Weihnachtskugeln mit Silberspiegel

Warum kann man sich eigentlich in Christbaumkugeln spiegeln? Weil sie mit Silber beschichtet sind – und zwar von innen! Aber wie kommt das Silber in die Glaskugel? Das könnt ihr in diesem Experiment ausprobieren und dabei eure eigenen Kugeln verspiegeln.

Links eine unbehandelte Ersatzkugel, rechts die selbst verspiegelte Kugel

Dazu benötigt ihr Silbernitrat – ein Salz, das Silber-Ionen enthält. Ihr bekommt es in der Drogerie oder Apotheke – für ein paar Franken oder Euros, die in diese ganz besondere „Bastelarbeit“ gut angelegt sind. Schliesslich kommt ja echtes Silber dabei raus! Um aus diesen Silber-Ionen das spiegelnde Edelmetall zu machen, braucht ihr nichts weiter als Zucker und eine Wärmequelle. Den Rest – wie ihr das Silbersalz dazu bringt, auf der Kugeloberfläche zu Silber zu reagieren und wie ihr die Reste sicher entsorgt (Silber ist ein Schwermetall!) – erfahrt ihr hier in der Experimentier-Anleitung.

Experiment: Kristalle züchten

Neben spiegelnden Christbaumkugeln machen sich auch funkelnde Kristallsterne gut als Baumschmuck. Und die könnt ihr ganz einfach selber züchten. Ihr braucht dazu Alaun – ein Salz, das ihr in der Apotheke oder Drogerie kaufen könnt, und destillatgleiches Wasser („Bügelwasser“), das ihr in jedem Supermarkt beim Haushaltszubehör findet. Dazu kommen ein paar Tage Geduld und ihr könnt wunderschönen Kristallen beim Wachsen zusehen. Mit diesen Kristallen lassen sich natürlich nicht nur Sterne züchten – eurer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Sollen es lieber Herzen, Engel, Tannenbäume sein? Und wenn ihr Zugang zu anderen, farbigen Salzen habt (wie Kupfersulfat oder Chrom-Alaun), könnt ihr sogar farbigen Baumschmuck züchten! Hier in der Experimentier-Anleitung bei den Monstamoons stelle ich die schneeweisse Ausführung mit einfachem (Kali-)Alaun vor.

Experiment: Schneekugeln selber machen

DIY Schneekugeln mit Benzoesäure

Eine selbstgestaltete Schneekugel ist ein wunderschönes Geschenk für eure Lieben! In der ganz einfachen Ausführung wird einfach Glitzer in destillatgleiches Wasser gemischt und in ein gestaltetes Glas gefüllt. Was aber, wenn ihr „richtige“ Schneeflocken in eurer Kugel haben wollt? Die könnt ihr aus Benzoesäure selbst herstellen. Dem Namen zum Trotz ist Benzoesäure ein Feststoff, eine organische Verbindung, die oft als Lebensmittelzusatzstoff zum Einsatz kommt. Deshalb könnt ihr sie auch problemlos in der Drogerie oder Apotheke kaufen. Zur Herstellung von Schneeflocken wird das kochsalzähnliche Pulver direkt im Schneekugel-Wasser „umkristallisiert“. Wie das geht, zeige ich euch hier in der Experimentier-Anleitung gemeinsam mit Mikkis Weihnachtengeln.

Experimente: 13 Versuche mit Kerzen

Forscher-Advent: 13 Experimente mit Kerzen

Und damit euch auch ganz bestimmt nicht langweilig wird, gibt es zum Schluss noch etwas Neues: Im Rahmen der Advents-Blogparade der IG Schweizer Familienblogs bei den Angelones stelle ich euch 13 ganz einfache Experimente mit Kerzen vor. Ganz einfach heisst dabei aber nicht weniger spektakulär. Denn eine Kerzenflamme ist nicht nur heiss und hell, sondern über alle Massen faszinierend. Warum brennen Kerzen eigentlich? Könnt ihr eine Kerzenflamme um ein Hindernis herum ausblasen? Wie erschafft man eine halbe Flamme? Was passiert, wenn man ein Glas über eine Kerze stülpt? Warum sind Adventskranz und Weihnachtsbaum brandgefährlich? Die Antworten auf diese und mehr Fragen könnt ihr in dieser Experimentier-Anleitung und vor allem durch selbst Ausprobieren finden!   Nun wünsche ich euch viel Spass beim Lesen, Stöbern, Basteln und Experimentieren im Advent! Zumindest rechtzeitig zu Weihnachten werden wir wieder im Lande sein. Und dann würde ich mich sehr über eure Berichte und Ergebnisse vom Nachbasteln und -Experimentieren freuen! Eure Kathi Keinstein

Experiment DIY Kinetischer Sand - und wie er funktioniert

Die grossen Ferien sind auch in den spätesten Kantonen und Bundesländern vorbei und der Sommer geht zu Ende. Wer denkt da nicht manchmal wehmütig an die Strandferien zurück? An das Gefühl von Sand zwischen Zehen und Fingern, an Sandburgen und andere Küsten-Kunstwerke?

Das alles muss aber nicht bis zum nächsten Jahr warten. Für Sehnsuchtsvolle gibt es nämlich ein Spielzeug, mit dem es sich auch an Schlechtwettertagen herrlich „sändelen“ lässt: Kinetischer Sand. Den kann man entweder im Kaufhaus kaufen, online bestellen (Kinetic Sand® und ähnliche) – oder selber machen.

Ich habe meinen kinetischen Sand selbst gemacht und zeige euch, wie ich das hinbekommen habe. Und natürlich auch die Chemie, die dahinter steckt (und ganz und gar ungefährlich ist!). Denn wenn man versteht, was man da zusammenrührt, funktioniert es am besten und macht auch noch am meisten Spass.

 

Wie aus Sand Burgen werden

Jedes Kind, das gerne Sandburgen baut, weiss eines: Dazu braucht man nassen Sand. Wenn man trockenen Sand auftürmen oder gar formen will, fliesst der nämlich sofort auseinander und verteilt sich überall.

Nasser Sand dagegen pappt zusammen. Aber wieso eigentlich? Der gewöhnliche Strandsand besteht zu grössten Teilen aus Quarz, also aus Siliciumdioxid, SiO2. Das sind Kristalle, in denen Sauerstoff-Atome abwechslungsweise mit Silicium-Atomen verbunden sind. Darin ähnelt Quarz in gewisser Weise dem Wasser (und noch mehr einem Eiskristall): Darin wechseln sich nämlich Sauerstoffatome mit Wasserstoffatomen ab.

Aus diesem Grund finden sich Quarz und Wasser überaus anziehend – sie werden von „zwischenmolekularen Kräften“ zusammen gehalten. Diese Kräfte wirken auch zwischen verschiedenen Wassermolekülen (wie das genau funktioniert, erkläre ich beim Experiment mit dem krummen Wasserstrahl). So können Wassermoleküle untereinander zusammenhalten und zwischen den Oberflächen von Sandkörnern regelrechte Wasserbrücken formen – sodass feuchte Sandkörner unwillkürlich zusammen pappen. Das Wasser wirkt also wie ein formbarer „Zement“ zwischen den Sandkörnern!

Dort wo sich die Oberflächen der runden Sandkörner nicht so nahe kommen, bleiben Zwischenräume, die mit ein Bisschen Luft gefüllt sind.

Die Kräfte zwischen den Molekülen sind dabei eben so stark, dass die Sandkörner aneinander haften, aber so schwach, dass Kinderhände das Netzwerk aus Wasserbrücken zwischen Sandkörnern spielend leicht verformen können.

Dabei gibt es allerdings ein Problem: Wasser verdunstet relativ schnell – besonders an trockener Luft oder gar an der Sonne. Und dann beginnt die schöne Sandburg rasch wieder zu bröseln und zu Sandlawinen zu zerfallen.

 

Was ist kinetischer Sand?

Was wäre aber, wenn man einen „Zement“ hätte, der nicht so leicht verdunstet? Das haben sich wohl die Erfinder von „Kinetic Sand®“ gedacht – und ihren trockenen Sand mit Silikonöl (genauer gesagt „Polydimethylsiloxan“, PDMS) gemischt.

Silikon: Ein ganz besonderer Kunststoff

Silikone sind Kunststoffe aus langen Molekülketten, sogenannte Polymere. Anders als die meisten anderen Kunststoffe aus Kohlenstoff bestehen die Ketten der Silikone jedoch aus Silicium-Atomen, die sich mit Sauerstoff-Atomen abwechseln (Silicium ist Kohlenstoff in vielen chemischen Dingen sehr ähnlich). Das hatten wir doch schon….genau: Quarz. Tatsächlich sind sich die Silikon-Ketten und Quarz so ähnlich, dass auch zwischen ihnen anziehende zwischenmolekulare Kräfte wirken können.

Beim PDMS trägt übrigens jedes Siliciumatom noch zwei „Methylgruppen“ aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen, daher der Name:

Kinetischer Sand braucht "Zement" - Hier das Original: Polydimethylsiloxan

Ein Glied einer PDMS-Kette: Der Buchstabe n steht für eine beliebige Zahl solcher Glieder, die eine Kette bilden.

Und dazu kommt noch etwas: Silikone sind bei „lebendigen“ Bedingungen, also in und um Körper von Lebewesen, sehr reaktionsträge, was sie unter den Kunststoffen besonders ungiftig macht. So sind Silikone als Material für Brustimplantate berühmt geworden und finden in der Medizin noch viele andere Anwendungen. Im Haushalt kennt ihr sie vielleicht als Material für elastische Backformen und -pinsel oder als Fugenmasse im Badezimmer.

Je nach der Länge und Vernetzung ihrer Moleküle können Silikone unterschiedliche Eigenschaften haben. Sind die Moleküle kurz genug und wenig bis gar nicht vernetzt, bilden sie bei Raumtemperatur mehr oder weniger zähe Flüssigkeiten: Silikonfette oder -öle. Die sind ihrer Reaktionsträgheit wegen bei Labor-Chemikern als Schmiere für ihre Glasapparaturen oder als Wärmeüberträger (Silikonöle verdunsten kaum und können viel heisser als Wasser werden, bevor sie zu kochen beginnen!) sehr beliebt.

Mehr zu Silikonen erfahrt ihr hier in Keinsteins Kiste.

Silikon als perfekter „Zement“ für Sandburgen?

Eine ölig-zähe Flüssigkeit, die chemisch inert ist und schwer verdunstet – und zu den passenden Wechselwirkungen zu Sandkörnern fähig ist… die wäre doch ein perfekter „Zement“ für Spielsand für kleine Kinder! Leider bekommt man Silikonöl nicht einfach so im Supermarkt. Deshalb haben schon viele DIY-begeisterte Mütter und BloggerInnen nach passenden Ersatzstoffen für PDMS gesucht. Mit mehr oder weniger grossem Erfolg.

Ich habe mitgesucht und zeige euch meinen persönlichen Favoriten: Der besteht ausschliesslich aus Quarzsand und Lebensmittelzutaten, lässt sich prima formen und kneten. Damit eignet sich dieser kinetische Sand auch für die ganz Kleinen, die schonmal etwas davon in den Mund nehmen.

 

Rezept: Kinetischer Sand selbstgemacht

Ihr braucht dazu

2 Tassen feinen Sand (Dekorsand oder gesiebten Vogelsand)
1 Tasse Maisstärke (Stärkemehl, z.B. Maizena)
Etwas Wasser
Etwas Speiseöl
Eine runde Schüssel, Schneebesen, Löffel

Was ihr braucht: Sand, Stärkemehl,Wasser,Schüssel,Schneebesen - dazu kommen: Löffel,Öl

Wenn ihr mehr Sand zum Spielen möchtet, nehmt einfach mehr von den Zutaten. Auf ein beliebiges Volumen Sand kommt dabei immer die Hälfte dieses Volumens an Stärkemehl!

So geht es

Gebt den Sand und Stärke trocken in die Schüssel und vermischt sie mit dem Schneebesen sehr gründlich. Es sollten am Ende keine Stärkeklumpen mehr zu sehen sein.

Kinetischer Sand gut gemischt: Sand und Stärke lassen sich fast nicht mehr auseinander halten

So sind Sand und Stärke gründlich vermischt.

Gebt dann langsam etwas Wasser hinzu. Für zwei Honigglas-Deckel Sand und einen Deckel Stärkemehl habe ich etwa 30ml Wasser gebraucht.

Mischt und knetet mit dem Löffel weiter, bis eine formbare Masse entsteht. Wenn ihr die Masse mit einer Hand aus der Schüssel heben könnt, knetet sie auf dem Tisch weiter und formt eine Mulde.

Sandmasse mit Mulde: Darin befinden sich 1-2ml Speiseöl.

Meine Probier-Portion: Die Mulde ist so gross wie ein Eidotter: Darin befinden sich 1-2ml Speiseöl. Jetzt verkneten!

Gebt etwas Speiseöl hinein und verknetet das Ganze. Wiederholt diesen Schritt allenfalls, bis euer Sand die gewünschte Geschmeidigkeit und Textur hat. Ich habe in die Hälfte meiner urpsrünglichen Mischung etwa 2ml Speiseöl eingeknetet.

Die richtige Mischung: Dieser Sandball hält zusammen!

So ist die Mischung gut: Der Sandball hält zusammen!

Dies ist ein Zeichen für eine gute Mischung: Kinetischer Sand lässt sich zu einem Ball formen, welcher nicht auseinander fällt! Dann hält der Sand nämlich so fest zusammen, dass der Ritter vom Titelbild darauf reiten kann!

Ein Pferd aus kinetischem Sand trägt den Spielzeug-Ritter

 

Inzwischen bin ich mit dem Bloggen fertig – drei Stunden sind vergangen: Das Pferd (wie auf dem Titelbild) steht immer noch unversehrt auf dem Küchentisch!

Wer es bunt mag, kann den Sand auch mit Lebensmittelfarbe einfärben (rührt dazu die Farbe ins Wasser ein, bevor ihr es zu Sand und Stärke gebt). Ich gebe aber keine Garantie, dass dann beim Spielen die Finger nicht auch bunt werden!

Wie funktioniert das?

Auch Stärke besteht aus Molekülketten – die einzelnen Kettenglieder sind Zucker-Ringe aus Kohlenstoff-, Sauerstoff- und Wasserstoffatomen. Wieder sind Sauerstoff-Atome im Spiel, die sich mit passenden anderen Atomen abwechseln. So können auch zwischen Stärke und Wasser und Sand anziehende zwischenmolekulare Kräfte wirken.

Kinetischer Sand braucht "Zement": Ausschnitt aus einem Stärkemolekül mit Verzweigung (Amylopektin)

Ein Ausschnitt aus einem Stärkemolekül mit Verzweigung (unverzweigte gibt es auch): Zu sehen sind vier Zucker-Einheiten, an den gestrichelten Linien folgen weitere. An jeder Ecke ohne Buchstaben befindet sich ein Kohlenstoff-Atom (C). Zwischen Wasserstoff- und Sauerstoff-Atomen gibt es sogenannte polare Bindungen, die für die anziehenden Kräfte zwischen Stärke und Wasser notwendig sind.

Die knäulen sich zu porösen Körnern zusammen, welche sich mit Wassermolekülen vollsaugen können (wie die Hydroperlen in diesem Experiment, nur sind Stärkekörner sehr, sehr viel kleiner!). So quellen die Körner und pappen dank den zwischenmolekularen Kräften mit dem Wasser zusammen. Vom Kuchenbacken kennt ihr das: Mehl und Wasser ergeben miteinander eine klebrige Pampe.

Wenn man Stärke erwärmt, können sogar richtige chemische Bindungen zwischen den Ketten entstehen: Das Ganze verkleistert – deshalb werden Kuchen fest. So weit wollen wir aber nicht gehen, denn der kinetische Sand soll ja „kinetisch“, also beweglich, sprich formbar bleiben.

Damit die Stärkepampe nicht an den Händen klebt, gebe ich – analog zum Einfetten einer Backform – noch einen Schuss Speiseöl dazu. Das Öl ist nicht mit Wasser mischbar, denn zwischen seinen Molekülen wirk eine andere Sorte Kräfte. So nimmt durch die Zugabe des Öls die pappende Wirkung der Stärke ein wenig ab. Ingesamt wird der Sand aber sehr geschmeidig und hält nach wie vor so gut, dass selbst mein Pferdekopf der Schwerkraft trotzt. Und: Das Speiseöl verdunstet nicht mal eben!

 

Was zu beachten ist/Entsorgung

Zu empfehlen: Indoor-Sandkasten

Vollkommen sauber ist wohl kein selbstgemachter kinetischer Sand. Ein paar Körner lösen sich immer davon und bleiben an Händen oder Umgebung haften. Deshalb empfehle ich, eine Kunststoff-Wanne oder ein Tablett zum Indoor-Sandkasten zu erklären, um den Sand etwas zu bändigen. Wenn dann doch mal was daneben geht, kann es einfach aufgefegt und in den Abfall entsorgt oder mit dem Staubsauger aufgesaugt werden.

Wascht eure Hände nach dem Spielen am besten mit Seife – dank der Superwaschkraft der Tenside darin bekommt ihr das Öl so ganz einfach wieder von den Fingern.

Haltbarkeit dieses kinetischen Sandes

Stärkemehl und Öl sind Lebensmittel – also nicht-sterile, biologische Produkte. Solche halten natürlich nicht ewig, zumal ich beim Anrühren ganz bewusst auf Konservierungsmittel verzichtet habe. Bewahrt den kinetischen Sand nach dem Spielen am besten in einer geschlossenen Tupper-Dose im Kühlschrank auf. Lasst ihn nach dem Herausnehmen ggfs. erst auf Raumtemperatur warm werden. Speiseöl wird nämlich in der Kälte fester, sodass der kalte Sand steif sein kann.

Dann sollte er einige Wochen oder gar Monate halten. Achtet einfach auf die Äusserlichkeiten: Wenn der Sand ranzig riecht oder schimmelt, macht besser neuen. Der alte Sand kann in den Restmüll entsorgt werden.

Jetzt wünsche ich euch aber erstmal viel Spass beim „Sändelen“! – Wie spielt ihr denn am liebsten mit Sand? Kennt ihr noch andere Rezepte für Indoor-Sand?

Hast du das Experiment nachgemacht:

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!